BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Hans Beimler

1895 - 1936

 

Im Mörderlager Dachau

 

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„Die besonderen Exemplare der bolschewistischen Schweine“.

 

Wer im Glauben war, daß die Mörderbande für diesen Tag genug Quälereien vollbracht habe – die Raubtiere suchten ihre Opfer wieder auf. Bei Hirsch fing es an – von Hirsch raus – zu Götz rein; von Götz raus – zu mir rein; – Fritz Dressel als letzter. Immer die gleiche Folter.

Am anderen Tag „Visiten durch den Kommandanten“. Ohne ihn zu sehen, wußte ich, daß er es war. Da hörte ich, nachdem er bei Hirsch gewesen war, vor der Tür des Genossen Götz: „Da drin ist der Aufwiegler Götz, ein Verbrecher ersten Ranges.“

Vor meiner Tür: „Da drin haben wir ein besonderes Exemplar der bolschewistischen Schweine.“

Die Tür wird aufgesperrt, vor der Zelle steht außer dem Kommandanten ein ganzer Schwarm der sogenannten „Führer“-Auslese. Nach einer Anzahl Bemerkungen und sichtlicher Freude wurde Dressel „besucht“. Solche Besuche kamen natürlich jeden Tag. Wenn so eine „Leuchte“ der braunen Mörder- und Brandstifterarmee „zufällig“ nach Dachau kam, dann wurden wir immer vorgestellt. Wir waren in dieser Hölle die Hau- und Schauobjekte.

Am nächsten Nachmittag hörte ich auf einmal, wie draußen einer brüllt: „Wo ist denn der Dressel?“ Schon klirrte der Schlüsselbund, und die Schlägerei setzte ein. Ich hörte immer wieder dazwischen schreien: „Spuckst du mich nochmal an?“ Daraus konnte ich entnehmen, daß es der SS-Mann war, der angeblich von Dressel angespuckt worden war. Als er genug hatte, hörte ich, wie die Schlägerkolonne dauernd auf ihn einredete: „Zum Beimler gehst auch rein.“ „Ich will die Sau gar nicht sehen“, gab er zur Antwort; aber sie ließen nicht locker, bis er sich doch überreden ließ.