BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Bettine von Arnim

1785 - 1859

 

Die Töplitz-Fragmente

 

Schluß der Erzählung

 

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hab mich lieb darum, und auch darum daß so viel Schönes durch mich und in mir geworden ist. Goethes herrlichste Lieder sind die an die Suleika da kannst du mein ganz Zusammensein mit ihm drinn wiederklingen hören.

Aber von jenem Abend will ich noch weiter sagen; da kam jemand und störte uns der wollte mit ihm sprechen; im Gespräch ging er bis zu dem Ort wo das Bett stand er nahm ein Kissen vom Bett und warf mirs zu aufs Soffa, da legt ich mich drauf und that als schlafe ich ein und der Besuch dauerte Wohl eine halbe Stunde und wie wir wieder allein waren da rief er weil ich mich nicht regte: «Nun schläft das Häschen» Da sprang ich auf und legte das Kissen wieder zurecht auf dem Bett und dann hing ich mich an seinen Hals der vor mir stand, und lauschte den lauten Schlagen in seiner Brust Da sagt er: «Ach lägst du diese Nacht da mit mir!» Wie freudig war ich daß er meiner begehre ich könnt es kaum glauben daß ich ihm so lieb sei, und: O! dacht ich, was war das für Seeligkeit ohne Ende eine ganze Nacht seinem Athem lauschen seinen süssen Reden, und Liebkosungen erfinden mit Ihm dem die irdische Wirklichkeit keine gröbere war, der er beim Höchsten hätte entsagen mögen sondern der die süsseste Nahrung der Unsterblichkeit aus ihr sog. – Ich war so freudig, ich sagte ich will kommen; «ja willst du kommen? –» O ich will kommen rief ich, und küßt ihn, und lief rasch über die Gänge weg hinauf in mein Zimmer und kniete vor mein Bett und verbarg das Gesicht in den Kissen und kniete so, lange und dann ging ich zu den Andern Da rief der Savigny: Aber Bettine dir Trönen Pauken und Trompeten aus den Augen, wo kommst du her was hast du vor, ich schwieg, ich war so lustig, ich konnt auf der Erde nicht stehen ich kletterte von einem Ort zum anderen über Stühle Tisch und Schränke immer heimlich wie ein Kätzchen auf das kein Mensch achtet die andern saßen bei Tisch, dann endlich ging ich hinauf in mein Schlafzimmer, dort zog ich die Oberkleider ab und in den Pelz gewickelt, (ich erinnere mich noch der Pelz war mit Silber grauem Kragen der mir gar wohlstand,) schlich ich die Stiege hinunter in den Hof, um zu sehen ob sein Licht noch brenne, im Hof war ein kleiner Garten abgeschlossen mit Blancken mit vielen Beeten voll Blumen Nelken und Astern, da hatte ich Mittags eine Katze zwischen durch streifen sehen, und sich zwischen den Blumen hin und wieder durchdrängen, das that ihr gar zu wohl, und ich war so gern im Gärtchen gewesen um mit der Katze zu spielen aber die Wirthin hatte es nicht erlauben wollen, jezt in der Nacht wo niemand mehr auf war kletterte ich schnell über die Blanken und legte mich mitten ins Asternfeld und die Blumen nickten alle um mich, und es war mir so wohl, da sah ich nach seinen erleuchteten Fenstern, und konnte dem süssen inneren Seeligsein nicht widerstehen ich träumte und Träumte, vielleicht schlief ich? – ja ich schlief, aber ich fühlte daß dort über hinter jenen Fenstern einer heiß an mich dachte, und so dachte ich nicht im Traum der Zeit die verging und als ich die Augen wieder öffnete da wars kühl geworden, und die Nacht war nur noch grau und dort am Horizont wie wenn es sich röthe. Aber ich war schnell aufgesprungen und die Blumen die Nelken wollte ich mitnehmen denn ich dachte die würden ihm so gefallen, und ich nahm mich noch in Acht den Thau nicht abzuschütteln wie ich herüberkletterte und so kam ich leise auf den Fußspitzen bis zu seiner Thür, die war geklefft und lehnt mich an den Thürpfosten, und dachte gewiß schläft er, und glaubt nicht mehr daß ich noch komme, und wenn er nun im Schlaf nicht so schön war wie gestern Abend, ich stritt lang mit mir ob ich herein gehen solle, und dann endlich ging ich herein aber rückwärts um ihn nicht anzusehen, und so nahm ich das Kopfkissen was er auf dem Stuhl am Bett hatte liegen lassen, das legte ich auf die Erde am Fußende des Bettes da legte ich mich drauf in meinen Pelz eingehüllt mit meinem großen Blumenstrauß im Arm, so schlief ich wieder ein. plözlich da Tönte ein Posthorn, ich fuhr auf es war Tag geworden das Posthorn war das unsre wir sollten am jenem Morgen abreisen ich schlich zur Thür legte den Strauß auf die Schwelle zum Wahrzeigen daß ich da gewesen war, aber ich sah ihn nicht an. vor der Thür rief er mich beim Namen Bettine rief er, ich blieb draus stehen, und sagte: Goethe ich hab heute Nacht bei dir geschlafen Ich weiß es sagte er, ich hab die ganze Zeit auf dich gesehen. Aber nun komm nicht wieder herein, sonst bist du und ich verloren.