BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Martin Opitz

1597 - 1639

 

Buch von der Deutschen Poeterey

 

1624

 

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Das VII. Capitel.

Von den reimen/ jhren wörtern

vnd arten der getichte.

 

EJn reim ist eine vber einstimmung des lautes der syllaben vnd wörter zue ende zweyer oder mehrer verse/ welche wir nach der art die wir vns fürgeschrieben haben zuesammen setzen. Damit aber die syllben vnd worte in die reimen recht gebracht werden/ sind nachfolgende lehren in acht zue nemen:

Erstlich/ weil offte ein Buchstabe eines doppelten lautes ist/ soll man sehen/ das er in schliessung der reimen nicht vermenget [F3a] werde. Zum exempel: Das e in dem worte ehren wird wie ein griechisch ε/ in dem worte nehren wie ein η außgesprochen: kan ich also mit diesen zweyen keinen reim schliessen. Jtem/ wenn ich des Herren von Pybrac Epigramma wolte geben:

 

Adore assis, comme le Grec ordonne,

Dieu en courant ne veut estre honoré,

D'vn ferme coeur il veut estre adoré,

Mais ce coeur là il faut qu'il nous le donne.

 

Zum beten setze dich/ wie jener Grieche lehret/

Denn GOtt wil auff der flucht nicht angeruffen sein:

Er heischet vnd begehrt ein starckes hertz allein;

Das hat man aber nicht/ wann er es nicht bescheret.

 

Hier/ weil das e im lehret wie ε/ das im bescheret wie η gelesen wird/ kan ich vor bescheret das wort verehret setzen. So schicken sich auch nicht zusammen entgegen vnd pflegen; verkehren vnd hören: weil das ö von vnns als ein ε/ vnnd mitlere sylbe im verkehren wie mit einem η gelesen wirdt. So kan ich auch ist vnd bist wegen des vngleichen lautes gegen einander nicht stellen.

Das e/ wann es vor einem andern selblautenden Buchstaben zue ende des wortes vorher gehet/ es sey in wasserley versen es wolte/ wird nicht geschrieben vnd außgesprochen/ sondern an seine statt ein solches zeichen ' darfür gesetzt. Zum exempel wil ich nachfolgendes Sonnet setzen/ weil diese außenlaßung zue sechs malen darinnen wiederholet wird:

 

Jch muß bekennen nur/ wol tausendt wündtschen mir/ [F3b]

Vnd tausendt noch darzue/ ich möchte die doch meiden

Die mein' ergetzung ist/ mein trost/ mein weh vnd leiden

Doch macht mein starckes hertz'/ vnd jhre grosse ziehr/

An welcher ich sie selbst dir/ Venus setze für/

Das ich/ so lang' ein Hirsch wird lieben püsch' vnn Heiden/

So lange sich dein Sohn mit threnen wird beweiden/

Wil ohne wancken stehn/ vnd halten vber jhr.

Kein menschlich weib hat nicht solch gehn/ solch stehn/ solch lachen/

Solch reden/ solche tracht/ solch schlaffen vnnd solch wachen:

Kein Waldt/ kein Heller fluß/ kein hoher Berg/ kein Grundt

Beherbrigt eine Nymf' an welcher solche gaben/

Zue schawen mögen sein; die so schön haar kan haben/

Solch' augen als ein stern/ so einen roten mund.

 

Hiervon werden außgeschlossen/ wie auch Ernst Schwabe in seinem Büchlein erinnert/ die eigenen namen/ als: Helene/ Euphrosine; darnach alle einsylbige wörter/ als: Schnee/ See/ wie/ die/ &c.

Zue ende der reimen/ wann ein Vocalis den folgenden [F4a] verß anhebet/ kan man das e sehen lassen oder weg thun. Stehen bleibt es

 

wie rufft er vor dem ende

Vns seinen Kindern zue.

 

Weg gethan aber wird es:

 

Jhr hölen voller moß/ jhr auffgeritzten stein'

Jhr felder/ &c.

 

Wann auff das e ein Consonans oder mitlautender Buchstabe folget/ soll es nicht aussen gelassen werden: ob schon niemandt bißher nicht gewesen ist/ der in diesem nicht verstossen. Jch kan nicht recht sagen:

 

Die wäll der starcken Stadt vnnd auch jhr tieffe Graben;

 

Weil es die Wälle vnd jhre Graben sein soll. Auch nicht wie Melißus:

 

Rot rößlein wolt ich brechen/

 

für: Rote rößlein.

 

Gleichfals nicht:

 

Nemt an mein schlechte reime/

 

für: Meine.

 

Es soll auch das e zueweilen nicht auß der mitten der wörter gezogen werden; weil durch die zuesammenziehung der sylben die verse wiederwertig vnd vnangeneme zue lesen sein. Als/ wann ich schriebe:

 

Mein Lieb/ wann du mich drücktst an deinen lieblchen Mundt/

So thets meinm hertzen wol vnd würde frisch vnd gsundt.

