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B  I  B  L  I  O  T  H  E  C  A    A  U  G  U  S  T  A  N  A
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  Paul Rebhun
um 1500 - 1546

 
 
   
   



E i n   G e i s t l i c h   s p i e l ,
v o n   d e r   G o t f u r c h t i g e n
u n d   k e u s c h e n
F r a w e n   S u s a n n e n ,
g a n t z   l u s t i g
v n d   f r u c h t b a r l i c h
z u   l e s e n


Actus primus

_________________________________________





Die beiden Richter
(Bildmontage
nach Rembrandt)


 
A c t u s   p r i m i
s c e n a   p r i m a .


Resatha. Ichaboth.

RESATHA:
Ein guten tag euch Gott woll geben

ICHABOTH:
Und euch viel guter jar daneben /

RESATHA:
Wie sol ich das von euch verstehen
Das yhr so traurig ytzt thut sehen /
5
Und euren kopff last nieder hangen
Als het euch unglück uber gangen?
Ist euch was böses widerfaren
So wolt mir auch das offenbaren /
Odr seind euch sonst so schwere sachen
10
Ytzt kumen für / die euch so machen
Bekümert / und so gar erschlagen
Wolt mir dieselben auch fürtragen
Villeicht ich etwo rhat möcht finden
Und euch des kümmernus entbinden /

ICHABOTH:
15
Die ding so mich jetzt traurig machen
Seind nicht der gleichen richter sachen /
Wie für uns kumen von der gmeyne
Dann diese sach mich trifft alleine /
Und mich der halb dest mehr thut plagen
20
Das ich sie niemands wol darff klagen /
Noch mich zu jemands des vorsehen
Das er des orts mir bey werd stehen /
Und helffen mein betrübnus wenden
Das mir ist ytzund under henden /

RESATHA:
25
Wer weys was euch möcht widerfaren
[A4v] Wenn yhr mir das thet offenbaren
Ich trag auch selbs inn meinem hertzen
Einn heymiichen verborgnen schmertzen /
Wenn yhr mir nu eur noht thet sagen
30
Wolt ich auch euch von meiner klagen /
Und eures rahts darüber pflegen
Dann stets ein ander mir kan geben /
Einn bessern raht / und mehr ersehen
Denn ich hett selber möcht verstehen /
35
Drumb last uns einr dem andern sagen
Was yeder thut im hertzen tragen /
Ists sach / dass dann ist solche note
Die keiner mit seim guten rhate /
Dem andern kan / und weis zu wenden /
40
So woll wir dann mit gleichen henden
Die bürde unsers leydes tragen
Und mit einander mitleydn haben /

ICHABOTH:
Weil das dann ja ist eur begehren
Euch mein anligen zu verkleren /
45
Wil ich eurn raht auch nicht aus schlagen
Und euch mein not on scheu auff sagen /
Doch wist zuvor inn solcher massen
Das yhrs bey euch wolt bleyben lassen /

RESATHA:
Yhr dorfft des fals kein sorg nicht tragen
50
Thut mir eur not nür künlich sagen /
Ja wenn yhr thet im ehebruch ligen
Sols doch bey mir wol bleibn verschwigen /

