BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johannes von Tepl

1342/50 - um 1414

 

 

Der Ackerman

 

1401

 

Der Text folgt der Ausgabe:

Johannes von Saaz, Der Ackermann aus Böhmen,

hg. v. Günther Jungbluth, Band I,

Germanische Bibliothek, 4. Reihe: Texte,

Heidelberg: Winter 1969

Textgrundlage ist die digitale Ausgabe

der Akademie der Wissenschaften in Göttingen,

die leider nicht mehr im Netz ist.

Das lateinische Begleitschreiben an den

jüdischen Jugendfreund sowie die Überschrift

sind der Ausgabe von Christian Kiening im

Reclam-Verlag entnommen (Stuttgart 2002).

 

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Titel des Basler Drucks von 1473

(Karlsruhe, Bad. Landesbibliothek)

 

Epistola oblata Petro Rothers ciui Pragensi

cum Libello ackerman de nouo dictato.

Grato gratus, suo suus, socio socius, Petro de Tepla Johannes de Tepla, ciui Pragensi ciuis Zacensis philorticam karitatem et fraternam. Karitas que nos horis floride iuuentutis vniuit, me hortatur et cogit vestri memoria consolari et quia postulabatis nuper per me de et ex agro rethoricalis iocunditatis, in quo cum messem neglexerim spicas colligo, nouitatibus munerari, ideo hoc incomptum et agreste ex teutunico ligwagio consertum agregamen, quod iam uadit ab incode, vobis dono. Jn eo tamen per preasumptum grosse materie jnueccio contra fatum mortis ineuitabile situatur, jn qua rethorice essencialia exprimuntur. Jbi longa breuiatur, ibi curta materia prolongatur, ibidem rerum, ymmo quoque vnius et eiusdem rei laus cum vituperio continentur. Succisa inuenitur, jnvenitur sibi construccio suspensiua, cum equiuocacione sinonimacio. Illic currunt cola, coma, periodus modernis situacionibus; illic ludunt vna sede retinentj cum serio palponia. Methaphora famulatur, arenga invehitur et demollitur, yrronia sorridet; verbales et sentencionales colores cum figuris sua officia execuntur. Multa quoque alia et tamquam omnia utcumque inculta rethorice accumina, que possunt fieri in hoc ydeomate jndeclinabili, ibi vigent que intentus inveniet auscultator. Tandem uos latinis de agro meo sterili enuditibus stipilis recreabo. Jnter cetera Nicolaum Iohlinni, oblatorem presencium, amari et alumpnum meum vobis tamquam me recomendo intentis et fidelibus effectibus preessendum. Reliqua stent ut stabant, nisi fuerint in uberius reformata. Datum sub mei signetj euidencia uigilia beatj Bartholomei Anno 1428uo. [Datum einer Abschrift des Originalbriefs (ca. 1402)]

 

 

 

Jn dem buchlein ist beschrieben ein krieg, wie einer, dem sein liebes gestorben ist, schiltet den Tot, so verantwortt sich der Tot. Also seczt der clager je ein cappittel vnd der Tot das ander bis an das ende. Der cappittel seint vier vnd dreyssig, dorjnn man hubsches synnes getichtes behendigkeit wol findet, vnd begynnet also der ackerman mit seyner clage anzuvahen.

 

 

DER ACKERMAN.

Das erste capitel.

Grimmiger tilger aller lande, schedlicher echter aller werlte, freissamer morder aller guten leute, ir Tot, euch sei verfluchet! got, ewer tirmer, hasse euch, vnselden merung wone euch bei, vngeluck hause gewaltiglich zu euch: zumale geschant seit immer! Angst, not vnd jamer verlassen euch nicht, wo ir wandert; leit, betrubnuß vnd kummer beleiten euch allenthalben; leidige anfechtung, schentliche zuversicht vnd schemliche verserung die betwingen euch groblich an aller stat; himel, erde, sunne, mone, gestirne, mer, wag, berg, gefilde, tal, awe, der helle abgrunt, auch alles, das leben vnd wesen hat, sei euch vnholt, vngunstig vnd fluchend ewiglichen! In bosheit versinket, in jamerigem ellende verswindet vnd in der vnwiderbringenden swersten achte gotes, aller leute vnd ieglicher schepfung alle zukunftige zeit beleibet! Vnuerschampter bosewicht, ewer bose gedechtnuß lebe vnd tauere hin on ende; grawe vnd forchte scheiden von euch nicht, wo ir wandert vnd wonet: Von mir vnd aller menniglich sei stetiglichen vber euch ernstlich zeter geschriren mit gewundenen henden!

 

 

DER TOT.

Das ander capitel.

Horet, horet, horet newe wunder! Grausame vnd vngehorte teidinge fechten vns an. Von wann die komen, das ist vns zumale fremde. Doch drowens, fluchens, zetergeschreies, vnd allerlei angeratung sein wir an allen enden vnz her wol genesen. Dannoch, sun, wer du bist, melde dich vnd lautmere, was dir leides von vns widerfaren sei, darvmb du vns so vnzimlichen handelst, des wir vormals vngewonet sein, allein wir doch manigen kunstenreichen, edeln, schonen, mechtigen vnd heftigen leuten sere vber den rein haben gegraset, davon witwen vnd weisen, landen vnd leuten leides genugelich ist geschehen. Du tust dem gleiche, als dir ernst sei vnd dich not swerlich betwinge. Dein klage ist one reime; davon wir prufen, du wellest durch donens vnd reimens willen deinem sin nicht entweichen. Bistu aber tobend, wutend, twalmig oder anderswo one sinne, so verzeuch, enthalt vnd bis nicht zu snelle, so swerlich zu fluchen, den worten das du nicht bekummert werdest mit afterrewe. Wene nicht, das du vnser herliche vnd gewaltige macht immer mugest geswechen. Dannoch nenne dich vnd versweig nicht, welcherlei sachen dir sei von vns so twenglicher gewalt begegent. Rechtfertig wir wol werden, rechtfertig ist vnser geferte. Wir wissen nicht, wes du vns so frevellichen zeihest.

 

 

DER ACKERMAN.

Das III. capitel.

Ich bins genant ein ackerman, von vogelwat ist mein pflug, vnd wone in Behemer lande. Gehessig, widerwertig vnd widerstrebend sol ich euch immer wesen: wann ir habt mir den zwelften buchstaben, meiner freuden horte, aus dem alphabet gar freissamlich enzucket; ir habt meiner wunnen lichte sumerblumen mir aus meines herzen anger jemerlichen ausgereutet; ir habt mir meiner selden haft, mein auserwelte turteltauben arglistiglichen entfremdet: ir habt vnwiderbringlichen raub an mir getan! Weget es selber, ob ich icht billich zurne, wute vnd klage: von euch bin ich freudenreiches wesens beraubet, tegelicher guter lebetage enterbet vnd aller wunnebringender rente geeussert. Frut vnd fro was ich vormals zu aller stunt; kurz vnd lustsam was mir alle weile tag vnd nacht, in gleicher masse freudenreich, geudenreich sie beide; ein iegliches jar was mir ein genadenreichs jar. Nu wirt zu mir gesprochen: schab ab! Bei trubem getranke, auf durrem aste, betrubet, sware vnd zeherend beleibe ich vnd heul one vnderlaß! Also treibet mich der wint, ich swimme dahin durch des wilden meres flut, die tunnen haben vberhant genumen, mein anker haftet ninder. Hiervmb ich one ende schreien wil: Ir Tot, euch sei verfluchet!

 

 

DER TOT.

Das IIII. capitel.

Wunder nimpt vns solcher vngehorter anfechtung, die vns nimmer hat begegent. Bistu es ein ackerman, wonend in Behemer lande, so dunket vns, du tust vns heftiglichen vnrecht; wann wir in langer zeit zu Behem nicht endeliches haben geschaffet, sunder nu newlich in einer festen hubschen stat, auf einem berge werlich gelegen; der haben vier buchstaben, der achzehende, der erste, der dritte vnd der drei vnd zwenzigste in dem alphabet einen namen geflochten. Da haben wir mit einer erberen seligen tochter vnser genade gewurket; ir buchstabe was der zwelfte. Sie was ganz frum vnd wandelsfrei; wir mugen wol sprechen wandelsfrei, wann wir waren gegenwurtig, do sie geboren wart. Do sante ir fraw Ere einen erenmantel vnd einen erenkranz; die brachte ir fraw Selde. Vnzerissen vnd vngemeiligt den mantel, den erenkranz brachte sie ganz mit ir vnz in die gruben. Vnser vnd ir gezeuge ist der erkenner aller herzen. Guter gewissen, frunthold, getrew, gewere vnd zumale gutig was sie gen allen leuten. Werlich, so stete vnd so geheure kam vns zu handen selten. Es sei dann die selbe, die du meinest: anders wissen wir keine.

 

 

DER ACKERMAN.

Das V. capitel.

