BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Kaspar Hauser

1812 - 1833

 

Jakob Friedrich Binder

Bekanntmachung des Magistrats

der Stadt Nürnberg

 

1828

 

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II.

Signalement des Kaspar Hauser.

 

Er ist mittlerer Statur, wohlgewachsen, hat hellbraune, fast ins Blonde fallende Haare, ein ovales Gesicht, breite hohe Stirne, braune Augenbrauen, graue Augen, eine mittelgroße etwas breite Nase, einen proportionirten Mund mit etwas aufgeworfener Unterlippe, ein rundes Kinn, einen hellen wie an den Backen, schwach hervorkeimenden Bart, gute Zähne, eine gesunde Gesichtsfarbe, eine angenehme Gesichtsbildung und außer dem Impfzeichen am rechten Arm, kein besonderes Zeichen.

Bei seiner Ankunft in Nürnberg war er bekleidet mit einem groben runden schwarzen mit gelber Seide gefütterten und mit rothem Leder besetzten Filzhut von der Form, in der er von den mittleren und höheren Ständen getragen wird. Auf dem Boden des Hutes ist eine Abbildung, die Stadt München darstellend, aufgeklebt, welche wahrscheinlich den Namen und Ort des Fabrikanten bezeichnen soll.

Wahrscheinlich waren beide in der Form eines Herzens aufgedruckt oder geschrieben, denn man sieht deutlich, daß etwas herausgekratzt ist. Er war ferner bekleidet mit einem schwarzseidenen Halstuch, einer alten, ausgewaschenen, rothgetupften, zeugenen Weste mit runden durchbrochenen, gelbmetallenen Schleifen, die man samt den ersteren aus der Weste nehmen und in eine andere einmachen kann, und die bekanntlich vor 12 bis 14 Jahren zur Mode gehörten, aber jetzt nur noch selten gesehen werden; ferner mit einem dunkelgrautuchenen Kittel (auch Schalk, Jankerl genannt) mit tuchenen Knöpfen, mit dergleichen Pantalons, zwischen den Beinen mit dergleichen Tuch besetzt, mit kalbledernen Halbstiefeln, die zu seinen Füßen nicht recht paßten und ihm daher wehe thaten, mit hohen Absätzen und Hufeisen, die Sohlen mit Nägeln beschlagen.

Sein Dialekt ist der altbayerische, wie er in der Gegend von Regensburg, Straubing, Landshut, vielleicht auch Altöttingen, Burghausen, gesprochen wird. Er sagte z. B. „hoamweisen“ statt heimweisen; „a söchenes möcht i“ statt ein solches möchte ich; „er kümmt scho, wenn i a Reiter wer, wie mei Voter aner gween is“ statt er kommt schon, wenn ich ein Reiter werde, wie mein Vater einer gewesen ist etc. etc.

Jetzt aber veredelt sich durch den Unterricht sein Dialekt von Tag zu Tag.