ICHABOTH:
Habt freundlich danck der lieb und trewe
Wil wider schawn / dass eudi nicht rewe /
55
Wolan ich wils euch offenbaren
Yhr habt on zweyffel wol erfaren /
Nach dem in Jochems haus wir haben
Zu weylen klag und sach vertragen /
Die uns da selbst für bringt die gmeyne
60
Wie wir habn gsehen offt alleine /
[Br] Susann in yhrem schmuck / und zieren
Im garten hin und her spatzieren
Die weil ich nu darauf geachtet
Und yhren zarten leib betrachtet
65
So hat sie mir mein hertz besessen
Das ich yhr schlechts nicht kan vergessen
Ich sitz / odr steh / ich schlaff / odr wache
Ich eß / odr trink / odr was ich mache
Ich sitz zu gricht / odr geh von dannen
70
So denck ich an die fraw Susannen
Vor yhrer lieb kein rhue nicht habe
Zu tisch / zu bett / bey nacht / noch tage
All meine synn seind mir verrucket
Und in yhrn zarten leib verzucket
75
Mein hertz das schmiltzt mir itzt zusammen
Als leg es mitten in der flammen
Von solcher flam / und grosser brunste
Mir steyget under augn die dunste
Das / wenn ich soll die warheit jehen
80
Ich schir kan weder hörn / noch sehen
Das ists / das mich ßo sehr thut nagen
Davon ich niemands hab dörfft klagen
Die weil yhr aber habt begehret
Das ich euch meine not verkleret
85
Hab ich sie euch nicht wolln verhalten
Als meinem lieben herrn und alten
So yhr nu durch eur kluge synnen
Mir hulf und rhat kundt gebn hierinnen
Wie ich mit fug nach meinem willen
90
Der liebe brunst bey yhr möcht stillen
So helffet mir zu diser farte
Die weil ich werd gequelt ßo harte
Dann mir mein brunst nicht wird gestillet
Ich habe dann meinn willn erfullet
95
Mein will abr der ist / und kein ander
[Bv] Nur das ich mit Susann selbander
Der liebe spil mit lust soll pflegen
Wo das nicht gschicht / kan ich nicht leben

RESATHA:
Wie wol ich auch in meinem hertzen
100
Itzunder trag einn grossen schmertzen
Doch ists mir nicht ein kleine freude
Das ich nicht trag allein sölch leide
Dazu meins leids hab sölchen gsellen
Wie ich yhn selbs hett wünschen söllen
105
Drumb das euch auch nu werde enddekhet
Was heimlichs in meim hertzen stekhet
So wisset das in dem spitale
Auch ich lig krankh / und leid groß quale
Davon yhr mir itz habt geklaget
110
Das yhr darinn seyt hart geplaget
Dann auch Susann das zarte weibe
Hat mir endzundt mein hertz im leibe
Mit yhrer lieb ßo gar umgeben
Das mich gantz dunkht ich kunn nicht leben
115
Wo ich sie teglich nicht solt sehen
Und ettwo nahend umb sie gehen
Als offt wir da ein sach solln richten
So thut mein hertz nichts anders tichten
Denn nur wie mir wurd raum gegeben
120
Mit yhr der liebe spil zu pflegen

ICHABOTH:
Ey lieber herr / was hör ich sagen?
Wo dem ßo wer / wolt ich nicht klagen
Dann ob man gmeinklich wol thut sagen
Wenn an eim beyn zwen hunde nagen
125
Das sie nicht frid beysamen halten
Besonder druber sich zweyspalten
So hoff ich da doch nicht der massen
Das wir uns werdn zerteylen lassen
[Bijr] Zu voraus / weil in diser sache
130
Ein yeder ist allein zu schwache
Die auß zu furn nach seim begehren
So hoff ich yhr werd euch nicht bschweren
Mit mir zu gleich zu hebn am wagen
Das wir yhn aus der pfutzen tragen
135
Und diese sach zum ende furen

RESATHA:
Nicht anders yhr an mir solt spuren
So vil ich kan mit wort und thaten
Zu diser sach uns helffen rhaten
Solt yhr mich unverdrossen finden
140
Wenn wir nur etwas schaffen kunden
Denn yhr das selber wist und sehet
Wie es umb fraw Susannen stehet
Sie ist ein frum gotfurchtig weibe
Kein Unzucht ist in yhrem leibe
145
Yhrn man sie helt in allen ehren
Thut sich von seiner lieb nicht keren
Auff ehr / und tugnt sie zeucht yhr kinde
Dazu yhr gantzes haus gesynde
Vol erbarkeit seind all yhr sitten
150
Drumb hab ich sorg / wenn wirs gleich bitten
Unnd yhr anmutten unsern willen
Sie werd uns disen nicht erfullen

ICHABOTH:
Die selbig sorg mich auch anfichtet
Es sey mit gut nichts aussgerichtet
155
Drumb mussen wir uns unterstehen
Einr andern hinderlist / und sehen
Ob wir durch unser gwalt sie biegen
Und unsern willen möchten kriegen
Wie rhatt yhr aber / wann das were
160
Zu thun / das unss nicht brecht gefere?