 

Welchem die reime nicht besser als so von statten gehen/ [F4b] mag es künlich bleiben lassen: Denn er nur die vnschuldigen wörter/ den Leser vnd sich selbst darzue martert vnnd quelet. Wiewol es nicht so gemeinet ist/ das man das e niemals aussenlassen möge: Weil es in Cancelleyen (welche die rechten lehrerinn der reinen sprache sind) vnd sonsten vblich/ auch im außreden nicht verhinderlich ist. Vnnd kan ich wol sagen/ vom für von dem/ zum für zue dem/ vnd dergleichen. So ist es auch mit den verbis. Als.

 

Die Erde trinckt für sich/ die Bäwme trincken erden/

Vom Meere pflegt die lufft auch zue getruncken werden/

Die Sonne trinckt das Meer/ der Monde trinckt die Sonnen;

Wolt dann/ jhr freunde/ mir das trincken nicht vergonnen?

 

Hier/ ob gleich die wörter trincket/ pfleget/ wollet/ inn eine sylbe gezogen sind/ geschiehet jhnen doch keine gewalt. Hiesige verß aber sindt in Griechischen bey dem Anacreon:

 

Ἡ γῆ μέλαινα πίνει

Πίνει δὲ δένδρε' αὐτὴν

Πίνει θάλασσα δ' αὔρας,

Ὁ δ' ἥλιος θάλασσαν,

Τὸν δ' ἥλιον σελήνη.

Τί μοι μάχεσθ' ἑταῖροι,

Καὐτῶι θέλοντι πίνειν;

 

Welche oden ich sonst auch in ein distichion gebracht; weil ich zue den lateinischen Ancareonten weder lust noch glück habe. [G1a]

 

Terra bibit, terram plantae, auras aequor, amici,

Aequor Sol, Solem Luna; nec ipse bibam?

 

Stehet das h zue anfange eines wortes/ so kan das e wol geduldet werden; als:

 

Vnd was hilfft es das mein spiel

Alle die es hören loben/

Du hergegen/ o mein licht?

Die ich lobe/ hörst es nicht.

 

Oder auch aussen bleiben; als:

 

Was kan die künstlich' hand?

 

Ferner soll auch das e denen wörtern zue welchen es nicht gehöret vnangehencket bleiben; als in casu nominatiuo:

 

Der Venus Sohne. Jtem/ wie Melißus sagt:

Ein wolerfahrner helde.

 

Vnd:

 

Dir scheint der Morgensterne;

 

Weil es Sohn/ Held/ Stern heisset.

Vber diß/ die letzte sylbe in den männlichen/ vnd letzten zwo inn den weiblichen reimen (wie wir sie bald abtheilen werden) sollen nicht an allen Buchstaben gleiche sein; als/ in einem weiblichen reime:

 

Wir sollen frembdlingen gar billich ehr' erzeigen/

Vnd so viel möglich ist/ ein willig hertze zeigen.

 

Es ist falsch; weil die letzten zwo sylben gantz eines sindt: kan aber so recht gemacht werden:

 

Wir sollen frembdlingen gar billich ehr' erzeigen/

Vnd/ wann es müglich ist/ die Sonn' auch selbst zueneigen.

 

Wiewol es die Frantzosen so genaw nicht nemen. Dann in [G1b] nachfolgender Echo/ welche vom tantze redet/ alle verß gleiche fallen:

 

Qui requiert fort & mesure & cadance? Dance.

Qui faict souuent aux nopces residence? Dance.

Qui faict encor filles en abondance? Dance.

Qui faict sauter fols par outrecuidance? Dance.

Qui est le grand ennemy de prudence? Dance.

Qui met aux frons cornes pour euidence? Dance.

Qui faict les biens tomber en decadence? Dance.

 

Gleichfals begehet man einen fehler/ wann in dem rythmo foeminino die letzte sylbe des einen verses ein t/ des andern ein d hat, weil t harte vnd d gelinde außgesprochen wird. Als im 23. Psalme:

 

Auff einer grünen Awen er mich weidet/

Zum schönen frischen wasser er mich leitet.

 

So auch/ wann das eine u ein selblautender/ das andere ein doppelt­laudender Buchstabe ist/ vnd fast wie ein i außgesprochen wird. Als im 42. Psalme:

 

Bey jhm wird heil gefunden/

Jsrael er von sünden.

 

Dann in dem worte sünden ist das u ein diphthongus.

Vnd letzlich wird der reim auch falsch/ wann in dem einen verse das letzte wort einen doppelten consonantem; vnnd das in dem andern einen einfachen hat; als: wann der eine verß sich auff das wort harren; das andere auff das wort verwahren/ oder der eine auff rasen/ der andere auff gleicher massen endete Denn es eine andere gelegenheit mit der Frantzösischen sprache hatt/ da zwar zweene consonantes geschrieben/ aber gemeiniglich nur einer außgesprochen wird. [G2a]

Das wir nun weiter fortfahren/ so ist erstlich ein jeglicher verß/ wie sie die Frantzosen auch abtheilen/ (denn der Jtaliener zarte reimen alleine auf die weibliche endung außgehen) entweder ein foemininus, welcher zue ende abschiessig ist/ vnd den accent in der letzten sylben ohne eine hat/ Als:

 

Er hat rund vmb sich her das wasser außgespreitet/

Den köstlichen pallast des Himmels zue bereitet;

 

Oder masculinus, das ist/ männlicher verß/ da der thon auff der letzten sylben in die höhe steiget; als:

 

Den donner/ reiff vnd schnee/ der wolcken blawes zelt/

Ost/ Norden/ Sud vnd West in seinen dienst bestelt.

