B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A
           
  Meister Ingold
um 1380 - 1440/50
     
   


D a s   p ü c h l i n
v o n   d e m   g u l d i n   s p i l .


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VOM KARTENSPIL.

     [36a] Balaam dedit consilium, ut filias Moabitarum, quarum specie illudi possent filii Israhel, cum ornamentis ponerent ad tentoria Israhel. Numeri XXV. capitulo. Balaam gab ain rat das man satzte an den weg die töchtern und junkfrawen wol geziert, der gestalt möcht wol betriegen die kind von Israhel und sy bringen zů an beten die abgöter, dar umb got erzürnet ward, und hieß vil der selben tötten, und hieß fünf fürsten gen der sunen aufgang henken. Bey dem ist uns ze merken das kartenspil, dar mit spilt die arm und unweis unküschayt, und ir sicht zů und betrachtet die lauter rainikayt und küschhayt. Nun ist das spil vol untrü, und als ich gelessen han, so ist es komen in tüsche land des ersten do man zalt von Cristus geburt tusend drühundert jar, und das spil bedüt die untrü der betrogen lieb und unküschhayt, die uns der veind von der hell für setzt an den weg, die schönen frawenbild wol gezierd von dem haupt bis auf die fieß. Es ist gewonlich das ieglichs von seim geleich verkert wirt, ain edelman von ainer edlen frawen, ain purger von ainer purgerin, ain paur von ainer päurin, ain bůb von ainer bůbin. Das bedütet die gemalten karten mit den bilden. Es ist alles papeirin: das papeir in den stürtzen, in den schlayren, die glokschnür in dem har, die hůtlach und die lumpen die sy ein pinden, und sich ferbent und auff mützend. Ich han gezelt das zwů und fünftzig karten sind auf dem kartenspil, das bedüt zwů und fünftzig wuchen in dem jar, dar in man die sünd volbringt. Nun ist ze wissen das in der figur Balaam uns wirt bezaychnet der böß gayst, der da rät, wie das volk gotz dar zů kom das es prech das pot gotz, und das sich got von im kert (wan all die weil und got bey in ist, so mag in nichtz geschaden, und mag auch niemant wider sy tůn), und ratet das man die schönen frawenbild wol geziert mit klainaten setz an den weg, das die kinder von Israhel mit in unküsch tribent [36b] und mit in verpoten speis essen, und das sy durch sy gezogen werden das sy iren got Beelphagor an petent. Also ward ir got erzürnot, das er sy schlůg mit ainer blag, das die schuldigen all erschlagen wurden. Nun sind fier ursach an frawenbild die da raysend zů der unküsch. Das erst ist schönhayt der weiplichen pild, die pracht küng David dar zů das er ain ebrecher ward mit dem weib Bersabe, do er sy sach obnen von seim sal sich wäschen. Da von spricht Salomon: es ist ain betrognü gnad ain schöns weib. Es sprach ain meister: ach heten wir ains luchsen augen, so wir hübsch frawen an sehen; das maint er also, das wir sy durchsehen möchten wie sy innan ain gestalt heten, under der helen haut recht als ain geschunden kautz, die da hat ain waich glat haut und ain raych flaysch dar under. Es spricht Ovidius: gelaubent mir das die meder und die wisen nit alweg grönend und plüend. Die weib die in der jugend schöne antlüt hand, die hand in dem alter gerüchtü und gerümpfen antlüt. Das ander das da rayßt zů unküsch an den weiben das ist zierd die man tůt auf die hübschayt, und die zücht vast zů unküsch, als ich her nach wirt sagen. Als David spricht: ir döchtern sind geziert als gleichhayt des tempels. Vor zeiten zů den hochzeiten da ziert man den tempel, die kirchen und die altar, aber nun so zierend die gaffelstirnen den tempel irs leibs mit den kalbskrössen auf dem haupt. Das dryt ist reichtum, das pietend sy her für, silber und gold, edel gestain an henden, an füssen, an haupt, an klaydern. Sy komen her als die kaufffrawen, sy tragend fayl ir gůt; was? iren reichtum? nein, ain kospar sel, die mit dem kosparn plůt Jhesu Cristi kauft ist, die verkaufent sy mit dem schnöden gůt. Das vierd ist bekomlichhayt der stat; wan die haydnischen junkfrawen sassen