BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Clemens Brentano

1778 - 1842

 

Gedichte 1804 - 1815

 

1814

Januar/Februar: Theaterkritiken im Wiener «Dramaturgischem Beobachter».

18. Februar: «Valeria oder die Vaterlist» fällt bei der Uraufführung durch.

September: Besuch bei Achim von Arnim in Wiepersdorf.

Oktober: «Die Gründung Prags» erscheint, vordatiert auf 1815.

November: Brentano reist gemeinsam mit Arnim nach Berlin.

 

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Nachklänge Beethovenscher Musik

 

1.

 

Einsamkeit, du Geister Bronnen,

Mutter aller heilgen Quellen,

Zauberspiegel innrer Sonnen,

Die berauschet überschwellen,

Seit ich durft in deine Wonnen

Das betrübte Leben stellen,

Seit du ganz mich überronnen

Mit den dunklen Wunderwellen,

Hab' zu tönen ich begonnen,

Und nun klingen all die hellen

Sternenchöre meiner Seele,

Deren Takt ein Gott mir zähle.

Alle Sonnen meines Herzens,

Die Planeten meiner Lust,

Die Kometen meines Schmerzens,

Klingen hoch in meiner Brust.

In dem Monde meiner Wehmut,

Alles Glanzes unbewußt,

Kann ich singen und in Demut

Vor den Schätzen meines Innern,

Vor der Armut meines Lebens,

Vor der Allmacht meines Strebens

Dein, o Ewger, mich erinnern!

Alles andre ist vergebens.

 

2.

 

Gott, dein Himmel faßt mich in den Haaren,

Deine Erde zieht mich in die Hölle,

Gott, wie soll ich doch mein Herz bewahren,

Daß ich deine Schätze sicher stelle,

Also fleht der Sänger und es fließen

Seine Klagen hin wie Feuerbronnen,

Die mit weiten Meeren ihn umschließen;

Doch in Mitten hat er Grund gewonnen,

Und er wächst zum rätselvollen Riesen.

Memnons Bild, des Aufgangs erste Sonnen,

Ihre Strahlen dir zur Stirne schießen,

Klänge, die die alte Nacht ersonnen

Tönest du, den jüngsten Tag zu grüßen:

Auserwählt sind wen'ge, doch berufen

Alle, die da hören, an die Stufen. –

 

3.

 

Selig, wer ohne Sinne

Schwebt, wie ein Geist auf dem Wasser,

Nicht wie ein Schiff – die Flaggen

Wechslend der Zeit, und Segel

Blähend, wie heute der Wind weht.

Nein ohne Sinne, dem Gott gleich,

Selbst sich nur wissend und dichtend

Schafft er die Welt, die er selbst ist,

Und es sündigt der Mensch drauf,

Und es war nicht sein Wille!

Aber geteilet ist alles.

Keinem ward alles, denn jedes

Hat einen Herrn, nur der Herr nicht;

Einsam ist er und dient nicht,

So auch der Sänger!

 

4.

 

Nichts weiß ich von dir, o Wellington,

Aber die Welle

Tönt deinen Namen so britisch.

Kleinod der Erde, England

Eiland, vom Meere gegürtet

Jungfräulich, Arche auf grünenden

Hügeln ruhend, der Sündflut

Bist du entrücket, dich lieb ich,

Nicht um handelbequeme

Gestalt in mancher Vollendung,

Nein um dich nur, denn heilig

Sind wohl die Inseln. Die Sterne

Gürtet umsonst nicht das Blau,

Und die sehenden Augen,

Wunderinseln des Lichtes,

Schwimmen umsonst nicht im Glanz;

Was umarmt ist, ist Tempel,

Freistatt des Geistes, der die Welt trägt.

Wer möchte sonst leben?

 

5.

 

Wer hat die Schlacht geschlagen,

Wer hat die Schlacht getönt,

Wer hat den Sichelwagen,

Der über das Blutfeld dröhnt,

Harmonisch hinüber getragen,

Daß sich der Schmerz versöhnt?

Wen hat in heißen Tagen

Ein solcher Kranz gekrönt,

Wer darf so herrlich ragen,

Von Sieg und Kunst verschönt.

Wellington in Tones Welle

Woget und wallet die Schlacht,

Wie eines Vulkanes Helle,

Durch die heilige Sternennacht.

Er spannt dir das Roß aus dem Wagen,

Und zieht dich mit Wunderakkorden

Durch ewig tönende Pforten.

Triumph, auf Klängen getragen!

Wellington, Viktoria!

Beethoven, Gloria!