 

Nachmals ist auch ein jeder verß entweder ein iambicus oder trochaicus; nicht zwar das wir auff art der griechen vnnd lateiner eine gewisse grösse der sylben können inn acht nemen; sondern das wir aus den accenten vnnd dem thone erkennen/ welche sylbe hoch vnnd welche niedrig gesetzt soll werden. Ein Jambus ist dieser:

 

Erhalt vns Herr bey deinem wort.

 

Der folgende ein Trocheus:

 

Mitten wir im leben sind.

 

Dann in dem ersten verse die erste sylbe niedrig/ die andere hoch/ die dritte niedrig/ die vierde hoch/ vnd so fortan/ in dem anderen verse die erste sylbe hoch/ die andere niedrig/ die dritte hoch/ &c. außgesprochen werden. Wiewol nun meines wissens noch niemand/ ich auch vor derzeit selber nicht/ dieses genawe in acht genommen/ scheinet es doch so hoch von nöthen zue sein/ als hoch von nöthen ist/ das die Lateiner noch den quantitatibus oder grössen der sylben jhre verse richten vnd reguliren. Denn es gar einen übelen klang hat: [G2b]

Venus die hat Juno nicht vermocht zue obsiegen; weil Venus vnd Juno Jambische/ vermocht ein Trochéisch wort sein soll: obsiegen aber/ weil die erste sylbe hoch/ die andern zwo niedrig sein/ hat eben den thon welchen bey den lateinern der dactylus hat/ der sich zueweilen (denn er gleichwol auch kan geduldet werden/ wenn er mit vnterscheide gesatzt wird) in vnsere sprache/ wann man dem gesetze der reimen keine gewalt thun wil/ so wenig zwingen leßt/ als castitas, pulchtitudo vnd dergleichen in die lateinischen vnd hexametros vnnd pentametros zue bringen sind. Wiewol die Frantzosen vnd andere/ in den eigentlichen namen sonderlich/ die accente so genawe nicht in acht nemen wie ich dann auch auff art des Ronsardts in einer Ode geschrieben:

 

Bin ich mehr als Anacreon/

Als Stesichór vnd Simonídes/

Als Antimáchus vnd Bion/

Als Phílet oder Bacchylídes?

 

Doch/ wie ich dieses nur lust halben gethan/ so bin ich der gedancken/ man solle den lateinischen accenten so viel möglich nachkommen.

Vnter den Jambischen versen sind die zue föderste zue setzen/ welche man Alexandrinische/ von jhrem ersten erfinder/ der ein Jtaliener soll gewesen sein/ zue nennen pfleget/ vnd werden an statt der Griechen vnd Römer heroischen verse gebraucht: Ob gleich Ronsardt die Vers communs der gemeinen verse/ von denen wir stracks sagen werden/ hierzue tüchtiger zue sein vermeinet; weil die Alexandrinischen wegen jhrer weitleufftigkeit der vngebundenen vnnd freyen rede zue sehr ähnlich sindt/ wann sie nicht jhren mann finden/ der sie mit lebendigen farben herauß zue streichen weiß. Weil aber dieses einem Poeten zuestehet/ vnd die vber welcher vermögen es ist nicht gezwungen sind [G3a] sich darmit zue ärgern/ vnsere sprache auch ohne diß in solche enge der wörter wie die Frantzösische nicht kan gebracht werden/ mussen vnd können wir sie an statt der heroischen verse gar wol behalten: inmassen dann auch die Niederländer zue thun pflegen.

Der weibliche verß hat dreyzehen/ der männliche zwölff sylben; wie der iambus trimeter. Es muß aber allezeit die sechste sylbe eine caesur oder abschritt haben/ vnd masculinae terminationis, das ist/ entweder ein einsylbig wort sein/ oder den accent in der letzten sylben haben; wie auch ein vornemer Mann/ der des Herren von Bartas Wochen in vnsere sprache vbersetzt hat/ erinnert. Zum exempel sey dieses:

 

Dich hette Jupiter/ nicht Paris/ jhm erkohren/

Vnd würd auch jetzt ein Schwan wann dich kein schwan gebohren/

Du heissest Helena/ vnd bist auch so geziehrt/

Vnd werest du nicht keusch/ du würdest auch entführt.

 

Hier sind die ersten zweene verß weibliche/ die andern zweene männliche: Denn mann dem weiblichen in diesem genere carminis gemeiniglich die oberstelle leßt; wiewol auch etliche von den männlichen anfangen.

Bey dieser gelegenheit ist zue erinnern/ das die caesur der sechsten syllben/ sich weder mit dem ende jhres eigenen verses/ noch des vorgehenden oder nachfolgenden reimen soll; oder kürtzlich; es sol kein reim gemacht werden/ als da wo er hin gehöret: als:

 

Ein guet gewissen fragt nach bösen mäulern nicht/

Weil seiner tugend liecht so klar hereiner bricht

Als wie Aurora selbst/ &c.

