BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johans, der Jansen Enikel

um 1230/40 - nach 1300

 

Weltchronik

 

Sprachenspiegel der Völker der Zeit

Verse 27357 - 27652

 

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Ich wil iu allen tuon bekant,

daz ze Babylôn in dem lant

stuont ein turn wol getân,

27360

als ich iu vor gesagt hân.

des hœch was lanc unde wît.

reht an der selben zît

solden die mûrære

ze himel ân swære

27365

den selben turn gemûret hân:

daz wolt got selber understân,

wan er die zwô und sibenzic zung

mit sîner ordenung

in allen in ir herz gebôt.

27370

des muosten si lîden nôt,

wan swelher morter wolde,

als er haben solde,

dem truoc der ander niht wan stein,

dâ von sô was ir mûren klein.

27375

die zung wir hiut haben von in

und ouch zwâr den selben sin.

kristen, juden, heiden zwâr

habent die selben zungen gar.

die zung wil ich bescheiden

27380

von juden und von heiden.

dâ was ein zung under,

die nenn ich iu besunder,

diu was von jüdischer ê.

si hêten dhein zung mê.

27385

ir sprâch was ebraisch gênant.

in was nimêr sprâch bekant.

dâ von sint si gescheiden

von kristen und von heiden.

si habent ouch wunderlîchen sit,

27390

dâ wellent si sîn behalten mit:

des müezen si betœret sîn,

daz si nimmer dheinen wîn

trinkent mit der kristenheit;

daz sî iu allen vor geseit.

27395

doch lêr ich iu erkennen,

die zwelf wil ich iu nennen,

die dâ kristen sint genant;

daz si iu werden bekant,

des ich guoten willen hân.

27400

ze Walhen wil ich heben an.

ich wil iu zeigen ir gestalt:

er sî junc oder alt,

die tragent all houben,

daz sült ir mir gelouben,

27405

unde wît röck zwâr,

daz sült ir wizzen für wâr.

die habent kristenlîchez leben

und wellent got ir sêl geben.

die andern sprâch habent die Wind,

27410

und lêrnt sie ouch iriu kint.

doch sint si kristen genant

unde kristenliut bekant,

wan si habent kristenlîchen sit,

dâ sint si behalten mit,

27415

und sint wunderlîch liut,

als ich iu bediut,

daz manger muoz lîden nôt:

der einer sleht den andern ze tôt.

 

Diu diutsch sprâch ist diu dritt zung

27420

in irer ordenung,

diu kan niht kristenlîcher sîn.

die Diutschen sitzent umb den Rîn,

enmitten in der Swâben lant;

dâ ist diu diutsch zung erkant.

27425

ez lît ouch dâ ein gegenlîn

vil nâhen, mitten an dem Rîn,

daz ist diu Wetrey genant.

ze Swâben ist si wol erkant.

si ezzent kleybaschen

27430

und gênt umb naschen

und leckent daz koch ab der want,

daz ist mangem dâ bekant.

butern ist ir bestiu spîs;

daz izzt der jung und der grîs.

27435

die selben habent einen sit,

der volgt in ze allen zîten mit:

wann die muoter vil tiur

macht daz koch bî dem fiur,

und hât den löffel in der hant,

27440

und iriu kint umb sie stânt,

und daz ein weinen began:

«gip mir löffel lecken an,

schœniu liebiu muoter mîn,»

daz ander sprach: «ez sol niht sîn,

27445

wan ir lieb ist gegen dir blint;

zwâr ich bin ouch ir kint,

sô weint daz klein ot für sich dar.

des nimt daz elter vil wol war.

«dû solt mîn muoter mit frid lân.

27450

si gît mir odr dir odr si leckt [in] an,

ich mein den löffel den si hât

und in dem koch mit umbe gât.»

ô wê! der in sol lecken,

des munt muoz dar nâch smecken!

27455

si ezzent daz koch sunder wân

für wurzen und für saffrân.

di Franken habent ouch diutsch zung

zwâr in der ordenung,

und wellent guot kristen sîn.

27460

ir wât ist kurz sam umb den Rîn.

die Sahsen ouch diutsch sint.

alsô sint ir wîp und kint.

die tragent ouch zwâr

alle kurzez hâr

27465

und gürtel breiter dann ein spann.

si volgent mangem mann.

allez daz in guot ist,

daz tuont si gar ân allen list.

Dürgen ist mir wol bekant,

27470

und weiz wærlîch daz lant.

si habent diutsch zunge

in ir ordenunge

und lebent nâch kristenlîchem sit,

dâ si ir sêl behaltent mit.

27475

Mîchsner habent ouch diutsch zung.

der êren sol man in gunn,

und sint wârhaft liute.

wær niht wan der hiute,

swaz der selb gelobt gar

27480

beidiu still und offenbar,

er gæb ê allez daz er het,

ê er dhein bôsheit tet;

daz er bræch sîn wârheit,

daz wær im ân mâzen leit;

27485

und wær ouch ein vil guot lant,

liez ez roup unde brant.

dâ sint vil herrn gesezzen,

die dunkent sich vermezzen.

ir einer vertreit dem andern niht.

27490

daz ist ein jâmerlîch geschiht.

dâ von ist roup unde brant

den armen liuten erkant,

die gern mit gemach sæzen

und irs trûrens vergæzen,

27495

von den selben herren.

si stiftent mangen werren

under in ze allen zîten

beidiu nâhen unde wîten,

dâ von daz lant niht frid hât

27500

an dheiner stat.

ze Tyrol in dem lande

dâ lebt man ân schande,

und ze Görz ist ir vil,

die ich niht all nennen wil

27505

unde niht genennen kan.

got in aller êren gan.

die sint ouch diutsch zwâr

in dem land über al gar.

