BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Heinrich von Mügeln

um 1320 - nach 1371

 

 

Sangspruchdichtung

 

Die Göttinger Spruchsammlung

XVI. Buch

 

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[Vorrede im Göttinger Cod. philos. 21:]

 

Hie wil der meister leren, wie  a l l e  vorrede

gegen dem Meyen, gegen dem Somer, gegen

dem wintter setzen vnd blumen sal, wer von

der mynne tichtet.

 

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402

Ein frouwe sprach: «min falk ist mir entflogen

so wit in fremde lant.

des ich fürcht, den ich lange han gezogen,

den feßt ein fremde hant.

 

5

ich han der truwe fessel       im gar zu lang gelan.

des brut die afterruwe sam ein nessel       min herze sunder wan.

 

 

403

Ich hoffe doch, das er mir kumet wider,

wie er nu sweimet wit.

wann er verlüst die schell und das gefider

bricht und die winterzit

 

5

im drouwet und die beiße      vergat und rist der hag,

so swinget er dann wider in sinen weiße,     wann er nicht fürbaß mag.

 

 

404

Ach, hett ich einen blafuß für den falken:

ab er nicht wer so risch,

doch blib er stan uf mines herzen balken.

was hilfet mich der fisch,

 

5

der in des meres grüfte       wart alles angels fri?

mich stüret klein der vogel in der lüfte,       wie edel das er si.»

 

[ . . . ]