BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johann Fischart

1546/47 - 1590

 

Affentheurlich Naupengeheurliche

Geschichtklitterung von Thaten und

Rhaten der vor kurtzen Langen und je

weilen vollenwolbeschreiten Helden und

Herren Grandgoschier Gorgellantua

 

1575/1582/1590

 

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Das Zehend Capitel.

 

Mit was gelegenheit dem Gurgellantua,

der Nam war gegeben: Vnd wie er mit

Treubelmüselen vnnd Börenmüffelen

zubracht sein leben.

 

 

GDER gute Mann Großgisier, als er vnter dem ernstlichen Glaßraumen vnnd possenreissen, das schrecklich Geschrey vernam, welchs sein Sohn, als bald er an das Liecht der Welt kam außliesse, da er so daub vnnd tobend zusaupen, zusaupen rüffet. Sprach er gleich, Wie hast so gar ein groß, «supple», das ist zuverstehn, Gorgelstrosen. Darauff schloß gleich der gantz vmbstand vnnd vmbsitz einhellig, daß dieser durstig Schreiling darumb müßt den Nam Gorgellantua oder Gurgelstrozza tragen, weil diß das erst wort seines Vaters zu seiner Geburt gewesen, gleich wie dem König Xutho sein erster Sohn alsbald vom Gohn mußt Jon heissen, weil der Oraculisch geist, den er vmb Erben fragt, durch «oraculi» jhn gehn hieß, hui annen: daher darnach das gantz Land Jonien genannt worden. Dann also auff die weiß haben die alten Hebreer jren Kindern Namen angeeigenet, vnd dieselbige nach gestalt der sach auff jhre Sprach gegeben. Derhalben hielt Großkälier diesen des Weinverzuckten Völcklins gemeinen raht für ein gut zeichen, das ließ jhr auch die Mutter nit mißfallen. Dann die Müter haben das Recht, den Kindern Namen zugeben, vnnd mißfallt vnsern Gnaden auch nicht, daß man von eim sonderen vnversehenem fall eim Kind den Namen auffsetze.

Vnangesehen was Jörg Witzel hie von witzelet, welcher meynt man soll die Kinder all Latinisch auff ein us vnd sus nennen, gleich wie man sie Latin tauffet: Ja auff Welsch Ceco vnd Beco, Malatesta, Malespina, Malestroit, Sansvin. Hei warumb nicht auff Türckisch vnd Sclavisch Baiazet, Zisca vnd Rockenzan, sie sind je auch frembd. Aber er meint Henckel, Hubelt, Del, Gele, Metz, Leis, lauten schrecklich inn seinen Sirenischen Oren, vnd machen einen bei den Leuten nicht angenem. Wie dann? thut es jhm so wol inn seinen Priscianischen Witzoren, wann man die Susnamen so schön vergorgelet, verjörgelet, verjoeelet vnnd ver­hundstutzet, Hen, Trebes, Debes, Kres, Gruner, Sar, Sechel, Craz, Nys, Gilg, Ciliox, Fester, Bestel, Lentz, Bläß, Veitz, Lips, Brosi, Tönge, Bentz, Jost, Luz, Trin, Zilg, Plön, Gret, Kön, Len, Seicken, Nes, Dörle, Zoff etc. Sollen dise gemarterte wörter einen angenem machen, da sie doch keiner versteht: ja wann ein jeder Odenwälder einen Witzel bei sich hett, ders jm außwitzeliger weiß außführlich außleget.

Solt ein Kabißbauer in seim Kabiskopff nit besser verstehn, wann ich jhne nennt Wolffharte, Hildebrand, Sigfrid, Friderich, Gottfrid, Winrich, Hartman, Gebart, Burckhart, Richart, Bernhart, Vischart, Volckart, Rein­rat, Kunrad, Reinhold, Richwin, Winhold, Bruder Birhold, Waltherr, Landbrecht, Lautbrecht, Volckmeier, Eberhart vnd Degenhart.

