BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Doctor Johann Faust

Ende des 17. Jahrunderts

 

Doctor Johann Faust

Schauspiel in zwei Theilen

 

Erster Theil

 

___________________________________________________________________

 

 

 

Actus V.

 

Faust. – Zwei Studenten. – Wagner.

 

wagner: Herr Doctor, es sind zwei Studenten draußen, sie begehren mit Ihro Excellenz zu reden.

faust: Studenten, sagst du? Es werden vielleicht Politici von einem guten Freund seyn; lasse sie hereinkommen.

wagner: Es soll verrichtet werden.

faust: Alles was hier in Wittenberg lebt, ehret Fausten. Wünschen wollte ich, daß mir die zwei Herren bei meinem Fürnehmen behülflich seyn könnten. [791]

erster student: Mit Erlaubniß, wenn wir den Herrn Doctor etwa beunruhigen sollten.

zweiter student: Ich wünsche Ihro Excellenz alle Wohlfahrt, bitte es nicht übel zu nehmen, wofern wir dieselbe molestiren.

faust: Habt Dank, meine Herrn; die Ankunft Ihrer Personen ist mir lieb und angenehm; darum bitte ich, Sie wollen vernehmen lassen, was Ihnen beliebt. Jung, Stühle her!

erster student: Es sey ohne Bemühung. Die Ursache, daß wir Ihro Excellenz besuchen, ist, weilen wir vernommen, daß Ihro Excellenz jetziger Zeit dem Studio magico nachhängen. Hier aber habe ich ein Buch wunderlicher Weise bekommen, welches propter magicam artem etwas Sonderliches in sich enthält, wie man die Sonne verfinstern, die Sterne stillstehend machen und dem Mond seinen Lauf benehmen könne. Wofern es dem Herrn Doctor beliebt, stehts zu Diensten.

zweiter student: Mit Erlaubniß, Herr Doctor; meiner Schuldigkeit nach habe ich Ihro Excellenz hiemit aufwarten wollen. Hier habe ich unter meines Vaters Bibliothek einen sonderlichen Autoren gefunden, welcher dem Herrn Doctor in seinem neuen angefangenen Studio sehr dienlich. Ihro Excellenz kann nach Dero Gefallen selbigen gebrauchen, jedoch so, daß für keine Seele Gefahr daraus entstehen möge.

faust: Edle Herren, Sie machen mir mehr Freud, als jemals ein Cäsar gehabt. Ihr Herren machet mich gegen Euch höchst verpflichtet. Jetzt will ich meine bishero geübte Theologie auf die Seite setzen und mich mit diesen und dergleichen Büchern ergötzen.

erster student: Wohl, Herr Doctor; es sollte mir lieb seyn, daß ich Ihnen ferner dienen könnte; [792] bitte aber noch, der Herr Doctor wolle sich nicht darinnen vertiefen, denn es möchte Schaden bringen.

zweiter student: Dergleichen bitte ich auch Ihro Excellenz; denn der Teufel ist ein Tausendkünstler, die Menschen zu fangen und zu fällen.

faust: Meine Herren, ich bedanke mich des guten Erinnerns; ich bitte, leben Sie ohne Sorg. Beliebt den Herren, ein wenig zu verziehen, auf ein Gläschen Wein? ich werde es für die größte Ehre halten.

erster student: Wir bedanken uns gegen den Herrn Doctor und nehmen hiemit unsren Abschied.

zweiter student: Und ich desgleichen bitte unterthänig um Verge­bung; nehmen also hiemit unsren Abschied.

faust: Leben die Herren wohl! Ihr Gedächtnis soll stets bei mir verbleiben. Jetzt kann ich Alles das sagen, was einem gefällt, das des Menschen Herz erfreut. Diese zwei Bücher will ich mit Fleiß durchlesen, und sollte gleich mein Leben darauf stehen. Dieses ist beschrieben von dem spanischen Runzifar und dieses von dem spanischen Varth: zwei große Meister dieser Kunst. Die Bücher zu verstehen, will ich mich hin verfügen, ich will ein Sieger seyn und mag nicht unten liegen.