BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Megenberg

1309 - 1374

 

 

Buch der Natur

 

II. Von den himeln und

von den siben planêten.

 

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7.

Von dem mônen.

 

Der sibend planêt und der aller niderst gegen uns haizt ze latein Luna und ist ze däutsch als vil gesprochen als ain frömdliehter, dar umb, daz der môn sein lieht nimpt von der sunnen und an im selber kain aigen lieht hât. iedoch sprechent etleich alt maister, daz des mônen kugel ain halbtail schein hab mit inwendigem aigem lieht und daz ander halptail vinster, und daz sich diu kugel ân underlâz umbreid, unz daz uns daz lieht halptail schein, und dar nâch werd daz vinster tail gegen uns gekêrt. daz ist falsch und widersprechent ez die grôzen maister und sant Augustîn in ainem sendprief, den er sant seinem freund Januario, spricht, daz der môn erläuht werd von der sunnen. der môn verleust seinen schein, wenn daz ertreich gerihts ist gesatzt zwischen dem môn und der sunnen: sô mag diu sunne irn schein niht gewerfen auf den mônen. dar umb muoz er denn ân schein sein. wenne der môn geleich gegen der sunnen über ist, sô ist er vol; wenn aber in diu sunn beseits an schilhet, sô ist er niht ganz vol, und wenn er gar under der sunnen ist, sô hât er niendert kain lieht an dem tail, daz gegen uns gekêrt ist, dar umb, daz des mônen kugel dicke ist und vinster und mag der sunnen lieht niht genemen durch sich, als ain glas oder ain ander durchscheinendez dinch. der môn volpringt seinen lauf in dreizig tagen, alsô spricht unser puoch, oder in sibenundzwainzig tagen und in aht stunden, als die sternseher sprechent. der môn ist verr klainer denne diu sunne, aber er scheint uns als grôz dar umb, daz er uns verr næhender ist wan diu sunne, dar umb, daz zwên himel zwischen der sunnen himel sint und des mônen himel, als hie vor gesait ist, wann des morgenstern himel und des sprechherren himel sint dâ zwischen. der môn hât in im swarz flecken, und sprechent die laien, ez sitz ain man mit ainer dornpürd in dem mônen. daz ist aber niht wâr; ez ist dar umb, daz der môn an den stucken dicker ist an seinem antlütz wann an andern enden, und dar umb nimt er dâ selben der sunnen schein niht, dâ von scheinent uns diu selben stuck vinster. der môn ist ain vater und ain maister aller fäuhten, und dar umb sint etsleich wazzer gegen der sunnen aufganch, diu aufnement und abnement nâch des mônen aufnemen und abnemen, wann alliu fäuhten wehst wenn der môn wehst, si sei an gesellten dingen oder an ungesellten dingen. auch all fäuht wêtagen mêrent sich, als diu wazzersühte und sämleich siehtum, und dar umb sint etleicher tier leip sterker wenn der môn aufnimt wan sô er abnimt, als man siht an den wolfen, wann si jagent denne mêr wan ander zeit, und die slingenden würm, die vergiftich sint, die sint denne schedleicher wan ander zeit. daz hâr wechst auch zder zeit mêr wan zuo ander zeit, und als lang der môn gêt von der sunnen aufganch unz an daz mittel tail des himels, als lang gênt alliu mertier und alliu slingendiu tier auz iren wonungen, und wenn der môn sich naigt zuo seinem undervallen, sô verpergent si sich. wizze, daz diu naht, als Aristotiles spricht, wermer ist sô der môn vol ist wann ander näht; daz ist dar umb, daz der môn denne grœzern schein hât. Albumasar der sternseher spricht: ist daz ain mensch lang sitzt oder slæft des nahtes an dem mônschein, sô wirt ez træg und swær und wirt huostend und wirt oft im daz haupt flüzzich und wêtuond. ist auch daz der mônschein tôter tier flaisch begreift, daz macht er unsmeckend. ez spricht auch unser puoch, ist daz des mônen schein durch ain engez fenster gêt auf ains zerprochen pfärdes geswer auf dem rucken, ez stirbt, und stürb niht, stüend ez an der weiten in dem mônschein. des menschen haupt und sein hirn verwandelnt sich auch vast nâch des mônen lauf, als wir sehen an den, die ir unsinne gewinnent und verliesent nâch des mônen lauf. der môn rôt und plaich bedäut mangerlai weter, als vor gesprochen ist von der sunnen. der môn küelt der sunnen hitz und erläuht die naht und ist der erden aller næhst under allen sternen. iedoch mügen wir alle aigenchait des mônen besliezen mit zehen dingen, diu an unser frawen sint.