Was? solt ich bei Mannlichen Leuten nicht angenemer werden, wann ich ein solchen Knebelbartfressigen Namen hette, der von gethön vnnd hall den Leuten außzusprechen ein lust gibt, als Eisenbart, Kerle, Hö­rebrand, Hartdegen, Schartdegen, Degenwerd, Wildhelm, Helmschrot, Voland, Grimmwald, Grimmhild, Kibhelm, Künhelm, Fastkün, Eisen­arm, Hörwart, Marckwart, Girfalck, Sattelbog, Starkwin, Schlag inn hauffen, Rauchschnabel, Wolffskäl, Fuchsmagen, Pickhart, Raumland, Hagelwild, Hartmut, Manswerd, Manwurg, Muckensturm, Manrich, Hochschritt, Werruch, Wischgul, Hörschirm, Hardknot, Wolsporn, Wolfhelm, Stich den Teuffel, Trag den Knaben, Brech den Busch, etc.

Sind dann Stillfridsame vnd sittsame Leut, so kan ich jnen das Muß auch süß einstreichen, kan mich auff Philosophisch Richfrid, Gottfrid, Fridger, Sigstab, Lantfrid, Schirmfrid nennen: Welchen wolt es nicht gefallen, wann einer heißt Gottliebe, Gottshunger, Gottwach, Gottwald, Jesuwalt, Trostwehr, Wollob, Goldacker, Vollrhat, Christman, Gothart, Gebrich, etc. Oder wann eine heißt Rosenmund, wie vnsers Gargantoa Mutter Honiggurgelin, vnd Schmandkälchen: oder Gottshulda, Tru­garta, Wisarta, Liebwarta, Fridburgin, Adelinda, Adeltrud, Adelgunt, Machthilda, Gerntrud, Ehrentrut, Engeltrut, etc. die Namen solten eim die Weiber schier einschwetzen: wie können sie dann so grell inn Oren vnnd vnangenem sein? Der gut Herr acht seinen Griechischen Baurennamen hoch, vnd veracht seinen Teutschen ererbten Namen, der je nicht Latin ist: er wöll dann das Kälblin Vitellus werden. Verschmecht also seine Vorfahren, die denselbigen Namen besonder allein gebraucht haben: dann vnsere vornamen sind nicht eher auffkommen, als da wir Christen worden, on daß die Wolgeborene jhren sitz vnnd Herrschafft gemeynlich, doch nicht allzeit, darzu setzten. Sonst waren vnsere jetzige zunamen zugleich der alten vor vnd nachnamen. Darumb lauts den Mallen vnd Bottenflemming, vnd den plumpen Holländern so widersinnisch, daß einer soll Diebold Angelgert oder Lentz Ochsenfuß heissen, meynen ein Hochteutscher hab drumb zwen Vätter, aber Wilhelm Wilhelms Son, Erich Erichsson ist jrs verstands.

Jedoch den Nam Witzel belangend, ist jhm vielleicht der Nam auch zu klein, das verschmecht jn villeicht, wie die Hetzhundischen Kleinwitz: Garwisus vnd Trostwitz, das weren Namen. Was darf man sich nach den Juden nennen, die sich doch nit nach vns nennen, sie werden dann im Tauff degradirt von jren Namen.

Vnser sprach ist auch ein sprach, vnnd kan so wol ein Sack nennen, als die Latiner «saccus». Ich glaube, man meint vnsere Vorfahren haben stäts geschlaffen, vnd nit eben mit so grossem bedacht gewußt jren lieben Kindern Namen zugeben, als die Griechen vnd Latiner. Wir haben jetz das frey Regiment, was dörffen wir vns nach den Sclavischen Römern nennen, die Herren nach den Knechten? Welche Rümling doch, da sie das Keysertumb einhatten, so trotzig gewesen, daß sie vns zur schmach jhre Knecht Getas vnnd Dacos genannt haben. Wie solt es sich reimen, wann die Griechen jre Kinder Xerxes vnd Mardonios, die Römer die jren Perses vnd Stichos, die Sirier Dama, die Frigier Midas genant hetten, die Siger nach den Vberwundenen?