 

7. Januar 1814 (Frühwald 1968)

 

 

*

 

Selig, wem in unendlicher Einsamkeit die Natur sich auftut wie ein Brunnen, der tiefere Quellen trinket, als die des Meeres, das eine Oberfläche umgibt, seinesgleichen, die Erde, also nennet der Mensch die Rinde des Kernes, auf der er stolz ist und demütig, gefaßt von dem Himmel in den Haaren, an sich gerissen von der Hölle, die im Kern ist der Erde mit der Pein des Gewichtes und dem Tod. Selig, wer ohne Sinnen schwebt wie ein Geist über den Wassern, nicht wie ein Schiff, das Flagge trägt und Waren der Zeit, nein ohne Sinnen wie ein Gott, der sich selbst fühlt und sich dichtet, und eine Welt schafft zur Lust und Anbetung, worauf der Mensch sündigt - das hat er nicht gewollt, aber alles ist geteilt, und keinem ist alles und jegliches hat einen Herrn, nur der Schöpfer hat keinen, er ist einsam, und dient nicht – also der Dichter. – Ich weiß nichts von dir o Wellington, aber die Welle tönet in deinem Namen so britisch, Kleinod der Welt, Eiland gerettet vom Element vor der läufigen Hoffart, England! Wie lieb ich dich, nicht um Vollendung, und Handel, bequeme Gestalt aller Dinge, nein ich lieb dich du Meer umkränzte! O ihr seid nicht umsonst gegürtet ihr Sterne vom Blau, die Inseln sind heilig, und was umfaßt ist von anderm ist gerettet, ist ein Tempel, ein Tempel aber umfaßet Gott, und dieser die Welt, wer möchte sonst leben! –

 

Entstanden 1814 (Boëtius 1985)

 

 

*

 

Klage eines vertriebenen Hamburger Bootsmanns

um seine gescheiterte Vaterstadt

nach ihrer Wiedereinnahme durch Davoust

 

Hamburg, o Hamburg!

Du treue deutsche Stadt,

Fluch dem Tyrannen

Der dich zertreten hat,

Jeder Deutsche soll dir singen,

Und für deine Freiheit ringen,

Hamburg o Hamburg

Du treue deutsche Stadt.

 

Hamburg du Hamburg

Hast alles dran gesetzt,

Gen deine Feinde

Das Bürgerschwert gewetzt,

Bist den Drachen kühn entsprungen,

Deren Rachen dich verschlungen,

Der seinen Knecht nun

Auf deinen Hals gehetzt.

 

Hamburg o Hamburg!

Wer deutsch, klagt deinen Fall

Was dich betroffen

Das drohte Deutschen all,

Weiber, Greise, müssen schanzen

Für den übermütgen Franzen,

Gärten und Häuser

Sind deines Feindes Wall.

 

Hamburg o Hamburg!

Deutschland klagt dein Los

Denn in deinem Blute

Säuft sich der Drache groß.

Deine Güter zu erlangen

Läßt er deine Kinder fangen

Reißt sie als Geisel

Aus ihrer Mütter Schoß!

 

Hamburg o Hamburg!

Wie warst du froh und frei,

Nun heben deine Fähnlein

Um Hülfe ein Geschrei,

Deinen Turm hat dir zerbrochen,

Der einst vor der Welt gesprochen,

Daß er ein Kämpfer

Für Menschenrechte sei!

 

(Hamburg o Hamburg

Nicht gut hast du trassiert

Es haben deine Wechsel

Die Dänen protestiert

Sie teilen deine Masse,

Gestürzt ist deine Kasse

Weil alle deine Soue

Sich früher retiriert.)

 

Hamburg o Hamburg!

Du Wrack auf hoher See,

Dein Notschuß war vergebens,

Du unterliegst dem Weh,

In dem Räume hundert Lecke

Zwingt dein Feind auf dem Verdecke

Dich für ihn zu pumpen

Daß er nicht untergeh!

 

Hamburg o Hamburg!

Beneide Moskaus Not,

O hättst du dich gerettet,

Doch in der Russen Boot,

Und mit deiner Pulverkammer

Aufgesprenget deinen Jammer

Gerettet war die Flagge

Der Kompaß und das Lot!

 

Hamburg o Hamburg!

Der jetzt dein Steur ergriff,

Versenkt in deinem Hafen

Dich selbst du teures Schiff,

Schmiedet dich zu einer Kette

Schließet mit dir selbst dein Bette,

O wärst du doch gescheitert

Im Sturm am Felsenriff.

 

Hamburg o Hamburg!

Dein Tau ist ruiniert

Du wirst von falschen Booten

Am Schleppseil nun buxiert

Weh dein Besam ging verloren,

Man will in den Grund dich bohren,

Weil du Englands Flagge

In offner Schlacht geführt.

 

Hamburg o Hamburg,

Du alte deutsche Stadt,

Zerrissen ist dein Segel,

Das dich ernähret hat,

Auf den sturmgekappten Masten,

Sieh den Leichenadler rasten,

Hungrig aufkrächzend,

Wer macht mit Blut mich satt?

 

Schreie nur Schreie!

Dir wird noch Blut genug,

Blut das dir fluchet

Um Falschheit, Lug und Trug,

Sieh, drei Sonnenadler schwingen

Über dir, dir Blut zu bringen,

Einhorn und Löwen

Folgen ihrem Zug.

 

Taube! o Taube!