Ja herre, ich was ir friedel, sie mein amye. Ir habt sie hin, mein durchlustige eugelweide; sie ist dahin, mein frideschilt vur vngemach; enweg ist mein warsagende wunschelrute. Hin ist hin! Da ste ich armer ackerman allein; verswunden ist mein lichter leitestern an dem himel; zu reste ist gegangen meines heiles sunne, auf geet sie mir nimmermer! Nicht mer get auf mein flutender morgensterne, gelegen ist sein schein, kein leidvertreib han ich mer: die finster nacht ist allenthalben vor meinen augen. Ich wene nicht, das icht sei, das mir rechte freude immermer muge widerbringen; wann meiner freuden achtber banier ist mir leider vndergangen. Zeter! waffen! von herzen grunde sei immermer geschriren vber den verworfen tag vnd vber die leidigen stunde, darin mein herter, steter diamant ist zerbrochen, darin mein rechte furender leitestab vnbarmherziglich mir aus den henden wart gerucket, darin zu meines heiles vernewendem jungbrunnen mir der weg ist verhawen. Ach one ende, we one vnderlaß immermer! Versinken, gefelle vnd ewiger fal sei euch, Tot, zu erbeigen gegeben! Lastermeiliger schandung wurdelos vnd grisgramig ersterbet vnd in der helle erstinket! got beraube euch ewrer macht vnd lasse euch zu puluer zerstieben! One zil habet ein teufelisch wesen!

 

 

DER TOT.

Das VI. capitel.

Ein fuchs slug einen slafenden lewen an den backen, darvmb wart im sein balg gerissen; ein hase zwackte einen wolf, noch heute ist er zagellos darvmb; ein katze krelte einen hunt, der da slafen wolte, immer muß sie des hundes feintschaft tragen. Also wiltu dich an vns reiben. Doch gelauben wir, knecht knecht, herre beleibe herre. Wir wellen beweisen, das wir rechte wegen, rechte richten vnd rechte faren in der werlte: niemandes adels schonen, grosser kunst nicht achten, keinerlei schone ansehen, gabe, liebes, leides, alters, jugent vnd allerlei sachen nicht wegen. Wir tun als die sunne, die scheinet vber gute vnd bose: wir nemen gute vnd bose in vnsern gewalt. Alle die meister, die die geiste kunnen twingen, mussen vns ire geiste antwurten vnd aufgeben; die bilwisse vnd die zauberinne kunnen vor vns nicht beleiben, sie hilfet nicht, das sie reiten auf den krucken, das sie reiten auf den bocken; die erzte, die den leuten das leben lengen, mussen vns zu teile werden, wurze, kraut, salben vnd allerlei apotekenpuluerei kunnen sie nicht gehelfen. O solten wir allen den feifaltern vnd hewschrecken rechnung tun vmb ir geslechte, an der rechnung wurden wir nicht genugen. O solten wir durch aufsatzes, alafantzes, liebes oder leides willen die leute lassen leben, aller der werlte keisertum were nu vnser, alle kunige hetten ir krone auf vnser haubet gesetzet, ir zepter in vnser hant geantwurt, des babstes stul mit seiner dreikronter infel weren wir nu gewaltig. Laß sten dein fluchen, sage nicht von Poppenfels newe mere; hawe nicht vber dich, so reren dir die spene nicht in die augen!

 

 

DER ACKERMAN.

Das VII. capitel.

Kunde ich euch gefluchen, kunde ich euch geschelten, kunde ich euch verpfeien, das euch wirs dann vbel geschehe, das hettet ir snodlichen wol an mir verdienet. Wann nach grossem leide grosse klage sol folgen: vnmenschlich tet ich, wo ich solch lobeliche gotes gabe, die niemant dann got allein geben mag, nicht beweinte. Zware trauren sol ich immer; entflogen ist mir mein erenreicher falke; mein tugendhafte frawen billichen klage ich, wann sie was edel der geburte, reich der eren, schone, frut vber alle ire gespilen gewachsener persone, warhaftig vnd zuchtig der worte, keusche des leibes, guter vnd frolicher mitwonung. Ich sweige als mer, ich bin zu swach, alle ir ere vnd tugent, die got selber ir hat mitgeteilt, zu volsagen; herre Tot, ir wisset es selber. Vmb solch groß herzeleit sol ich euch mit rechte zusuchen. Werlich, were icht gutes an euch, es solte euch selber erbarmen. Ich wil keren von euch, von euch nicht gutes sagen, mit allem meinem vermugen wil ich euch ewiglich widerstreben; alle gotes tirmung sol mir beistendig wesen wider euch zu wurken; euch neide vnd hasse alles das reich, das da ist im himel, auf erden vnd in der helle!

 

 

DER TOT.

Das VIII. capitel.

Des himels tron den guten geisten, der helle abgrunt den bosen, irdische lant hat got vns zu erbeteile gegeben. Dem himel fride vnd lon nach tugenden, der helle pein vnd strafung nach sunden, der erden, luft vnd meres strame mit aller irer behaltung hat vnstetigkeit der mechtig aller werlte herzog beschiden vnd sie vns befolhen, den worten das wir alle vberflussigkeit ausreuten vnd ausjeten sollen. Nim vur dich, tummer man, prufe vnd grab mit sinnes grabestickel in die vernunft, so findestu: hetten wir sider des ersten von leime gekleckten mannes zeit leute auf erden, tiere vnd wurme in wustung vnd in wilden heiden, schuppentragender vnd slipferiger fische in dem wage zuwachsung vnd merung nicht ausgereutet, vor kleinen mucken mochte nu niemant beleiben, vor wolfen torste nu niemant aus; es wurde fressen ein mensche das ander, ein tier das ander, ein ieglich lebendige beschaffung die ander, wann narung wurde in gebrechen, die erde wurde in zu enge. Er ist tumb, wer beweinet den tot der totlichen. Laß ab! Die lebendigen mit den lebendigen, die toten mit den toten, als vnz her ist gewesen. Bedenke baß, du tummer, was du klagen sullest!

 

 

DER ACKERMAN.

Das VIIII. capitel.

Vnwiderbringlichen mein hochsten hort han ich verloren; sol ich nicht wesen traurig? Ja, jamerig muß ich bis an mein ende harren, entweret aller freuden. Der milte got, der mechtige herre, gereche mich an euch, arger traurenmacher! Enteigent habt ir mich aller wunnen, beraubet lieber lebetage, entspenet micheler eren. Michel ere het ich, wann die guten die reinen tochter engelten mit iren kindern, in reinem neste gefallen. Tot ist die henne, die da auszoch solche huner. O got, du gewaltiger herre, wie liebe sach ich mir, wann sie so zuchtiges ganges pflag vnd alle ere bedenken kunde vnd sie menschliches geslechte do lieblich segente, sprechend: «Dank, lob vnd ere habe die zarte tochter; ir vnd iren nestlingen gunne got alles gutes!» Kunde ich darvmb gote wol gedanken, werlich ich tet es willichen. Welchen armen man hette er balde so reichlich begabet? Man rede, was man welle: wen got mit einem reinen, zuchtigen vnd schonen weibe begabet, der ist volkomenlich begabet, vnd die gabe heisset gabe vnd ist ein gabe vor aller irdischer auswendiger gabe. O aller gewaltigster himelgrave, wie wol ist dem geschehen, den du mit einem reinen, vnuermeiligten gaten hast begatet! Frewe dich, ersamer man, reines weibes, frewe dich, reines weib, ersames mannes: got gebe euch freude beiden! Was weiß davon ein tummer man, der aus disem jungbrunnen nie hat getrunken? Allein mir twenglich herzeleit ist geschehen, dannoch danke ich got inniglich, das ich die vnuerruckten tochter han erkant. Euch, boser Tot, aller leute feint, sei got ewiglich gehessig!

 

 

DER TOT.

Das X. capitel.

Du hast nicht aus der weisheit brunnen getrunken, das prufen wir an deinen worten. In der naturen wurken hastu nicht gesehen, in die mischung werltlicher stende hastu nicht geluget, in irdische Verwandelung hastu nicht gegutzet; ein vnuerstendig welf bistu. Merke, wie die leuchtigen rosen vnd die starkriechenden lilien in den gerten, wie die kreftigen wurze vnd die lustgebenden blumen in den awen, wie die feststeenden steine vnd die hochwachsenden baume in wildem gefilde, wie die krafthabenden beren vnd die starkwaltigen lewen in entrischen wustungen, wie die hochmachtigen starken recken, wie die behenden, abentewerlichen, hochgelerten vnd allerlei meisterschaft wol vermugenden leute vnd wie alle irdische creature, wie kunstig, wie listig, wie stark sie sein, wie lange sie sich enthalten, wie lange sie es treiben, mussen zu nichte werden vnd verfallen allenthalben. Vnd wann nu alle menschgeslechte, die gewesen sint, sint oder noch werden, mussen von wesen zu nichtwesen kumen, wes solte die gelobte, die du beweinest, geniessen, das ir nicht geschehe als andern allen vnd allen andern als ir? Du selber wirst vns nicht entrinnen, wie wenig du des ietzund getrawest. Alle hernach! muß ewer ieglicher sprechen. Dein klage ist enwicht; sic hilfet dich nicht, sie geet aus tauben sinnen.

 

 

DER ACKERMAN.

Das XI. capitel.