Daz êrst ist, daz der môn ist ain vater aller fäuhten; alsô ist unser frawe ain muoter aller genâden, als vor gesprochen ist von der sunnen. daz ander ist, daz der môn küelt der sunnen hitze; alsô fäuhtigt unser frawe den zorn des obristen rihters, als wir vinden geschriben von Theophilo, der sich dem teuvel het ergeben und gotes verlaugent, den prâht unser frawe wider, als si mangen sünder widerprâht hât. daz dritt ist, daz der môn seinen schein verleust wenn er die sunnen verleust; alsô verlôs unser frawe iren schein kintleicher gegenwürtichait und kintleicher fräuden, dô ir kint, diu wâr sunn der gerehtikait, starb an dem cräuz. dar umb schreibt Lucas, daz Simeon hinz ir sprach in dem tempel: ain swert wirt dringen durch dein sêl. dâ mainôt er daz swert des pittern smerzen, den si dâ lait. daz vierd ist, daz diu sunn dem mônen schein gibt; alsô gab unser herr unserr frawen schein und genâd, dô er ir seinen hailigen gaist sant, und dâ von sprechent etleich lêrer, daz Josep ir antlütz niht entorst angesehen die weil si swanger was, und spricht auch Mathæus, daz Josep si niht erkante unz daz si genas ires êrstgepornen suns. daz fünft ist, daz der môn die naht erläuht; alsô erläuht unser frawe die hailigen christenhait, als man von ir singet: frewe dich, Marîâ raineu magt, wan dû hâst allain alle ketzerei vertilgt. daz sehst ist, daz der môn die werlt erläuht, wenne diu sunne hin ist, wann wenne diu sunne under der erden ist und der môn dar ob, sô verstêt der môn der sunnen stat. alsô tet unser frawe, dô unser herr ze himel fuor: dô liez er unser frawen hie niden seinen jungern zuo ainem trôst und zuo ainer läuhtenden anweisung. dar umb sprechent die hailigen lêrer, daz Lucas von irem mund hab geschriben die êwangeli. daz sibend ist, daz der môn under allen planêten dem ertreich aller næhst ist; alsô ist unser frawe under allen hailigen uns aller genædigst und ist ain mittlerin und ain fridsprecherin zwischen got und dem sünder. daz aht ist, daz der môn wehst und aufnimt; alsô wuohs unser frawe und nam auf von der zeit als ir got gekünt wart, und daz aufnemen wart volprâht, dô si sein genas. si nam auch ab, als vor gesprochen ist, an gegenwürtigem trôst irs kindes, dô si daz verlôs auf erden. dâ nâch nam si nümmer mêr ab unz daz si enpfangen wart in die êwigen fräud, wann dâ ist si diu allerschœnist ob allen frawen und diu allerliebst dem obristen kaiser ân allen geprechen in ganzer volkumenkait. daz neund ist, daz der môn scheint und läuht; alsô scheint unser frawe mit käuschhait und mit klârhait des leibes und der sêl, daz ist mit zwairlai klârhait, und dar umb haizt si ir lieb zwirschœn in der minnen puoch, dâ er zuo ir spricht: wie gar schœn dû pist, mein freundin, wie gar schœn dû pist! daz zehend ist, daz der môn tailt die zeit mit seinem lieht; alsô tailt unser frawe die zeit der genâden und der ungenâden, wann si hât uns prâht die zeit der genâden und hât vertilgt die zeit der ungenâden.