Dich und der Friedenszweig,

Hat nun der zerrissen,

Der einem Raben gleich,

Adler, der so tückisch hocket,

Friß nun was du eingebrocket

Dem Preußen, dem Reußen,

Dem alten Österreich!

 

Hamburg o Hamburg!

O hebe deinen Mut

Denke deines Heilands

Und seiner Märtrer Blut,

Wer ein Heide, muß verderben

Heil wird heilger Kampf erwerben,

Kämpfer für Heilges,

Heiligt Gottes Hut.

 

Heilig o heilig!

Ist alte deutsche Zeit,

Ordnung und Treue,

Und fleißge Heiterkeit,

Herr, dann läßt sich freudig beten

Und mit Ernst zum Kampfe treten,

Wenn der Väter Sitte

Uns Schwert und Tempel weiht.

 

Schaue o schaue,

Nun Gott auf unser Schwert,

Das sich erbaue

Der Deutsche sichern Herd,

Aus dem deutschen Tempel treibe,

Daß kein Lügenwuchrer bleibe,

Herr, den Versucher,

Der nach dem Tod begehrt!

 

Entstanden um 1814 (Boëtius 1985)

 

 

*

 

Kosakisches Volkslied

vom König Antiochus in Persien

aus dem neunten Kapitel

des zweiten Buchs

der Macabäer

gezogen.

 

Vers 1

Wohl um dieselbe Zeit, he, he!

Habt ihr mich wohl verstanden?

Zog der Antiochus, o weh!

Aus Persien mit Schanden.

 

Vers 2

Denn zu Persepolis, he, he!

Habt ihr mich wohl verstanden?

Hat er die Tempel sich, o weh!

Zu plündern unterstanden.

 

Die Bürger waren auf, he, he,

Habt ihr mich wohl verstanden?

Und wehrten sich gen ihn, o weh!

Man trieb ihn aus den Landen.

 

Vers 3

Und zu Ekbatana, he, he!

Habt ihr mich wohl verstanden?

Hört er, daß schlecht auch Timothee,

Und Nikanor bestanden.

 

Vers 4

Und da ergrimmte er, he, he!

Habt ihr mich wohl verstanden?

Er fuhr wohl Tag und Nacht, o weh!

Und schickte viel Gesandten.

 

Denn ihn trieb Gottes Zorn, he, he,

Habt ihr mich wohl verstanden?

Er schwur, Jerusalem, o weh!

Zum Grabe zu verwandeln.

 

Vers 5

Doch für den bösen Schwur, he, he,

Habt ihr mich wohl verstanden?

Ihr Majestät, Kolik, o weh!

In dero Leib empfanden.

 

Vers 6

Und es geschah ihm recht, he, he,

Habt ihr mich wohl verstanden?

Weil viele andre Leut, o weh!

Durch ihn in Marter standen.

 

Vers 7

Da ward er wütger noch, he, he,

Habt ihr mich wohl verstanden?

Vom Wagen stürzten sie, o weh!

Weil sie so heftig rannten.

 

Vers 8

Froh war ihr Majestät, he, he,

Habt ihr mich wohl verstanden,

Die Berg und Meer versetzt, o weh!

Daß sie Portschaißen fanden.

 

Vers 9

Und Maden wuchsen ihm, he, he!

Habt ihr mich wohl verstanden?

Die Nasen hielten zu, o weh!

Die um den König standen.

 

Vers 12

Und da kroch er zu Kreuz, he, he,

Habt mir mich wohl verstanden?

Als ihre Majestät, o weh!

Den eignen Stank empfanden.

 

Vers 13

Sie beteten zu Gott, he, he,

Habt ihr mich wohl verstanden,

Doch weil sies grob gemacht, o weh!

Sie kein Erbarmen fanden.

 

Vers 28

Dann starb Antiochus, he, he,

Habt ihr mich wohl verstanden,

Der Gottes Lästerer, o weh!

Elend in fremden Landen.

 

Entstanden um 1814 (Boëtius 1985)

 

 

*

 

Preussens Dank an ihr Volk. – Moreaus Tod.

 

Nach dem ernsten Nachtgesichte

Saß ich in dem Prater hin,

Aß und trank weit mehr Gerichte

Als ich sonst gewohnet bin.

 

Rechts und links hab ich gesungen

Wohl von unserm tapfern (Streit)

Bis mir trocken ganz die Lungen

Und mir lüstete nach Wein.

 

Unterm Arm zwei volle Flaschen

Ging ich einsam in den Wald

Weil ich einsam gern wollt naschen

Doch die Lust tat mir Gewalt.

 

Da befiel mich Mißbehagen

Denn ich hörte, fern und nah,

Den und jenen sich befragen

Dresden haben wir, ja, ja!

 

Haben wir die Altstadt? freilich

Und die Neustadt? Glaub es kaum,

Ach da ging es abscheulich –

Unser Sieg war nur ein Traum.

 

Lasen heute sie die Zeitung,

Ja, doch steht gar nichts darin,

Freiend, das ist sehr von Bedeutung

Es liegt Trauriges mein Sinn –

 

Nun? Ich hörte – doch sie müssen

Sagen nicht, daß es von mir,

Denn die Polizei, sie wissen,

Schrecklich, Schrecklich bitten wir.

