BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Megenberg

1309 - 1374

 

 

Buch der Natur

 

III. HIR HEBT AN DAZ DRITT

STÜCK DES PUOCHS

VON DEN TIERN

IN AINER GEMAIN

 

A. UND DES ÊRSTEN VON DEN DIU

DA GÊNT AUF ERDEN.

 

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37.

Von dem lewen.

 

Leo ist ain künig aller andern tier, sam Jacobus und Solînus sprechent. daz tier hât niht untrew noch valscher list an im. des lewen manhait bedäut uns sein stirn und sein sterz. er ist sô haizer nâtûr, daz man wil, er sei stætes sühtig oder fiebrig. leêna daz ist des lewen weib. diu gepirt des aller êrsten fünf welfel, dar nâch viereu, des dritten dreu, dar nâch zwai, und ze dem fünften mâl neur ainz. dar nâch ist si unperhaft. si hât neur zwai milchwämpel ze mittelst an dem leibe under der prust und hât diu gar klain nâch irs leibes grœzen. daz ist dar umb, daz si gar wênig milch hât, wan ir ezzen verkêrt sich allez in iriu glider. Augustînus spricht, sô diu lewinn gepirt, sô slâfen die lewel drei tag unz der vater kümt, der schreit gar laut ob in, von dem geschrai erschrickent si und erwachent. der lewe fürht den spitzigen gart des schorpen und fleuht in als ainen tœtleichen veint. er fürht auch der reder schoteln und ir kerren an dem wagen, aber er fürht daz veur mêr. Solînus spricht, daz der leo niht leiht zürn, er sei dann gesêrt oder gelaidigt. wenn aber er erzürnt wirt, sô zerreizt er den zornmacher zemâl; den gestrachten tuot er niht. waz er gevangner vint, den vertregt er auch. er dertœtt den menschen nümmer mit willen, in hunger danne gar sêr. Adelius spricht, wenne der leo slæft, sô wachent seineu augen. wenne er gêt, sô vertiligt er sein fuozstapfen mit dem sterz, daz in die jäger iht vinden. alsô spricht Plinius. die lewen sint under enander fridsam und kriegent niht. Aristotiles spricht, der leo heb sein pain auf sam ain hunt wenn er harmt. wenn er sein maul auf tuot, sô gêt ain starker smach dar auz. wenn in hungert, sô zeuht er mit seinem sterz ainen grôzen kraiz auf der erden und schreit laut und erschreckt andreu tier und getar kain ander tier über den kraiz komen. er versmæht daz gestrig ezzen und die urlaib seines vodern ezzens. etleich sprechent, daz der leo von seinem aigen zorn sterb, sô gar hitzig wirt er in im selber, wenne er übermæzicleichen zürnet. der leo væht gern den waldesel und hazt in von nâtûr. Ambrosius spricht, wenn der leb siech ist, sô væht er ainen affen und frizzet den, dar umb, daz er gesunt werd. wenne der leo hundespluot getrinket, sô wirt er gesunt. Solînus und Plinius sprechent, wenne der leo seinen sterz still hab, sô sei er sänftig und fridsam; aber daz ist selten. wenne er anhebt ze zürnen, sô sleht er den sterz auf die erden, und sô der zorn wehset, sô gaiselt er sich selber auf dem ruck mit dem sterz. wenne er wunt wirt, sô behelt er den, der im den schaden tet, under allem volk und zerreizt in, ob er mag. aber der in geschozzen hât und in doch niht gewundet hât, den wirft er nider und strâft in, aber er wunt in niht. Plinius spricht, daz lewenflaisch und allermaist sein herz den läuten guot sei, die übrig kelten haben, wan sô si daz flaisch ezzent, sô werdent si haiz. der lewen pain sint sô hert, daz man feur dar auz sleht sam auz ainem kisling. des lewen vaizten ist der vergift widerwärtig. wenn sich ain mensch salbet mit wein und mit des lewen vaizten, sô verjagt ez alliu tier von im und auch die slangen. sein vaizten ist haizer wan kains andern tiers vaizten. der leo febriert nâhent alle zeit mit dem viertägleichen fieber und sô begert er danne allermaist affenflaisches, daz er gesunt werd. des lewen vaizten mit rosenöl gemischt behüett des menschen antlütz vor flecken und erläuht ez und hailt ez. des lewen hals ist ganz durch und durch, aber des halses flaisch ist kruspelot, reht als ob er sei von ainer âdern, dar umb mag er sein haupt niht gepiegen auf den ruck. Alexander spricht, daz der leo grôz kraft hab in der prust und in den vodern füezen und in dem sterz. le?n in kriechisch ist ain künig, dâ von haizt daz tier leo, wan ez ain künig ist aller anderr tier. der leo ist an dem vodern tail haizer nâtûr und an dem aftern tail kalter nâtûr; alsô ist diu sunne in dem himelzaichen, daz leo haizt. Aristotiles spricht, allain der leo hât niht markes in seinen painen ân in dem diechpain. dar umb sint seineu pain herter dan kains andern tiers pain, ân den delphîn. des lewen ingewaid geleichet aines hundes ingewaid. der leo fiebert in etleichem sumer, aber in dem winter ist er gesunt. er fiebert auch von des menschen gesiht.