BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Megenberg

1309 - 1374

 

 

Buch der Natur

 

III. HIR HEBT AN DAZ DRITT

STÜCK DES PUOCHS

VON DEN TIERN

IN AINER GEMAIN

 

B. VON DEM GEFÜGEL

IN AINER GEMAIN

 

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1.

Von dem adelarn.

 

Aquila haizt ain adelar, und spricht Augustînus, daz er der edelst vogel sei und sei ain küng aller vogel. er ist ain grôzer rauber und lebt neur des flaisches. er hât gar ain starch scharpf gesiht, alsô daz er die sunnen in ir clârhait angesehen mag. dar umb sitzet er gern gegen der sunnen. der adlar hât die art, daz er seineu kint auf hengt mit den klâen gegen der sunnen anplik. welhez dann die sunnen ân wankel ansiht, daz behelt er sam ainen wirdigen vogel seins geslähtes und fuort ez. welhez aber diu augen von der sunnen kêrt, daz wirft er hin sam ain unedelz kint. Adelînus spricht, wenne der adelar beswært wirt von seinem alter, sô merket er gar ainen kalten prunnen und fleugt ob dem auf über alliu wolken. sô wirt diu vinster seiner augen verzert von der sunnen hitz. dâ nâch vellt er zehant nider mit der hitz in den vor geprüeften prunnen und tauchet sich dreistunt dar inne und fleugt danne in sein nest under seineu starken kinder, diu nu wol gerauben mügent, und mauset sich dann reht als in ainer küelen zwischen haiz und kalt nâch ainem fieber. sô speisent in diu kint und nerent in in dem nest, unz er sein federn vernewt und wider gewint. wenn im der snabel sô lang wirt, daz er daz ezzen niht wol dar mit gevâhen mag, sô sleht er in an ainen stain und reibt in dar an and kürzt den hâken seins snabels, unz er im eben wirt. des adelars hüenl sint in dem nest ân winseln und ân rüefen. Jacobus spricht, daz der adlar ainen stain hab in dem nest, der haizt echides oder gagates. der hât inwendig ain andern stain in im. den stain hât er in im wider sein grôze hitz. iedoch werd wir her nâch sagen von den stainen. hiet er des stains niht, sô prieten seineu air von grôzer hitz in dem nest. ander maister sprechent, daz der adlar zwên stain in seim nest hab, die haizent nides, und ân der kraft müg er niht geprüeten. der adlar tailt andern vögeln seinen raup mit, aber die gest schüllent sich hüeten vor dem wirt, wan hât er niht genuog, sô daz ezzen verzert ist, sô greift er die gest an und frizt si. diu krâ volgt dem adlarn etswenne, und sô er daz lang vertregt, sô begreift er si ze letzt mit den klâen. Plinius spricht, des adelarn federn gemischt mit anderr vogel federn unwirdischent von nâtur dar ab und frezzent si und leident ir gesellschaft niht. aber des gelaub ich niht. der adlar hât den rehten fuoz grœzer wan der tenken. er hebt seineu kint auf sein ahseln und lêrt si fliegen. alle edel vogel erschreckent, wenne si den adlar sehent, und getürrent den tag niht wol gerauben, wan si verliesent ir küenhait, ân den greiffalken, der væht den adlarn. Alexander spricht, daz der adlar mit seinem kaiserleichen geschrai den flug anderr vogel hinder. wenn er ainen tage vast, daz widerpringt er mit vil ezzens an dem andern tag. Gamaliel spricht, daz der adlar gar vleizig sei, wie er seineu kint lêr vliegen, und wenn er der schützen lâg fürht, sô tregt er seineu kint auf dem ruck und setzt alsô seinen leib zwischen den kinden und dem schützen, ob sein nôt gescheh, daz er den schuz vâhe sam ain schilt vor den kinden.