RESATHA:
[Bijv] Da dörfft wir zu wol cluger synnen
Das wir uns sehen fur hierinnen
Dann ßo wir da die schantz versehen
Wurd es mit uns sehr ubel stehen
165
Vor allem aber wer am besten
Das wir die zeit und stunde westen
Wenn gar alein sie ettwo were
So hett es nicht ßo gross gefere

ICHABOTH:
Da weis ich zwar einn rhat zu geben
170
Ich hab darauff gemerket eben
Gemeinklich wenn warm scheint die sunne
So gehts inn garten zu dem brunne
Und badet sich alda alleine
Der meid bey yhr sie lesset keine
175
Drumb acht ich das nicht unbequeme
Das wir der warmen tag geremen
Und uns zu weil verbergn inn garten
Und heimlich yhrer zukunfft warten
Vileicht uns yrgnt ein mal wirt bscheret
180
Was unsers hertzens lust begehret

RESATHA:
Eur rhat der gfelt mir aus der massen
Drumb ichs da bey auch bleibn wil lassen
Und soll also darauf beruhen
Wie yhr geredt / ßo wolln wir thuen

ICHABOTH:
185
Got geb das nur ein warmer tage
Bald kum / sonst ich kein rhue nicht habe

RESATHA:
Das wetter zwar sich fein thut schikhen

ICHABOTH:
Wolt Got das uns solt heut gelükhen

RESATHA:
Wir wolln zu yhr ins haus ytzt gehen
190
[Biijr] Das wirs doch nur die weil mugn sehen
Ey secht / ich halt yhr herr wöll wandern
O glukh / schikh dich auch mit dem andern /

 
A c t u s   p r i m i
s c e n a   s e c u n d a .


Joachim. Abdi. Ichaboth. Resatha.
Susanna. Benjamin. Jahel.


JOACHIM:
Knecht Abdi mach dich auff mit mir
Zu gehn ein meil drey / oder vier

ABDI:
195
Ja herr / es soll kein saumnus han
Ich wil mich rüsten auff die ban
Von stundt / und euch geleitten recht
Wie zugezimt eim treuen knecht

ICHABOTH:
Her Jochem / wo sol das hin sein?
200
Wolt yhr eur haussfraun lahn allein?

JOACHIM:
Ich hab ein gschefft zu richten aus
Liebn herrn secht auch mit auff mein haus
Wenn yhr pflegt aus und ein zu gehn
Das mir nicht unfal möcht zu stehn

RESATHA:
205
Wir wolln euchs gern zu gfallen sein
Und schaun das niemd nichts trag herein
Werd yhr nicht wider kumen bald?

JOACHIM:
Ich weis nicht / wies noch hat ein gstalt

SUSANNA:
Ach herr / wo denkht yhr aber aus
210
Das yhr wolt ziehen aus dem haus
Und mich in trauren sitzen lahn?
Dann ich kein freud im herzen han
[Biijv] Wo yhr nicht nahend seit umb mich
Und ich euch teglich hör und sich

JOACHIM:
215
Wie kem das liebe frawe mein
Das yhr darumb solt traurig sein
Und habn kein freud / denn wo ich bin
Bei euch? trag ichs doch nicht mit hin

SUSANNA:
Jo herr / mein freud fast alle gar
220
Nemt yhr mit euch / sag ich fur wahr
Dann ja nach got dem herrn ist mir
Kein lieber ding auff erd denn yhr
So gar / das / wo yhr von mir seit
So ists mein gröstes hertzen leidt
225
Dann eur ich sorg hab alle zeit
Das euch nicht widerfahr ein leidt
Drumb bitt ich / so es sache wer
Das euch zu bleibn brecht kein gefehr
Wollt dises wandern lassen stehn
230
Das ich sölchs leids mug mussig gehn

