BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johann Gottlieb Fichte

1762 - 1814

 

Der geschlossene Handelsstaat

 

3. Buch

 

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Viertes Capitel.

 

Entscheidende Maassregel,

um die Schliessung des Handelsstaates,

und alle soeben aufgestellten Bedingungen

dieser Schliessung zu erreichen.

 

Lassen wir gegenwärtig die in den beiden vorhergehenden Capiteln aufgestellten Zwecke zur Seite liegen, bis wir von selbst auf das Mittel ihrer Erreichung stossen, und denken uns wieder ganz einfach die oben aufgestellte Aufgabe der Verschliessung des Handelsstaates.

Aller unmittelbare Verkehr des Bürgers mit irgend einem Ausländer soll durchaus aufgehoben werden: dies ist die Forderung. Durchaus aufgehoben ist nur dasjenige, was unmöglich gemacht worden ist. Der unmittelbare Verkehr des Bürgers mit irgend einem Ausländer müsste unmöglich gemacht werden.

Alle Möglichkeit des Welthandels beruht auf dem Besitze des in aller Welt geltenden Tauschmittels, und auf der Brauchbarkeit desselben für uns. Wer dasjenige Zeichen des Werthes, welches der Ausländer annimmt, Gold- oder Silbergeld gar nicht hat, an den verkauft der Ausländer nichts. Für Wen dasjenige Geld, das ihm der Ausländer geben kann, von keinem Werthe ist, der kann an denselben nichts verkaufen. Ein Handel vermittelst des Geldes ist von nun an zwischen beiden nicht mehr möglich. Es bliebe nur noch der Tausch von Waare gegen Waare Übrig. Dieser würde schon um seiner Unbequemlichkeit willen nicht sehr überhand nehmen; der Staat könnte leichter über ihn wachen, und ein schliessender Staat hat, wie wir tiefer unten sehen werden, die unfehlbarsten Mittel, alles Bedürfniss und alles Gelüst desselben aufzuheben.

Sonach wäre die Lösung unserer Aufgabe folgende: Alles in den Händen der Bürger befindliche Weltgeld, d.h. alles Gold und Silber, wäre ausser Umlauf zu bringen, und gegen ein neues Landesgeld, d.h. welches nur im Lande gälte, in ihm aber ausschliessend gälte, umzusetzen.

Die Gültigkeit, und zwar die alleinige und ausschliessende Gültigkeit wäre dem neuen Landesgelde dadurch zu verschaffen und zuzusichern, dass die Regierung, – an welche schon vermittelst der Auflagen die höchsten Zahlungen geschehen, und welche noch überdies bei Einführung des neuen Landesgeldes durch eine künstliche Vorkehrung sich vorübergehend zu dem grössten, und beinahe einigen Verkäufer machen könnte. – allein in diesem Gelde Zahlungen annähme.

Es ist klar, dass die Regierung es seyn müsste, welche dieses Geld verfertigte, es ausgäbe, ihm durch die Ankündigung, dass dies von nun an das einzige Tauschmittel seyn solle, und dass sie allein dieses bei ihren Kassen annehmen werde, allgemeine Gültigkeit verschaffte; dass diese in besonders errichteten Wechselkassen das neue Geld gegen Gold und Silber, fürs erste zu gleichem Werthe nach Verlauf einiger Zeit mit Verlust am Gold oder Silber, verwechseln müsste. – Warum besondere Wechselkassen errichtet, und bei directen Zahlungen Gold oder Silber durchaus nicht angenommen werden solle, da es doch zuletzt dieselbe Regierung ist, welche dort das neue Geld erst hergeben muss, das sie hier nimmt, dort Gold und Silber allerdings annimmt, welches sie hier zurückweist, leuchtet von selbst ein. Es soll gar nicht von dem guten Willen der Unterthanen abhängen, ob sie das neue Landesgeld sich auf der Stelle anschaffen, und ihr Gold und Silber dagegen vertauschen wollen, oder nicht; sie sollen zum Tausche genöthigt seyn.