Vnd war des Pomposians Knecht darumb köstlicher vnd grösser, weil er Hannibal heißt, vnd der Hund, wie du? Solt ein kurtzer Zache­ischer Feigenbaumsteiger darumb lenger sein, wann er Langbrecht heisset. O viel lieber kurtz Arm dann lang Arm. Solten die Trogloditen darumb kein rechte Namen haben, weil sie jre Kinder nach den Küen, Schafen vnnd Geissen, die sie saugen, nennen? oder die alten Nortmannen vnd Gothen in Nordwegen die sich nach den Fischen benanten? oder die in «Riobella plata» Land, die nach den Papageien vnd Vögeln Wassu heissen? So müßt Keiser Cyrus nit dem Hund Kyrr, den er gesogen, nachheissen (der jm gleichwol hindersich lesend ein Rich verkündet het) die Keyserin Semiramis nach den Tauben, die sie ernehrt: des Herculis Sohn Telephus oder Eilenfuß von dem Räch: noch der Held Vrsus dem Bären, vnd Ritter Leo dem Löwen nach. So müßten sich auch die Römer nit von den Bonen, Linsen, Lattich vnd Zisererbsen, noch dem Sarcerischen Geistlichen Kräuterbuch, oder des Lewini Lemnij Biblischen gleichnussen von Erdgewächssen nennen.

Vnnd daß wir widerumb auff vnsere Teutsche kommen, wann jre Namen so vnchristlich lauteten, wie Witzel meint, warumb sicht man inn allen Bischoffs Catalogen vnd Abt Registern, daß die ersten auß jnen Teutsche Namen haben: sollen sie drumb im Glauben Barbarisch sein gewesen, weil etlich heissen Erbargast zu Straßburg, Mallo zu Pariß, Hartin zu Speir, Berwolff oder Wehrwolff zu Augspurg, Pflegbarwis zu Saltzburg, Ehrenbrecht zu Frisingen, S. Burghart zu Wirtzburg, Richhulff zu Mentz, Magnerich vnd S. Lutwin zu Trier, S. Ewerwiß zu Trecht, Willigbrot zu Vtrecht, S. Künbrecht zu Cöllen, S. Meinrat zun Einsideln, S. Otmeyer zu S. Gallen, Geitzo zu Basel. Sind solche Namen an den Christgetaufften darumb noch Heydnisch, weil sie von Heyden herkommen? Sind nicht die heutige Latinische Tauffnamen von Heyden? Solt Judas Jacobs Sohn, vnnd Judas Machabe darumb des ärger sein, dieweil der Verräter Judas also heißt?

Wolt darumb der König inn Franckreich all Eseltreiber hencken, weil sie den Eseln Herri ruffen, vnnd die Teutsche Seuhirten all ertrencken, weil sie die Seu Heyntzlin heissen, vnd die Gärtner dem Teuffel schencken, weil sie das Kraut Guten Heynrich nennen, vnd seine Artzet alle versencken, weil sie dem grossen Arsdarm Lang Heri sagen? Ey das müßt eim doch gar ein heissen Scheiß einjagen.

Wolt ich darumb nicht wöllen Herman oder German heissen, weil man dem Bock, Herman stoß nicht, sagt? (welchs doch ein Antiquitet von den Hörkriegischen stossenden Teutschen, vnd Noachs oder Bachi Bock ist) Oder weil man die Gäuch, Herman gut Schaf, nennt? Deßgleichen wolt ein Jud darumb nit Moses heissen, weil wir die Böck also heissen? Wolt einer drumb nicht mehr der alt Peter vnd Paule sein, weil die Wettermacherischen Glocken zu Cölln also getaufft seind? Wolt ein Königin drumb nicht Isabella heissen, von wegen einer Jesabel? vnd eine nicht Elisabet, der Wolffdietherischen Rauch Elsen halben?