 

40 000 blieben liegen,

20 000 fingen wir,

Aber trotz den großen Siegen,

Wo ist unser Hauptquartier.

 

Nun bei Gott, das heiß ich lügen,

Wissen sie wohl wer ich bin –

Lange habe ich geschwiegen,

Sie empören meinen Sinn!

 

Wissen sie, von unserm Kaiser

An die Kaiserin ein Brief –

Schreien sie sich nur nicht heiser

Ja ein Brief bei Hof einlief.

 

Daß man noch bei Dresden stürme,

Daß man in der Altstadt sei,

Daß man Schanz auf Schanze türme,

Daß es war noch nicht vorbei –

 

Von der Oder aber eile

Jetzt zur Stadt Napoleon,

Vor dem Briefe kleine Weile

War er auch in Dresden schon.

 

Nun und war er auch darinnen,

Sind darum nicht mehr drein

Was wir also hart gewinnen,

Muß doch gleich verloren sein –

 

Wie sie wieder heftig schreien,

Lieber Freund, gemach, gemach,

Gott woll uns den Sieg verleihen

Stark ist Wille, Fleisch ist schwach.

 

Also schrien sie durcheinander,

Jeder wie er bestens kann,

Da tritt her ein wohlbekannter

Auserwählter Ehrenmann.

 

Was gibts neues, hochgeschätzter

Deutscher treuer Patriot,

Doch bedächtig spricht da letzter

Treiben sie mit mir nicht Spott?

 

Nein! Wir sind in Dresden blieben –

Wie man sagt – ein hoher Brief –

Der von Teplitz war geschrieben

Ja von hoher Hand einlief –

 

Doch wir haben einen zweiten,

Der von Lahn – daß wir gesiegt?

Da sprach er mit viel Bedeuten –

Wissen sie, wo Lahn auch liegt?

 

Meine Herrn ich bin ihr Diener,

Also ging er schnell davon

Und es schwiegen alle Wiener

Über seiner Worte Ton.

 

Und ich nahm das Glas vom Munde,

Gallenbitter war der Wein,

Schlug im Zorn nach meinem Hunde,

Und er floh von mir mit Schrein –

 

Einsam ward der Wald, und drückend,

Dann die liedervolle Luft,

Die vor kurzem so erquickend,

Ward wie eine Totengruft.

 

Das Getöse in der Runde

Und des Laubes Schattenspiel

Um mich auf dem Rasengrunde

War mir wie Schlachtgewühl

 

Die verirrten Liebespaaren

Schienen schwer blessieret mir

Und in frohen Schlemmer Scharen,

Nachzügler . . . . . . . . . . . . . .

 

All die drehenden Ringelspiele

Schien Verfolgungsreiterei

Und ich danke Gott, denn Viele

Stachen an dem Ziel vorbei.

 

Und der auf dem Schaukel-Rosse

Gegen einen Hanswurst brach

Rief ich zu, o Kampfgenosse

Lasse ab, du bist zu schwach.

 

Denn der Knecht durch dessen Stricke

Hin und her die Schaukel flog

Schien mir schon ein Weltgeschicke,

Das ihnen auf nieder zog.

 

Ließ ein Rasseln mit der Schelle

Einmal der Hanswurst ergehn

Glaubt ich in Polischinelle

Den Beobachter zu sehn.

 

Wunderbar (?) schien vor der Bude

Mir des Gauklers Trommelton

Mit der Welt hier unterm Hute

Dacht ich, spielt Napoleon

 

Bei der Rußschen Schaukel dachte

Ich Europas Gleichgewicht,

Einer stieg und sank und lachte,

Andre schnitten ein Gesicht.

 

Eine Jungfer trieb der Schwindel,

Von der Schaukel sehr geschwind,

Eine Amme ließ die Windel

Schmutzig wehn, es schrie das Kind.

 

Doch sie hielt es ohn Erbarmen

Wie sie auf nieder fliegt,

Schläft ein in ihren Armen,

Und sie schrie ich hab gesiegt.

 

Doch als sie herunter steiget

Und dem Kind die Brüste bot,

Hat es blaß das Haupt geneiget,

Und das arme Kind war tot.

 

Und sie ließ sichs gar nicht merken,

Ging getrost zum Wald hinein,

Kam zu mir, und sprach: zum Stärken

Gebet mir ein Gläschen Wein.

 

Wie ich ihr den Becher reiche,

Sprach sie, nimm den Hurensohn,

Wirft mir zu die zarte Leiche

Und ist in dem Wald entflohn.

 

Und als ich ihr nachgelaufen,

Hinkte einer quer herbei,

Und wir fielen übern Haufen

Meine Flasche brach entzwei.

 

Doch als er das Kind erschauet

Weinte er, das ist mein Sohn,

Daß ich frech dem Glück vertrauet,

Wohin ist die Hur entflohn.