 

Dann solches stehet eben so vbel als die reimen der lateinischen [G3b] verse; deren exempel zwar bey den gutten Autoren wenig zue finden/ der Mönche bücher aber vor etzlich hundert Jahren alle voll sindt gewesen.

So ist es auch nicht von nöthen/ das der periodus oder sententz allzeit mit dem verse oder der strophe sich ende: ja es stehet zierlich/ wann er zum wenigsten biß zue des andern/ dritten/ vierdten verses/ auch des ersten in der folgenden strophe caesúr behalten wird. Zum exempel:

 

1. nein nein/ wie bleich ich bin/

Nicht vom studiren nur/ so bleibt doch wie vorhin

Mein vorsatz vnbewegt; 2. ich wil mein glücke tragen

So lang' ich kan vnd mag; wil setzen auff den wage{n}

Der grawen ewigkeit durch meiner Leyer kunst

Die braune Flauia: 3. an stat der Musen gunst

Jst jhrer augen glut: 4. das sternenliechte fewer

Kömpt/ wie der schöne Nort den Schieffen/ mir zue stewer.

 

Jtem:

 

1. Ja wir gedencken vns wie meister fast zue werden

Des grossen Jupiters/ vnd donnern auff der erden

Durch des Geschützes plitz; 2. die Berge zittern auch/

Die wolcken werden schwartz von vnsers Pulvers rauch'/

Vnd lauffen schneller fort. 3. verhaw' vns zue dem strande

Des meeres weg vnd steg/ wir segeln auch zue lande/

Vnd schiffen ohne see. 4. veriag' vns aus der welt/ [G4a]

Wir haben eine new'/ in welcher Gold vnd Geldt

Nicht minder häuffig ist. 5. wilt du vnns gifft beybringen/

Die Porcellane wird vns in der hand zuespringen/

Vnd sagen was du thust. 6. wie schlecht die Bügel sein/

So setzen wir vns doch mit jhnen fester ein/

Vnd lassen vnns so bald nicht auß dem sattel heben.

7. Es pflegt die Sonnenvhr vns vnterricht zue geben

Vmb welche zeit es sey. 8. Der köstliche Magnet

Zeigt wo das schwache Schiff auch bey der nacht hingeht/

Vmbringt mit wind vnnd flut. 9. wir kennen hier von fernen

Durch eines glases liecht den Monden vnnd die Sternen/

Als stünden wir darbey/ vnd sind zur krieges zeit

Vor einem einfall auch viel mehr als sonst befreit.

 

Die reimen deren weibliche verß eilff sylben/ vnd die männlichen zehen haben/ nennen die Frantzosen vers communs oder gemeine verse/ weil sie bey jhnen sehr im brauche sind. Wie aber die Alexandrinischen verse auff der sechsten sylben/ so haben diese auff der vierdten jhren abschrit. Als:

 

Jm fall du wilt Was Göttlich ist erlangen.

So laß den leib in dem du bist gefangen/

Auff/ auff/ mein Geist/ vnd du mein gantzer sinn/

Wirff alles das was welt ist von dir hin

 

Weil die Sonnet vnnd Quatrains oder vierversichten epigrammata [G4b] fast allezeit mit Alexandrinischen oder gemeinen versen geschrieben werden/ (denn sich die andern fast darzue nicht schicken) als wil ich derselben gleich hier erwehnen.

Wann her das Sonnet bey den Frantzosen seinen namen habe/ wie es denn auch die Jtaliener so nennen/ weiß ich anders nichts zue sagen/ als dieweil Sonner klingen oder wiederschallen/ vnd sonnette eine klingel oder schelle heist/ diß getichte vielleicht von wegen seiner hin vnd wieder geschrenckten reime/ die fast einen andern laut als die gemeinen von sich geben/ also sey getauffet worden. Vnd bestetigen mich in dieser meinung etzliche Holländer/ die dergleichen carmina auff jhre sprache klincgetichte heissen: welches wort auch bey vnns kan auffgebracht werden; wiewol es mir nicht gefallen wil.

Ein jeglich Sonnet aber hat viertzehen verse/ vnd gehen der erste/ vierdte/ fünffte vnd achte auff eine endung des reimens auß; der andere/ dritte/ sechste vnd siebende auch auff eine. Es gilt aber gleiche/ ob die ersten vier genandten weibliche termination haben/ vnd die andern viere männliche: oder hergegen. Die letzten sechs verse aber mögen sich zwar schrencken wie sie wollen; doch ist am bräuchlichsten/ das der neunde vnd zehende einen reim machen/ der eilffte vnd viertzehende auch einen/ vnd der zwölffte vnd dreyzehende wieder einen. Zum exempel mag dieses sein/ welches ich heute im spatzieren gehen/ durch gegebenen anlaß/ ertichtet.

 

Sonnet.

Du schöne Tyndaris/ wer findet deines gleichen/

Vnd wolt er hin vnd her das gantze landt durchziehn?