Woltst darumb nicht Kuntz heissen, weil man inn Sachssen den Schweinen also locket, vnnd die Gauckler Kuntz hinderm Ofen ruffen, vnnd bei den Frantzosen vnfletig ein beschorene Mauß Conras heisset? Wolt ich darumb nicht Hans inn allen Gassen sein, weil man im Niderland die Graßmuckenkönig Jan schilt? Noch Siman, weil man meinen Simischen schafnäsigen Delphinen vnnd den Mörschwein Nä­sigen Schafen, vnd den Weiberbeherschten Gaucheyerbrütlern also ruffet? Noch Stöffel, weil alle Seulgötzen, vnnd die Heustöffel, vnnd das Lied O Stöffel lieber Göffel Löffel also klingt? Noch NichtClaus von wegen des Papiren fensters? Noch Vilhelmus des Strosacks halben. Noch nichtcasius von wegen des Kütrecks? Noch Mangold, daß er besorgt er werd arm? Noch Barthel von wegen des Trockenen Bart­scherers Meister Barthels? Noch Märtin, weil der Gauckeler seinem Affen Meister Märtin, vnnd die Müller jhren Eselen vnnd die Churwalen den Bären also ruffen? Noch Jungfraw Län, von wegen einer faulen Länen? Noch Marckhulff von wegen des Salomonischen Marcolphi (welcher Nam demselben Marcolffdichter auch Grell in den Ohren gethan) Noch Margret von wegen Murrgret: Noch Morolff vonwegen Bruder Morolffs des Holtzvogels, aber von wegen des guten Weins: Gleich wie etwann die Römisch Manlier wolten keinen Marx vnter jnen wissen, weil ein Marx jr Geschlecht schelmisch hat beschissen, vnd die Claudier keinen Luci oder Lauxen.

Was? es sind nit all Latiner die Gabeluszinkus können. Solt Kasrom darumb ein Römer sein, weil man im Kasramus schreibt, So müßt Lentulus ein Baier sein, weil er Liendel laut.

Man soll nach dem geburtsfall vnd zufälligen geschichten die Kinder nennen, wie hie vnser Gurgelzipfflin auff Spanisch vnd Nabalisch Gargantomänlin: Was schad es, wann sie schon Nasichi heyssen, oder Nasonen, Capitonen, Lefftzen, Flachohren, Lappi, Kalbe, Plauti, Zäntati, Memmule, Lecke, kreummaul Cote, diebisch Masse, fressig lamie, Lefftzenwartzige Verrucosi, Badstüblin auff der Nasen, schöns haar Cesar, ja Cesar von des Frantz Rousset partu Cesareo oder Nachgeburt­scherung: Cincinnat, Asine, Säuhuren, Scrofe, Gurgellantische Gurges, Maultaschin, Guldenmund, Antigonisch Großknie, Diotinisch trechter, Xenarchisch Metretes, schind den Buben, Mange diable, friß dahinden, etc. Oder von den Landen Alloprochisch, Cautzisch, Turagaramantisch, etc.

Das ist der alt brauch, vnd der allererst, wie Gorop beweiset, daß auch Adam vnd Eva Niderländische namen Hatdamm vnd Ehevat haben gehabt, wie sehr es auch den jungen Leytertrager Joseph inn seim Castigierten Festo verdreußt: was soll dann dise Latinische Tirannei mit vs vnd Esels ja?

Schöne Namen reitzen auch zu schönen thaten, darumb muß es Gurgelstrossisch auff den glückfall außerlesen sein, nicht daß alle Schlesier Furmans claus, Lubecker Till, Nörnberger Sebald, Augspurger Vrli, die Weber Galle, die Küh Barthel, Holländer Florentz, Schotten Andres, Spanier Ferrnant, Portugaler Jacob, Engellender Richart vnd Edwart, Behmen Wentzel, Polen Stengel, Vngern Stephan, Pommern Ott, Preussen Allbrecht, Lotringer Claudy, Flemming Baldwin, Francken Kilian, Westfalen Gisbart, Märcker Jochen, oder Ochen, oder Chim (dann nach dem einer reich ist, gibt man jm silben zu) etc. heissen. Sonder eim jeden ein sondern Helm auffgesetzt, so kent man die Mummer vndereinander.

