BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Megenberg

1309 - 1374

 

 

Buch der Natur

 

III. HIR HEBT AN DAZ DRITT

STÜCK DES PUOCHS

VON DEN TIERN

IN AINER GEMAIN

 

B. VON DEM GEFÜGEL

IN AINER GEMAIN

 

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55.

Von dem pellican.

 

Pellicanus haizt nâch der aigenchait der latein ain grâhäutel, wan sam Augustînus und Isidorus sprechent, er hât grâvar federn. der vogel hât die art, daz er gern wont in Egypten lant pei dem wazzer, daz Nilus haizt. der vogel scherzt mit seinen kindeln von grôzer lieb, die er zuo in hât, und in dem spil râment im diu kindel der augen, dâ von wirt er derzürnt und tœt si. dâ nâch zeuht er sein federn ab und traurt niht ain clain umb seineu kindel und sleht sein prust oder sein seiten mit seinem snabel, unz daz rôsenvarb pluot dar auz fleuzt, und besprängt diu kindel dâ mit, und alsô macht er si wider lebentig. aber ander maister sprechent, daz der vogel sein pluot vergiez umb seineu kindel wenne si versêrt werdent von ainr slangen, die in lâg setzet. ez sint zwairlai pellicân. daz ain ist ain wazzervogel, der lebt der visch; daz ander ist ain lantvogel, der wont auf dem land und lebt der slangen. der pellicân lebt von der milch des cocodrillen und wirt dâ von gespeiset. waz aber ain cocodrill sei, daz wirt her nâch kunt, wenn wir von den merwundern sagen. wan daz selb tier, ain cocodrill, ist sô reich an milch, daz er si auz wirft an den steten, dâ ain pfuol ist oder hüel, und dar umb volgt im der pellicân allzeit nâch. etleich maister sprechent, daz er dar umb pellicânus haiz ze latein, wan wenn man sein haut ab seim flaisch zeuht, sô ist si gestimt reht als si sing, und nâch der aigenchait möht der vogel ze däutsch haizen ein velsing. der vogel ist mager, wan als die maister sprechent, waz er ezzens in sein gedirm nimt, daz gêt als von im ungekochet und dâ von hât er wênig vaizten und wirt gespeiset von clainem saf seiner narung. Pei dem pellicân verstê ich unsern herren Jêsum Christum. der kam in unser ellend, ze scherzen mit uns, auz dem obern trôn der himel. wie scherzen? treun, mit grôzen zaichen, diu er tet in Moyses persôn in Egypten lant in dem rôten mer und in der wüesten, und mit den zaichen, diu er tet mit andern weishaiten. dô râmeten im in den werken der gothait unser altväter der augen, daz ist der übernâtürleichen werken, diu got allain vermag. als wie? treun, dâ versmâhten si in in seinen grôzen werken und petten ain kalp an gemacht von silber, und sünten auch mit andern grôzen sünden vor und nâch unz an die zeit, daz got mensch wart. in der selben zeit wâren diu kint des edeln pellicâns, daz ist gotes, ze tôd geslagen von im, alsô daz si ümmer muosten leiden in dem vegfeur, wie grôz rew si hieten umb ir sünd, unz daz der pellicân, Christus, gotes aingeporner sun, mensch wart auz dem rainen käuschen taw der zarten rôsen Marie und seinen leichnam öffent mit dem fluz seins rôsenvarben pluotes in der marter. diu wert mit ainem und mit dem andern unz an den dritten tag, daz er von dem mensleichen tôd erstuont. alsô macht er seineu kint wider lebentig von dem êwigen tôd. Der pellicân ist zwairlai. der ain ist ain wazzervogel und lebt neur des wazzers der weishait, daz ist diu gnâd, diu dâ fleuzt von dem almähtigen prunnen der gothait, und lebt der visch, die in dem wazzer vliezent, daz sint die hailigen lêr der götleichen geschrift. diu selben wazzervogel sint die hailigen lêrer, die erläuht werdent, paideu von dem hailigen gaist und der götleichen geschrift, die gotes stat verwesent auf ertreich und sein reht vitztüem sint ze pinden und ze lâzen, sam die pfaffen, die löbleich priester sint. der ander pellicân ist ain lantvogel, der lebt der slangen. daz ist diu werltleich ritterschaft, diu lebt auf dem land des werltleichen wesens und lebt der slangen, daz ist des schatzes und des zinses diser werltleicher gezierd. pei den zwain pellicânen verstê wir diu zwai swert der hailigen christenhait, daz götleich und daz werltleich. iedoch ist daz gaistleich verr über daz werltleich, reht als des menschen sêl ist über den leichnam und als diu sunn ist über den mônen.