Got, der mein vnd ewer gewaltig ist, getrawe ich wol, er werde mich vor euch beschirmen vnd vmb die verwurkten vbeltat, die ir an mir begangen habet, strengelich an euch gerechen. Gaukelweise traget ir mir war vnder, falsch mischet ir mir ein vnd wellet mir mein vngehewer sinneleit, vernunftleit vnd herzeleit aus den augen, aus den sinnen vnd aus dem mute slahen. Ir schaffet nicht, wann mich rewet mein serige verlust, die ich nimmer widerbringen mag. Vur alles wee vnd vngemach mein heilsame erzenei, meines gutes dienerin, meines willens pflegerin, meines leibes auswarterin, meiner eren vnd irer eren tegelich vnd nechtlich wachterin was sie vnuerdrossen. Was ir empfolhen wart, das wart von ir ganz reine vnd vnuerseret, oft mit merung widerreichet. Ere, Zucht, Keusche, Milte, Trewe, Masse, Sorge vnd Bescheidenheit wonten stete in irem hofe; Scham trug stete der Eren spiegel vor iren augen. Got was ir gunstiger hanthaber. Er was auch mir gunstig vnd genedig durch iren willen; Heil, Selde vnd Gelucke stunden mir bei durch iren willen. Das het sie an got erworben vnd verdienet, die reine hausere. Lon vnd genedigen solt gib ir, milter loner aller trewen soldener, aller reichster herre! Tu ir genediglicher, wann ich ir kan gewunschen! Ach, ach, ach! vnuerschämter morder, herre Tot, boser lasterbalg! Der zuchtiger sei ewer richter vnd binde euch, sprechend: «vergib mir!» in sein wigen!

 

 

DER TOT.

Das XII. capitel.

Kundestu rechte messen, wegen, zelen oder tichten, aus odem kopfe liessestu nicht solche rede. Du fluchest vnd bittest rachung vnuerfenglich vnd one notdurft. Was taug solch eselschrei? Wir haben vor gesprochen: kunstenreich, edel, erhaft, frutig, ertig vnd alles, was lebet, muß von vnserer hende abhendig werden. Dannoch klaffestu vnd sprichest, alles dein gelucke sei an deinem reinen, frumen weibe gelegen. Sol nach deiner meinung gelucke an weiben ligen, so wellen wir dir wol raten, das du bei gelucke beleibest, den worten das es nicht zu vngelucke gerate! Sage vns: do du am ersten dein lobelich weib namest, fandestu sie frum oder machtestu sie frum? Hastu sie frum funden, so suche vernunftiglichen: du findest noch vil frumer, reiner frawen auf erden, der dir eine zu der ee werden mag; hastu sie aber frum gemachet, so frewe dich: du bist der lebendig meister, der noch ein frum weib geziehen vnd gemachen kan. Wir sagen dir aber ander mere: ie mer dir liebes wirt, ie mer dir leides widerfert. Hettestu dich vor liebes vberhaben, so werestu nu leides vertragen; ie grosser lieb zu bekennen, ie grosser leit zu enberen. Lieb, weib, kint, schatz vnd alles irdisch gut muß etwas freuden am anfang haben vnd mer leides am ende bringen; alles irdisch ding vnd lieb muß zu leide werden. Leit ist liebes ende, der freuden ende trauren ist, nach lust vnlust muß kumen, willens ende ist vnwillen. Zu solchem ende laufen alle lebendige ding. Lerne es baß, wiltu von klugheil gatzen!

 

 

DER ACKERMAN.

Das XIII. capitel.

Nach schaden folget spotten; des empfinden wol die betrubten. Also geschicht von euch mir beschedigtem manne. Liebes entspenet, leides gewenet habet ir mich; als lange got wil, muß ich es von euch leiden. Wie stumpf ich bin, wie wenig ich han zu sinnereichen meistern weisheit gezucket, dannoch weiß ich wol, das ir meiner eren rauber, meiner freuden dieb, meiner guten lebetage steler, meiner wunnen vernichter vnd alles des, das mir wunnesam leben gemachet vnd gelubet hat, zerstorer seit. Wes sol ich mich nu frewen? Wo sol ich nu trost suchen? Wohin sol ich nu zuflucht haben? Wo sol ich nu heilstet finden? Wo sol ich nu trewen rat holen? Hin ist hin! Alle meine freude ist mir e der zeit verswunden; zu fru ist sie mir entwischet. Allzu schiere habt ir mir enzucket die teuren, die geheuren, wann ir mich zu witwer vnd meine kinder zu weisen so vngenediglich habet gemachet. Ellende, allein vnd leides vol beleibe ich von euch vnergetzet, besserung kunde mir von euch nach grosser missetat noch nie widerfaren. Wie ist dem, herre Tot, aller e brecher? An euch kan niemant icht gutes verdienen noch finden; nach vntat wellet ir niemant genug tun, niemant wellet ir ergetzen. Ich prufe: barmherzigkeit wonet bei euch nicht; fluchens seit ir gewonet; genadenlos seit ir an allen orten. Solche guttat, so ir beweiset an den leuten, solche genade, so die leute von euch empfahen, solchen lon, so ir den leuten gebet, solch ende, so ir den leuten tut, schicke euch der, der des todes vnd lebens gewaltig ist. Furste himelischer massenei, ergetze mich vngeheurer verluste, michels schadens, vnsegeliches trubsals vnd jemerliches weisentums! Dabei gerich mich an dem erzschalke Tot, got, aller vntat gerecher!

 

 

DER TOT.

Das XIIII. capitel.

One nutz geredet, als mer geswigen, wann nach torlicher rede krieg, nach kriege feintschaft, nach feintschaft vnruwe, nach vnruwe serung, nach serunge wetag, Nach wetage afterrewe muß iedem verworren manne begegnen. Krieges mutestu vns an. Du klagest, wie wir dir leit haben getan an deiner zumale lieben frawen. Ir ist gutlich vnd genediglich geschehen: bei frolicher jugend, bei stolzem leibe, in besten lebetagen, in besten wirden, an bester zeit, mit vngekrenkten eren haben wir sie in vnser genade empfangen. Das haben gelobet, des haben begeret alle weissagen, wann sie sprachen: am besten zu sterben, wann am besten liebet zu leben. Er ist nicht wol gestorben, wer sterben hat begeret; er hat zu lange gelebet, wer vns vmb sterben hat angerufet; wee vnd vngemach geschach im, wer mit alters burden wirt vberladen: bei allem reichtum muß er arm wesen! Des jares, do die himelfart offen was, an des himels torwertels kettenfeiertag, do man zalte von anfang der werlte sechstausent funfhundert neun vnd neunzig jar, bei kindes geburt tausend vierhundert der selbigen, die seligen martrerin hiessen wir raumen dis kurze schemende ellende, auf die meinung das sie solte zu gotes erbe in ewige freude, in immerwerendes leben vnd zu vnendiger ruwe nach gutem verdienen genediglichen kumen. Wie hessig du vns bist, wir wellen dir wunschen vnd gunnen, das dein sele mit der iren dort in himelischer wonung, dein leib mit dem iren bein bei beine alhie in der erden gruft wesen solten. Burge wolten wir dir werden: irer guttat wurdestu geniessen. Sweig, enthalt! Als wenig du kanst der sunnen ir licht, dem mone sein kelte, dem fewer sein hitze oder dem Wasser sein nesse benemen, also wenig kanstu vns vnserer macht berauben!

 

 

DER ACKERMAN.

Das XV. capitel.

Beschonter rede bedarf wol schuldiger man. Also tut ir auch. Susse vnd sawer, linde vnd herte, gutig vnd scharpf pfleget ir euch zu beweisen den, die ir meinet zu betriegen. Das ist offen an mir schein worden. Wie sere ir euch beschonet, doch weiß ich, das ich der erenvollen, durchschonen von ewerer swinden vngenade wegen kummerlich enberen muß. Auch weiß ich wol, das solches gewaltes sunder got vnd ewer niemant ist gewaltig. So bin ich von gote nicht also geplaget: wann hette ich mißgebaret gen gote, als leider dicke geschehen ist, das hette er an mir gerochen, oder es hette mir widerbracht die wandelsone. Ir seit der vbelteter. Darvmb weste ich gern, wer ir weret, was ir weret, wie ir weret, von wann ir weret vnd warzu ir tuchtig weret, das ir so vil gewaltes habet vnd on entsagen mich also vbel gefodert, meinen wonnereichen anger geodet, meiner sterke turn vndergraben vnd gefellet habet. Ach got, aller betrubten herzen troster troste mich vnd ergetze mich armen, betrubten, ellenden, selbsitzenden man! Gib, herre, plage, tu widerwerte, leg an klemnuß vnd vertilge den greulichen Tot, der dein vnd aller vnser feint ist! Werlich, herre, in deiner wurkung ist nicht greulichers nicht scheußlichers, nicht schedlichers, nicht herbers, nicht vngerechters dann der Tot! Er betrubet vnd verruret dir alle dein irdische Herschaft; ee das tuchtig dann das vntuchtig nimt er hin schedliche, alte, sieche, vnnutze leute lesset er oft alhie, die guten vnd die nutzen zucket er alle hin. Richte, herre, rechte vber den falschen richter!

 

 

DER TOT.

Das XVI. capitel.

