BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Schubartgymnasium Aalen

gegründet 1912

 

Abiturjahrgang 1958

 

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Walter Borst

Abitur am Schubart-Gymnasium

vor 60 Jahren (1958)

 

 

Sechzig Jahre nach dem Abitur erinnere ich mich an manches wie von gestern. Mir kommen die Lehrer, die Schulatmosphäre, und besondere Ereignisse in den Sinn.

Wir hatten viele sehr gute und aufgeschlossene Lehrer. Für mich waren es vor allem unser Physiklehrer Hermann Zeuner und unser Klassenlehrer, und Deutsch- und Englischlehrer Dr. Wolfgang Hegele.

Schon früh hatte ich Interesse an der Physik, und Herr Zeuner förderte dies auf überragende Weise mit seinem Unterricht. Für mich war dies das Treffendste was ich in der Schule hörte. Es beeinflusste maßgeblich meine Berufswahl und später meine akademische Laufbahn.

Zeuners Unterricht war manchmal etwas trocken, aber immer zwingend und übersichtlich. Die vielen Experimente machten alles noch interessanter. Ich habe noch die Hefte von Herrn Zeuners Unterricht und bin erstaunt darüber, was wir damals lernten, zum Beispiel die Lenzsche Regel (die mit den drei Fingern Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger!) und die Herleitung des Induktionsgesetzes:

 

 

 

Herr Dr. Wolfgang Hegele überzeugte durch sein großes literarisches Wissen in Deutsch und seinen Englischunterricht. Letzterer half mir noch später bei der Verständigung in den USA, trotz etwas anderer Aussprache. Neben seinem Fachwissen verschaffte sich Dr. Hegele Aufmerksamkeit mit seinem Temperament.

 

 

Im Deutschunterricht waren die Noten notgedrungen subjektiv. Einmal bekam ich für einen Aufsatz eine „1“, ein anderes Mal für eine ähnliche Anstrengung eine „5“. Insgesamt reichte es dann beim Abitur zu einer „3“ („befriedigend“). Nach Betrachtung der damaligen und heutigen Notendurchschnitte hoffe ich, das dies jetzt vielleicht ein „gut“ wäre.

Im letzten Schuljahr und beim Abitur gab es zu wählen zwischen teilweise recht munteren und hochgestochenen Aufsatzthemen:

„Was halten Sie von unseren Karnevalsfeiern?“

„Halten Sie es für richtig, alle persönlichen Probleme mit dem Verstand lösen zu wollen?“

„Welche Berufe halten Sie besonders geeignet für die Frau?“

„Volk und Sprache. – Was sind die Kennzeichen und Ursachen von Sprachverderbnis, wie könnte man es im deutschen Kulturraum wirksam steuern?“

„Das Weib soll sich nicht selber angehören. An fremdes Schicksal ist sie fest gebunden...“ (Schiller). Erklären Sie dieses Wort der Gräfin Terzky...

 

Das Reifezeugnis im Jahre 1958

 

Die Durchschnittsnoten beim Abitur waren dann für unsere Klasse 9b ungefähr:

Deutsch 3+

Englisch 4+

Mathematik 3.5

Physik 3+

 

Und meines schaute so aus:

 

 

 

Damit bestanden wir das Abitur. Für einen von uns 20 Schülern gab es einen „Preis“, sofern ich mich erinnere. In einem der Jubiläumsbücher des Schubart-Gymnasium fand ich kürzlich, dass es jetzt viel mehr Belohnungen gibt. Die Zeiten haben sich gebessert!

Der Lateinunterricht von Herrn Josef Brielmaier und Herrn Friedrich Heintzeler interessierte mich wegen der beiden Lehrer und auch wegen der Struktur und Syntax der Sprache. Später profitierte ich davon im Englischen mit seinem lateinischen Hintergrund vieler Wörter.

Ich erinnere mich auch an den katholischen Religionsunterricht von Herrn Walter Purschke. Es war nicht übertrieben glaubensbezogen und basierte eher auf geschichtlichen Fakten. Mindestens einmal war ich von Herrn Purschkes Darstellungen überwältigt. Da hatte er 7 Gottesbeweise, von denen mir keiner stichhaltig vorkam. Da nützte protestieren auch nichts. Religion als Pflichtfach zu unterrichten war sicher schwierig. Herr Purschke war rundherum ein angenehmer und freundlicher Mann.

Für den Musikunterricht hatten wir Herrn Ernst Gawehn über mehrere Jahre hinweg. Ich fand ihn als Pianist hervorragend. Andere machten sich über ihn eher lustig, was vielleicht mit seinem Temperament und überschwänglicher Begeisterung zu tun hatte, wobei er manchmal seine Umwelt vergaß.

