BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johann Peter Hebel

1760 - 1826

 

Biblische Geschichten

Für die Jugend bearbeitet

 

II. Theil

 

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64.

Die Vermächtnisse der Apostel.

 

Weil die Apostel nicht bei allen ihren Gemeinden oder Freunden zu gleicher Zeit seyn konnten, so schrieben sie ihnen in der Abwesenheit auch von Zeit zu Zeit Briefe. In den Briefen stärkten sie ihre Freunde in schönen Sprüchen zum standhaften Glauben an Christum und an seine Wiederkunft, und ermahnten sie zum Vertrauen auf Gott in mancherlei Trübsalen und zu einem gottseligen Sinn und Leben.

Folgende schöne Sprüchlein schenkten die heiligen Apostel der Jugend zum Andenken:

Der Apostel Paulus sagt:

«Ihr Kinder, seyd gehorsam euern Eltern, denn das ist dem Herrn gefällig.»

«Die Liebe sey nicht falsch! Hasset das Arge! Hanget dem Guten an.»

«Die Liebe thut dem Nächsten nichts Böses.»

«Des ungeistlichen losen Geschwätzes enthalte dich! denn es hilft viel zum ungöttlichen Wesen. Böse Geschwätze verderben gute Sitten.»

«Eure Rede sey allezeit lieblich.»

«Vermahnet die Ungezogenen.»

«Leget die Lügen ab und redet die Wahrheit.»

«Seyd nicht träge, was ihr thun sollt.»

«Da ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und war klug wie ein Kind, und hatte kindische Anschläge. Da ich aber ein Mann ward, legte ich ab, was kindisch war.»

Der Apostel Petrus sagt:

«Ihr Jungen, seyd unterthan den Aeltesten, und haltet fest an der Demuth.»

«Vergeltet nicht Böses mit Bösem, noch Scheltworte mit Scheltworten.»

«Nach dem, der euch berufen hat und heilig ist, seyd auch ihr heilig in allem euerem Wandel.»

Johannes der Apostel sagt:

«Meine Kindlein, sündiget nicht!»

Die Apostel vollendeten ihre irdische Laufbahn einer nach dem andern. Johannes überlebte sie alle. Er war der letzte, den der Herr zu sich nahm, wiewohl er sah seine Herrlichkeit noch einmal auf der Erde, wie ein irdisches Auge sie zu schauen vermag. Johannes saß einmal auf einer Insel, genannt Pathmos, im wogenden Meer, und dachte im Geist an des Herrn Tag, das heißt, an des Herrn Zukunft, und hörte hinter sich eine Stimme. Er schaute nach der Stimme. Da sah er sieben goldene Leuchter, und zwischen den Leuchtern wandelte eine Gestalt, gleich eines Menschen Sohn, angethan mit einem langen Gewand, und um die Brust begürtet mit einem goldenen Gürtel, und glänzte wie die Sonne. Er wandelte zwischen den Leuchtern und sprach zu dem Jünger: «Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war todt und siehe ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit, und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle. Schreibe, was du siehst und was da ist, und was geschehen soll hernach.»

Johannes schrieb an sieben Gemeinden. An die Gemeinde zu Smyrna schrieb er:

«Sey getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.»

Johannes hörte die Lobgesänge, die alle Himmel dem Todten und dem Lebendigen singen.

Er sah in geheimnißvollen Reden und Bildern, in schreckhaften, in lieblichen Bildern, was zukünftig sey.

Viele fromme Menschen und viele vorwitzige Menschen wollen die Bilder deuten. Aber sie vermögen es nicht.

Keine Weissagung, die in Bildern geschieht, wird verstanden, ehe sie erfüllt wird, am wenigsten ihre Zeit. Von dem Tag und der Stunde weiß Niemand, auch die Engel nicht im Himmel, sondern allein der Vater.

Es soll nicht unter euch seyn ein Zeichendeuter! Die Bilder sind Zeichen.

Wiewohl Johannes sieht nach dem Ablauf aller Trübsale eine Zukunft, welche so schön ist, daß sich ein frommes Gemüth billig darauf freuen mag.

Johannes sah einen neuen Himmel und eine neue Erde. Denn der erste Himmel und die erste Erde vergieng. Gottes Hütte wird bei den Menschen seyn, und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk seyn, und er wird ihr Gott seyn. Gott wird abwischen alle Thränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr seyn, wann das Erste vergangen ist. Es wird keine Nacht dort seyn, und sie werden nicht bedürfen des Lichts der Sonne. Denn Gott der Herr wird sie erleuchten. –

Es spricht, der todt war und der lebt:

«Siehe, ich komme bald, und mein Lohn mit mir, zu geben einem jeglichen nach seinen Werken.»