Was bose ist, das nennen gut, was gut ist, das heissen bose sinnelose leute. Dem gleiche tustu auch. Falsches gerichtes zeihestu vns; vns tustu vnrecht. Des wellen wir dich vnderweisen. Du fragest, wer wir sein. Wir sein gotes hantgezeuge, herre Tot, ein rechte wurkender meder. Vnser segens geet vur sich. Weiß, swarz, rot, braun, grun, blaw, graw, gel vnd allerlei glanzes blumen vnde gras hewet sie vur sich nider, ires glanzes, irer kraft, irer tugent nicht geachtet. Da geneusset der veiol nicht seiner schonen farbe, seines reichen ruches, seiner wolsmeckender safte. Sich, das ist rechtfertigkeit. Vns haben rechtfertig geteilet die Romer vnd die poeten, wann sie vns baß dann du bekanten. Du fragest, was wir sein. Wir sein nichts vnd sein doch etwas. Deshalben nichts, wann wir weder leben weder wesen, noch gestalt noch vnderstant haben, nicht geist sein, nicht sichtig sein, nicht greiflich sein, deshalben etwas, wann wir sein des lebens ende, des wesens ende, des nichtwesens anfang, ein mittel zwischen in beiden. Wir sein ein geschickte das alle leute fellet. Die großen heunen musten vor vns fallen; alle wesen, die leben haben, mussen verwandelt von vns werden, in hohen schulden werden wir gesigen. Du fragest, wie wir sein. Vnbescheidenlich sein wir, wann vnser figure zu Rome in einem tempel an einer wand gemalet was als ein man sitzend auf einem ochsen, dem die augen verbunden waren. Der selbe man furte ein hawen in seiner rechten hant vnd ein schaufel in der linken hant; damit facht er auf dem ochsen. Gegen im slug, warf vnd streit ein michel menige volkes. Allerlei leute, iegliches mensche mit seines hantwerkes gezeuge - da was auch die nunne mit dem psalter -, die slugen vnd wurfen den man auf dem ochsen. In vnser bedeutnuß bestreit der vnd begrub sie alle. Pictura gleichet vns zu eines mannes scheine, der hat basilisken augen, vor des gesichte sterben muß alle lebendige creature. Du fragest, von wann wir sein. Wir sein von allenthalben vnd sein doch von ninder. Deshalben von allenthalben, wann wir wandern an allen enden der werlte; deshalben von ninder, wann wir sein ninder her komen vnd aus nichte. Wir sein von dem irdischen paradise. Da tirmete vns got vnd nante vns mit vnserm rechten namen, da er sprach zu dem ersten menschen: Welches tages ir der frucht enbeisset, des todes werdet ir sterben. Darvmb wir vns also schreiben: Wir Tot, herre vnd gewaltiger auf erden, in der luft vnd meres strame. Du fragest, warzu wir tuchtig sein. Nu hastu vor gehoret, das wir der werlte mer nutzes dann vnnutzes bringen. Hor auf, laß dich genugen vnd danke vns, das dir von vns so gutlich ist geschehen!

 

 

DER ACKERMAN.

Das XVII. capitel.

Alter man newe mere, geleret man vnbekante mere, ferre gewandert man vnd einer, wider den niemant reden tar, gelogen mere wol sagen turren, wann sie von vnwissender sachen wegen sint vnstreflich. Wann ir dann auch ein solcher alter man seit, so muget ir wol tichten. Allein ir in dem paradise gefallen seit ein meder vnd rechtes remet doch hawet ewer segens vneben. Rechte mechtig blumen reutet sie aus, die distel lesset sie steen; vnkraut beleibet, die guten kreuter mussen verderben. Ir jehet, ewer segens hawe vur sich. Wie ist dann dem, das sie mer distel dann guter blumen, mer meuse dann zamer tiere, mer boser leute dann guter vnuerseret lesset beleiben? Nennet mir mit dem munde, mit dem finger weiset mir: wo sint die frumen, achtberen leute, als vor zeiten waren? Ich wene, ir habet sie hin. Mit in ist auch mein lieb, die ubeln sint joch vber beliben. Wo sint sie hin, die auf erden wonten vnd mit gote redeten, an im hulde, genade vnd rechtung erwarben? Wo sint sie hin, die auf erden sassen vnder der gestirne vmbgengen vnd entschieden die planeten? Wo sint sie hin, die sinnereichen, die meisterlichen, die gerechten, die frutigen leute, von den die kroniken so vil sagen? Ir habet sie alle vnd mein zarte ermordet; die snoden sint noch alda. Wer ist daran schuldig? Torstet ir der wahrheit bekennen, herre Tot, ir wurdet euch selber nennen. Ir sprechet faste, wie rechte ir richtet, niemandes schonet, ewer segense haw nach einander fellet. Ich stund dabei vnd sach mit meinen augen zwo vngeheure schar volkes - iede het vber dreitausent man - mit einander streiten auf einer grunen heide; die wuten in dem blute bis vnder den waden. Darvnder snurretet ir vnd burretet gar gescheftig an allen enden. In dem here totetet ir etelich, etelich liesset ir sten. Minre knechte dann herren sach ich tot ligen. Da klaubetet ir einen aus den andern als die teigen biren. Ist das rechte gemeet? Ist das rechte gerichtet? Geet so ewer segens vor sich? Wol her, lieben kinder, wol her! Reiten wir engegen, enbieten vnd sagen wir lob vnd ere dem Tode, der also rechte richtet! Gotes gerichte ist kaum also gerecht!

 

 

DER TOT.

Das XVIII. capitel.

Wer von sachen nicht enweiß, der kan von sachen nicht gesagen. Also ist vns auch geschehen. Wir westen nicht, das du als ein richtiger man werest. Wir haben dich lange zeit erkant, wir hetten aber dein vergessen. Wir waren dabei, do fraw Sibilla dir die weisheit mitteilte, do her Salomon an dem totbette dir sein weisheit verreichte; do got allen den gewalt, den er hern Moysi in Egipten lant verlihen het, dir verlech, do du einen lewen bei dem weinwachs von Thamnatha slugest. Wir sahen dich die sterne zelen, des meres grieß vnd sein fische rechnen, die regentropfen reiten. Wir sahen gern, das du gewanst den wetlauf an Asael. Zu Susan sahen wir dich koste vnd trank in grossen wirden credenzen. Do du das banier vor Alexandro furtest, do er Darium bestreit, do lugten wir zu vnd gunden dir wol der eren. Do du in Academia zu Athenis mit hohen kunstenreichen meistern, die auch in die gotheit meisterlichen sprechen kunden, ebenteure disputiertest vnd in so kunstelichen oblagest, do sahen wir vns zumale liebe. Do du Neronem vnderweisetest, das er guttete vnd gedultig wesen solte, do horten wir gutlichen zu. Vns wunderte, do du keiser Iulium in einem roren schiffe vber das wilde mer furtest one dank aller sturmwinde In deiner werkstat sahen wir dich ein edel gewant von regenbogen wurken; darein wurden engel, vogel, tier, fische vnd allerlei gestalt - da was auch die eule vnd der affe - in wefels weise getragen. Zumale sere lachten wir vnd wurden des vur dich rumig, do du zu Paris auf dem geluckes rade sassest, auf der heute tantetest, in der swarzen kunst wurketest vnd bannetest die teufel in ein seltsam glas. Do dich got berufte in seinen rat zu gespreche vmb frawen Eve fal, aller erste wurden wir deiner grossen weisheit innen. Hetten wir dich vor erkant, wir hetten dir gefolget, wir hetten dein weib vnd alle leute ewig lassen leben. Das hetten wir dir allein zu eren getan, wann du bist zumale ein kluger esel!

 

 

DER ACKERMAN.

Das XVIIII. capitel.

Gespotte vnd vbelhandelung mussen dicke aufhalten durch warheit willen die leute. Gleicher weise geschicht mir. Vnmugelicher dinge rumet ir mich, Vngehorter werke wurkens. Gewaltes treibet ir zumale vil, gar vbel habt ir an mir gefaren, das muet mich alzu sere. Wann ich dann darvmb rede, so seit ir mir gehessig vnd werdet zornes vol. Wer vbel tut vnd wil nicht vndertan strafung aufnemen vnd leiden, sunder mit vbermut alle ding vertreiben, der sol gar eben aufsehen, das im nicht vnwillen darnach begegne! Nemet beispil bei mir! Wie zu kurze, wie zu lange, wie vngutlich, wie vnrechte ir mir mit habet gefaren, dannoch dulte ich vnd riche es nicht, als ich zu rechte solte. Noch heute wil ich des besserer sein, han ich icht vngleiches oder vnhubsches gen euch gebaret. Des vnderweiset mich; ich wil sein gernwilliglich widerkumen. Ist des aber nicht, so ergetzet mich meines schadens oder vnderweiset mich, wie ich widerkume meines grossen herzeleides. Werlich, also zu kurze geschach nie manne! Vber das alles mein bescheidenheit sullet ir ie sehen. Eintweder ir widerbringet, was ir an meiner traurenwenderin, an mir vnd an meinen kindern arges habet begangen, oder kumet des mit mir an got, der da ist mein, ewer vnd aller werlte rechter richter. Ir mochtet mich leichte erbitten, ich wolte es zu euch selber lassen. Ich traute euch wol, ir wurdet ewer vngerechtigkeit selber erkennen, darnach mir genugen tun nach grosser vntat. Begeet die bescheidenheit, anders es muste der hamer den amboß treffen, herte wider herte wesen, es kume, zu wo es kume!

 

 

DER TOT.

Das XX. capitel.