 

Sprachs, und sah noch im Gesträuche

Die beschmutzte Windel wehn,

Rafft sich auf, floh durch die Zweige,

Ließ mich bei der Leiche stehn.

 

Einen Stützelfuß im Fliehen

Sah ich ihm am linken Bein,

Setzte mich und auf den Knien

Hielt ich nun das Knabelein.

 

Goldgelb waren seine Locken,

Seine Äuglein waren blau,

Und rings alle Blumenglocken

Füllten sich mit Tränentau.

 

Ach ich war dem Kind gewogen,

Als wenn es das meine war,

Das ich rettend tot gezogen

Aus dem wilden Sündflutmeer.

 

In den Mantel eingeschlagen

Hub ichs durch die lustge Welt,

Nach St. Stephan hingetragen,

Dort sei ihm ein Grab bestellt.

 

Während durch das Volk ich schreite,

Hörte ich noch hier und dort,

Von dem schwer mißlungnen Streite

Manch ein sehr bedenklich Wort,

 

Moreau ließ die beiden Beine

Spricht man – er ist schwer blessiert –

Nein gewißlich nur das Eine,

Ach er ist schon amputiert –

 

Ei da kan (?) ist zu gesetzet

Denn der Rußsche Genral Moor

Ists, ein andrer nun verhetzet,

Der die Beine dort verlor.

 

Und ein andrer sprach, das Sterben

Dieses auserwählten Manns,

Zeiget mir, daß wir verderben,

Gibt dem Feinde neuen Glanz!

 

Überall wird er trompeten,

Der Verräter ein Franzoß

Der zu Frankreichs Feind getreten

Fand im ersten Kampf sein Los.

 

Gräßlich wars, bei meiner Ehre

Ja es schiene ein Gedicht

Sprach ein andrer, ja es wäre,

Wie ein göttliches Gericht.

 

Was man will darf man mir sagen,

Er steht in des Teufels Bund,

Wird die ganze Welt geschlagen,

Bleibet er allein gesund.

 

Schon entwisch ich dem Gedränge,

Mit der Bürde unterm Arm,

Ward mit schwerer in die Länge

Und mir ward gewaltig warm.

 

Als ich schon St. Stephan nahte,

Hört ich wieder andern Ton,

Singend kreuzte meine Pfade

Eine lange Prozession.

 

Knaben, Mägdlein, alte Frauen

Greise zogen (singend) hin

Gott die Not recht zu vertrauen

Wollte das besorgte Wien.

 

Endlich in der langen Zeile

Fand ich eine Lücke nun

Ich durchdringe sie und eile

In der Kirche auszuruhn.

 

Und ich trat mit meiner Bürde,

In das alte Steingezellt,

Wo gefesselt ruht in Würde

Eine kräftge alte Welt.

 

Und in einsamer Kapelle

Wo es still und düster war

Saß ich nieder auf der Schwelle

An verlassenem Altar.

 

Jetzt erst wieder könnt ich wagen

Nach dem Kinde aufzuschaun

Doch den Mantel aufgeschlagen

Faßte mich ein ängstlich Grau'n.

 

Denn es waren seine Beine,

Abgerissen überm Knie,

Daß es hallte im Gesteine

Laut aufjammernd weh ich schrie!

 

Selbst der Prozession Gesänge

Übertönte mein Geschrei,

Und es strömte rings die Menge

Um mich und das Kind herbei.

 

Und es hob sich ein Geklage,

Ein Gejammer, ein Verdacht

Ein mitleidig wild Gefrage,

Wer nur hat es umgebracht.

 

Mörder, Mörder, hört ich schallen,

Und es hob sich ein Gebraus,

Tausend streckten ihre Krallen,

Nach mir als dem Mörder aus.

 

Und schon zerrte mich die Menge

Mich, und schrien Polizei!

Da durchdrangen zwei die Menge

Machten mich bald wieder frei.

 

Eine war des Kindes Amme,

Einer war der Hinkebein,

Dieser sprach: her mit dem Lamme,

Denn der kleine Schelm ist mein.

 

Und nun ward der Drang noch wilder,

Jeder fragte, wer er sei,

Selbst die alten Heilgenbilder,

Neigten mit dem Kopf herbei!

 

Wart, ich will zur, Kanzel steigen,

Daß mich jeder hören kann,

Sprach und dann gebot ein Schweigen

Rings der wunderbare Mann.

 

Doch vor allem in die Mitte

Sei ein Katafalk gestellt,

Und darauf nach frommer Sitte

Ausgestreckt der tote Held.

 

Tote Held? hör rings ich fragen,

Doch er winkt und das Gerüst

Wird stillschweigend aufgeschlagen

Wie es sonst gebräuchlich ist –

 

Stiller wird der himmelgleiche

Feierliche Kirchenbau

Und man stellt des Kindes Leiche

Öffentlich nun aus zur Schau,

 

Und nun nach der Kanzel schreitet

Der Kumpan, o du mein Gott,

Geflüster sich verbreitet

Ach er ist der Hinkebott.

 

Doch er ließ sich gar nicht stören,

Stieg hinauf, und redet laut.