an dem weg neben den zelten und heten manger lay schimpf und spil. Nun wissend [37a] fürwar das haimlichayt pringt müglichhayt. Der böß gayst lebt noch, er fiert den menschen ze dem ersten an ainem seiden faden, dar nach so wirt dar auß ain starcks sayl. Also erhebt sich die lieb gar hübschlichen und glimpflichen, sy endet sich aber gar ungelimpflichen, und das sind die karten gemalt. Nun sind auf dem kartenspil fier küng mit iren wauppen, und hat ieglicher under im XIII karten, das macht an ainer sum LII, und hat ieglichü das zaychen irs küngs. Etlich kartenspil hat dar zů fier küngin und fier junkfrawen, etlich haben den ackerman, den edelman, den wůchrer, den pfaffen, die toypel, den riffian, den wirt; und gewint ie ains dem andern ab: dem edelman der wůchrer, dem wůchrer der pfaff, dem pfaffen das täppelweib, dem täppelweib der riffian, dem riffian der wirt, dem wirt der weinman, dem weinman wider umb der pauman der den wein pauwen sol, der nimpt das gelt wider von dem wirt. Nun hat das kartenspil der unküsch fier küng gemainclich, das sind die fier ursach der unlauterkayt. Die erst ist der küng von den rossen, das ist die unlauterkayt die da kumpt von hübschhayt des leibs, und die geleichet sich dem rossen, der sein hübschhayt bald verlürt, und die pleder bald da von valend und dorent. Wa sind nun die schönen blüenden rossen? Der küng mit seinem wauppen hat under im dreyzehen karten, das sind dreyzehen sünd, die da entspringend von den andern dreyen. Der ander küng ist von der kron, und das bedüt die unküschhayt die da kumpt von zierd der hübschhayt, die da zů gelegt wird, und under der so sind auch XIII sünd. Der drit küng ist der küng von dem pfenning, und bedüt das drit das da pringt unküschhayt, das ist reichtum, und dar under sind auch die XIII sünd da mit man sündet. Der fiert küng ist der küng von den ringen, und bedüt die fierden sach der unküsch, das ist haimlichayt der stat, oder der küng von dem fingerlin, das trägt nieman denn der [37b] in besunderhayt und in haimlichhayt verbunden ist, und dar under sind auch XIII sünd. Item von dem ersten küng der rosen, das ist hübschhayt von naturen, und die selb machet den küng David vellig mit fraw Bersabe Salomons můter. So sind die sünd in leiblicher schönhayt: die erst ist hoffart, die ander neid und hass in andern lüten, die des verdrüßt das ieman anders hibscher ist, die drit ist zoren und undultikayt, als mit krankhayt und siechtagen die hübschhayt ab gat, die vierd so die hübschhayt verkauft wirt und hinderredet wirt, die fünft ist geitzikayt, so man der hübschhayt geniessen wil, die sechßt ist fraßhayt, da der mensch wol ißt und trinkt das er lang hübsch beleib, das sibend ist unlauterkayt gemainclich und törlichü lieb, das achtend ist undankparkayt gen got, das nünt ist der lüt ergrung und bekorung, das zehend ist traugkayt, wenn der mensch geflissen ist auf des leibs schönhayt und versaumpt die schönhayt der sel, das aylft ist verschmächt der die ungeleich sind in der hübschayt, das zwelft ist unbenüglichayt, das dreyzehend ist das sy jederman wolten wol gevallen, die doch nit mit jederman wolten verfallen. Und das ist war das die aller süberlichesten frawen hand die unsüberlichsten, unlauterlichsten gedenck. Nun lessen wir von vil schönen frawen, das die ain hat ir schön augen aus geprochen und hat sy irem liebhaber gesendet, die ander hat begert das sy aussetzig würd, die drit das ir ain langer bart wüchß, das kain man ir begert. Der ander küng hayßt der küng von der kron, und bedüt die zierd. Also vielen die zwen alten richter an Susannan, do sy sich salbet und wůsch, und verfiel Judas der patriarch an Thamar, do sy sich geziert het. Die erst sünd der frawen ist: sy verkerend die ordnung gotes. Der her wil das in diser zeit die selen geziert werdent, und nach dem jüngsten tag die leichnam denn erst geziert werden mit den gaben der sälikayt. So verkerend sy die ordnung gotz und zierend den leib