BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Megenberg

1309 - 1374

 

 

Buch der Natur

 

I. Von dem Menschen

in seiner gemainen Natur.

 

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2.

Von dem hirn.

 

Dar nâch schüll wir sagen von dem hirn. daz hirn ist kalter nâtûr, als Aristotiles spricht, und daz herz ist haizer nâtûr, und dar umb ist daz hirn gesetzt über daz herz, daz des herzen hitz des hirns kelten senftig. alsô sint auch andreu glider an dem menschen widerwärtig, wan ainz ist veucht, daz ander trucken, ainz kalt, daz ander warm. deu nâtûr macht daz herz des allerêrsten und dar nâch daz hirn und macht daz hirn allermaist auz erd und auz wazzer. dar umb ist ez kalt an im selber. Galiênus der spricht, daz sich daz hirn tail in zwai stuk. daz ain stuk ist gegen der rehten seiten, daz ander stuk gegen der lenken, und sprechent die maister von der nâtûr, daz deu zwai stuk underschaiden sein mit ainem wändlein. dâ mit sint deu mitlisten kämerlein underschaiden. daz hirn ist niht ain überflüzzikait in dem menschen, sam die gerben sint, die von dem menschen koment, noch ist von starken werhaftigen stüken. iedoch sô ist ez geleich alt den andern glideren in des menschen leib. daz hirn hât minner pluotes wan kainerlai ander väuhten, die in dem menschen sint, wan man sicht kain pluot in im; iedoch vleuzt colera von im in die ôrn und melancolica datz den augen und fleuma datz der nasen. daz hirn ist ain tail trucken als ein waicher taik, und dar umb daz ez nit pluotes hât ist kain âder in im klain noch grôz, die ain pluottragerin sei. Daz hirn hât des fünften sinnes niht, der dâ haizt gerüerde, reht als daz pluot oder als ain überflüzzikait in dem menschen. und dar umb wenne dû mit dem vinger rüerst den wunden menschen auf sein plôz hirn, sô enpfint ez sein niht, reht als dû im sein hâr rüerst oder sein zehennagel. doch wellent etleich maister, daz daz hirn hab enpfinden seins gepruches, wenne man ez zepricht; ez habe aber niht enpfindens seinr verendrung, wenn ez sich verendert von warm in kalt und von truken in fäuht. Daz hirn ist in dem menschen neur durch ain behaltung der nâtûr, reht als deu kelten in dem kelr ist durch die behaltung des weins. daz mensch hât ain grœzer hirn nâch seinr grœzen wan kain ander tier, und ain man hât ain grœzer hirn wan die fraw, und des menschen hirn hât in im vil clainr painlein, als Plinius spricht. ez spricht auch Aristotiles, daz des menschen hirn niht gar fäuht noch gar trucken sei, und ist umbvangen mit zwain häutlein, der ainz ist ze næhst pei der hirnschal, und daz ist daz sterker und daz enpfint versêrung; daz ander niht, dar umb, daz daz sterker etleich âdern hât, die pluottragerinne sint, daz ist an der stat, dâ sich der hals veraint mit dem haupt. Plinius spricht, daz kain tier slâf, daz niht hirns habe.