BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Bettine von Arnim

1785 - 1859

 

Schreiben an den Magistrat von Berlin

 

1847

 

Text:

Bettine von Arnim, Werke und Briefe in vier Bänden,

herausgegeben von Walter Schmitz und Sibylle von Steinsdorff.

Band IV: Briefe. Bibliothek deutscher Klassiker.

Frankfurt am Main: Deutscher Klassiker Verlag, 2004

 

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<Berlin,> 19. Februar 1847

 

An Einen Hochlöblichen Magistrat der Residenzstadt Berlin.

 

Obschon in Dero am 21 Januar c. an mich erlassenen und mir am 12 Febr. c. zugegangenen Schreiben ausgesprochen ist, daß man mich wegen unbefugter Geschäftsführung der Umgehung des Gesetzes schuldig erachte, so stehe ich zu sehr außer Bereich eines solchen Mißgriffs von Ihrer Seite, als daß dieser an sich unangenehm berührende Umstand mich verletzen könnte. Da er zudem mich in die vorteilhafte Lage versetzt, solchen Beamten, welchen die Leitung & Förderung des Gesamtwohls übertragen ist, um einen prüfenden Schritt näher zu treten und die Ermittlungen, Behauptungen und Erwägungen oben erwähnten Schreibens als falsch rügen zu können, so ergreife ich mit besonderm Vergnügen die günstige Gelegenheit, Einen Hochlöblichen Magistrat von seinen Irrthümern zu überführen. –

Voraus sende ich folgende Bemerkungen, um sodann das Urtheil Dero eigener Einsicht zu überlassen. –

1)s Wie dies einem Hochlöblichen Magistrat auch schon dargelegt ist, ist das Verhältniß des v. Arnim'schen Verlags kein handeltreibendes, sondern ein diejenigen Buchhändler controllirendes, welche die darin erscheinenden Werke als einen Zweig ihres rechtmäßigen Gewerbes verbreiten. –

2)s Da ich nach Ihrem eigenen mit dem Gesetz übereinstimmenden schriftlichen Zugeständniß das Recht habe, meine Werke zu verkaufen, so kann ich nicht minder die zu verkaufen berechtigt sein, welche als Nachlaß des Ludwig Achim von Arnim durch mich veröffendicht werden, denn wenn dies nicht wäre, so würden doch wohl Näherbetheiligte mich hierüber zur Rechenschaft fordern. So lange man mir also den Beweis nicht entgegenstellt, daß hier das Eigenthum Anderer gegen ihren Willen und Vortheil veröffentlicht werde, so lange ist die seltsame Behauptung, als sei die «Expedition des v. Arnim'schen Verlags» unbefugt, den Nachlaß meines Gemahls zu veröffendichen nichtig, und ebenso befremdend ist.

3)s die in Dero geehrtem Schreiben enthaltene Bemerkung, die wörtlich so lautet:

«Euer Hochwohlgeboren verlegen nicht nur Ihre eigenen Werke, sondern auch die Ihres verstorbenen Herrn Gemahls, und lassen den Verkauf derselben unter eigener Leitung durch einen Geschäftsführer besorgen.»

Hier erlaube ich mir die Frage zu stellen, ob eben dieser Umstand, daß ich die Werke meines Gemahls verlege, ohne daß irgend Jemand sie als sein Eigenthum reclamirt, nicht genügend beweise, daß ich dazu berechtigt bin? – Oder stehen Ihnen Mann und Frau so weit von einander entfernt daß sie ein gemeinsames Eigenthum Beider gar nicht als möglich sich denken können? Da doch nach göttlichem und menschlichem Vertrag Mann und Weib ein Leib sind, so wollen Sie das ineinander verschmolzene Eigenthum des Geistes mit Gewalt trennen und durchaus nicht als Eigenthum des Einen, wie des Andern angesehen wissen?!

Mir noch nicht vorgekommen!!!

