BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Heinrich Hoffmann

1809 - 1894

 

Struwwelpeter

 

27. Auflage

V. Die Geschichte vom wilden Jäger

 

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Die Geschichte vom wilden Jäger.

 

Es zog der wilde Jägersmann

Sein grasgrün neues Röcklein an;

Nahm Ranzen, Pulverhorn und Flint',

Und lief hinaus in's Feld geschwind.

 

Er trug die Brille auf der Nas',

Und wollte schießen todt den Haas.

 

Das Häschen sitzt im Blätterhaus

Und lacht den wilden Jäger aus.

 

Jetzt schien die Sonne gar zu sehr,

Da ward ihm sein Gewehr zu schwer.

Er legte sich in's grüne Gras;

Das Alles sah der kleine Haas.

Und als der Jäger schnarcht' und schlief,

Der Haas ganz heimlich zu ihm lief,

Und nahm die Flint' und auch die Brill',

Und schlich davon ganz leis' und still.

 

Die Brille hat das Häschen jetzt

Sich selbst auf seine Nas' gesetzt;

Und schießen will's aus dem Gewehr.

Der Jäger aber fürcht' sich sehr.

Er läuft davon und springt und schreit:

„Zu Hülf', ihr Leut'! Zu Hülf', ihr Leut'!“

 

Da kommt der wilde Jägersmann

Zuletzt beim tiefen Brünnchen an.

Er springt hinein. Die Noth war groß;

Es schießt der Haas die Flinte los.

 

Des Jägers Frau am Fenster saß

Und trank aus ihrer Kaffeetass'.

Die schoß das Häschen ganz entzwei;

Da rief die Frau: O wei! O wei!

Doch bei dem Brünnchen heimlich saß

Des Häschens Kind, der kleine Haas.

Der hockte da im grünen Gras;

Dem floß der Kaffee auf die Nas'.

Er schrie: Wer hat mich da verbrannt?

Und hielt den Löffel in der Hand.