Mit guter rede werden gesenftet die leute; bescheidenheit behelt die leute bei gemache; gedult bringet die leute zu eren; zorniger man kan den man nicht entscheiden. Hettestu vns vormals gutlich zugesprochen, wir hetten dich gutlich vnderweiset, das du nicht billich den tod deines weibes klagen soltest vnd beweinen. Hastu nicht gekant Senecam den weissagen, der in dem bade sterben wolte, oder seine bucher gelesen, das niemant sol klagen den tod der totlichen? Weistu des nicht, so wisse: als balde ein mensche geboren wirt, als balde hat es den leikauf getrunken, das es sterben sol. Anfanges geswistreit ist das ende. Wer ausgesant wirt, der ist pflichtig wider zu kumen. Was ie geschehen sol, des sol sich niemant widern. Was alle leute leiden mussen, das sol einer nicht widersprechen. Was ein mensche entlehent, das sol es widergeben. Ellende bawen alle leute auf erden. Von ichte zu nichte mussen sie werden. Auf snellem fusse leufet hin der menschen leben; iezunt lebend, in einem hantwenden gestorben. Mit kurzer rede beslossen: iedes mensche ist vns ein sterben schuldig vnd es anerbet zu sterben. Beweinestu aber deines weibes jugent, du tust vnrecht; als schiere ein mensche lebendig Wirt, als schiere ist es alt genug zu sterben. Du meinest leichte, das alter sei ein edel hort. Nein, es ist suchtig, arbeitsam, vngestalt, kalt vnd allen leuten vbel gefallend; es taug nicht vnd ist zu allen sachen enwicht: zeitig epfel fallen gern in das kot; reifende biren fallen gern in die pfutzen. Klagestu dann ir schone, du tust kintlich; eines ieglichen menschen schone muß eintweder das alter oder der tot vernichten. Alle rosenfarbe mundlein mussen abgefarb werden, alle rote wenglein mussen bleich werden, alle lichte euglein mussen tunkel werden. Hastu nicht gelesen, wie Ieronimus, der weissage, leret, wie sich ein man huten sol vor schonen weiben, vnd sprichet: Was schone ist, das ist mit tegelicher beisorge sware zu halten, wann sein alle leute begeren; was scheußlich ist, das ist leidelich zu halten, wann es mißfellet allen leuten? Laß faren! Klage nicht verlust, die du nicht kanst widerbringen.

 

 

DER ACKERMAN.

Das XXI. capitel.

Gute strafung gutlich aufnemen, darnach tun sol weiser man, hore ich die klugen jehen. Ewer strafung ist auch leidelich. Wann dann ein guter strafer auch ein guter anweiser wesen sol, so ratet vnd vnderweiset mich, wie ich so vnsegeliches leit, so jemerlichen kummer, so aus der masse grosse betrubnuß aus dem herzen, aus dem mute vnd aus den sinnen ausgraben, austilgen vnd ausjagen sulle. Bei got vnuolsagenlich herzeleit ist mir geschehen, do mein zuchtige, trewe vnd stete hausere mir so snelle ist enzucket, sie tot, ich witwer, meine kinder weisen worden sint. O herre Tot, alle werlt klaget vber euch vnd auch ich, das nie so boser man wart. Doch seint den malen das nie man so bose wart, er were an etwe gut, ratet, helfet vnd steuret, wie ich so sweres leit von herzen werfen muge vnd meine kinder einer solchen reinen muter ergetzet werden; anders ich vnmutig vnd sie traurig immer wesen mussen. Vnd das sullet ir mit nichten vbel verfahen, wann ich sihe, das vnder vnuernunftigen tieren ein gate vmb des andern tot trauret von angeborenem twange. Hilfe, rates vnd widerbringens seit ir mir pflichtig, wann ir habt mir getan den schaden. Wo des nicht geschehe, dann got hette in seiner almechtigkeit ninder rachung. Gerochen muß es werden inder, vnd solte darvmb hawe vnd schaufel noch eines gemuet werden!

 

 

DER TOT.

Das XXII. capitel.

Ga! ga! ga! snatert die gans, lamb! lamb! sprichet der wolf, man predige, was man welle: solch fadenricht spinnest auch du. Wir haben dir vor entworfen, das vnklegelich wesen sulle der tot der totlichen. Seint den malen das wir ein zolner sein, dem alle menschen ir leben zollen vnd vermauten mussen, wes widerstu dann dich? Wan werlich, wer vns teuschen wil, der teuschet sich selber. Laß dir eingen vnd vernim: das leben ist durch sterbens willen geschaffen. Were leben nicht, wir weren nicht, vnser geschefte were nicht; damit were auch nicht der werlte ordenung. Eintweder du bist sere leidig oder vnuernunft hauset zu dir. Bistu vnuernunftig, so bitte got, vernunft dir zu verleihen; bistu aber leidig, so brich ab, laß faren, nim das vur dich, das ein wint ist der leute leben auf erden! Du bittest rat, wie du leit aus dem herzen bringen sullest. Aristotiles hat dich es vor geleret, das freude, leit, forchte vnd hoffenung die viere alle werlt bekummern vnd gerlich die, die sich vor in nicht kunnen huten. Freude vnd forchte kurzen, leit vnd hoffenung lengen die weile. Wer die viere nicht ganz aus dem mute treibet, der muß alzeit sorgende wesen. Nach freude trubsal, nach liebe leit muß ie auf erden kumen. Lieb vnd leit mussen mit einander wesen. Eines ende ist anfang des andern. Leit vnd lieb ist nicht anders, dann wann icht ein mensche in seinen sinn vurfasset, das es nicht austreiben wil, gleicher weise als mit genugen niemant arm vnd mit vngenugen niemant reich wesen mag; wann genugen vnd vngenugen nicht an habe noch an auswendigen sachen sint, sunder in dem mute. Wer altes lieb nicht aus dem herzen treiben wil, der muß gegenwurtiges leit alzeit tragen. Treib aus dem herzen, aus dem sinne vnd aus dem mute liebes gedechtnuß, alzuhant wirstu traurens vberhaben. Als balde du icht hast verloren vnd es nicht kanst widerbringen, tu, als es dein nie sei worden: hin fleuchet alzuhant dein trauren. Wirstu des nicht tun, so hastu mer leides vor dir; wann nach iegliches kindes tode widerfert dir herzeleit, nach deinem tode auch herzeleit in allen, dir vnd in, wann ir euch scheiden sollet. Du wilt, das sie der muter ergetzet werden. Kanstu vergangene jar, gesprochene wort vnd verruckten magettum widerbringen so widerbringestu die muter deiner kinder. Wir haben dir genug geraten. Kanstu es versteen, stumpfer pickel?

 

 

DER ACKERMAN.

Das XXIII. capitel.

In die lenge wirt man gewar der warheit als: lange gelernet, etwas bekundet. Ewer spruche sint susse vnd lustig, des ich nu etwas empfinde. Doch solte freude, lieb, wunne vnd kurzweil aus der werlte vertriben werden, vbel wurde steen die werlt. Des wil ich mich ziehen an die Romer. Die haben es selbes getan vnd haben das ire kinder geleret, das sie lieb vnd in eren haben solten turnieren, stechen, tanzen, wetlaufen, springen vnd allerlei zuchtige hubscheit bei mussiger weile, auf die rede das sie die weile bosheit weren vberhaben. Wan menschliches mutes sin kan nicht mussig wesen. Eintweder gut oder bose muß alzeit der sin wurken, in dem slafe wil er nicht mussig sein. Wurden dann dem sinne gute gedanke benumen, so wurden im bose eingeen. Gute aus, bose ein; bose aus, gute ein: die wechselung muß bis an das ende der werlte weren. Sider freude, zucht, scham vnd ander hubscheit sint aus der werlte vertriben, sider ist sie bosheit, schanden, vntrewe, gcspottes vnd verreterei zumale vol worden. Das sehet ir tegelichen. Solte ich dann die gedechtnuß meiner aller liebsten aus dem sinne treiben, bose gedechtnusse wurden mir in den sin wider kumen: als mer wil ich meiner aller liebsten alweg gedenken. Wann grosses herzelieb in grosses herzeleit wirt verwandelt, wer kan des balde vergessen? Bose leute tun das selbe; gute freunde stete gedenken an einander. Ferre wege, lange jar scheiden nicht geliebe. Ist sie mir leiblichen tot, in meiner gedechtnuß lebet sie mir doch immer. Herre Tot, ir musset treulicher raten, sol ewer rat icht nutzes bringen, anders, ir fledermaus, musset als vor der vogel feintschaft tragen!

 

 

DER TOT.

Das XXIIII. capitel.

Lieb nicht alzu lieb, leit nicht alzu leit sol vmb gewin vnd vmb verlust bei weisem manne wesen: des tustu nicht. Wer vmb rat bittet vnd rates nicht folgen wil, dem ist auch nicht zu raten. Vnser gutlicher rat kan an dir nicht geschaffen. Es sei dir nu lieb oder leit, wir wellen dir die warheit an die sunnen legen, es hore, wer da welle. Dein kurze vernunft, dein abgesniten sin, dein holes herze wellen aus leuten mer machen, dann sie gewesen mugen. Du machest aus einem menschen, was du wilt, es mag nicht mer gesein, dann als vil wir dir sagen wellen mit vrlaub aller reinen frawen. Ein mensche wirt in sunden empfangen, mit vnreinem, vngenantem vnflat in muterlichem leibe generet, nacket geboren vnd ist ein besmireter binstock, ein ganzer vnlust, ein kotfaß, ein wurmspeise, ein stankhaus, ein vnlustiger spulzuber, ein faules as, ein schimelkaste, ein bodenloser sack, ein lockerete tasche, ein blasebalk, ein geitiger slund, ein stinkender leimtigel, ein vbelriechender harnkrug, ein vbelsmeckender eimer, ein betriegender tockenschein, ein leimen raubhaus, ein vnsetig leschtrog vnd ein gemalte begrebnuß. Es merke, wer da welle: ein iegliches ganz gewurktes mensche hat neun locher in seinem leibe, aus den allen fleusset so vnlustiger vnd vnreiner vnflat, das nicht vnreiners gewesen mag. So schones mensche gesahestu nie, hettestu eines linzen augen vnd kundest es inwendig durchsehen, dir wurde darob grawen. Benim vnd zeuch ab der schonsten frawen des sneiders farbe, so sihestu ein schemliche tocken, ein schiere swelkende blumen von kurze taurendem scheine vnd einen balde faulenden erdenknollen. Weise vns ein hantvol schone aller schonen frawen, die vor hundert jaren haben gelebt, ausgenomen der gemalten an der wende, vnd habe dir des keisers krone zu eigen! Laß hin fliehen lieb, laß hin fliessen leit! Laß rinnen den Rein als ander Wasser! Eseldorf! weiser gotling!

