BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Minnereden

1300 - 1500

 

Minnereden

 

Anhang

 

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Anhang. 3a.

Fröschel von Leidnitz (?), Liebesgespräch

Wiedergegeben nach der Stuttgarter Hs.

unter Heranziehung der sonstigen Überlieferung.

 

[284v]

Ich kam gar heimlich an ein statt

do lieb und lieb zusamentrat,

sie waren heimlich zusamen kumen.

ich hann weder vor nach her vernumen

5

als liebe freuntliche wort,

als ich do von in baiden hort.

er sprach: «got muß dich grussen

unnd alles deinn trawrrn buessen!

dir wuntsch ich heil zu diesem jar,

10

das dir geluck widerfar

mit taussent guten wuchen!»

da wardt von ir gesprochenn

ein freuntlich dancken wider in:

nun lon dir der der alle synn

15

mit weißheit kann vernewen!

ob dw mich mainst mit trewen,

got gebe dir das dein hertz begert!»

er sprach: «mein hort, wurdt ich gewert

des du mir wuntschest alsz schon,

20

so gert ich anders nicht zu lon

fur alles das ich ye erkannt.

und stund das reich in meiner hant,

davon wolt ich mich scheidenn:

die kron, die must mir leidenn,

[285r]

ee ich mich dein verwegen wolt.

von Arabi das edel golt

und leg das alls umb mich gestrewot,

dasselb mich also nicht erfrewt

als thut dein lieplich angesicht.

30

ich ger auch ander freude nicht,

und were ich in dem paradeiß!»

sie sprach: «sag an, in welcher weiß

wilt du mich im herzen tragen?

darumb wolt ich dich gernn fragen!»

35

do sprach er zu der guten:

«o torst ich sein gemutten!

dein vil edele werde myn

sei meiner frewde ein behalterin!

sich, das sehe ich also gern,

40

auch wil ich deiner ern

mit gantzer stet ein huter sein.

bis gewaltig in dem hertznn mein

zu thun und auch zulassenn!

ich will mich alles des massenn

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das dir an mir nit woll gefelt.

ich honn dich mir außerwelt,

mein soltu dich untterwinden.»

«ich will mich nit verpinden!»

sprach si gar tugentlich hinwider,

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«du zymerest hoch; es ging leicht nider,

[285v]

tret ich auff dein gerust,

villeicht dein gewin wer mein verlüst!

du singst mir vor ein sussen thon,

damit sprechst du mich gernn an

55

mit listenn an den deinen tantz.

far hin, dein rey der ist nit gantz!

du kouftest gernn, fundestu fayl.

versuch annderßwo dein heill!

du pist von mir versaumet,

60

wan mir hat getraumet,

du machst dein rede als gulden schwer,

und das dein hertz in wendig wer

als gantz an allen geliden

als es dein munt kann schmiden,

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du vergingst dich woll auff der wag:

solch red sich pald verkerrn mag.

doch west ich daz dein trew nit slieff

und gebst mir des ein gewissen brieff

und versigeltst mir den mit virrn,

70

ob du mich wollest troffiernn,

das ich denn mein burgen ermant –»

er sprach: «sehe hin, mein trew zu pfandt!

was burgen wolstu haben?

do meldet sie dem knaben:

75

«ich ger den babst und briester Johan,

den keiser und kunig Soldan:

[286r]

die vier soltu mir setzenn,

so wil ich dich ergetzen

ob du icht schmertzen habt von mir.»

80

da antwort er hinwider schier:

«wolstu mich als fer fersenden,

ich mocht sein nicht volenden

unnd kem villeicht nymer mer herwider,

mir wuchs denn ein ganncz gefider.

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ich bedorfft wol eins greiffenn flug,

das ich hin und her wider zug

und precht dir von in allen kuntschafft;

die weil wer meiner frewden crafft

gantz und gar verschwunden.

90

was burgen hast du funden

die mir so gar unmessig sind!

gedenck das ich sunst gnade find,

ich mag ir nit erlangen.

ich bin gantz dein gefangenn.

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du hast mich gepunden und geschlagen,

die wunden muss ich heimlich tragen.»

«du sprichst, ich hab dein hertz versert:

nun trage ich weder spieß nach schwert,

weder armbrust noch bogen!