Auf die mir zum Vorwurf, gemachte Aeußerung, daß selbst mein sogenannter Geschäftsführer unter meiner Leitung stehe, erwiedere ich: Leiten Sie nicht auch Ihre Untergebenen? – Leitet nicht der Weisere und Klügere immer den weniger Klugen? Und versuche ich nicht selbst in diesem Schreiben Einen ganzen hochlöblichen Rath zu leiten, indem ich weiß, daß ich klüger und weiser diese Sache beurtheile, wie Er? – Und würde man mir es als eine Verführung des Magistrats auslegen können, wenn ich durch meine kluge Auslegung Ihn zu einem gesunden Urtheil leitete? Gewiß nicht! – Also bleibe mein Untergebener nur immer unter meiner Leitung, so lange er nicht durch dieselbe zum Bösen oder zu Albernheiten verführt wird.

Um aber sammt meiner Belehrung über obwaltende Irrthümer auch zugleich eine vollkommene Beruhigung zu geben über Alles, was Einem Hochlöblichen Magistrate ein Dorn im Auge ist, so erkläre ich hiermit feierlich diesen Nachlaß als mein unbestrittenes Eigenthum welches ich daher befugt bin zu verlegen, zu verkaufen oder verkaufen zu lassen. –

Sollten Sie dies bezweifeln, so bedenken Sie wenigstens daß man Niemand beschuldigen kann, er habe in das Eigenthum Anderer eingegriffen, bis dieser Andere selbst ihn dessen beschuldigt. Dergleichen wird Ihnen aber wohl noch nicht zu Ohren gekommen sein. –

Sollten Ihre Scrupel noch weiter sich ausdehnen, indem Sie darauf bestehen, dies Eigenthum sei ein an mich gebrachtes und nicht ein angeborenes oder angeerbtes, so diene Ihnen eine landwirtschaftliche Erläuterung als Gegenbeweis. Wenn ich, z. B. eine Heerde Schafe kaufe, so ist ihre Wolle auch keine mir angeborne oder angeerbte, sondern eine solche, welche auf dem Felle des Schafes gewachsen; da ich nun dieses Schaf um den Ertrag seiner Wolle nähre und pflege, so kann ich sie wie jeden andern Ertrag meines Besitzthums verkaufen, wann und wie und an wen ich will. Betrachtet man aber dieses ganze von Einem Hochlöblichen Magistrat mir bestrittene Recht als ein solches Schaf, so kann man durchaus nicht fehl gehen, denn dieser Nachlaß ist von mir als mein Eigenthum seit anno 1837 durch Anstrengung meiner geistigen Kräfte zur Veröffentlichung bearbeitet und in einer Reihe von 10 Jahren durch keine andere Hand, als die meinige zum Druck gebracht und ganz in derselben Weise, wie heute noch, nämlich nicht von mir verkauft, sondern durch Commissionaire veröffentlicht, welche als Buchhändler für diesen Zweig ihres Geschäfts mit ihren bürgerlichen Verpflichtungen einzustehen haben. Auf dieselbe Weise geht das Unternehmen noch fort, nur mit dem Unterschiede, daß die frühern Buchhändler nicht controllirt wurden sondern vielmehr jedesmal eine nicht richtige Berechnung stellten und zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten immer erst durch gerichtliche Mahnung mußten aufgefordert werden, die aber leider bis heute noch nicht erledigt sind. –

So lange daher das Gesetz in das Recht sein Eigenthum zu überwachen, noch nicht eingegriffen hat und es keiner besondern bürgerrechtlichen Vermögenheit dazu bedarf, mein Eigenthum zu controlliren oder überwachen zu lassen, so wie es jetzt durch einen im Buchhandel erfahrenen, meinem Interesse ergebenen und von mir besoldeten jungen Mann durch Buchführung über die jedesmalige Versendung an die Buchhändler geschieht, welche die Verbreitung der v. Arnimschen Werke als ihr eigenes Interesse betreiben, so lange würde mir, ob ich im Verhältniß des Verkaufs zu den Kaufenden stände oder nicht, welches wie oben ausgesprochen, hier der Fall nicht ist, weder diese Buchführung noch sonstige Schritte im Interesse der Sache können streitig gemacht werden. –