Dein augen trutzen wol den edelsten Rubin/

Vnd für den Lippen muß ein Türckiß auch verbleichen/ [H1a]

Die zeene kan kein goldt an hoher farb erreichen/

Der Mund ist himmelront/ der halß sticht Attstein hin.

Wo ich mein vrtheil nur zue fellen würdig bin/

Alecto wird dir selbst des haares halber weichen/

Der Venus ehemann geht so gerade nicht/

Vnd auch der Venus sohn hat kein solch scharff gesicht;

Jn summa du bezwingst die Götter vnnd Göttinnen.

Weil man dan denen auch die vns gleich nicht sindt wol/

Geht es schon sawer ein/ doch guttes gönnen soll/

So wündtsch ich das mein feind dich möge lieb gewinnen.

 

Oder/ im fall dieses jemanden angenemer sein möchte, Welches zum theil von dem Ronsardt entlehnet ist:

 

Jhr/ Himmel/ lufft vnnd wind/ jhr hügel voll von schatten/

Jhr hainen/ jhr gepüsch/ vnd du/ du edler Wein/

Jhr frischen brunnen/ jhr/ so reich am wasser sein/

Jhr wüsten die jhr stets mußt an der Sonnen brate{n}/

Jhr durch den weissen taw bereifften schönen saaten/

Jhr hölen voller moß/ jhr auffgeritzten stein/

Jhr felder welche ziehrt der zarten blumen schein/

Jhr felsen wo die reim am besten mir gerhaten/ [H1b]

Weil ich ja Flavien/ das ich noch nie thun kön{n}e{n}/

Muß geben guete nacht/ vnd gleichwol mundt vnnd sinnen

Sich fürchten allezeit/ vnd weichen hintersich/

So bitt' ich Himmel/ Lufft/ Wind/ Hügel/ hainen/ Wälder/

Wein/ brunnen/ wüsteney/ saat/ hölen/ steine/ felder/

Vnd felsen sagt es jhr/ sagt/ sagt es jhr vor mich.

 

Jtem diß/ von gemeinen versen.

 

Au weh! ich bin in tausendt tausendt schmertzen/

Vnd tausendt noch! die seufftzer sind vmbsonst

Herauff geholt/ kein anschlag/ list noch kunst

Verfängt bey jhr wie wann im kühlen Mertzen

Der Schnee zuegeht durch krafft der Himmels kertzen/

Vnd netzt das feldt; so feuchtet meine brunst

Der zehren bach/ die noch die minste gunst

Nicht außgebracht: mein augen sind dem hertzen

Ein schädlich gifft: das dencken an mein liecht

Macht das ich irr' vnd weiß mich selber nicht/

Macht das ich bin gleich einem blossen scheine/

Das kein gelenck vnd gliedtmaß weder krafft

Noch stercke hat/ die adern keinen safft

Noch blut nicht mehr/ kein marck nicht die gebeine.

 

Vnd letzlich eines/ in welchem die letzten sechs verse einer vmb den andern geschrencket ist:

 

Jch machte diese verß in meiner Pierinnen [H2a]

Begrünten wüsteney/ wie Deutschland embsig war

Sein mörder selbst zuesein/ da herdt vnd auch altar

Jn asche ward gelegt durch trawriges beginnen

Der blutigen begiehr/ da gantzer völcker sinnen

Vnd tichten ward verkehrt/ da aller laster schar/

Mord/ vnzucht/ schwelgerey vnd triegen gantz vnd gar

Den platz/ der alten ehr vnd tugendt hielten innen.

Damit die böse zeit nun würde hingebracht/

Hab' ich sie wollen hier an leichte reime wenden.

Mars thut's der liebe nach das er der threnen lacht:

Mein krieg ist lobens werth/ vnd seiner ist zue schenden:

Den{n} meiner wird gestilt durch zweyer leute schlacht/

Den andern können auch viel tausendt noch nicht enden.

 

Quatrains oder quatrini, wie auß dem namen zue sehen/ sind vierverßichte getichte oder epigrammata; derer hat der Herr von Pybrac hundert vnd sechs vnd zwantzig im Frantzösischen geschrieben; von welchen ich nur dieses setzen wil:

 

En bonne part ce qu' on dit tu dois prendre,

Et l'imparfaict du prochain supporter

C'ouurir sa faute, et ne la rapporter:

Prompt à louër, et tardif à reprendre.

 

Was man dir sagt solt du zum besten wenden/

Vnd wie du kanst des nechsten seine schuldt

Beseite thun/ vnd tragen mit gedult:

Zum loben schnell'/ vnd langsam sein zum schenden. [H2b]

 

Hier reimen sich der erste vnd letzte verß so weiblich sind zuesammen/ vnd die mitleren zwey männlichen deßgleichen zuesammen. Wiewol man auch einen vmb den andern schrencken mag/ oder lauter männliche oder weiblich setzen:

Als:

An meine Venus.

Du sagst/ es sey der Spiegel voller list/

Vnd zeige dich dir schöner als du bist:

Komm/ wilt du sehn das er nicht lügen kan/

Vnd schawe dich mit meinen augen an.

 

Welch epigramma im lateinischen bey dem Grudio, sonsten einem bösen Poeten/ wiewol er eines gueten Poetens bruder ist/ gefunden wird.