Unser Kunstlehrer war zuerst Herr August Oskar Friedrich (A.O.F) Mayer, den wir universell „Pinselmayer“ nannten. Nachträglich glaube ich, dass wir ihm mit unserem ungehobelten Verhalten großes Unrecht angetan hatten. Ich habe später Bilder mit großer Vielfalt von ihm gesehen und über seine künstlerischen Tätigkeiten gelesen. Er war ein bedeutender Künstler. All das wussten wir damals nicht oder wollten es nicht wissen. An eine etwas seltsame Wortdefinition von ihm erinnere ich mich noch: „Kunst“ käme nicht von „Können“, sondern von „Künden“.

Nur in der 8. Klasse war Herr Sieger Köder unser Zeichenlehrer. Er war bei uns sehr beliebt mit seiner künstlerischen Tätigkeit und gelassenen Art. Er ließ uns recht frei walten und gab gute Noten. Legendär waren seine Beiträge zu Schulbällen, Veranstaltungen und Schullandheimbesuchen. Als Maler war er einzigartig und wurde wohl der größte Kirchenmaler Deutschlands.

 

 

Erinnerungen an die Schulgemeinschaft

 

Alle unsere Lehrer waren kompetent und interessiert an uns und am Unterricht. Sie meinten es gut und sorgten meist mit Erfolg für Disziplin. Eine Lücke gab es aber in ihrem Unterricht. Wir hörten fast nichts über die Nazizeit. Das fand ich etwas seltsam angesichts der anderweitig alten Geschichten über Pharaonen und ägyptische Dynastien. Aber die Wunden der Neuzeit waren wahrscheinlich zu groß.

Einige Höhepunkte meiner Schulzeit waren Ausflüge nach Bonn, Koblenz, Köln und in die Eifel, zusammen mit den Nachbarklassen 8a und 8c.

 

 

Schön war auch der Schullandaufenthalt auf den Sonneckhütten über Ofterschwang bei Sonthofen im Allgäu, zu Beginn der 8.Klasse vom 2.-16.Sept. 1956. Den hatte Direktor Dr. Keller als alter Wander­vogel eingeführt.

 

Sonneckhütten

 

Dr. Keller

 

Dr. Hegele

 

Die Klasse 8b 1956 am hohen Ifen mit Blick in das Schwarzwassertal und den Widderstein. Da ging es zwischen den Lehrern und den Schülern recht leger und entspannt her, sowohl bei Wanderungen als auch bei dem Hüttenleben.

vordere Reihe: Roland Mark, Günter Sandner, Heinz Siegmar, Emil Banzhaf, Hans Maikler, Roland Deubler, dahinter: Thomas Günther, Horst Blohmann und vor/unter ihm Ernst Wagenblast, Hans Abele, Harald Launer

mittlere Reihe: Peter Schneck, Hans Ellinger, Dr.Hegele, Walter Borst, Jörg Schwenk, Gisela Doderer, Reinhard Bolch

ganz hinten: Walter Reichenbach, Günther Höcherl

 

Beim Kartenspielen und Biertrinken und Rauchen

 

Vor dem ersten Haus der Sonneckhütten (1956):

v.l.n.r.: Thomas Günther, Hans Maikler, Georg Stegmaier, Jörg Schwenk, Horst Blohmann, Peter Schneck, Siegmar Heinz, Ernst Wagenblast, Walter Borst, Hans Abele

 

Am Bannwaldsee

 

Wanderung im Regen mit Dr. Keller und Dr.Hegele und ......

 

 

Die Tanzstunde

 

Nicht vergessen wird jeder unserer Klasse die Teilnahme am Tanzkurs der Tanzschule Paul Kruger, bei mir war das im Jahre 1955.

 

 

 

 

Meine zweite Heimat: USA

 

Nach dem Abitur studierte ich Physik an der Universität Tübingen, mit Diplomabschluss 1964. Ein paar Tage später gingen meine Frau und ich nach Amerika, wo ich 1968 in Atomphysik an der Universität Kalifornien, Berkeley, promovierte. Seit 1970 bin ich Professor für Physik, dabei seit 1984 an der Texas Tech University, wo ich seit meiner Emeritierung 2009 noch Vorlesungen über „Physics of Sound and Music“ halte (2018).

 

Am Schubart-Gymnasium habe ich viel gelernt und wieder vergessen. Aber das Erlebnis bleibt. Dafür bin ich sehr dankbar.