Ich vernehme jedoch, daß Ein Hochlöblicher Magistrat einen Anstoß daran nehme oder glaube, einen Beweis gegen mich zu haben darin, daß jener von mir zum Druck bearbeitete Nachlaß des Freiherrn von Arnim erst durch zwei fabrikmäßige Manipulationen zur Veröffentlichung tüchtig gemacht werde, nämlich durch den Druck und das Papier, welches vom Papiermüller dazu geliefert wird und daß dies also dem Corpus delicti durch die vielfältigen vorbereitenden Arbeiten den Stempel des Fabrikats aufdrücke und insofern nicht als eigenes Product angesehen werden könne. – Obschon nun, wie hinlänglich erörtert, ich mich hier meines Rechtes, mein Eigenthum zu verkaufen, gar nicht bedient habe, so will ich doch auch diese Ansicht ohne entsprechende Erläuterung mir nicht entgehen lassen, und kann dies nicht besser als wenn ich bei oben erwähntem Schafe, welches ich durch die gegebenen Umstände zu seheeren berechtigt bin, stehen bleibe.

Jenes Schaf wird nämlich vor der Schur tüchtig gewaschen, dann scheere ich dasselbe oder lasse es seheeren, sodann wird die Wolle in einen Sack von ungebleichter Leinwand gesteckt, welcher vom Leinen aus der Fabrik des Herrn Kramsda oder sonst eines großen Fabrikanten in Schlesien angefertigt ist. – In diesem Sack wird die Wolle des Schafes von einem gedungenen Fuhrmann verladen und nach Berlin auf den Markt gebracht, so würden Sie, mein Herr Bürgermeister und Hochlöblicher Magistrat, die Wolle doch nicht als ein Fabrikat zu besteuern für angemessen finden! – Ebenso kann das Ordnen des Inhaltes eines literarischen Werkes nicht uneben mit der Pflege der Schaf-Zucht verglichen werden; das Waschen, Scheeren und Sortiren der Wolle mit Setzen und Drucken des Werkes, der Sack, in welchem die Wolle versendet wird, steht ganz gleich mit dem Papier, welches der Papiermüller als sein Fabrikat dazu hergibt. – Es würde aber deswegen die in dem Sacke befindliche Wolle nicht können als Fabrikat angesehen werden, weil sie in der fabricirten Leinwand zu Markt gefahren wird. –

Wollen wir noch ein anderes erläuterndes Beispiel aus dem selbstproducirten landwirtschaftlichen Eigenthum auffassen:

Ein Weinberg wird von dem Wingertsmann mit vieler Mühe bearbeitet und in Stand der Kultur gebracht. Bis die Reben Früchte bringen, müssen sie erst durch mühselige Pflege so weit gedeihen daß man den Wein gewinne und obschon der Mann des Weinbergs die Gefässe vom Böttcher und die Flaschen vom Glasfabrikanten zu seiner Fassung und Füllung bedarf, so wird er doch für die Benutzung dieser Gewerke und Fabrikate keine Steuer bezahlen dürfen, welche der Böttcher und Glasfabrikant ja schon entrichten. Und obschon eine mannigfaltige Behandlung erst den Wein trinkbar macht, so wird er immer ein Product bleiben, so lange er der Verläumdung, als sei er Fabrikat, nicht durch Fälschung dieses edlen Products sich schuldig macht: so wie es einem literarischen Product eine ebenso schlechte Renommee als dem Wein sein würde, als Fabricat ausgeschrieen zu sein, wogegen ich für den v. Arnimschen Verlag, als welcher auf der Höhe der deutschen Literatur stehend die ehrenvollste Renommee genialster und ungefälschtester Originalität genießt, feierlichst protestire.