JOACHIM:
Nicht achts dafur o frawe mein
Das mir mit wandern wol kan sein
So / das ich mich on nötig sach
Zu wandern auff den wege mach
235
Dann wo die sach nicht wer darnach
Wer mir zu wandern nicht so gach
Weil aber ichs nicht kan umbgehn
So wollet des zufriden stehn

SUSANNA:.
Die weils dann ja nicht anders kan
240
Gesein / und musset schlechts davon
So bith ich trauter herre mein
Wolt ja zu lang nicht aussen sein

JOACHIM:
[B4r] Umb das bitt nicht o frawe mein
Ich wil des sonst gevlissen sein

SUSANNA:
245
Yhr kinder kumt zum vater vor
Er wil itz wandern aus zum thor
Bitt yhn das er bald wider ker
Und euch was schöns mit ihm bring her

BENJAMIN:
Lieb vater kumt herwider schir
250
Und bringt auch ettwas schönes mir.

JAHEL:
Mie auch / mie auch lieb vate mein
Bingt was / das gulden ist und fein

JOACHIM:
Ja lieben kinder seit nur frum
So wil ich / wenn ich wider kum
255
Euch ettwas schönes bringen mit
Secht das yhr got auch für mich bitt
Auff das ich gsundt herwider kum

BENJAMIN:
Wir wollen alle sein fein frum

JOACHIM:
Nu spar euch got gesundt und frisch
260
Ich wil herwider kumen risch
Wolt guter ding die weilen sein
Yhr solt nicht bleiben lang allein
Und euch yhr herrn gesegn auch got

ICHABOTH:
Wol an / got bhut euch frue und spat

SUSANNA:
265
Got helff euch gsund herwider schir
Das yhr mit freuden kumt zu mir

RESATHA:
Got geb das er ein jahr auss bleib
Wenn uns nur wurd zu theil sein weib.

 
[B4v]

C h o r u s   p r i m u s .

[Cr] Fraw Venus groß ist dein gewalt
270
      Bey allen menschen kinden
Vor dir bleibt weder jung noch alt
      Du bringst yhr vil zu ßunden
Mit scharffen pfeiln dein blindes kind
Durchdringt der menschen hertzen schwindt
275
      Und nimt sie gar gefangen
Wer da ein mal die schantz versieht
Und erstlich yhm nicht widerficht
      An dir muß er behangen / An dir etc.

Wie wol nu junge leut gemein
280
      Durch dich vil werdn betrogen
So werdn doch offt an deinen reyn
      Auch alte narrn gezogen
Durch deine netz darnider gfelt
Das sie kein erbarkeit aufhelt
285
      Von ßunden / noch von schänden
So bringst auch sonst die all zu spot
Vor aller welt / und auch vor got
      So stekhen in deinn banden / So stekhen etc.


P r o p o r t i o .

Dagegen aber jung und alt
290
      So deiner sich erwehren
Und widerstehn mit ernst und gwalt
      [Cv] Die kumen recht zu ehren
Als die vermeiden deine bandt
Und gebn sich inn ehlichen standt
295
      Und thun daraus nicht schreiten
An ander halten lieb und werdt
Die werden auch von got geehrt
      Und hie von allen leuten / Und hie von etc.
Denn was kan edlers sein auff erd
300
      Denn so sich ehleut halten
Gegn ander alzeit lieb / und werdt
      Und lassen sich nicht spalten
Durch unfal / oder frembde lieb
Noch klafferey / und böss getrib
305
      Das ehlich bandt zu reissen
Sölch lieb kumpt nicht von Venus her
Sant Paul gepeuts in seiner lehr
      Darumb wirs billich preißen / Darumb etc.
 
 
 
 
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