Ueber den Stoff, aus welchem dieses neue Geld zu verfertigen wäre, sage ich hier nur so viel. Um der Einbildungskraft des Volkes keinen Anstoss zu geben, muss dieser Stoff vorher gar nicht in irgend einer Beziehung bekannt gewesen seyn, sondern erst jetzt durch das neue Gold bekannt werden; auch von nun an zu nichts anderem ausser zu Gelde gebraucht werden. Er ist Geldstoß, und nichts als Geldstoff: mehr braucht das Volk nicht zu wissen. Denn man bedenke, dass das im Umlaufe befindliche Gold und Silber dagegen eingewechselt, und in die Hände der Regierung gebracht werden soll. Ist nun etwa Papier, oder Leder, oder irgend ein schon vorher bekanntes, und seinen bestimmten inneren Werth habendes Materiale zu Gelde gemacht worden, so sagt das undenkende Publicum: wie kann denn dieses Stückchen Papier oder Leder mein gutes Geld werth seyn, und wie kann man mir anmuthen, das letztere für das erstere hinzugeben?

Allerdings ist kein richtiger Sinn in diesen Worten; denn das Stück Silber ist mir an sich ebensowenig werth, als dies durch den Staat so bezeichnete Papier; aber der Scheffel Korn, dessen ich bedarf, ist mir etwas werth, und diesen werde ich von nun an nicht mehr für das Stück Silber, wohl aber für das Stück Papier erhalten. Auch würde, wenn sich die Sache umgekehrt zutrüge, so dass bisher nur Papiergeld im Umlaufe gewesen, Gold aber und Silber nur als Waare nach seiner inneren Brauchbarkeit geschätzt worden wäre, jetzt aber das letztere als Geld eingeführt, und das bisherige Papiergeld dagegen eingewechselt würde, dasselbe Publicum sagen: wie kann denn dieses Stückchen Silber mein; gutes Papier werth seyn? Aber dieses Publicum hat sich nun einmal gewöhnt, Gold und Silber so hoch zu schätzen. Diese Gewohnheit ist zu schonen, und es muss derselben durch keine schon vorhandene geringere Schätzung des neuen Geldstoffs Gewalt angethan werden. Das Publicum weiss nun überhaupt nichts von diesem Stoffe, also auch nicht was er werth ist. Die Regierung sagt ihm: soviel ist er werth, und es hat nichts weiter zu thun, als ihr ebensowohl zu glauben, wie es bisher der allgemeinen Meinung über den Werth des Goldes und Silbers geglaubt hat. Es wird sich denn auch wirklich in der Erfahrung so finden, dass ein gewisses Stück dieses Stoffes einen Scheffel Korn u. dgl. werth sey, d.h. dass man ihn dafür erhalte.

Das neue Geld soll sich vielmehr der Einbildungskraft empfehlen: es sollte daher schön in die Augen fallen. Was glänzt und schimmert, davon glaubt man um so eher, dass es grossen Werth habe.

Die Verfertigung dieses Geldes muss der Regierung so wenig als möglich vom bisherigen Weltgelde kosten, weil sie des letzteren für andere Zwecke ausserhalb des Landes bedarf, von welchen tiefer unten. Das neue Geld muss so wenig als möglich wahren inneren Werth haben, indem alles wirklich brauchbare soviel möglich als Sache, und keinesweges als blosses Zeichen gebraucht werden soll.

Das neue Geld muss aus oben angeführten Gründen durch keinen anderen Menschen, noch irgend eine andere Regierung nachgemacht werden können. Jede mögliche Form, – beim Gelde alles, was zum Gepräge gehört, – kann nachgemacht werden; das Unnachahmliche müsste sonach im Stoffe liegen. Dieser müsste, eben damit er nicht nachgeahmt werden könnte, weder durch die Kunst zerlegt, noch durch Probiren getroffen, noch durch Erzählung verrathen werden können. Irgend ein wesentlicher Bestandtheil der Zusammensetzung müsste ein Staatsgeheimniss seyn: in einem monarchischen Staate nur der regierenden Familie bekannt. – Hieraus ist klar, warum ich über diesen Punct mich nicht deutlicher herauslassen kann; gesetzt auch, dass die Art und Weise seiner Ausführung mir bekannt wäre.

Die Regierung muss für ewige Zeiten diesem von ihr ausgegebenen Gelde seinen Werth, d.h. denjenigen Werth gegen Waare, den es zur Zeit der Einführung erhält, versichern. Mit der Einführung des Landesgeldes muss daher eine, nach den oben (B. 1. C. 1. und C. 6.) aufgestellten Grundsätzen sich richtende Festsetzung der Waarenpreise eingeführt werden, über welche fortdauernd zu halten ist.