Beiern ist ein diutsch lant,

27510

daz ist mir wol bekant.

daz sint guetig liute.

swer nihte hât wan der hiute,

der giudet mêr dann ein man,

der tûsent marc geleisten kan.

27515

daz ist zwâr der Beier sit,

und volgt in ze allen zîten mit;

und sint ouch koufliute,

als ich iu bediute,

die rîchsten di man vinden kan,

27520

daz sag ich iu âne wân,

mit zierd unde mit gewant.

daz verkoufent si ân schant.

die Kerndner auch diutsch kunnen.

der êrn muoz man in gunnen.

27525

hirsbrîn ist ir spîs,

daz izzt der jung und der grîs.

geizîn bachen habent si vil.

für wâr ich iu daz sagen wil.

swînîn sint in frömd genuoc:

27530

si sint niur zuo dem brîn kluoc.

die Stîrer die sint diutsch genant,

daz ist mir von in bekant.

si habent vil kropfater liut.

si rîtent sam die briut

27535

und sitzent ûf den alben

in dem land allenthalben.

mir ist ouch vil wol bekant,

daz ze Œsterrîch in dem lant

ist korns und wîns vil.

27540

der ez gern koufen wil,

dem gît man ez vil ringe

umb sîn pfenninge.

dannoch habent si einen sit,

der volgt in ze allen zîten mit:

27545

si tragent vil breiter swert.

ir herz, ir lîp niur vehtens gert.

swer dar zuo hât einen grâwen roc

und dar zuo einen kurzen loc

und hantschuoch von ringen zwâr:

27550

beidiu still und offenbâr

mit dem sô wil er vehten.

er kan sich wol gerehten.

hât er dar zuo ein wameiz guot –

ze vehten stêt in der muot –,

27555

ein gollier an dem hals sîn,

in diuht, er bestüend ein eberswîn;

des swüer er wærlîchen wol.

ir herz ist untriuwen vol.

 

Diu vierd zung ist mir bekant

27560

in der werden Riuzen lant.

dâ habent die pfaffen sunder art:

sô si zuo der messvart

süllen gên und got dienen,

so begênt si ez anders dann ze Wienen.

27565

si lesent anders dann die pfaffen.

daz selb in got hât beschaffen.

si begênt anders die wandelung,

die pfaffen alt unde junc.

man mac die fünften zunge

27570

in kristen ordenunge

vinden in der Kriechen lant.

als si got ze kristen hât bekant,

daz sag ich iu bescheidenlîch.

si sint ân mâzen rîch.

27575

ân glocken sint si dâ zwâr.

an geliut gênt si ze kirchen gar,

wan si der glocken niht enhânt.

aller list ist in bekant.

diu sehst zung ist uns bekant

27580

ze Bêheim in ir selbes lant.

di selben habent ouch kurzez hâr,

daz sag ich iu für wâr.

bier ist ir bestez getranc,

dâ bî ist in diu zît niht lanc.

27585

ez trinkt ein Bêheim mêr bier

zwâr dann Diutscher vier.

daz sült ir wizzen alle,

si lebent in grôzem schalle

mit kleidern und mit spîsen

27590

 ezzent die jungen und di grîsen,

und sint die besten wirt zwâr,

daz sag ich iu für wâr.

daz ist zwâr der Bêheim sit

und volgt in ze allen zîten mit.

27595

diu sibent zung ist Polân,

für wâr ich iu daz sagen kan.

swere aller hœhst dâ ist beschorn

ûf dem houbt ob den ôrn,

der ist der edelst zwâr,

27600

daz sag ich iu ân zwîfel gar.

die ahtot zung ich nennen wil,

der ist niht wênic, ir ist vil.

die selben sint Schotten genant,

ir leben den kristen ist bekant.

27605

in Yberni ist ir stat.

vil guoter liut man under in hât.

daz sag ich iu an zwîfel wol,

als ich ez iu sagen sol,

münich habent si under in vil;

27610

dâ mit gib ich der red ein zil.

sô ist diu niund zung bekant

in der Ormenie lant.

die selben guot kristen sint,

und ir wîp und ir kint;

27615

die lebent götlîchen gar,

daz sagt uns daz buoch für wâr.

die zehent zung ich nennen wil,

der selben ist leider niht ze vil;

doch heizent si die môren

27620

und gênt als die tôren

und sint swarz an der hiut –

vil swarz sint ouch die briut –,

und habent zend die sint wîz.

irn lîp habent si niht mit flîz.

27625

swer aller swerzt ist getân,

zwâr der muoz für gân.

er ist der edelst under in,

und ist ir reht und ir sin.

noch kan ich niht vergezzen,

27630

di einlef zung wil ich mezzen:

die sint Franzoys genant,

und sint sô hêr in ir lant,

daz si dheinen diutschen man

nindert für wird wellent hân.

27635

si sint guot urliugære,

daz ist in dâ niht swære,

und habent ritter unmâzen vil.

der red gib ich hie ein zil.

noch kan ich niht vergezzen

27640

einer zungen vil vermezzen:

daz ist daz wert Ungerlant.

niht ritter ist dar inn bekant,

wan ez in versmâhen wil.

ir sint ân mâzen vil,

27645

die grâven wellent all sîn.

man vindet nindert umb den Rîn

sô mangen grâven wolgetân.

swer kûm driu ros geleisten kan

und einen engen roc zwâr,

27650

hât er dar zuo langez hâr,

sô ist er gar ein grâf genant

über al in Unger lant.