BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Megenberg

1309 - 1374

 

 

Buch der Natur

 

I. Von dem Menschen

in seiner gemainen Natur.

 

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33.

Von dem herzen.

 

Daz herz ist ain anvanch des lebens, und der anvanch ainr iegleichen wegung ist in dem herzen. Plinius spricht, daz daz herz sei ain lucern des leibes, wan diu nâtûr hât daz herz gesetzt ze mitelst in den leip, dar umb, daz ez ain prunn und ain ursprinch ist der kreften aller andern glider, und ist ain schatzlädlein des lebens. dar umb hât ez diu nâtûr ze mitelst verporgen. daz herz ist daz êrst, daz an dem tier lebt in der muoter leib, und ist daz letzst, daz stirbt. ez ist auch kain glit, dâ sô vil pluots inne sei unflüzzich und beleibend stên in im selber denn neur daz herz. wan daz herz hât zwai kämerlein, daz ain gegen der rehten seiten und daz ander gegen der denken, und dar inne ist edelz pluot und die edeln gaist, dar an daz leben ligt. und die gaist und daz pluot laufent in den âdern von dem herzen in die andern glider, als wir her nâch sagen von den âdern. daz herz ist gesetzt zuo der lungen, dar umb, daz diu lung waich ist und luftvängik, dar umb sô gibt si dem herzen ain küeln, daz ez iht erstick von seiner aigen hitz, wann daz herz ist daz allerhaizist glid, daz in dem tier ist. ez ist auch daz herz oben prait und unden spitzik und ist ze mitelst in der prust, ân daz ez sich ain klain naigt gegen dem denken prüstlein, ez wær anders diu tenk seit gar ze kalt. daz herz ist auz hertem dickem flaisch und ist in aim menschen grœzer denn in dem andern. des menschen herz ist waicher denn anderr tier herz. welhez tier ain grôz herz hât gegen seinem leib, daz ist vorhtich, und welhez ain mitelmæzigz herz hât, daz ist dürstich. daz ist dar umb, daz diu nâtürleich hitz und kraft ain grôz herz niht erfüllen mag sam ain mitelmæzigz. seind nun diu kelten ist ain sach der vorht, sô ist der spruch wâr, und dar umb sint die hirz und die esel und die hasen vorhtiger wan andreu tier, wann si habent vil grœzereu herz nâch irn leiben wan andreu tier. Daz herz mag niht geleiden als andreu inwendigeu glider, wann man sicht an der tôten herz kain versêrung als an andern glidern, wunden, genagung, swern, stain und sämleich dinch. iedoch beleibt daz leben in dem tier sô lang daz herz lebet. daz aber daz herz leit auch sam diu andern glider, des entuot ez niht, wann der tôt vürkümpt des herzen siehtagen. alsô spricht daz puoch ze latein und etleich ander sprüch der alten maister, die mir zweivelhaftig sint. Plinius spricht, daz der menschen herz niht verprant müg werden, die dâ sterbent von des herzen siehtagen, der dâ haizt des herzen suht, und haizt ze latein cardiaca und kümpt von übrigem zorn und von übriger vorht. ez sprechent auch etleich maister, daz der menschen herz, die dâ sterbent von wârer vergift, niht verprant mügen werden, und dar umb strâft der maister Vitellus den arzt, der dâ hiez Pîsô, und spricht, daz der deutsch kaiser pei im tôt sei von vergift, wan des kaisers herz wolt niht prinnen. sô spricht Pîsô her wider, daz daz niht sei von vergift, ez sei von des herzen suht gewesen, die der kaiser het. wærleich der arzt Pîsô missagt, und dâ wær gar lang von ze reden, daz wil ich under wegen lâzen. Egiptii die weisen läut, die vil weishait funden habent, wânten, daz daz herz alliu jâr auf næm ain klain grœzin und daz daz werte unz in daz fünfzigist jâr, und daz ez dann als vil abnæm alliu jâr unz in daz hundrist jâr, und sprâchen, daz wênich läut lebten mit ganzen sinnen unz in daz hundrist jâr, dar umb, daz daz herz alsô sêr abnæm. daz aufnemen der grœzen des herzen und daz abnemen ist niht redleich, wann daz herz würd in fünftzig jâren alsô grôz als ain grôzeu pôzkugel und würd in den andern fünftzigen jâren alsô klain als ain pôn. daz envindet man niht. daz herz ist gesetzt in ain pälglein, daz ist wol als dicke sam aines menschen haut, und daz haizt des herzen huot oder sein kasel, und hât diu nâtûr daz herz dâ mit verhüllet durch ain sicherhait, daz ez niht leihticleichen leid.