BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Opsarologos

saec. XIV p. Chr. n.

 

Ὀψαρολόγος

 

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Das mittelgriechische Fischbuch.

Deutsche Übersetzung.

 

Mit Absicht folgt die Übersetzung, die eine ausführlichere Erklärung ersetzen soll, dem Original ganz wörtlich. Daher habe ich auch das unbeholfene Gestammel des Griechen ohne Retouche wiedergegeben und darauf verzichtet, durch künstliche Mittel den durch die Verschiedenheit des Genus der Fischnamen im Deutschen entstehenden Widerspruch zu beseitigen. So mag man den „Herrn“ Miesmuschel und die mit einem Bart ausgestattete Makrele entschuldigen. Der Grieche hat sich einigemal geholfen, indem er Neutra ganz frei zu Masculinen umbildete (Ὀμύδιος, Καλαμάριος, Κτένιος, Κουβίδις); auch Κῆτος (Gen. Κήτου) ist als Masculinum gedacht. Bei anderen Neutren ist der Anstoss dadurch vermieden, dass sie nur im Genetiv vorkommen (Ψησσίου, Λαβρακίου u. s. w.). Aber die meisten Feminina und Neutra hat der Autor in ihrer Form belassen, obschon die Gerichts­versammlung als aus Männern bestehend gedacht ist.

 

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Das Fischbuch.

 

 

Unter der Regierung des allerdurchlauchtigsten Walfisches und unter dem Prokonsulat des hochansehnlichen Delphins, unter dem Beisitze des Grossdomestikos Thunfisch, des Protostators Schwertfisch, des Mundschenken Meeräsche, des Schatzmeisters Scholle, des Kaesars Meerwolf, des Logotheten Wels, des Kammerherrn Steinbutte und des Schlosshauptmanns Auster da kamen der Zahnfisch und der Wolfhecht (?) und vermeldeten dem König: „Makrele, die fettlose, und Graf Sardine haben sich gegen Deine Majestät verschworen.“ Als König Wal das vernommen hatte, sprach er zum Zahnfisch: „Falsch hast Du, o Zahnfisch, meiner Majestät vermeldet“.

Da sprang sogleich Herr Miesmuschel im schwarzen Wams hervor und erwiederte also: „Bei meinem Bruder, dem Tintenfisch und meinem Neffen Kammmuschel und meinem Schwager Krabbe, wahrheitsgemäss hat der Zahnfisch und der Wolfhecht zu Deiner Majestät gesprochen“.

Nun sprach König Wal zu der Versammlung: „Sebastos (Erlauchter) Hummer und Thunfisch und Du, Obergarderobier † Boskanos, Du † Barsamos-Chumnos und Du, Gerichtspräsident Hecht, Du Stör und Seebarbe, Aehrenfisch und Stachelroche, Meerengel und Punktroche, die Ihr auch die Gesetzbücher bewahret, erwäget bei Euch, wie Herr Miesmuschel gesprochen hat, und untersuchet die Wahrheit“.

Sie nun sprachen: „Wir, o Herr, wollen stets ein gerechtes Urteil und flehen Dich also an, zu befehlen, dass die Magnaten und Oberrichter kommen!“

Als nun der König befohlen hatte und die Magnaten eingetreten waren, stellten sich zur Seite die Sekretäre und die Leibwächter, Gründling und Neunauge, Meernadel und Squillenkrebs, Sardelle und Stumpfroche, Stöcker und Himmelschauer, Drachenkopf, Hundsstör, Stachelmakrele, Aal und Stint.

Und auf Befehl des Königs brachte man die Makrele mit Fusstritten und Knüttelschlägen, dazu auch den Prätor Kabeljau und den Grafen Sardine, und nun traten Sardine und Kabeljau vor und bekannten die Wahrheit: „ Makrele hat uns aufgewiegelt“.

Nun sprach zu ihnen König Wal: „Hat Makrele, die fettlose, mit Recht behauptet: ,Zahnfisch und Wolfhecht haben Deiner Majestät falsch vermeidet?’“

Da riefen die Zeugen laut: „Vielmehr hat Makrele Deiner Majestät falsch vermeldet“.

Da König Wal das hörte, befahl er in grossem Zorne, eine Schere zu bringen und schnitt Makrele den Bart ab. Und Makrele erhob unter Wehklagen ein grosses Geschrei und sprach: „Fluch Dir, o Zahnfisch, und Fluch Deinem Geschlecht“. Und sie hob ihren Bart auf und ging und zeigte ihn ihrem Bruder Sardine. Und da er ihn sah, weinte er bitterlich und schmerzlich und sprach: „Wehe, was ist meinem Bruder Makrele begegnet!“

Darauf verfluchte der König die Makrele und sprach: „Des Armen Munde sollst Du nicht entgehen, Makrele, und Deine Ehre (auch = Dein Preis) soll sein, was man einen Follis nennt, und den Fusstritten auf Fusstritte und dem Gestank sollst Du nicht entgehen, Makrele, Makrele“.

Und sogleich riefen alle Fische zusammen: „Auf viele Jahre, o Herr!“