Nun sollt ihr wahrhaftig hören,

Wer die Leiche, die ihr schaut.

 

Seht ich bin (die) bange Sorge,

Ich bin (der) betrübte Mann,

Der an allen Türen horche,

Nie die Wahrheit finden kann.

 

Und mein Weib (hat mir) geboren

Ein klein Kerlchen sehr kurios

Ja ich hätte drauf geschworen

Daß er eines Baders Sohn.

 

Er war voller toller Quinten,

Ein gar gründlicher Fantast

Und man konnte an ihm finden

Wenn man gründlich Ader laßt.

 

Täglich ward er mir elender,

Weil er sehr am Blutfluß litt

Und sein Bruder der Kalender

Trug ihn auf dem Rücken mit.

 

Frankfurt wars, wo er gelebet,

Bis zu Deutschlands Untergang,

Als das freie Reich erbebet

Als das franke Reich uns zwang.

 

Frei und frank das läßt sich hören

Aber ohne frei, nur frank,

Das mag Gott bald von uns kehren,

. . . . . . .

 

Und mit meinem Vaterlande

Kam ich aus der Mode sehr,

Männer von Verstand und Stande

Wollten meinen Sohn nicht mehr.

 

Denn man ließ nicht mehr zur Ader

So im kleinen, zu Paris

Bildete sich ein Riesenbader

Der das Blut im Großen ließ.

 

So kam nun der hinkende Bote

Der von uns den Namen trug

Rannte sich gar bald zu Tode

Und ich hatte Not genug.

 

Denn man fand es unanständig,

Daß er sein klein Brüderlein

So lebendig außen wendig

Nackicht auf dem Leibe trug.

 

Meine gute Frau Sibylle

Setzte man ins Arbeitshaus,

Denn sie sagte in der Stille

Manches Mißgeschick voraus.

 

Einsam war ich und verarmet,

Ging ich an dem Bettelstab,

Wenge (haben) sich mein erbarmet,

Weil ich schlechte Nachricht gab.

 

Und so hab ich viel gefahren,

Bis zu dieser bösen Zeit,

Wo ich in den alten Jahren

Nochmals eine Frau gefreit.

 

Als der große fürchterliche

Neue Bader aus Paris,

Den Balbiersack in dem Stiche

Vor Kosakenspießen ließ.

 

Kannst du heut nicht kannst du morgen,

Hieß mein Vater grad und schlicht,

Meine Mutter, ohne Sorgen,

Meine Amme Zuversicht.

 

Dieser ward ich ausgetauschet,

Als ein neugebornes Kind,

Denn sie war sehr oft berauschet,

Und gar obendrein stockblind,

 

Weiter hab ich einen Bruder,

Den bekannten Übermut,

Der führt ein gar breites Ruder,

Und bezwingt doch keine Flut.

 

Niemals lebten wir vertraulich –

Er war immer oben aus,

Ich war innerlich beschaulich

Und besorgte still das Haus.

 

Und wenn er geprahlt von Siegen,

Kam ich oft mit ihm zugleich,

Straft ihn stante pede Lügen,

Vor dem ganzen römschen Reich.

 

Oft eh er sich könnt verschnaufen,

War ich auch schon auf dem Plan

Warf sein Wunder übern Haufen

Und zerstreute seinen Wahn.

 

Dieses hat er lang gelitten,

Doch er kam in ein böß Geschrei,

Und hat einst mich überritten,

Da brach ich ein Bein entzwei.

 

Hinkte aber sorgend weiter,

Unglück kommt stets früh genug,

Merkt ihn oft nicht der Hochzeiter

Merkt der Mann doch den Betrug.

 

Doch ich war nie gern gesehen,

Nirgends ein willkommner Gast,

Weil das Unglück schon geschehen,

War ich allen stets verhaßt.

 

Drum zog ich mich still zurücke,

Legte mich auf Astronomie,

Wer zum Himmel hebt die Blicke

Wahrlich der verlieret nie –

 

Weil das hinten nach mein Mangel,

Nahm ich mir dann eine Braut,

Und fing eine an der Angel

Die gewaltig vorausgeschaut.

 

Eine alte Weltsibylle,

Eine Wettermacherin,

Und wir trieben in der Stille,

Manches liebe Jahr so hin.

 

Machten einen Hauskalender

Nach mir Hinkender Bot genannt,

Und das ging so seinen Schlender,

Durch die Zeit und durch das Land.

 

Und in solchen guten Tagen

Fühlt ich nicht mein kurzes Bein,

Meine Grillen zu verjagen,

Allzuvielen Brandewein.

 

Und so kam ich gut zugedecket

(In ein. . . Haus und sank)

Hab mich lustig hingestrecket

Hinterm Ofen auf die Bank.

 

Als ich tief im Traum ertrunken,

Sprach die Bank, nun höre mich,

Weist du, auf wen du gesunken

Sieh die lange Bank bin ich.

 

Ich stamme aus vornehmem Bette,

Von dem alten Schlendrian,

Und der hohen Etikette,

Hebt sich meine Herkunft an.