Die Regierung thut für ewige Zeiten feierlich Verzicht, willkürlich und für ihren Vortheil, d.h. so, dass sie ein Aequivalent dagegen nehme, Besoldungen damit bezahle, oder irgend eine ihrer Ausgaben dadurch bestreite, die Masse des circulirenden Landesgeldes zu vermehren. Die öffentlichen Ausgaben bestreitet sie von den aus der wirklichen Circulation herausgehobenen und in dieselbe wieder hineinzubringenden, festgesetzten jährlichen Auflagen. Bei jeder Veränderung des Verhältnisses des Geldes zur Waare, jeder Erniedrigung der Preise (der Fall der Erhöhung kann nie eintreten), jeder Vermehrung des circulirenden Geldes, hat sie sich streng an die B. 1. Cap. 6. aufgestellten Grundsätze zu binden. Dieses, sowie alles B. 1. Cap. 3, 4, 5, 6, aufgestellte werden Grundgesetze des Staates, auf welche z.B. in einer Monarchie der Monarch sich für sich selbst und alle seine Nachkommen unwiderruflich verbindet; eine Verbindlichkeit, welche jeder bei seiner Gelangung zum Throne erneuert. Am schicklichsten dürfte es seyn, dass mit der Einführungsacte des neuen Geldes zugleich eine gemeinschaftliche und offene Belehrung über das neue Verwaltungssystem, mit der Uebernehmung der erwähnten Verbindlichkeit und der Anführung ihrer wahren Gründe von der Regierung an die Nation erginge.

Es ist aus dem Gesagten klar, dass das hier aufgestellte System, wenn es zur wirklichen Ausführung kommen sollte, in allen seinen Theilen angenommen oder verworfen werden müsste; und dass keine Regierung etwa bloss die beschriebene Geldoperation, als ein bequemes Mittel sich zu bereichern, vornehmen, dagegen die Verschliessung des Handelsstaates, die Regulirung des öffentlichen Verkehrs, die Festsetzung der Preise, die Garantie des Zustandes aller, als beschwerliche Geschäfte unterlassen, auch sieh vorbehalten dürfe, bei der ersten Gelegenheit, da sie wieder Geld brauchen wird, nach Willkür welches zu machen, und es in Umlauf zu setzen. Durch ein solches Verfahren würde eine Unsicherheit des Eigenthums und eine ungeheuere Unordnung entstehen, durch welche das Volk gar bald zur Verzweiflung und zur Empörung gegen die durchaus unrechtliche Regierung gebracht werden würde.

Ein nach den aufgestellten Grundsätzen durchaus eingerichteter Staat kann in die Lage, dass er der willkürlichen Vermehrung der circulirenden Geldmasse, als eines Bereicherungsmittels bedürfte, oder darnach auch nur gelüstete, gar nicht kommen, wie wir tiefer unten noch deutlicher ersehen werden.

Der eigentliche Act der Promulgation und Einführung des neuen Geldes und der Einziehung des Goldes und Silbers dagegen, bedarf einiger künstlichen Vorkehrungen nothwendig; und könnte durch einige andere wenigstens sehr erleichtert werden. Ueber den eigentlichen Plan dieser Einführung und die nothwendige Folge der einzelnen Schritte zum Ziele lege ich mir vor dem Publicum billig Stillschweigen auf; und erinnere nur soviel, dass vor der Ausführung vorher mit dem Volke gar nicht berathschlagt, und dieselbe nicht angekündigt werden müsse, welches mir Zweifel, Bedenklichkeiten und Mistrauen erregen würde, die am schicklichsten durch den sichtbar guten Erfolg gehoben werden. Die eigentliche Einführung ist durchaus Ein Schlag, dessen Wirksamkeit freilich durch vorbereitende Anstalten, die man auf jeden anderen Zweck ebensowohl beziehen kann, erleichtert ist. Es bedarf hiebei keiner Strenge, keines Verbots, keines Strafgesetzes, sondern nur einer sehr leichten und sehr natürlichen Vorkehrung, durch welche in Einem Augenblicke alles Silber und Gold dem Publicum zu jedem anderen Zwecke ausser zum Einwechseln des neuen Landesgeldes durchaus unbrauchbar; das neue Landesgeld aber ihm sogar zum Leben durchaus unentbehrlich werde.