100

dich hat dein thumer syn betrogen,

wann unschuldig bin ich darann!»

er sprach: «du hast gezundet an

alle meine gelider mir,

und macht mir dann mein begir

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das ich brynn recht als ein salamander,

[286v]

die hitz taylt mich von einander,

ich gloch recht als ein trocken kell;

hett ich an mir eins trachen vel,

es mocht sich davon rimpffenn.»

110

er sprach: «du kanst nit schympffen,

du wilt nit leschen bei der zeit!»

sie sprach: «seit es dir als hert leit,

gee hin und spring in ein wasser

und kumm her wider also nasser!

115

sighe ich dann, das es nit helffen wil,

so kann ich annder kunst sovil,

davon dir doch kein leit geschicht.»

er sprach: «mein hort, als mein ichs nicht,

solt ich mich selber erdrencken.

120

du solt dich paß bedencken!

gewer das du mir schuldig bist!»

sie sprach: «nu gibe mir lenger frist

an den jungstenn tag gein Josaphatt,

do got sein gericht hatt;

125

do kume hin und clage mich denn an,

so lone ich dir ich weiß nit wan.»

sie waren zu baiden seittenn

mit worten hert und woltn nit beittenn.

er sprach: «ich hoffe ich kume dahin

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wann ich dir woll als gehass pin,

und will mein wort mir selber sprechen.

[287r]

gott muss mich an dir rechenn!

so ist das die erste clag,

die ich zu dir allein hab:

135

uber dein goltfarb ltreidengt lock

gewunden als die seyden fluck

gar wunderlich gestrangt,

darnach mich ser verlangt.

das ich dich selber meyden soll,

140

mich dunckt dir thun mein leiden woll.

so clag ich uber die augen dein,

die gebenn als feinen schein

(ich hoff, mir geschehe ein geleiches gericht),

deiner augen feyelfarbes gesicht,

145

das durch die pronn tut spernn

und spannen plick so gernn

und schiessen in meines hertznn schielt,

das rechtes senen her wider hielt.

auch clage ich uber deiner oren portn:

150

was ich ye ane clopfft mit wortenn,

do wardt kein antwort mir gegeben

davon erfreüt wurdt mein leben.

auch clag ich uber deinen rosenfarbenn mundt:

der kann so manchenn hubschen fundt,

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davonn mir leiden wirt bekannt,

und benympt mir auch so reiche pfandt

recht samm ein roß in reicher plut,

die sich genn der sunnen auff thüt,

darauß so get ein liechter schein:

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dein zenlein weiss als bernlein fein;

das ich die nit soll ruren,

das thut mir freude zufuren.

auch clag ich uber dein helßlein, kyn und kel

und uber dein brustlein sinbel,

[287v]

die durch das gewandt her dringen,

aller erst sich aufringen.

das ich wil clagen uber dich

ich getraẅ dir wol, du gewerst mich,

ee ich dich bringe zuschaden!»

170

sie sprach: «wiltu denn meiner gnaden

leben und gehorsam stann,

so will ich es lassenn ubergann

und kurtzen dir die tage dein.»

er sprach: «sehe hin die trewe mein,

175

das ich es nymer uber far!»

aller erst bot sie im ein finger dar,

der im was vertzigen lanck.

von ermlein weis ein umbefanck

wardt im da beschaffen,

180

sein gluck das hett nit geschlaffen.

der helt fur aus und tet das beste

in irem dinst, wo er weste,

das ir altzeit wol gefiell.

vullicher lust gehort zu solichem spill,

185

in baider hertz mit trewen viel.

rechte lieb furwar die wil,

mann soll sich ein weil wider habenn

und keinen zuschnell begabenn,

[288r]

mann wiß dann das er sey steet.

190

man funde noch manchen der da bet

der ine als schnelle wolt gewern.

darumb ir frawen hut ewr ern,

so wirt ewr schon gepflegen;

auch beleibt nit untterwegen

195

des manig fraw vil offt wirt fro!

Frosel vonn Lednitz rett also.

 

[Es folgen in allen Hss. verschiedene Schlußverse der Schreiber, in «st»: ]

 

Also hatt die rede ein end

Gatt uns unnsernn kumer wend.