und lassend die sel ungeziert [38a] mit gnaden und mit tugenden. Es hat auch got den kostlichen gayst verborgen in dem schwachen sak. Die ander sünd ist hoffart, die drit ist geitikayt, die wöllend die zierd han, und solten die man ymmer dar umb stellen, wůchren und rauben. Die fiert: der man ist der frawen gegeben und sy im, das sy ainander süllend helfen, das sy bayde behalten werdent. Aber nun in diser zeit so hilft ains dem andern das sy bayden verloren werdend, und ist nun die haylig e worden als ain thorenpürdin, da ain toren in dem andern hanget, bis das sy mit ainander verprinnend in dem feur, und als die lüt hangend an ainander in dem schiff, bis das sy ertrinkent. Die fraw solt dem man weren unrecht tůn, und der man der frawen. Die fiert sünd ist ergernüß der lüt, das man sich gar kostlich ziert. Die fünft sünd ist nochvolgung bößer gewonhayt. Wer gesach ie das die kellerin kostlicher gieng denn die fraw? Und in welchem land ist es gewonlich das die frawen dienent der kellerin? Es ist wol gewonhayt an der faßnacht das sich die kellerin klaydet mit der frawen kleyder, das werot aber nit lang; aber das ist über jar gewonhayt das man den leib klaydet, das ist die kellerin, und lautt die frawen, das ist die sel, unbeklaydet. Es spricht Salomon: das ertrich wirt bewegt durch drü ding, und das vierd mag es nit geleiden: so der knecht reichsnen will über sein herren. Die sechßt sünd ist ursach zů der bekorung in andern lüten, wan die frawen sind ain fürin und ain sclineydend und hauwend swert des veinds. Nun sprechen sy: wir tragen dise ding nit in bößer mainung. Ich glaub es wol, das swert hat auch kain bös mainung, wer aber das swert fiert in der hand, das ist der tüfel, der hat ain bös mainung, und der on bös mainung getöt wirt der ist als wol tod als ob er mit mainung ertöd würd. Die recht sagend: wer ursach zů dem schaden gibt der hat auch den schaden getan. Ain weib ist ain ertzney irs mans, und ursach zů dem tod gen [38b] aim fremden man. In her Moyses půch stat geschriben: wer ain grůb macht und ain graben, velt yeman dar ein, er sol es biessen. Die sybent sünd ist so sy sich des zierens und der klayder überhebent und sich dester besser tunkend. Es ist der ain tor der ain pferd schatzt nach dem satel und noch dem zaum. Wer ist aber der der sich fröwet der steltzen und des hiltzin bains, so er nit mer denn ain bain hat? und wer fröwet sich des zaychens das die wund hat hinder ir gelaussen? und wer fröwet sich des pflasters das im über den presten gelegt ist? Also sind uns die klayder geben zů aim verdecken unsers prestens der sünden, wan vor den sünden bedorft der mensch kains klayds, in benügt wol an seiner naturlichen hübschhayt. Also die sunnen beniegt wol an dem klayd des liechtz, so ir natur ist beklaydet, und das selb die schönen rosen und blůmen; und doch Salomon in aller seiner glori nit als schön geziert was als der plům auf dem veld. Die achtenden sünd das sy mer kostens dar auf legend wie sy ander lüten die augen speisen, denn auff iren aygen leib, dar umb so sind die äugen das kosparlichst das der mensch hat. Die nünd sünd: sy wöllend all ding hübscher und schöner haben denn sy selber sind. Dar umb so lesen wir von ainem mayster der späwt dem küng in sein bart. Die zehend sünd ist das die klayder sind überflissig, ze groß und ze lang, und klaydent da mit die erd, und samnend mit dem schwantz die flöch von der erden, und bestabent die haylgen in der kirchen. Got wölt das ir autlüt als gerumpfen wer als irü klayder gevalten und gerumpfen sind. Man lißt das ain tüfel ainest lachet, der wart gefraugt, wes er lachte, do sprach er: ich sach mein gesellen reiten hinden auf dem rokswantz durch die kirchen. Die natur hat den frawen kain schwantz geben, sy machend in aber ain swantz auß tůch, der in hinden nach gang. Die aylft sünd ist das die klayder werdend mit [39a] unrechtem gůt gewunnen, das den armen zůgehört den es abgenomen ist. Die zwelft sünd