BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Ulrich von Liechtenstein

ca. 1200 -1275

 

Vrowen dienst

 

1255

 

Niftel überbringt der frouwen Lied IV

und berichtet ihr in Reimbrief b von Ulrichs Taten,

Abschlägige Antwort der frouwen in Reimbrief c.

Tief getroffen unternimmt Ulrich Ritterfahrten.

Seiner frouwen schickt er Lied V.

Dann reist er durch Kärnten und Istrien.

(Strophe 313 - 339)

 

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313

Ich schiet ouch hôhes muotes dan;

reht als ein minnegernder man

reit ich sâ zuo der niftel mîn.

diu hiez mich willekomen sîn.

5

ich sprach: «nu müez dir lônen got,

vil süeziu niftel, lieber bot!

du bist gar miner sælden rât:

an dîner helfę min vreude stât.»

 

314

«Neve, swaz ich dir gędienen kan,

daz wirt vil willeclîch getân.

ich wil abęr durch den willen dîn

dîner vrowen den boten mîn

5

senden und enbieten daz,

daz ez ze Frisach niemen baz

hât getân danne dû. dêst wâr:

daz weiz ich endelîche gar.»

 

315

«Niftel, sô tuost dû mir wol:

ich dankę dirs immer, als ich sol.

sô send ouch disiu liet dâ hin.

vil gar ânę angest ich des bin,

5

si dunken die vil guoten guot.

si ist sô reiniclîch gemuot,

daz sî ir lobes ist immer frô.

diu liet sprechent von ir sô:

 

Ein tanzwîse, und ist diu vierde wîse

(Bechstein I,111; Lachmann 97,9)

1

In dem walde süeze dœne

singent kleiniu vogelîn.

an der heide bluomen schœne

blüejent gen des meien schîn.

5

alsô blüet mîn hôher muot

mit gedanken gen ir güete,

diu mir rîchet mîn gemüete

sam der troum den armen tuot.

 

2

Ez ist ein vil hôch gedinge

den ich gen ir tugenden trage,

daz mir noch an ir gelinge,

daz ich sælde an ir bejage.

5

des gedingen bin ich frô.

got geb daz ichz wol verende,

daz si mir den wân iht wende

der mich fröit sô rehte hô.

 

3

Sie vil süeze, valsches âne,

frî vor allem wandel gar,

lâze mich in liebem wâne

die wîl ez niht baz envar;

5

daz diu fröide lange wer,

daz ich wænens iht erwache.

daz ich gen dem trôste lache

des ich von ir hulden ger.

 

4

Wünschen unde wol gedenken

dest diu meiste fröide mîn.

des sol mir ir trôst niht wenken,

sie enlâze mich ir sîn

5

mit den beiden nâhen bî,

sô daz si mit willen gunne

mir von ir sô werder wunne,

daz si sælic iemer sî.

 

5

Sælic meie, dû aleine

trœstest al die werelt gar.

dû und al diu werlt gemeine

fröit mich min dann umbe ein hâr.

5

wie möht ir mir fröide geben

âne die vil lieben guoten?

von der sol ich trôstes muoten;

wan ir trôstes muoz ich leben.

 

[ . . . ]

 

Reimbrief b

 

1

«Ich ęnbiut iu, vrowe, mînen gruoz

und dienst, als ich von rehte muoz

mîner lieben vrouwen.

ir sült mir wol getrouwen,

5

daz ich iu diene mîne tage.

nu merket, vrowe, waz ich iu sage.

ze Frisach ist ein ritterschaft

gewesen mit vil grôzer craft:

 

2

Dâ hât daz beste gar getân

iwer getriwer dienestman,

mîn neve von Liehtensteine.

ir gętât was gegen im cleine.

5

jâ, hât durch iuch, vrowe, er

verstochen mêr dannę hundert sper.

er het den brîs ze bêder sit:

daz ist wâr, als lieb ir mir sît.

 

3

Er hât iu dâ gedienet sô,

daz ich sîn bin worden vrô.

er dient iu mit triuwen,

er kan den dienst niuwen

5

gein iu mit ritterlîcher tât:

sîn herze iuch immer liep hât,

vil herzenliebiu vrowe mîn.

des sol mîn sælde pfant sîn.

 

4

Dô si den brief gelas aldâ,

diu guote schreip hin wider sâ

einen brief. dô daz geschach,

diu reine wider den boten sprach:

5

«sagę dîner vrowen den dienest mîn

und füere ir hin daz brievelîn

und sage ir von mir offenbâr,

si habe enboten mir niht wâr.»

 

322

Dô der brief mîner niftel guot

kom, diu reine, wolgemuot

sande mir in alzehant.

ir bot mich dâ, ze Leibenz vant,

5

dâtz einem turney, der wart guot.

driu hundert ritter hôchgemuot

die wâren dar durch êre kumen:

man nam dâ schaden unde frumen.

 

323

Den boten ich vil wol enpfie,

mit im ich in ein heinlîch gie:

dâ gab er mir daz brievelîn.

des danct ich sâ der niftel mîn.

5

ich wânde, dâ stüend an etswaz,

dâ von mir seneden würde baz:

dô stuont dran, daz mir vreude brach.

nu sult ir hœren, wie daz sprach:

 

 

Reimbrief c

 

1

Du lobest mir vaste den neven dîn:

daz mac wol von der sippe sîn.

mir lobent sîn aber di vremden niht:

dâ von ist dîn lop gar enwiht.

5

und wil du mirn ze hôhe loben,

ich zîhe dich, du wellest toben.

 

2

Dô mir der brief dô wart gelesen,

mir konde nimmer leider wesen.

ich schamt mich der boteschaft,

ich gedâht: «ich muoz mit ritterschaft

5

gein ir ze hôhem lobe komen,

oder mir wirt kürzlich benomen

lîp, guot, sinne und daz leben

und swaz mir got ie hât gegeben.»

 

[ . . . ]

 

Ein tanzwîse, und ist diu fünfte wîse

(Bechstein I,119; Lachmann 109,9)

1

Sumer ist nu gar zergân,

gesweiget sint diu vogelîn.

des muoz ich vil trûric stân

und in dem herzen jâmric sîn.

5

winder unde ein ander leit

diu gebent mir dicke senden muot:

diu habent mir beidiu leider widerseit.

 

2

Sumers sol man sîn gemeit:

sô mac ein man der frouwen sîn

wol mit dienste sîn bereit.

vil sælic sî sîn liehter schîn,

5

winder ich bin dir gehaz,

dâ bî der sumerwunne holt:

sô mac man werden frouwen dienen baz.

 

3

Zwiu sol mir des winders zît

und ouch dar zuo sîn langiu naht?

an der al mîn fröide lît,

diu hât des leider niht gedâht,

5

daz sich ende sô mîn strît

als einem dem sô wol geschiht,

der nâhen bî bî liebe lieblîch lît.

 

4

Sît man leit nâch liebe hât,

sô sol ouch liep nâch leide ergân.

mîn lîp noch in leide stât:

des ist mir endelôs mîn wân.

5

frouwe, wende sô mîn leit,

daz mir nâch leide liep geschehe.

mîn herze bî den fröiden jâmer treit.

 

5

Frouwe, liebiu frouwe mîn,

war umbe bistu mir gehaz?

ich was ie der dienest dîn.

daz weiz got wol, und niemen baz,

5

daz ich von dir mînen muot

noch nie gewande sît der zît

daz ich verstuont beid übel unde guot.

 

 

[ . . . ]