Die andern verse mag ein jeder mit sieben/ acht/ fünff/ sechs/ auch vier vnd drey sylben/ vnd entweder die männlichen oder die weiblichen lenger machen nach seinem gefallen.

Die reimen der ersten strophe sind auch zue schrencken auff vielerley art/ die folgenden strophen aber mussen wegen der Music/ die sich zue diesen generibus carminum am besten schicken/ auff die erste sehen. Ein exempel einer Trocheischen Ode oder Liedes ist in dem fünfften Capitel zue finden. Wil ich derhalben einen Jambischen gesang hieher schreiben.

 

Ode.

Derselbe welcher diese nacht

Erst hat sein leben hingebracht/

Jst eben auch wie die gestorben

Die lengst zueuor verbliechen sein/

derer leichnam vnd gebein

Vor vielen Jharen sind vertorben.

Der Mensch stirbt zeitlich oder spat/ [H3a]

So baldt er nur gesegnet hat

So wird er in den Sandt versencket/

Vnd legt sich zue der langen rhue.

Wenn Ohr vnd Auge schon ist zue/

Wer ist der an die Welt gedencket?

Die Seele doch allein vnd bloß/

Fleugt wann sie wird des Cörpers loß/

Zum Himmel/ da sie her gerhüret.

Was diesen schnöden leib betrifft/

Wird nichts an jhm als stanck vnd gifft/

Wie schön er vormals war/ gespüret.

Es ist in jhm kein geist mehr nicht/

Das fleisch felt weg/ die haut verbricht/

Ein jeglich haar das muß verstieben;

Vnd/ was ich achte mehr zue sein/

Die jenige kömpt keinem ein/

Die er für allem pflag zue lieben.

Der todt begehrt nichts vmb vnd an:

Drumb/ weil ich jetzt noch wündtschen kan/

So wil ich mir nur einig wehlen

Gesunden leib vnd rechten sinn:

Hernachmals/ wann ich kalt schon bin/

Da wil ich Gott den rest befehlen.

Homerus/ Sappho/ Pindarus/

Anacreon/ Hesiodus/

Vnd andere sind ohne sorgen/ [H3b]

Man red' jetzt auff sie was man wil:

So/ sagt man nun gleich von mir viel/

Wer weiß geschieht es vber morgen.

Wo dient das wündtschen aber zue/

Als das ein Mensch ohn alle rhue

Sich tag vnd nacht nur selbst verzehret?

Wer wündtschet kränckt sich jeder zeit/

Wer todt ist/ ist ohn alles leidt.

O wol dem/ der nichts mehr begehret.

 

Zue zeiten werden aber beydes Jambische vnd Trocheische verse durch einander gemenget. Auch kan man Alexandrinische oder gemeine vor vnd vnter die kleinen setzen. Als:

 

Jhr schwartzen augen/ jhr/ vnd du/ auch schwartzes Haar/

Der frischen Flavia/ die vor mein hertze war/

Auff die ich pflag zue richten/

Mehr als ein weiser soll/

Mein schreiben/ thun vnd tichten/

Gehabt euch jetzundt wol.

Nicht gerne sprech ich so/ ruff' auch zue zeugen an

Dich/ Venus/ vnnd dein kindt/ das ich gewiß hieran

Die minste schuldt nicht trage:

Ja alles kummers voll

Mich stündlich kränck' vnd plage

Das ich sie lassen soll/ &c.

 

Die Saphischen gesänge belangendt/ bin ich des Ronsardts meinung/ das sie/ in vnseren sprachen sonderlich/ nimmermehr können angeneme sein/ wann sie nicht mit lebendigen stimmen [H4a] vnd in musicalische instrumente eingesungen werden/ welche das leben vnd die Seele der Poeterey sind. Dann ohne zweiffel/ wann Sappho hat diese verse gantz verzucket/ mit vnei{n}geflochtenen fliegenden haaren vnnd lieblichem anblicke der verbuhleten augen/ in jhre Cither/ oder was es gewesen ist/ gesungen/ hat sie jhnen mehr anmutigkeit gegeben/ als alle trompeten vnd paucken den mannhafftigen vnnd kühnen versen/ die jhr Landtsmann Alcéus/ als er ein Kriegesoberster gewesen/ ertichtet hat. Zum exempel gleichwol wil ich zwey Strophen des Ronsardts herschreiben: Dann ich dergleichen nie vor mich genommen.

 

Belle dont les yeux doucement m'ont tué,

Par vn doux regard qu'au coeur ils m'ont rué,

Et m'ont en vn roc insensible mué

En mon poil grison:

Que i' estois heureux en ma ieune saison

Auant qu'auoir beu l'amoureuse poison!

Bien loin de souspirs, de pleurs et de prison

Libre ie vivoy, &c.

 

Eine ander solche Ode hebet er also an:

 

Mon âge et mon sang ne sont plus en vigeur:

Les ardents pensers ne m' eschauffent le coeur,

Plus mon chef grison ne se veut enfermer

Sous le ioug d'aimer, &c.

