BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johann Peter Hebel

1760 - 1826

 

Biblische Geschichten

Für die Jugend bearbeitet

 

II. Theil

 

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14.

Matthäus.

 

Jesus gieng an einer Zollstätte vorbei. An der Zollstätte saß ein Mensch mit Namen Matthäus, sonst auch Levis genannt, und war ein Zöllner. Diese Art Menschen war den Juden sehr verhaßt, besonders auch um deßwillen, weil sie wegen ihres Geschäftes viel Verkehr mit den Heiden, mit den Römern hatten. Aber es giebt unter allen Ständen Leute, welche für das Reich Gottes geschickt sind. Matthäus war ein solcher und Jesus verachtet Niemand, er weiß die guten Menschen überall zu finden. Er sprach zu dem Zöllner mit freundlichem Blick und Wort: «Folge mir nach!» Dem Zöllner that das freundliche Wort so wohl. Er verließ die Zollstätte und folgte Jesu nach. Selbigen Abend ladete Matthäus Jesum zum Essen ein. Zu dem Essen kamen auch andere Zöllner, gute Bekannte des Matthäus, auch Sünder, wie man sie nannte, das heißt Heiden. Daran hatten die Pharisäer ein großes Mißfallen. Es waren die Pharisäer eine Sekte unter den Juden, und hielten gar viel auf gewisse äusserliche Gesetze und Gebräuche, und sonderten sich von allen Menschen ab, welche nicht so waren, wie sie, als wenn sie durch den Umgang mit ihnen verunreinigt würden. Es waren manche fromme und achtungswerthe Menschen unter ihnen. Aber die meisten meinten, das sey die Frömmigkeit, daß man die Gebräuche beobachte, und heilig aussehe. Es waren bösartige gefährliche Heuchler voll Stolz und Verdammungssucht. Alle Heuchler sind gefährliche Menschen. Als nun diese bösartigen Pharisäer Jesum bei dem frommen Zöllner sahen, und andere Zöllner mit ihnen, thaten sie den Jüngern des Herrn einen Vorhalt darüber. «Warum ißt und trinkt euer Meister mit den Zöllnern und Sündern?» Jesus aber, als er es hörte, gab ihnen die gerechte und schöne Antwort: «Weil die Gesunden des Arztes nicht bedürfen, sondern die Kranken, weil ich gekommen bin, die Sünder zur Besserung zu rufen, nicht die Gerechten.»

Ein andermal sahen die Pharisäer, daß die Jünger Jesu aßen und nicht vorher die Hände gewaschen hatten, deßwegen sprachen sie zu Jesu: «Warum waschen deine Jünger die Hände nicht, ehe sie essen?» Säuberlichkeit und Waschen, wenn man es nöthig hat, ist eine gute Sache, und steht besonders auch den Kindern schön an. Aber bei den Pharisäern war es nur ein abergläubiger Gebrauch. Sie sagten, der Mensch wird unrein, wenn er unreine Speiße ißt, und die Speiße wird unrein, wenn man nicht zuerst die Hände wäscht, es mag sonst nöthig seyn, oder nicht. Jesus aber sprach zu ihnen: «Die Speiße, die in den Menschen hineingeht, kann ihn nicht verunreinigen. Aber die bösen Gedanken, welche inwendig sind und aus dem Herzen herauskommen, die verunreinigen den Menschen.»

Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz!

Es war unter den Juden auch noch eine andere Sekte, in den Tagen Jesu, die Sadducäer. Sie waren fast in Allem den Pharisäern entgegen. Zwar hielten sie das Gesetz Mosis in Ehren und lehrten, daß man nur in der Tugend die Ruhe und den Frieden des Herzens finden könne; die Satzungen und Gebräuche der Pharisäer verachteten sie. Auch wollten sie nichts von den Engeln wissen, und behaupteten, nach dem Tode sey Alles aus; die unglücklichen Menschen! Wiewohl Jesus hatte nicht so viel mit ihnen zu schaffen, als mit den Pharisäern. Sie verursachten ihm nicht so viel Anfechtungen, als diese.