 

Ach wenn ich zurückgedenke

Alle meine Schwestern durch,

All die Fürst und Grafenbänke

In dem selgen Regenspurch,

 

Waren einstens wie besessen

Vielen hohen Herren lieb,

Doch sie wurden all vergessen,

Ich allein nur übrig blieb.

 

Ohne mich darum zu loben,

Was nur irgend gut, das ward

Auf mich lange Bank geschoben,

Denn ich war bequemer Art.

 

Und es wäre so kein Wunder,

Weil so manches Bankbein ich

Hab geboren, das herunter

Du als Bierbank findest mich.

 

Und nun haben mir die Polochen

Gar die Preußen mir drei Bein

Sich zum Streite ausgebrochen,

Drum schau ich so elend drein!

 

Sieh mir kommt da ein Gedanke

Mein herzlieber Stützelfuß,

Unter dem ich zärtlich wanke

Gebe du mir einen Kuß.

 

Wahrlich herrlich zueinander

Passen wir, ein Paar

Ja kann es nicht charmanter

Ich hink Hott, und du hinkst Haar.

 

Ich verdiene manchen Gulden,

Denn ich werde frequentiert

Doch ich bin von vielen Schulden

Auch ein wenig derangiert.

 

Aber du du heißest Sorge

Der das Geld zusammen hält,

Daß ich nicht zu viel mehr borge,

Wärst du gut mir zugesellt.

 

Wenn der liebe Gott uns segnet,

Wirds vielleicht von guter Art,

Oft ist Menschliches begegnet,

Daß der Welt zum Heile ward.

 

Also sprach sie, und wir wurden

So im Rausche Mann und Weib –

Wunderliche Ausgeburten

Brachte mir ihr träger Leib!

 

Alle schickt ich ins Gefechte

Gen den großen Bader aus,

Doch noch keiner war der Rechte,

Alle schickt er lahm nach Haus!

 

Und die Waffen standen stille,

Auf der langen Bank ich lag,

Da trat zu mir die Sibylle,

Ach ich dacht, mich träf der Schlag.

 

Doch die gute Alte lachte,

Sprach mein Freund erschrecke nicht,

Deine Schwachheit Lieber brachte

Über dich manch schwer Gericht.

 

Ich komm nicht hieher zum Strafen,

Nein ich bin wie du nicht rein,

Als die Freiheit mich beschlafen,

Bracht ich ihr dies Söhnelein.

 

Und noch viele andre Kinder

Dir sie selbst gefressen hat,

Bis der blutge Menschenschinder,

Sie sich unterjochet hat.

 

Du kennst ihn, den großen Bader

Der uns selbstens bankerott

Er ist auch mein Sohn, mein Vater,

Kannte mich vor dir, mein Bott.

 

Diesen hier hat er verstoßen

Und ich bringe dir ihn her,

Daß er gen den blutig großen

Bader führe seinen Speer.

 

Denn ich muß dir nun bekennen,

(Daß ich) eine Hexe war,

Und nach teuflischem Erkennen

Jenen Bader einst gebar.

 

Um das Blut der Welt zu dämpfen

Muß ich gen des Teufels Brut

Mit dem eignen Blute kämpfen,

Der doch auch Sibyllen Blut.

 

Sieh das ist das Los der Sünden

Gen den babilonschen Turm,

Den wir selbsten helfen gründen,

Läuft die Zeit einst mit uns Sturm.

 

Doch nur der kann Heil erwerben,

Der gen Sünde streitend fällt,

Gegen Tod im Kampf zu sterben,

Lebt ein jeder hohe Held.

 

Und so geb ich dir den Knaben

Leg ihn an des Weibes Brust,

Er scheint großen Durst zu haben,

Und nach deutscher Amme Lust.

 

Also sprach sie, gab den Jungen

Mir, und eilte dann davon,

Und die lange Bank umschlungen

Hat den kleinen Pflegesohn.

 

Sie ward stolz ganz aus dermaßen,

Pralte mit dem klugen Kind,

Und begann herum zu rasen,

Auf der rußschen Schaukel blind.

 

Und ist so herumgelümmelt

Bis der Trost der neuen Zeit,

Gleich im Anfang ward verstümmelt

Wer weiß unser tiefes Leid.

 

Seht dort mit gespreizten Beinen

Steht sie frech und ungerührt,

Ach die Steine möchten weinen,

Und sie lacht und caressiert.

 

Auf dies Wort sah gleich erbittert

Alles nach der langen Bank,

Und sie ward so stark beritten

Daß sie schier der Last ersank.

 

Auf ihr machten die Veliten

Und die Insurektion,

Die Reserven sich beritten,

Und sie droht zu brechen schon.