 

 

DER ACKERMAN.

Das XXV. capitel.

Pfei euch, boser schandensack! Wie vernichtet, vbelhandelt vnd vneret ir den werden menschen, gotes aller liebste creature, damit ir auch die gotheit swechet! Aller erste prufe ich, das ir lugenhaftig seit vnd in dem paradise nicht getirmet, als ir sprechet. Weret ir in dem paradise gefallen, so westet ir, das got den menschen vnd alle ding geschaffen hat, sie alle zumale gut beschaffen hat vnd den menschen vber sie alle gesetzet, im ir aller herschaft befolhen vnd sie seinen fussen vndertenig gemachet hat, also das der mensche den tieren des ertreichs, den vogeln des himels, den fischen des meres vnd allen fruchten der erden herschen solte, als er auch tut. Solte dann der mensche so snode, bose vnd vnrein sein, als ir sprechet, werlich so hette got gar vnreinlichen vnd gar vnnutzlichen gewurket. Solte gotes almechtige vnd wirdige hant so ein vnreines vnd vnfletiges menschwerk haben gewurket, als ir schreibet, streflicher vnd gemeilter wurker were er. So stunde auch das nicht, das got alle ding vnd den menschen vber sie alle zumale gut hette beschaffen. Herre Tot, lasset ewer vnnutz klaffen! Ir schendet gotes aller hubschestes werk. Engel, teufel, schretlein, klagemuter, das sint geiste in gotes twange wesend: der mensche ist das aller achtberest, das aller behendest vnd das aller freiest gotes werkstuck. Im selber gleiche hat in got gebildet, als er auch selbes in dem ersten vrkunde der werlte hat gesprochen. Wo hat ie werkman gewurket so behendes vnd reiches werkstuck, einen so werkberlichen kleinen kloß als eines menschen haubet? In dem ist kunstereiche kunst, allein gote ebenteur, verborgen: da ist in des augen apfel das gesichte, das aller gewissest zeuge, meisterlich in spiegels weise verwurket; bis an des himels klare zirkel wurket es. Da ist in den oren das ferre wurkende gehoren, gar durchnechtiglichen mit einem dunnen felle vergitert, zu prufung vnd merkung vnderscheit mancherlei susses gedones. Da ist in der nasen der ruch, durch zwei locher ein vnd aus geend, gar sinniglichen verzimmert zu behegelicher senftigkeit alles lustsames vnd wunnesames riechens, das da ist nar der sele. Da sint in dem munde zene, alles leibfuters tegeliches malende einsacker; darzu der zungen dunnes blat, den leuten zu wissen bringend ganz der leute meinung; auch ist da des smackes allerlei koste lustsame prufung. Dabei sint in dem kopfe aus herzengrunde geende sinne, mit den ein mensche, wie ferre er wil, gar snelle reichet; in die gotheit vnd daruber gar klimmet der mensche mit den sinnen. Allein der mensche ist empfahend der vernunft, des edelen hortes. Er ist allein der lieblich kloß, dem gleiche niemant dann got gewurken kan, darin also behende werk mit aller kunste meisterschaft vnd weisheit sint gewurket. Lat faren, herre Tot! Ir seit des menschen feint; darvmb ir kein gutes von im sprechet!

 

 

DER TOT.

Das XXVI. capitel.

Schelten, fluchen, wunschen, wie vil der ist, kunnen keinen sack, wie kleine der ist, gefullen. Darzu: wider vil redende leute ist nicht zu kriegen mit worten. Es gee nur vur sich mit deiner meinung, das ein mensche aller kunste, hubscheit vnd wirdigkeit vol sei, dannoch muß es in vnser netze fallen, mit vnserem garne muß es gezucket werden. Gramatica, gruntfeste aller guten rede, hilfet da nicht mit iren scharfen vnd wol gegerbten worten. Rhetorica, bluender grunt der liebkosung, hilfet da nicht mir iren bluenden vnd reine geferbten reden. Loica, der warheit vnd vnwarheit vursichtige entscheiderin, hilfet da nicht mit irem verdackten verslahen, mit der warheit verleitung vnd krummerei. Geometria, der erden pruferin, schetzerin vnd messerin, hilfet da nicht mit irer vnfelender masse, mit iren rechten abgewichten. Arismetrica, der zale behende ausrichterin, hilfet da nicht mit irer rechnung, mit irer reitung, mit iren behenden ziffern. Astronomia, des gestirnes meisterin, hilfet da nicht mit irem sterngewalte, mit einflusse der planeten. Musica, des gesanges vnd der stimme geordente hantreicherin, hilfet da nicht mit irem sussen gedone, mit iren feinen stimmen. Philosophia, acker der weisheit, zwirund in naturlicher erkantnuß vnd in guter siten wurkung geackert vnd geseet vnd volkumenlich gewachsen; Physica mit iren mancherlei steurenden trenken; Geomancia, mit satzung der planeten vnd des himelsreifes zeichen auf erden allerlei frage behende verantwurterin, Piromancia, sleunige vnd warhaftige warsagens aus fewr wurkerin; Idromancia, in wassers gewurke der zukunftigkeit entwerferin; Astroloia mit oberlendischer sachen macht irdisches laufes auslegerin; Ciromancia, nach henden vnd nach des teners kreisen hubsche warsagerin; Nigromancia, mit totenopfer, fingerlein vnd mit sigel der geiste gewaltige twingerin; Alchimia mit der metalle seltsamer verwandelung; Notoria, die kunst mit iren sussen gebeten, mit irem starken besweren; Augurium, der vogelkose vernemer vnd daraus zukunftiger sachen warhafter zusager; Aruspicium, nach altaropfers rauche witze kund tuende ausrichtung; Pedomancia mit kinder gedirme vnd Ornomancia mit aurhanen dermen luplerin; Iura, wandelberes vnd widerspruchiges recht, vnd Iuriste, der gewissenlos criste, mit rechtes vnd vnrechtes vursprechung, mit seinen krummen articlen - die vnd ander, den vorgeschriben anhangende kunste helfen zumale nicht. Iedes mensche muß ie von vns vmbgesturzet, in vnserem walktroge gewalken vnd in vnserem rollfasse gefeget werden. Das glaube, du uppiger geuknecht!

 

 

DER ACKERMAN.

Das XXVII. capitel.

Man sol nicht vbel mit vbel rechen; gedultig sol ein man wesen, gebeitend der tugend lere. Den pfat wil ich nach treten, ob ir leichte noch nach vngedult gedultig werdet. Ich vernim an ewer rede, ir meinet, ir ratet mir gar trewlich. Wonet trewe bei euch, so ratet mir mit trewen in gesworenes eides weise. In was wesens sol ich nu mein leben richten? Ich bin vormals in der lieben lustigen e gewesen; warzu sol ich mich nu wenden? In werltlich oder in geistlich ordenung? Die sint mir beide offen. Ich nam vur mich in den sin allerlei leute wesen, schatzte vnd wug sie mit fleisse: vnuolkumen, bruchig vnd etwe vil mit sunden fant ich sie alle. In zweifel bin ich, wo ich hin keren sulle; mit gebrechen ist bekummert aller leute anstal. Herre Tot, ratet! Rates ist not! In meinem sinne finde, wene vnd glaube ich vur war, das nie so reines, gotliches nest vnd wesen kume nimmermer. Bei der sele, ich spriche: Weste ich, das mir in der e gelingen solte als e. in der e wolte ich leben, die weile lebend were mein leben. Wunnesam, lustsam, fro vnd wolgemut ist ein man, der ein biderb weib hat, er wandere, wo er wander. Einem ieden solchen man ist auch lieb, nach narung z.u stellen vnd zu trachten. Im ist auch lieb, ere mit eren, trewe mit trewen, gute mit gute widergelten. Er bedarf ir nicht huten; wann sie ist die beste hut, die ir ein frumes weib selber tut. Wer seinem weibe nicht glauben vnd trawen wil, der muß stecken in steten sorgen. Herre von oberlanden, furste von vil selden, wol im, wen du so mit reinem bettegenossen begabest! Er sol den himel ansehen, dir mit aufgerackten henden danken alle tage. Tut das beste, herre Tot, vil vermugender herre!

 

 

DER TOT.

Das XXVIII. capitel.