Dies ist was ich der Ansicht von Fabrikaten obiger literarischer Werke schlagend entgegne.

 

Daß ich, P. L. Jenatz, gebürtig aus Ehrenbreitstein, dermalen Rechnungsführer der Expedition für die von Arnimschen Werke contractlich die Verpflichtung übernommen habe, die Verausgabung derselben zu beaufsichtigen und ihre Verbreitung durch die Herrn Buchhändler zu controlliren und durch meinen Diensteifer möglichst zu fördern, bescheinige ich hiermit, sowie ich jederzeit auch bereit bin, eidlich zu erhärten, daß keineswegs der Verkauf dieser Werke selbst nicht eines einzigen Exemplars durch mich geschehen ist, sondern lediglich durch diejenigen Buchhändler, denen sie zu diesem Behufe anvertraut waren. –

P. L. Jenatz.

 

Obige Aussage mit rother Tinte geschrieben, ist nicht zu meiner Rechtfertigung, sondern damit ihre rothe Farbe der Beschämung auf den Wangen Eines Hochlöblichen Magistrats wiederscheine, der mich so hartnäckig einer Widerrechtlichkeit beschuldigt. –

Was nun Ihre letzte Bemerkung anbelangt, daß keine Veranlassung vorliege, mir das Bürgerrecht als ein Ehrengeschenk zukommen zu lassen, so gebe ich dieses zu, da ich zumal das Bürgerthum höher stelle, als den Adel. Damit werden Sie einverstanden sein. – Ebenso stelle ich noch höher die Klasse des Proletariats, ohne dessen ihm angeborne großartige Characterkräfte, des Ausharrens im Elend, im Entsagen und Beschränken aller Lebensbedürfnisse wenig Ersprießliches zum Wohl des Ganzen würde befördert werden. – Der Schatz des Armen besteht im angeborenen Reichthum der Natur, das Verdienst des Bürgers im Anwenden und Ausbeuten dieses Naturreichthums, welchen er vermittelst seiner thätigen Gewandtheit und zum eignen Vortheil derjenigen Menschenklasse zuwendet, deren Hochmuth, Verwöhnung und geistige Verbildung Alles verschlingt, eben weil sie keine ProduktionsKraft hat.

Die Gründe also, warum ich den Proletarier am höchsten stelle ist, weil er der Gemeinheit enthoben ist, als Wucherer dem Weltverhältniß etwas abzugewinnen, da er Alles gibt und nicht mehr dafür wieder verzehrt, als er eben bedarf um neue Kräfte zum Gewinn Anderer sammeln zu können. – Offenbar ist daher das Verhältniß des Letzteren zur Nation das edlere, durch seine Hülflosigkeit das Ehrfurcht erweckendste; ja trotz seiner Armuth für die Armuth am glücklichsten wirkende. – Und wenn ich dem Bürgerthum vor dem Adel den Vorzug gebe aus dem Grunde, weil sein praktischer Character dem eingebildeten des Adels gegenübersteht; ich daher die Bürgerkrone dem Ordenssterne vorziehe, so würde ich dem allem noch vorziehen vom Volke anerkannt zu sein, dessen Verzichtungen heroisch und dessen Opfer die uneigennützigsten sind. – Ich muß Sie daher auch ersuchen, meine Bemerkung, daß ich das Bürgerthum nur als Ehrengeschenk annehmen will, lediglich dahin zu deuten, daß indem ich ausschlagen mußte, dasselbe auf andere Weise zu erwerben, ich hiermit zu verstehen geben wollte, daß es mir auf eine ehrenhafte Weise erworben, einen hohen Werth habe, während es mir für 28 rtl 18 sgr 9 kr gar keinen Werth hat. Nicht aber, daß ich mir ein Verdienst auch nur dem Scheine nach anmaßte, um solchen Ansprüchen das Wort zu reden.