Also habt jr den fall, dardurch dem Gurgullantula sein Nam entstanden, vernommen, auch sein durstig anligen verstanden, welches er der Göttin Potina klaget, Darumb opffert jhm wacker vnd tapffer Gläser voll Wein, steckets jm aber nit wie dem Priapo an das Latzstümpfflein vnd stoßdegen, sonder hanckt jhm die Gutteruff vmb den halß, wie der Zanbrecherischen S. Apolonien die Zän, vnd das Angsterlied, von Legelnoten, So trincken wir alle etc. die Sackpfeiflein, KrausenKelchlin, vnd Würffelfugen aneinander hencket. Badet das arm Kindlin auf Spartanisch im Wein ab, nicht wie die Teutschen auff eim tieffen Schilt im kalten Rein, Wein, Wein, das kan ein Bad sein: vnd es zustillen, bitt ich euch gebt jm auß dem Zihdenrimen zutrincken, darnach tragts zur Tauff, wie jr könt.

Aber diß geht euch Gevattern an: secht daß jhrs hoch genug auffhebt, daß es auch hoch wachß, ziehet Händschuch an, daß es kein Copronymischer Tauffscheisser werd. Hebts jr lieben Paten, wie die frommen Cheiben die Eydgnossen jren lieben Pfetterman König Heinrich, welcher wol hat ein grosser Haine müssen werden, vnd neben der Plusvltrischen Sonnen, sein der Mon der Erden, weil ein gantz Land an jm gehebt hat, ja ein Land von grossen hohen Bergen, vnnd langen schmalen Leuten. Aber botz Chüwunden, es kost diß Göttelkindlein manchen feinen Abbezeller chnaben, vnnd manch weydlichen Pfettern: so gehts wann Bauren der Edelleut geuattern wöllen sein. Es kartet sich selsam, der ein hebt jn auß dem Tauff, der ander zu danck ins Grab. Ich muß erzehlen wie Plutarchisch er geseuget sey worden: zu demselben warden geordnet tausent sibenzehen, treizehen Küh auß dem Kühland vnnd freyen Bergen vnnd Vngerischen Weyden, dieselbige seugeten es fein ordenlich nach der Tabulatur ein Tag vmb den andern. Dann es war vnmöglich genug vermögliche Säugammen für jhn außzutreten: inn betrachtung der grossen quantitet Milch, so zu seiner narung auffgieng. Was auch etliche vom Helden Olgier schreiben, er hab seiner corpu­lentitet halben vier Milchflaschen gebraucht, das ist zwo Säugammen, also das man jm, wann er die ein außgelährt, flugs ein par andere dargeworffen hat: ist Kinderwerck. Doch wöllen etliche Scotisten Doctor er hab sein leibliche Muter gesutzelet, vnnd auß jhren Brüsten viertzehenhundert zwen Reingäuisch Viertheyl vnnd neun Maß für jedes mal außzepffen können. Aber es scheint der warheit nicht änlich, vnd ist auch solche meynung als Vbermamalelelich scandelos, Affensiff vnnd ärgerlich den frommen andächtigen vnschuldigen Ohren, vnd für anstössig vnd stolperig den reinen keuschen Hertzen vnd vnreinen füssen, vnd als von alter Hereseu stinckend declariert worden. Dann es lassen auch meine Juristen nicht zu, daß ein Edel Weib ein Kind seug. «Doct. in l. alimenta. C. De neg: gest.»