 

Jn den Pindarischen Oden/ im fall es jemanden sich daran zue machen geliebet/ ist die στροφὴ frey/ vnd mag ich so viel verse vnd reimen darzue nemen als ich wil/ sie auch nach meinem gefallen eintheilen vnd schrencken: ἀντιστροφὴ aber muß auff die στροφήν sehen/ vnd keine andere ordnung der reimen machen: ἐπωιδός ist wieder vngebunden. Wan wir dann mehr strophen tichten wolten/ [H4b] mussen wir den ersten in allem nachfolgen: wiewol die Gelehrten; vnd denen Pindarus bekandt ist/ es ohne diß wissen/ vnd die andern die es aus jhm nicht wissen/ werden es auß diesem berichte schwerlich wissen lernen. Jch vor meine person/ bin newlich vorwitzig gewesen/ vnd habe mich vnterwinden dürffen auff Bernhardt Wilhelm Nüßlers/ meines gelehrtesten freundes/ vnd statlichen Poetens/ es sey in vnserer oder lateinischer sprache/ hochzeit eine dergleichen Oden vnd eine andere auff absterben eines vornemen vom adel zue schreiben; mit welchen ich/ ob sie schon auff der eile weg gemacht sindt/ dieses Capitel beschlissen wil.

 

Στροφὴ α.

 

Du güldne Leyer/ meine ziehr

Vnd frewde/ die Apollo mir

Gegeben hat von hand zue handt/

Zwar erstlich das mein Vaterlandt

Den völckern gleiche möge werden

Die jhre sprachen dieser zeit

Durch schöne verse weit vnd breit

Berhümbt gemacht auff aller erden:

(Jtalien/ ich meine dich/

Vnd Franckreich/ dem auch Thebe sich/

Wie hoch sie fleuget/ kaum mag gleichen/

Dem Flaccus willig ist zue weichen.)

Vnd dann/ das derer heller schein

Die gantz nach rhum vnd ehren streben/

Bey denen welche nach vns leben/

Auch möge klar vnd prächtig sein: [I1a]

 

Ἀντίστροφος α.

 

Du güldne Leyer/ nun ist zeit

Zue suchen alle ziehrligkeit

Die ein Poete wissen soll:

Jetzt solt du billich mehr als wol/

O meine lust/ Pindarisiren;

Dein bester freund der leben mag/

Der Musen rhum/ hebt diesen tag

Ein newes leben an zue führen:

Sein gantzes wündtschen wird erfült;

Ein bildt/ ein ausserwehltes bildt

Ersättigt alles sein begehren:

Die lieder/ die gelehrten zehren/

Darmit er vormals war gewohnt/

Weit ausser dem gemeinen hauffen/

Nicht einen schlechten weg zue lauffen/

Die werden reichlich jetzt belohnt.

 

Ἐπωιδὸς α.

 

Krieget nicht gar recht vnd eben

Solchen danck ein hoher Geist/

Welcher einig sich befleist

Bey dem Himmel selbst zue schweben/

Jst auff lob vnd rhum bedacht

Wenn die schöne Sonn' erwacht/

Vnd der tag dem schatten weichet

Wie gar hoch der name reichet

Welchen giebt der künste liecht/

Denen die nach tugendt trachten/ [I1b]

Jst es minder doch zue achten/

Wann der liebe lohn gebricht.

 

Στροφὴ β.

 

Die Lieb' hat erstlich Gott gerührt

Das er der dinge grund vollführt;

Sie ist es die den baw der welt

Vor allem brechen frey behelt;

Sie pflegt die sternen zue bewegen/

Das sie den elementen nicht

Versagen jhrer schönheit liecht;

Das fewer pflegt die lufft zue regen

Durch hitz auff jhren angetrieb/

Die lufft hat dann das wasser lieb/

Das wasser das bewegt die erden;

Vnd wiederumb/ die wässer werden

Gesogen von der erden klufft/

Das wasser zeucht die lufft zuesammen/

Das fewer wird mit seinen flammen

Verzogen in die kühle lufft.

 

Ἀντίστροφος β.

 

Das hier vnd dorte Berg vnd Waldt

Mit grünen Bäwmen mannigfalt

Sehr lustig vberschattet steht/

Das so manch heilsam kraut auffgeht/

Das Wiesen/ Felder/ Büsch' vnd Awen

Mit zarten blumen sein geziehrt/

Das Saate newes korn gebiehrt/

Das so viel wildpret ist zue schawen/ [I2a]

Das wann der Lentz das Jhar verjüngt

Ein jeder Vogel frölich singt/

Vnd leßt sich nicht gern vber stimmen/

Das so viel Fisch' im Meere schwimmen/

Ja das wir Menschen selber sein/

Vnd vns das blutige beginnen

Der waffen nicht hat tilgen können/

Das thut die liebe nur allein.

 

Ἐπωιδὸς β.

 

Liebe nun wer nur zue lieben

Rechten fug vnd mittel hat;

Es ist keine solche that

Die verbotten ist zue vben/

Wann du nur bestrickt nicht bist

Von der wollust hinterlist/

Die mit jhrem falschen scheine

Jung vnd nicht jung in gemeine

Leitet an verkehrten wahn/

Außer diesen eiteln sachen/

Die den klügsten wahnloß machen/

Liebe wer da lieben kan.

