BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Irmgard Bock

* 1937

 

Religion und Politik - ein Versuch

 

2007/2021

 

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7. Fazit

 

Die verschiedenen Praxen haben jeweils besondere Ziele, die einander ergänzen aber nicht widersprechen dürfen. Menschsein, das sich in den einzelnen Praxisfeldern und ihrem Zusammenhang realisiert, kann nur gelingen, wenn eine Vereinbarkeit möglich ist. Von daher ist es selbstverständlich, dass sie einander beeinflussen. So hat die Politik eine religiöse, die Religion aber auch eine politische Dimension. Es ist nicht nur so, dass die Wertsetzungen für die Politik religiöse Wurzeln haben, die Religion ist auch gefordert, Einspruch zu erheben bzw. sich zur Wehr zu setzten, wenn sie selber das Ziel von politi­schen Angriffen wird, die ihre Wirksamkeit auf die reine Innerlichkeit zurückdrängen will; sie hat auch darüber zu wachen, dass die Politik ihre Grundwerte nicht vernachlässigt bzw. korrumpiert. Die Geschichte hat deutlich gemacht, dass eine solche Aufgabe immer wieder von den Religionsgemeinschaften übernommen worden ist. Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus wurde nicht nur von den Kirchen getragen, aber doch weitgehend. Und wo er ausblieb, wurde ihnen zu Recht Versagen vorgeworfen.

Nicht vergessen werden sollte auch, dass eine große Zahl unserer Parlamentarier bekennende Gläubige sind, die ihre politische Verantwortung aus ihrer gläubigen Grundeinstellung übernommen haben. Die Schwierigkeit, die dabei besteht, sollte aber nicht übersehen werden. Es ist wichtig, dass beide Praxen in ihrer Besonderheit berücksichtigt werden und nicht eine zugunsten der anderen zurückgedrängt wird.

Letztlich hat jeder mündige Bürger die Verpflichtung, in seiner Lebensführung beide Praxen miteinander zu verbinden. Das zu ermöglichen, ist Aufgabe der Bildung, die die religiöse mit der politischen zu verbinden hat.