BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Megenberg

1309 - 1374

 

 

Buch der Natur

 

I. Von dem Menschen

in seiner gemainen Natur.

 

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49.

Von den zaichen der natürleichen siten.

c. Von den augen.

 

Welher mensch grôz augen hât, der ist træg, und welher mensch tief augen hât vast hin ein gesetzt in daz haupt, der ist kündig oder hinderlistig und ain betrieger. welhes augen her für pauzent auz dem haupt, der ist unschämich und kleppisch und ain tôr. aber wenne diu augen nâch der lengen gesetzt sint, sô ist der mensch hinderlistich und ain betrieger. welhes augen vil swerzen habent, der ist vörhtig, und welher gaizaugen hât nâch der varb, der ist ain tôr. welhes augen snell varend sint und scharpfsihtig, der ist ain betrieger, ain hinderlister und ain diep. welhes augen sô gar still stênde sint als die stain, der ist listig, und welhes anpliek geleicht ains weibs anplick, der ist unkäusch und unschämig. ist aber sein anplick kintleich und ist allez sein antlütz und seineu augen sam si lachen oder lächerleich gestalt, sô ist der mensch frœleich und ist von nâtûr ains langen lebens, welhes menschen augen grôz sint und zittrend und manigvirbig, der ist træg und hât die frawen liep. aber welhes augen klain sint und bidmend und manigvirbig, der ist gar zornik und hât auch die frawen liep. welhes augen an der rœten dem feur geleichent, daz ist ain gruntpœsez mensch und gar widerprüechig oder ungevölgig. ist des selben augapfel swarz, daz bedäut ainen trægen und ainen stumpfen menschen. manigvirbig augen, deu ain gelb varb habent zuo geselt sam ob si mit safrân geverbt sein, bedäutent durchpœse siten. vil fleken pei den augapfeln bedäutent ainen pœsen menschen, und sint sein augen dâ mit manigverbig, sô ist er dester pœser. sint diu augen klain und her für pauzend auz dem haupt, sam ains krebs augen, diu bezaichent tôrhait und närrischait und ainen menschen, der seinen flaischleichen gelüsten nâch volget. klaineu äugel vil hin und her varend, der augenprâwe sich oft auf und zuo tuont, bedäutent ainen gruntpœsen menschen. welhes menschen augäpfel in irs endes umbganch habent ainen geleichen umbkraiz, die bedäutent ainen häzzigen menschen, ainen claffer, ainen vorchtigen und durchpœsen menschen. welhes augen rindesaugen geleichent, die bezaichent krankmüetichait. sô der augapfel swarz ist und ain gelb varb hât sam ob er übergoldet sei, der bedäut ainen pœsen menschen, ainen morder, der menschleich pluot gern vergeuzt. über sich aufkapfend augen als der ochsen augen und diu auch rôt sint und gar grôz, diu bezaichent ainen gar pœsen menschen, ainen tôrn, ainen narren, ainen trunkenpolt. diu pesten augen sint die zwischen swarz und manigvirbig ain mitel habent und die niht gar scheinplitzent sint und daz kain rœten noch kain gelb varb in in scheint: diu augen bedäutent ain guot nâtûr. manigvirbig augen mit ainer gelben varb scheinplitzend oder der varb grüen sint als ains stains varb bedäutent ainen pœsen menschen, und die läut, die dar zuo fleckot sint in den augen, die sint die pœsten under allen menschen und die grœsten betrieger. wer sein augöpfel her für pauzend hât mit der ganzen grœzen der augen, der ist klainmüetig. wem diu augen tief sint und klain, der ist listig, ain betrieger und ain häzziger mensch. wem daz hâr der überprâw her nider gekrümt ist oder an ain stat getwungen von nâtûr, der ist ain lieger, ain listiger und ain tôr. wer gar sêr zitternd augen hât, der ist pœs. wer klain augen hât, der ist poes und ain tôr. sint aber diu augen grôz, sô ist der mensch niht sô pœs, aber er ist ain grœzer tôr wan der mit den klainen augen. wer manigvirbig augen hât oder grüen augen, der ist pœs und ain diep. welhes menschen augenprâw sich gar oft auf und zuo tuont, der ist vorhtig und ain töbig mensch.