 

Στροφὴ γ.

 

Du/ Bernhardt Wilhelm/ den zuevor

Der drey mal dreyen Schwestern chor

Mit alle dem was er gehabt

Gantz ohne masse hat begabt/

Wirst ietzt von Venus auch verehret [I2b]

Mit einer ohne welcher gunst

Du hassen kanst verstand vnd kunst/

Vnd was zur wissenschafft gehöret;

Jn derer augen freundtligkeit/

Jm munde die verschwiegenheit/

Zucht in den höfflichen geberden/

Jm gange demut funden werden;

Die der natur bekandte macht

An tugendt/ witz vnd andern gaben

Fast vber jhr geschlecht' erhaben/

Vnd als jhr Meister{st}ück' erdacht.

 

Ἀντίστροφος γ.

 

Nichts bessers wündsch' ich selber mir:

Du wirst hinfort mit grosser ziehr/

Durch deine hochgelehrte handt/

Die ohne diß weit ist bekandt/

Dein eigne frewde können schreiben:

Du wirst besitzen alles gut

Was Hermus auß der gelben flut

An seinen reichen strandt soll treiben;

Was der verbrandte Mohr besitzt

Wo stets die rote Sonne hitzt/

Was Spanien von edlen dingen

Pflegt auß der newen welt zue bringen.

Getrewe hertzen bleiben rein

Von kummer schätz vnd Goldt zue kriegen/

Jhr meistes hoffen vnd genügen

Jst lieben/ vnd geliebet sein. [I3a]

 

Ἐπωιδὸς γ.

 

O jhr seligen zwey liebe/

Venus schickt jhr abendt liecht/

Vnd errinnert das man nicht

Jhre frewde mehr verschiebe.

Bräutlein leget euch zue rhue;

Jupiters Fraw saget zue

Auß den sawersüssen nöthen

Einen artigen Poeten.

Was das liebe Kindelein

Wirdt mit halbem munde machen/

Was es kürmeln wird vnd lachen

Werden lauter verse sein.

 

 

Trawerliedt vber

das absterben Herren Adams von Bibran/

auff Profen vnd Damßdorff.

 

Ex Italico summi viri Abrahami Bibrani,

Adami fratris, quamuis paullò

liberiùs, translatum.

 

STRO. I.

 

O Die selig' edle Seele/

Die sich in die wahre rhue

Nach dem hohen Himmel zue

Auß des Leibes finstern höle

Frewdig hat hienauff gemacht;

Da sie dann/ wie bey der nacht

Vor den andern kleinen Sternen

Phebe selber/ gläntzt von fernen/

Da sich Gott jhr vmb vnd an

Zeigt zue sehn vnd zue geniessen/ [I3b]

Da sie mit nicht-menschen-füssen

Das gestirne tretten kan.

 

ANTISTRO. I.

 

Wie die vlmen durch die reben

Mehr als sonsten lieblich sein;

Wie der Lorbeerbawm den schein

Seinen wäldern pflegt zue geben/

Also war auch deine ziehr.

Pallas weinet für vnd für/

Ceres voll von weh vnd zehren

Leget jhren krantz von ähren

Vnd die sichel hinter sich:

Profen/ deine lust vnd frewde

Lieget gantz vertiefft im leide/

Vnd gedencket nur an dich.

 

EPOD. I.

 

Das auch betrübte graß beklagt dich bey den brunnen/

Für das reiche korn

Wächset tresp vnd dorn;

Es trawret selbst das große radt der Sonnen/

Vnd hüllet vmb sich her der wolcken schwartzes kleidt;

Tranck vnd eßen

Wird vergeßen

Von aller herd vnd vieh ohn vnterscheidt.

 

STRO. I.

 

Berg vnd thäler hört man ruffen

Bibran/ Bibran/ tag vnd nacht;

Aber nein/ des todes macht

Lest sie gantz vergebens hoffen.

Wird der klee zue winterszeit

Durch das eiß gleich abgemeyt/

Sehen wir jhn doch im Lentzen [I4a]

Nachmals auff den awen gläntzen:

Täglich fellt die Sonn' in's meer/

Scheinet aber morgen wieder:

Legt ein mensch ein mal sich nieder

Er kömpt nimmer zue vns her.

 

ANTISTRO. II.

 

Wil derwegen vns gebühren

Wie es möglich nur mag sein

Sein begräbniß vnd gebein

Allenthalben außzueziehren

Mit dem frembden tulipan

Tausendtschön vnd maioran/

Mit violen vnd narcißen/

Vnd den blumen bey den flüssen

Die vom Mertzen sind genannt.

Sonderlich soll jhm sein leben

Auff das newe wiedergeben

Der Poeten weise handt.

 

EPOD. II.

 

Jhr keuschen Lorbeersträuch'/ an denen gäntzlich lieget/

Das ein mensch der schon

Muß allhier darvon

Doch in der grub' ein ewiges lob krieget/

Schawt das jhr für den todt dem edlen cörper hier

Gleichfalls rahtet/

Vnd vmbschatet

Mit grüner lust sein asche für vnd für.