BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Megenberg

1309 - 1374

 

 

Buch der Natur

 

III. HIR HEBT AN DAZ DRITT

STÜCK DES PUOCHS

VON DEN TIERN

IN AINER GEMAIN

 

B. VON DEM GEFÜGEL

IN AINER GEMAIN

 

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37.

Von dem cappan.

 

Gallus gallinacius haizt ain cappân und haizt dike in der geschrift pepo, daz ist ain han, der seinr gezeuglein beraubt ist, und spricht man, si werden snell vaizt, dar umb, daz si der unkäusch werk nit derr noch meger. ez spricht ain vorscher in der nâtûr, der cappân wirt vaizt mit den hennen, aber er macht die hennen niht fruhtbær; er wirt gespeiset mit in, aber er beschirmt ir niht; er singet niht und erkennt die zeit des tages und der naht niht. die cappân sint zuo nihtiu nütz dan in die kuchein. si habent pezzer flaisch wan kain ander gefügel, wan der cappân flaisch macht guot pluot und fuoret gar wol. dâ von sprach maister Jordan predigær ordens (sô sein got zuo guot gedenk) in ainer pfaffenpredig, dô er rett zuo den kôrherren und zuo andern pfaffen, die dâ besament wâren: Sobna der schreiber wirt über gefüert als ain cappân. eiâ, wâ hin? treun, an kain ander stat danne in des teufels kuchein. eiâ, war umb? treun, dâ singt er niht und ist unperhaft und ist unwerleich. pei dem schreiber verstê wir unser prêlâten und ander pfaffen, die sint unperhaft in gaistleichen werken, wan si machent niht gaistleicher kind: wolt got, daz si der leipleichen auch niht machten; sie singent ir tagzeit niht: wolt got, daz si si spræchen mit andâht und süngen niht werltleicher lieder. sô singt der ainen Frawenlop, der ainen Marner, der ainen starken Poppen. der poppen ist sô vil worden, daz si der gotshäuser guot und êr verpoppelnt. si sint auch niht werleich, wan sie beschirment iriu schæfel niht. weder mit gebet noch mit predig noch mit gaistleichen strâfen. wê der verfluochten hirten, si sint mietnemer. wenne die ir miet und ir gâb enpfangen habent, kümpt ain wolf under diu schâf, sô vliehent si und lâzent diu schæfel in angsten und in nœten. dar umb sint si zuo nihtiu nütz dann in des teufels kuchein. der vaizten cappân waiz ich laider vil. mit den cappân tregt der pœs gaist die klainen spizvogel, sam die kôrherren, pfarrer, münich und ander gaistleich flaischleich läut, in daz êwig leiden, die ir pfrüent nement ân fruhtpæreu werk. nu lâz wir daz hie bestên, ez ist genuog an daz zil gepolt, und sagen wir mêr von dem cappân. Jacobus und Lapidarius (daz ist der von den edeln stainen hât geschriben) sprechent, daz man die hanen oft beraub irr gezeugel wenn si dreier jâr alt sein, und lâz man si dar nâch leben fünf oder sehs jâr, sô vind man in der cappân lebern ainen edeln stain, der haizt allectorius, und hiez ze däutsch wol der minnenzieher oder der minnenzæmer, dar umb, daz er die frawen iren mannen minnenzæm macht. wenne der stain ist gewachsen in der cappân lebern, sô dürst si niht mêr und trinkent auch niht mêr, und dar umb, welher mensch den stain in seinem mund tregt, dem vergêt der durst.