 

Doch man durfte sie nicht schmähen

Denn kaum hob sich ein Geschrei,

Als man rings um sie erstehen

Sah die edle Polizei –

 

Und ein Bänklein adjungieret

Ward sogleich der kleinen Bank,

Und dann jedem publizieret,

Dieses ist die Wiener Bank –

 

Einer sprach, die Bank hier pflanz ich,

Wer hier machet ein Gerauf –

Für Hundert, Fünfundzwanzig

Antizipations Streich auf,

 

Und so ward es wieder stille,

Jeder zog die Flügel ein,

Auch nicht einer hatte Wille

Auf der Bank bezahlt zu sein.

 

Aber durch die Stille schallte

Plötzlich wieder Peitschenknall

Und der weite Dom erhallte,

Von unzählichem Posthornsschall.

 

Und ein Vivat, Vivat, draußen

Rauschet wie ein Wasserfall,

Alles sah hinaus ich brausen

Wie die Schafe aus dem Stall.

 

Von der Kanzel Steuerruder

Floh der Stützelfuß mit Schrein,

Ach der Übermut mein Bruder,

Reitet als Kurier nun ein.

 

Und er flieht von Eck zu Ecke,

Weil ihn keiner recht versteckt,

Bis des Katafalkes Decke

Ihn in seiner Angst bedeckt.

 

Selbst mich drängt ich aus der Türe

Sah als treuer Untertan,

Was so großen Lärm verführe

Auch das blaue Wunder an.

 

Peitschen knallen, Hörner schallen

Überall von Feld und Wall,

Uns der Sieg ist zugefallen

In drei Schlachten Knall und Fall.

 

Sieh es bahnen die Ulanen

Einen Weg dem frohen Zug,

An den Speeren ihre Fahnen

Haben einen freudgen Flug,

 

Vierundzwanzig Postillione,

Knallen, blasen herzhaft drein,

Daß von hohem Freuden Tone

Sich empöret Stein und Bein.

 

Der Kurier Graf Paar gefahren

Bringt den Adler und die Fahn,

Wie viel tausend Starenscharen

Fahren vivat himmelan.

 

Tückisch, kautzenhaft gekauert

Hockt fatal in sich gebockt,

so der Totenkau und lauert,

Wie die Menge rings frohlockt.

 

Und als ich ihn recht anblicke,

Lief mir es durch Mark und Bein,

Und so kalt bis ins Genicke,

Und ich könnt nicht Vivat schrein.

 

Es gibt Dinge gründlich greulich,

Sie entsetzen jedes Kind,

Wem sie jemals nicht abscheulich,

Waren, der ist geistig blind.

 

Mir ist teuflisch stets gewesen,

Dieses Leichenadlers Bild,

Wie das Mondkalb, das erlesen

Ihn in seiner Dummheit Schild.

 

Dumm ist er und bös und niedrig,

Ein Gespenst der untern Welt,

Allen Engeln falsch und widrig,

Die den Thron des Lichts umstellt.

 

Ja mit einer Hurenleiche

Hat der Satan den erzeugt,

Dem sich bang die menschengleiche

Babilonsche Hur gebeugt.

 

Entstanden vermutlich 1814 in Wien (Boëtius 1985)

 

 

*

 

Eksteins Sturm von Pisa

 

Wer, Teufel, hat die Jamben dir erfunden,

Du herrlich Roß, an dem Gebisse knarrend,

Gedanken musklend, Rosenstrickumwunden,

Und Seelen Knochen Splitter im Gehirne sparrend,

Unbändger Roßschweiß, Zunder unterbunden,

Doch eingeklemmt, zum Schulsteiß, karrend

Schlägst du lebendig aus, mit goldnen Hufen

Prägst du des Genius Wappen in die Marmor Stufen.

 

Die Hosen, Wämser, Mäntel und Talare

Die Panzer, Schäfertaschen, Nonnenschleier,

Die aufgeblasen vom romantschen Wind der Bahre,

Die Poesie begleiten, mit der Klimperleier

Ausrufend ihre Lumpenware,

Wehn hin wie Windelwäsche, vor dem Geier,

Der an das Herz des Feuerdiebes fliegt

Der dir am Felsen noch gefesselt liegt.

 

Unschuldig in den Zeitsack mit der Katzen

Der Sprache eingenäht, die menschlich maut,

Erkenn ich dich du Held, aus all den Fratzen

Die kämpfend du ausfaltest in der Haut,

Ich sehe Nacken, Lenden, sehe Pratzen,

Auf, munter, munter, dein wird noch die Braut,

Brich Sack, laß deine Löwenaugen gluten

Eh dich der Kritiker wirft in die Fluten!

 

Der erste, Kräftger, bist du von den Letzten,

Die sich beliebend, und bespeiend grüßen,

Dem nicht Tanzmeister . . . . . . . . . . . . setzten,

Wie sie es treiben auf den Spindelfüßen,

Dem nicht Sprachschneider fein die Zunge wetzten,

Mit Zuckerbrot (?) Oblaten zu versüßen,

Den Aftergott satanischer Monstranzen,

Empfängst du nicht, der Lade vorzutanzen.

 

Entstanden vielleicht 1814 nach der Veröffentlichung von Ferdinand Ecksteins

Trauerspiel «Kampf um Pisa» 1813 (Boëtius 1985)