BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Sibylle Schwarz

1621 - 1638

 

Deutsche Poëtische Gedichte

 

Der ander Teil

 

1650

 

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SUSANNA.

 

 

 

Ihrem Herrn Bruder/ D. Christian, Schwarzen etc. zugeschriben.

 

Eine Leyer / Geehrter Herr Bruder / hat den halben Teil ihrer Wolfahrt / dir zu dancken / dieweil sie / durch des Neides dicken Dunst überzogen / mitten in solcher Finsternis / vohn dem klahren Liecht deiner Liebe / zuhr Poëterey / oder vielmehr zuhr Tugend ist erleuchtet / und biß dahero erhalten worden. Wie nuhn jederman bekant ist/ daß das Laster der Undanckbarkeit aller Untugenden Mutter und Gebärerin ist / also / wo ich nicht mit unter die Undanckbare gerechnet seyn wollen / hab ich billich etwas herfür suchen müssen / dadurch ich die erzeigte Woltaht in etwas belohnete. Da mir aber nichts mehr oder bessers gefallen / als die Histori vohn der Susannen in Reimen zur bringen / aldieweil keine dergleichen Historien sich so wohl auff die hiesiger Oerter betrübene Laster schicken wollen. Dan wo find man in diser Stadt trewe und ohn-falsche Herzen? wiewohl eß mich nicht wohl anstehet / daß ich mein {M III} eigen Vaterland / das doch noch etliche keusche Gemühter / göttliche Helden / heroische Geister / und Tugend- und Gerechtigkeits-liebende Hertzen / wiewohl ihrer sehr wenig / träget / wegen solcher Laster / die mehr zur Verkleinerung / als Erhöhung dienen / verachten sol. Wan ich aber auch der Wahrheit schonen wolte / so würd eß nicht allein der guhten Stadt / sondern auch mir und meiner Leyer verkleinerlich seyn. Doch / wen mans beym Liecht besiehet / so ist die gantze Welt mit solchen Lastern beflecket; dan wo ist Schönheit / da sie nicht angefochten wird? Und weil man die Ungerechtigkeit bey denen / die den Nahmen der Richter und Gerechten führen / selbsten nicht vermuhtet / als wird auch selbst darüber die Gerechtigkeit verdorben / und zuhr Ungerechtigkeit gemachet. Daß dennoch Recht und Straffe der Gottlosen nicht aussen bleibe / dessen haben wir an dieser Geschichte Zeugnisses genug / wiewohl streiten wollen / daß selbige sich also verhalten habe/ das aber alhier zu verfechten Zeit und Gelegenheit nicht leiden / so ist auch gegenwertiges Werck nicht etwan / um eine Handvoll Gunst oder Ehre dadurch zuerjagen / angefangen/ sondern auß Liebe zuhr Geschicht / auß Reitzung zuhr Poëterey / und Lust zuhr U[e]bung in derselben / und im übrigens meine Schwesterliche Liebe und Pflicht damit an den Tag zu geben / darümb ich dan auch freundlich bitte / der Herr Bruder woll diss so lang vohr guht auff und annehmen / biß bequemere Gelegenheit Ihm zu dienen mir das Verhengnuß / oder die Gunst des Glückes bescheren wird; Gott befohlen.

 

D. H. B.

G. S.

S. S.