Da ich aber die zur schlechten Gesellschaft rechne, welche es sich angelegen sein lassen, solche Vexationen zu bekämpfen, ich auch nicht geeignet bin, sie zu ertragen, noch auch meine Worte und Handlungen gegen ihren geraden Sinn auslegen oder beargwöhnen zu lassen, noch auch meinem Geist und meinem Character falsche Tendenzen unterlegen zu lassen, so habe ich gleich im Beginn der Gegenmicheingenommenheit Eines Hochlöblichen Magistrats fest beschlossen, das Terrain zu wechseln und dieses dem Gemeinwohl der armen Proletarier nicht ganz unnütze Unternehmen auf einen Boden zu verpflanzen, wo keine Vorurtheile gegen mich so fest eingewurzelt sind, daß sie gleich dem sogenannten Teufelszwirn um so üppiger wuchern, um so mehr man sie auszurotten versucht und endlich sogar hinter dem eigenen Ofen hervorkeimen, welches Natur-Phänomen ich kürzlich zu meiner eignen Warnung wahrnehmend, solchem bösen Leumund, der hier über mich ausgeht, vergleiche.

Da aber während diesem harten Winter schon 12,000 Bände des Verlags geheftet worden und 18,000 eben zum Heften vertheilt werden, was mehrere arme Buchbinder mit zahlreichen Familien vor Hunger und Frieren schützte, auch mehr wie ein armer Buchdrucker sicheres Brod dabei fand, so zage ich diesen armen Leuten ihr Verdienst so plötzlich zu entziehen und obschon es mir ein unangenehmes Gefühl ist, dieser von mir zum Wohl der Armuth berechneten Thätigkeit Einhalt zu thun, tröstet mich doch, daß nicht ich Einem Hochlöblichen Magistrat den Anlaß gab, nach 8 monatlicher Untersuchungsfrist und eben so langem Bedenken diesem der Armuth zu Gute kommenden Unternehmen plötzlich sturmlaufend ein Ende zu machen.

Mich aber kann die Ungültigkeit Ihrer mich belastenden Ansichten nicht kränken, denn wenn die Idee in Ihnen haftet (so wie es den Anschein hat) als sei es leicht mich in meinen Aussagen zu verneinen, so finde ich Entschädigung in dem reinen Zutrauen solcher Autoritäten, welche ich zwar nicht bei so kleinlichen Dingen ihr Gewicht in die Wage zu legen, auffordere, welche aber vermöge ihrer Würde und Stellung einen Nachdruck haben, den man zu läugnen nicht für geeignet halten dürfte. –

Jedoch fühle ich aus einem ganz besondern Grunde den Wunsch, Ihren Ansprüchen der Bürgerrechts-Kosten an mich ein Genüge zu leisten, insofern dies nicht meiner Ihnen mitgetheilten Widerlegung in den Weg tritt, und der Beschuldigung gesetzwidrigen Überschreitens meines Rechts als ein Zugeständniß ausgelegt wird; ich habe daher den Ausweg getroffen, nach welchem Einem Hochlöblichen Magistrat in seinen wiederholten Forderungen an mich willfahrt werde, ich aber in meiner Behauptung keiner Ueberschreitung meiner Rechte mich schuldig gemacht zu haben, vollkommen gerechtfertigt vor dem Publicum stehe. – Ich habe Ihnen daher folgendes mitzutheilen, daß die beiden Schreiben, welche ich in dieser Sache die Ehre hatte an Einen Hochlöblichen Magistrat zu richten, für die von Ihnen requirirte Summe öffentlich ausgeboten werden. – Hierbei bemerke ich, daß meine Handschrift so viel Geltung, als ein Wechsel hat, da ich sie selten oder nie ausgebe, und man doch einen so großen Werth drauflegt, daß oft ein Billet von wenig Zeilen mit zwei Ducaten bezahlt wurde. – Ich glaube also ganz sicher, mich nicht zu verrechnen, wenn ich hoffe für jedes dieser beiden Schreiben drei Friedrichsd'or *) zu erhalten. Auf jeden Fall wollen wir sie in öffentlichen Blättern auszubieten einen Versuch machen:

«Zwei Autographien, Schreiben der Frau Bettina von Arnim an den Magistrat von Berlin sind für 28 rth 18 sgr 9 kr event. eines freiwilligen Geschenks an das Nicolaus-Bürger-Hospital zu verkaufen, für welche Summe ihr auf eine ehrenvolle Weise das Bürgerrecht von Berlin soll zuerkannt werden, welches sie auf keine andere Weise zu erwerben im Willen ist.»

So würden Ihre Zwecke erreicht und der meine doppelt, indem ich diese Verhandlung noch drucken lasse und Jeder, der glauben könnte, daß ich mit List hier das Gesetz umgehen wollte, bei Lesung derselben eines Bessern belehrt würde. – Sie hätten also die Zahlung der 28 rth 18 sgr 9 kr zu gewarten und ich hätte – obschon nicht als Ehrengeschenk, dessen Sie mich für unwürdig halten – aber doch mit Herstellung meiner von Ihnen angetasteten Ehre das Bürgerrecht erworben. –

Außerdem gibt mir die Veröffentlichung dieser Verhandlung die Satisfaction, das Vorurtheil total zu schlagen, welches durch Sie Herr Bürgermeister und Rath zwar zum erstenmal mein Ohr beleidigte, welches aber unmöglich in Ihnen ohne allen Anlaß aus freier Einbildung entstanden sein kann, sondern vielmehr durch mancherlei alberne, unbegründete, abenteuerliche Nachreden in Sie als ein böses Unkraut muß eingepflanzt worden sein. – Schade, daß dieses Unkraut so stark wucherte. Da aber nur in einem fetten und fruchtbaren Boden das Unkraut so um sich greift und man es ausrauft und verrotten läßt, um damit denselben fruchtbaren Boden zu düngen: so jäten Sie das Unkraut der Vorurtheile gegen mich aus, lassen Sie es verrotten zu Mist sammt dem Kehricht alles Absurden, was mit dem Besen blinder Zuversicht oder ungeprüften Urtheils zusammen gekehrt wird. – Düngen Sie damit den Boden der Ehrenhaftigkeit, den Sie vertreten, so wird das Niedrige nicht Platz da finden, sondern er wird zu einem klassischen Boden sich erheben, auf welchem die Pflanzen Probitas, Honestas, Integritas, wuchern auf Ihrer sorgenvollen Bahn. –

Non tactus (cujus nemo tegitit aut abstulit quiequam) und Intellectus, ebenso (wie früher Unkraut) üppig wachsen und sich zu einer schönen Höhe erheben werden, welche Ihnen einen befriedigenden Schatten und Ihren Häuptern blühende Ehrenkränze, Ihren Verdiensten aber Früchte spenden würde. – Schöne edle Pflanzen, alle in dem Garten der Bürgerehre wachsend, diesen zu dem angenehmsten Aufenthalt der Welt umschaffen. – Wer möchte da nicht gern mit dem Gärtner dieses Gartens Hand in Hand spazieren gehen? –

Einem gesammten Hochlöblichen Rath in seinen Forderungen zu befriedigen und mich ihm zu versöhnen, ohne meiner delicaten Stellung hierbei Blößen zu geben, sehe ich keinen andern Ausweg. Und obschon es gerade nicht das bequemste sein dürfte, allen hierdurch veranlaßten Zweifelsfragen Rede zu stehen, so werden Sie in Rücksicht dessen, was ich in jenen beiden Schreiben Eines Hochlöblichen Magistrats mir gefallen lassen mußte, – was nicht meine Schuld war – es sich auch gefallen lassen.

19 Februar 1847

 

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*) Ich habe dies Schreiben mit Fleiß so weit und umfassend ausgedehnt damit der darauf gesetzte Preis ein gehöriges Aequivalent haben möge