Loben one ende, schenden one zil, was sie vurfassen, pflegen etelich leute. Bei loben vnd bei schenden sol fuge vnd masse sein; ob man ir eines bedurfe, das man sein stat habe. Du lobest sunder masse eeliches leben; iedoch wellen wir dir sagen von eelichem leben, vngeruret aller reinen frawen. Als balde ein man ein weib nimpt, als balde ist er selbander in vnserer gefengnuß. Zuhant hat er einen hantslag, einen anhang, einen hantsliten, ein joch, ein kumat, ein burde, einen sweren last, einen fegeteufel, ein tegeliche rosfeilen, der er mit nichte nicht enberen mag, die weile wir mit im nicht tun vnser genade. Ein beweibeter man hat doner, schawer, fuchse, slangen alle tage in seinem hause. Ein weib stellet alle tage darnach, das sie man werde. Zeuchet er auf, so zeuchet sie nider; wil er so, so wil sie sust; wil er dahin, so wil sie dorthin. Solches spiles wirt er sat vnd sigelos alle tage. Triegen, listen, smeichen, spinnen, liebkosen, widerburren, lachen, weinen kan sie wol in einem augenblicke; angeboren ist es sie. Siech zu arbeit, gesunt zu wollust, darzu zam vnd wilde ist sie, wann sie des bedarf. Vmb werwort finden bedarf sie keines ratmannes. Geboten ding nicht tun, verboten ding tun fleisset sie sich alzeit. Das ist ir zu susse, das ist ir zu sawr, des ist ir zu vil des ist ir zu wenig; nu ist es zu fru, nu ist es zu spate, also wirt es alles gestrafet. Wirt dann icht von ir gelobet, das muß mit schanden in einem drechselstule gedret werden; dannoch wirt das loben dicke mit gespotte gemischet. Ein man, der in der e lebet, kan kein mittel aufhaben: Ist er zu gutig, ist er zu scharpf, an in beiden wirt er mit schaden gestrafet. Er sei nur halb gutig oder halb scharpf, dannoch ist da kein mittel, schedlich oder streflich wirt es ie. Alle tage newe anmutung oder keifen, alle wachen fremde aufsatzung oder murmeln, alle monat newen vnlustigen vnflat oder grawen, alle jar newes kleiden oder tegeliches strafen muß ein beweibeter man haben, er gewinne es, wo er welle. Der nacht gebrechen sei aller vergessen; von alters wegen schemen wir vns. Schonten wir nicht der biderben frawen, von den vnbiderben kunden wir vil mer singen vnd sagen. Wisse, was du lobest; du kennest nicht golt bei bleie!

 

 

DER ACKERMAN.

Das XXVIIII. capitel.

Frawen schender mussen geschendet werden, sprechen der warheit meister. Wie geschicht euch dann, herre Tot? Ewer vnuernunftiges frawen schenden, wie wol es mit frawen vrlaub ist, ist werlich euch schentlich vnd den frawen schemlich. In maniges weisen meisters geschrifte findet man, das one weibes steure niemant mag mit selden gesteuret werden, wann weibes vnd kinder habe ist nicht das minste teil der irdischen selden. Mit solcher warheit hat sein trostbuch ein Romer Boecius hin geleget. Philosophia, die weise meisterin, vnd ieder abentewerlicher vnd sinniger man ist mir des zeuge: kein mannes zucht kan wesen, sie sei dann gemeistert mit frawen zuchte. Es sage, wer es welle: ein zuchtiges, schones, keusches vnd an eren vnuerrucktes weib ist vor aller irdischer eugelweide. So manlichen man gesach ich nie; der rechte mutig wurde, er wurde dann mit frawen troste gesteuret. Wo der guten samenung ist, da sihet man es alle tage; auf allen planen, auf allen hofen, in allen turnieren, in allen herfarten tun die frawen ie das beste. Wer in frawen dienste ist, der muß sich aller missetat anen. Rechte zucht vnd ere leren die werden frawen in irer schule. Irdischer freuden sint gewaltig die frawen; sie schaffen, das in zu eren geschieht alle hubscheit vnd kurzweil auf erden. Einer reinen frawen fingerdrowen strafet vnd zuchtiget vur alle waffen einen frumen man. One liebkosen mit kurzer rede: aller werlte aufhaltung, festung vnd merung sint die werden frawen. Iedoch bei golde blei, bei weize raden, bei allerlei munze beislege vnd bei weibe vnweib mussen wesen; dannoch die guten sullen der bosen nicht engelten. Das glaubet, haubetman von kriege!

 

 

DER TOT.

Das XXX. capitel.

Einen kolben vur einen kloß goldes, eine koten vur einen topasion, einen kisling vur einen rubin nimt ein narre; die hewschewer eine burg, die Tunaw das mer, den mausar einen falken nennet der tore. Also lobestu der augen lust, der vrsachen schetzestu nicht; wann du weist nicht, das alles, das in der werlte ist, ist eintweder begerung des fleisches oder begerung der augen oder hohe des lebens. Die begerung des fleisches zu wollust, die begerung der augen zu gute, die hohe des lebens zu ere sint geneiget. Das gut bringet girung vnd geitigkeit, die wollust machet geilheit vnd. vnkeuscheit, die ere bringet hochfart und rum Von gute turstigkeit vnd forchte, von wollust bosheit vnd sunde, von ere guft vnd eitelkeit mussen ie kumen. Kundestu das vernemen, du wurdest eitelkeit in aller werlte finden; vnd geschehe dir dann liebe oder leide, das wurdestu dann gutlichen leiden, auch vns vngestrafet lassen. Aber als vil als ein esel leiren kan, als vil kanstu die warheit vernemen. Darvmb so sein wir so sere mit dir bekummert. Do wir Pyramum den jungeling mit Tisben der meide, die beide ein sele vnd willen hetten, schieden, do wir kunig Alexandrum aller werlte herschaft entenigten, do wir Paris von Troja vnd Helenam von Kriechen zerstorten, do wurden wir nicht also sere als von dir gestrafet. Vmb keiser Karel, markgraven Wilhelm, Dietrich von Berne, den starken Boppen vnd vmb den hurnen Seifrid haben wir nicht so vil mue gehabet. Aristotilem vnd Avicennam klagen noch heute vil leute, dannoch sein wir vngemuet. Do Davit der gedultig vnd Salomon, der weisheit schrein, starben, do wart vns mer gedanket dann gefluchet. Die vor waren, die sint alle dahin; du vnd alle, die nu sint oder noch werden, mussen alle hinnach. Dannoch beleiben wir Tot hie herre!

 

 

DER ACKERMAN.

Das XXXI. capitel.

Eigene rede verteiler dicke einen man vnd gerlich einen, der ietzund eines vnd darnach ein anderes redet. Ir habet vor gesprochen, ir seit etwas vnd doch nicht ein geist vnd seit des lebens ende vnd euch sein alle irdische lant empfolhen. So sprechet ir nu, wir mussen alle dahin, vnd ir Tot beleibet hie herre. Zwo widerwertig rede mugen mit einander nicht war gewesen. Sullen wir von leben alle dahin scheiden vnd irdisch leben sol alles ende haben vnd ir seit, als ir sprechet, des lebens ende, so merke ich: wann nimmer lebens ist, so wirt nimmer sterbens vnd todes. Wo kumpt ir dann hin, herre Tot? In himel muget ir nicht wonen, der ist gegeben allein den guten geisten. Kein geist seit ir nach ewer rede. Wann ir dann auf erden nimmer zu schaffen habet vnd die erde nimmer weret, so musset ir gerichtes in die helle; darinnen musset ir one ende krochen. Da werden auch die lebendigen vnd die toten an euch gerochen. Nach ewer wechselrede kan sich niemant gerichten. Solten alle irdische ding so bose, snode vnd vntuchtig sein, als ir sprechet, so musten sie von gote vntuchtig sein beschaffen vnd gewurket. Des ist er von anfang der werlte nie gezigen. Tugent lieb gehabet, bosheit gehasset, sunde vbersehen vnd gerochen hat got vnz her. Ich glaube, hinnach tue er auch das selbe. Ich han von jugent auf gehoret lesen vnd gelernet, wie got alle ding gut beschaffen habe. Ir sprechet, wie alle irdische leben vnd wesen sullen ende nemen; so sprichet Plato vnd ander weissagen, das in allen sachen eines zeruttung des andern berung sei vnd wie alle sache auf vrkunde sein gebawet vnd wie des himels lauf, aller planeten vnd der erden von einem in das ander verwandelt werde vnd ewig sei. Mit ewer wankelrede, darauf niemant bawen sol, weller it mich von meiner klage schrecken. Des berufe ich mich mit euch an got, meinen heilant, herre Tot, mein verderber! Damit gebe euch got ein boses amen!

 

 

DER TOT.

Das XXXII. capitel.