ist: sy sind kauffrawen worden, und tragend die zaychen des kaufs. Der wirt der stekt hinden und vor auf sein zaychen, das man sech das er wein vayl hab. Also hand sy sich gezaychnet hinden und vornan mit den vier antlüten von dem haupt biß auf die füß. Sy legent ir füß in ain ring in die engen schüch, sy legend iren leib in ainen engen notstal des paumwollen rocks gepfrengt und geprissen, und der es in ze půß satzti, sy tätend es nit. Die dreyzehend sünd ist fremdikayt der klayder und manigvaltikayt der klayder, die sy den würmen gebent ze essen, das sy Cristo solten geben in armen menschen. Nemend war wie die man, vor auß die jungen, ietzund tragend käplach mit läppen und werffen die lappen auf dem kopf, und mit iren engen recken und mit irem har; sy wissend nit wie sy das gewand an süllend schneiden das wol berayt sey zů der hoffart, und mit schneblen an den schůchen und holtzschůchen, und gan ainher schnateren, man dorft kain schnatertafel an dem karfreitag, wen man sy het an dem weg. Nemend war wie die junkfrawen fech und seydin tragend, und wie sy die hoffart hand gemert in die pater noster, in das gaystlich, in die langen korellen. Sag an, wayst du was das mitel ist in dem pater noster? Ja ich wil dirsch sagen, es ist die seydin schnůr die inmiten dar durch gat. Die man tragend pater noster als ob es seyen gayslen, die frawen nemend totenhar und bindent es ein und tragend es mit in ze bet, und ir ainü getorst nit ains toten hemd an legen. Es ist alles unrecht, es ist alles kartenspil und betrüknüss der welt und des tüfels. Der drit küng von den pfenningen bedüt reichtum, da mit man zů pringt die unküsch. Da mit so gibt man der frawen, man geit der kellerin, man schenkt der kuplerin, und also bezalt man die ürten, und also wirt die minn kauft und die frawen, [39b] sy bezalend es aber wol von irs emans gůt. Der fiert küng ist von dem fingerlin, das bedüt haimlichhayt. Wir lessen das Sant Bernhartz swester gar wol geziert kam zů dem kloster, und wolt iren průder sehen. Und er wolt nit zů ir, und sprach, sy wär ain netz des tüfels. Also wainet sy und sprach: verschmächt mein prüder mich ain sünderin, so empfach mich doch ain rüerin; und legt all ir hübsch zierd von ir; und ward dar nach ain haylge klosterfraw. Von der haimlichhayt lessen wir, das Joseph der küngin von Egyptenland so haimlich was das er von iren wegen umb unschuld gefangen ward. Es ist ain kertzlin an ainer wand, und ob es die wand nit prennt, so machet es sy doch raumig und schwartz. Also haimlichayt belaydiget den menschen. Es was ain küngin, die het ain riter haimlich lieb, und die gieng haimlich zů im in ain garten, und sass zů im under ain paum bey aim prunnen. Des ward der küng gewar, und verstal sich haimlich in den garten, und stayg auf den paum ob dem prunnen und verparg sich da in den paum, und wolt da sehen, was da beschehen wölt. Und do die kingin kom zů dem prunnen, do sach sy in dem prunnen des küngs antlüt auff dem paum. Do winkt sy dem ritter das er auch in den prunnen säch, und also viengen sy an ze sagen gůtü ding von dem küng, und warend da wol behüt und züchtig. Also süllend die lüt in gůt hůt stan, und süllend sehen in den prunnen des haylgen glaubens, und süllend da sehen das antlüt des obrssten küngs, vor dem sich nieman verbergen mag; wan er sicht die mainung und willen in dem paum des hertzens, da spilt leib und sel mit ainander. Der leib ist der ritter, die sel ist die küngin. Das spil der karten da sol die sel für werffen die waffen Jhesu Cristi, die kron Cristi wider all hoffart, das sper wider allen [40a] neid und hass, die gayßlen wider allen zoren, die klayder Cristi wider all geitikayt, das crütz Cristi und die nägel wider all traugkayt, den schwam der gallen wider all fraußhayt, ain weiß swayßtůch wider all unlauterkayt. Also sprach Sant Pauls: ich trag in meinem hertzen die minnenzaychen unsers herren Jhesu Cristi. Des helf uns die lauterkeit Jhesu Cristi. Amen.