Oft ein man, wann et der anhebet zu reden, im werde dann vnderstossen, nicht aufgehoren kan. Du bist auch aus dem selben stempfel gewurket. Wir haben gesprochen vnd sprechen noch, damit wellen wir ende machen: die erde vnd alle ir behaltung ist auf vnstetigkeit gebawet. In diser zeit ist sie wandelber worden, wann alle ding haben sich verkeret, das hinder hervur, das voder hin hinder, das vnder gen berge, das ober gen tale. Das ebich an das rechte hat die meist menige volkes gekeret. Zu feures flammen stetigkeit kan icht alles menschliches geslechte getreffen; einen schein zu greifen, einen guten, trewen, beistendigen freunt zu finden, ist nahent gleich mugelich auf erden worden. Alle menschen sint mer zu bosheit dann zu gute geneiget. Tut nu iemant icht gutes, das tut er vns besorgend. Alle leute mit allem irem gewurke sint vol eitelkeit worden. Ir leib, ir weib, ir kinder, ir ere, ir gut vnd alles ir vermugen fleuchet alles dahin, mit einem augenblicke verswindet es, mit dem winde verwischet es, noch kan der schein noch der schate nicht beleiben. Merke, prufe, sich vnd schawe, was nu der menschen kinder auf erden haben: wie sie berg vnd tal, stock vnd stein, awe vnd gefilde, der Alpen wiltnuß, des meres grunt, der erden tiefe durch irdisches gutes willen durchgrunden in regen, winden, doner, schawer, sne vnd in allerlei vngewiter, wie sie schechte, stollen vnd tiefe funtgruben in die erden durchgraben, der erden adern durchhawen, glanzerze suchend, die sie durch seltsenkeit willen vur alle ding lieb haben, wie sie holz wellen, gewant zewen, heuser den swalben gleiche klecken, pflanzen vnd pelzen baumgarten, ackern das ertreich, bawen weinwachs, machen mulwerk, zunden zinsel, bestellen fischerei, weitwerk vnd wiltwerk, grosse herte vihes zusamen treiben, vil knechte vnd meide haben, hohe pfert reiten, goldes, silbers, edel gesteines, reiches gewandes vnd allerlei ander habe heuser vnd kisten vol haben, wollust vnd wunnen pflegen, darnach sie tag vnd nacht stellen vnd trachten. Was ist das alles? Das alles ist eitelkeit vber eitelkeit vnd beswerung der sele, vergenglich et als der gesterig tag, der vergangen ist. Mit kriege vnd mit raube gewinnen sie es; wann ie mer gehabet, ie mer geraubet. Zu kriegen vnd zu werren lassen sie es nach in. O die totliche menscheit ist stete in engsten, in trubsal, in leide, in besorgen, in forchten, in scheuhung, in weetagen, in siechtagen, in trauren, in betrubnuß, in jamer, in kummer vnd in mancherlei widerwertigkeit; vnd ie mer ein man irdisches gutes hat, ie mer im widerwertigkeit begegent. Noch ist das das aller groste, das ein mensche nicht gewissen kan, wann, wo oder wie wir vber es vrplupfling fallen vnd es jagen, zu laufen den weg der totlichen. Die burde mussen tragen herren vnd knechte, man vnd weib, reich vnd arm, gut vnd bose. O leidige zuversicht, wie wenig achten dein die tummen! Wann es zu spate ist, so wellen sie alle frum werden. Darvmb laß dein klagen, sun! Trit in welchen orden du wilt, du findest gebrechen vnd eitelkeit darinnen. Iedoch kere von dem bosen vnd tue das gute, suche den fride vnd tue in stete; vber alle irdische ding habe lieb rein vnd lauter gewissen! Vnd das wir dir rechte geraten haben, des komen wir mit dir an got, den ewigen, den grossen vnd den starken.

 

 

Des fursten rede von vil selden, des almechtigen gotes vrteil.

Das XXXIII. capitel.

Der lenze, der sumer, der herbest vnd der winter, die vier erquicker vnd hanthaber des jares, die wurden zwifertig mit grossen kriegen. Ir ieder rumte sich, vnd wolte ieglicher in seiner wurkung der beste sein. Der lenze sprach, er erquickte vnd machte guftig alle fruchte; der sumer sprach, er machte reif vnd zeitig alle fruchte; der herbest sprach, er brechte vnd zechte ein beide in stedel, in keller vnd in die heuser alle fruchte; der winter sprach, er verzerte vnd vernutzte alle fruchte vnd vertribe alle gifttragende wurme. Sie rumten sich vnd kriegeten faste; sie hetten aber vergessen, das sie sich gewaltigter herschaft rumten. Ebengleiche tut ir beide. Der klager klaget sein verlust, als ob sie sein erberecht were; er wenet nicht, das sie im von vns were verlihen. Der Tot rumet sich herschaft, die er doch allein von vns zu lehen hat empfangen. Der klaget, das nicht sein ist; diser rumet sich herschaft, die er nicht von im selber hat. Iedoch der krieg ist nicht gar one sache: ir habet beide wol gefochten. Den twinget leit zu klagen, disen die anfechtung des klagers, die warheit zu sagen. Darvmb: klager, habe ere, Tot, habe sige, seit ieder mensche das leben dem Tode, den leib der erden, die sele vns pflichtig ist zu geben.

 

 

Hie bittet der ackerman vur seiner frawen sele. Der roten buchstaben der grosse nennet alse den klager. Dis capitel stet in eines betes weise vnd ist das XXXIIII. capitel.

Immer wachender wachter aller werlte; got aller goter; herre wunderhaftiger; herre aller herren,. almechtigster aller geiste; furste aller furstentume; brunne, aus dem alle gutheit fleusset, heiliger aller heiligen; kroner vnd die krone; loner vnd der lon; kurfurste, in des kure sten alle kure; wol im wart wer manschaft von dir empfehet! Der engel freude vnd wunne; eindruck der aller hochsten formen: altgreiser jungeling, erhore mich!

O licht, das da nicht empfehet ander licht; licht, das da verfinstert vnd verblendet alles auswendiges licht; schein, vor dem verswindet aller ander schein; schein, zu des achtung alle licht sint finsternuß; licht, zu dem aller schein ein schate ist, dem alle finsternuß licht sint, dem aller schate erscheinet; licht, das in der beginstnuß gesprochen hat: werde licht!; fewer, das vnuerloschen alweg brinnet; anfang vnd ende, erhöre mich!

Heil vnd selde vber alles heil vnd selde; weg one allen irrsal zu dem ewigen leben, bestes, one das dann nicht bessers ist; leben, dem alle ding leben; warheit vber alle warheit, weisheit, vmbsliessende alle weisheit; aller sterke gewaltiger; rechtes vnd gerechter hant beschawer; widerbringer aller bruche; ganz vermugender in allen kreften; nothaft, zu dem alle gute ding als zu dem weisel der bin nehen vnd halten sich; vrsache aller sache, erhore mich!

Aller seuchten widerbringender arzet; meister aller meister; allein vater aller schepfung; alweg vnd an allen enden gegenwurtiger zuseher; aus der muter leibe in der erden gruft selbmugender geleiter; bilder aller formen; gruntfeste aller guten werke; aller werlte warung; hasser aller vnfletigkeit, loner aller guten dinge; allein rechter richter; einig, aus des anfange alle sache ewiglich nimmer weichen mag, erhore mich!

Nothelfer in allen engsten; fester knote, den niemant aufbinden mag; volkumenes wesen, das aller volkumenheit mechtig ist, aller heimlicher vnd niemandes wissender sachen warhaftiger erkenner; ewiger freuden spender, irdischer wunnen storer; wirt, ingesinde vnd hausgenosse aller guten leute; jeger, dem alle spor vnuerborgen sint; aller sinne ein feiner einguß; rechter vnd zusamenhaltender mittel aller zirkelmasse; genediger erhorer aller zu dir rufender, erhore mich!

Nahender beistendiger aller bedurftigen; traurenwender aller in dich hoffender; der hungerigen widerfuller, satung der durstigen, labung der kranken; sigel der aller hochsten maiestat; besliessung des himels armonei; einiger erkenner aller menschen gedanke; vngleicher bilder aller menschen antlitze; planete gewaltiger aller planeten; ganz wurkender einfluß alles gestirnes; des himels hofes gewaltiger vnd wunnesamer hofemeister; twang, vor dem alle himelische ordenung aus irem geewigten angel nimmer treten mag; lichte sunne, erhore mich!

Ewige lucerne; ewiges immerlicht; rechte farender marner, des kocke vndergeet nimmer; banierfurer, vnder des banier niemant sigelos wirt; der helle abgrundes stifter; der erden klosses bawer; des meres strames tremer; der luft vnstetigkeit mischer; des feures hitze kreftiger, aller elemente tirmer; doners, blitzens, nebels, schawers, snees, regens, regenbogens, miltawes, windes, reifes vnd aller irer mitwurkung einiger essemeister; alles himelischen heres gewaltiger herzog; vnuersagenlicher keiser; aller senftiglichster, aller sterkster, aller barmherzigster schepfer, erbarme dich mein vnd erhore mich!

Schatz, von dem alle schetze entspriessen; vrsprung, aus dem alle reine ausflusse fliessen; leiter, nach dem niemant irre wirt; aus nichte ichts, aus ichte nichts allein vermugender wurker; aller weilwesen, zeitwesen vnd immerwesen ganz mechtiger erquicker, aufhalter vnd vernichter, des wesen joch, als du in dir selber bist, ausrichten, visieren, entwerfen vnd abnemen niemant kan; ganzes gut vber alles gut; aller wirdigster ewiger herre Ihesu, empfahe genediglichen den geist, empfahe gutlichen die sele meiner aller liebsten frawen! Die ewigen ruwe gib ir, mit deiner genaden tawe labe sie, vnder den schaten deiner flugel behalt sie! Nim sie, herre, in dein volkumen genuge, da genuget den minsten als den meisten! Laß sie, herre, von dannen sie kumen ist, wonen in deinem reiche bei den ewigen seligen geisten!

Mich rewet Margaretha, mein auserweltes weib. Gunne ir, genadenreicher herre, in deiner almechtigen vnd ewigen gotheit spiegel sich ewiglichen ersehen, beschawen vnd erfrewen, darin sich alle engelische kore erleuchten!

Alles, das vnder des ewigen fanentragers fanen gehoret, es sei, welcherlei creature es sei, helfe mir aus herzen grunde seliglichen mit innigkeit sprechen: amen!