Nun in solchem seugenden stand ist er gestanden biß auff ein Jar vnnd zehen Monat: nicht lenger hat er den Brüstlichen safft, ziehender vnd lüllender weiß ersogen: dann die Artzet rhieten nach verscheinung der zeit, daß man alsbald das Kind anfangen solt zu tragen, zuhotzelen, zublotzelen, zuketschen vnd zusetzen, dann das macht wol däwen. Auch damit es bald gehen lernet, macht man jhm durch künstliche Invention des M. Johan Demalts auß Westerich (der etwann auch die Kuchin auff die Kotschen, vnnd die Windspferdsmül, auß des Herons Zygijs sampt dem Nebelschiff angeben hatte) ein Kolwagenkärchlin, daran vier Ochssen hetten mögen ziehen. Inn demselbigen führt man den jungen Printzen vnd Infant von Nullubiquingen, vnd Delphin auff Nienenburg, ab, auff vnnd nider, hin vnd wider. Vnd war nicht vnholdselig zusehen, ohn wann er mit dem Wagen besteckt, da schri er ketzerjammer vnnd wol so sehr als die Nörlingischen Fuhrleut Elementisch fluchen, vnd wann es nicht gehn wolt, macht er flugs ein solch Wasser, das ein Mül getriben hett, geschweig das Kindskärchlin. Von jhm haben es darnach die Bömische Pascaler, wie Bonfin schreibet, gelehrnet, da sie das Wibende wabende Wasser (wie sie das Mör nanten) inn Fläschlin heim getragen, vnnd wann die Wägen nicht gehn wolten, darunder geschütt haben, auff daß es die Kärch wie die grosen Schiff fortstieß: Ja hetten sie den Arslochigen Aeolischen stinckenden Sack auffknipfft, vnnd Windmäsig drein geblasen, oder fürtzlicher weiß gehustet, da wers gangen, wie ein alt Weib am stecken.

Nun, vnser Hänlin ließ sich wol an, hat schon viel Eyer verderbt, het schon schier zehen Kin, vnd schrey nicht als nur ein wenig, aber beschiß sich schir alle stund, so gar treckfegmatisch von Lederem gesäß war er, zum theyl auß natürlicher Complexion, zum theyl auß zufälliger dispo­sition, die inn jm das zu viel einnemmen der geschölten RebenPillulen vnd des Herbstrames verursachet. Dann wie er kein tropffen on vrsach einsurfelet: also spei er keinen on vrsach. On vrsach aber tranck er nit. Dann wann es sich begab, das er zornig, rasend, hirnprünstig, treck­auffstösig: Vnsinnig: grimmig: schreiend: weinend: wütend: vnd Teu­ffelisch ward: daß er anfieng vor rachgiriger boßheit zu Veitsdäntzelen: zuhupffelen: schupffelen: zabelen: strabelen: zitteren: witteren: Zänk­narspelen: Toben: dauben: Strampelen: arschritschelen, kreuschen vnd fallendsüchtig werden: Da must was hand vnd fuß hat lauffen, vnnd jm pringen zu sauffen, das war die Losung, also kont man die gut art ein weil stillen, biß daß er wider Atham holet, da gieng das Lied auff ein newes an, da mußt man jm etwann zum drittenmal auß dem zwölffmäsigen Säugammenkennlin zuschlucken geben vnd dahinden wol auff heben: dann die guten Kindlin haben grossen durst, die milch ist gesaltzen, das macht das graß so die Müter assen, war nit vngesaltzen: so haben sie groß Hitz vom Zanwee, ehe sie außzanen, so muß man dann den kalck mit Wein leschen, das macht die Pillerlein steiff. Darumb verfaulen den Teutschen Todtenköpffen die Zän am letzten, von wegen des Weins weihe: wers nicht glaubt, versuchs.

Es hat mir seiner Warterin eine gesagt, die jm den zipffel offt im maul gehabt, vnnd auff mein tru geschworen, das Gargelzimplin hab so gar dise weiß an jm gehabt, daß er nur vom gethön vnnd klang der flaschen vnd kannen in ein solche abgründige, tiflose, sinnlose verzuckung sey gefallen, als ob er wie Machomet vnnd die Propheten von Mönster die Paradißfreud empfünd: Het es allerdings reden können, es het euch auff Delphisch Reimenweiß die warheit gesagt. Derhalben als sie solche Heylige Complexion vnd art an jm vermerckt, haben sie täglich an statt der Kindschlätterlin, vnnd Malzenplättelin solch Cibelisch kübelklopffen, Faßfingerlen, gläserklingelen, vnnd flaschendäntzelen vor gehabt: auch so bald er auffstund, vnd noch Leilachgienig vnd Federstibig gewesen, musten sie an allen ecken mit den ketten vnd Schrauben an den Flaschen rasselen, vnnd mit dem deckel auff der Kandel klöpffelen, daß er den Kopff vmbwarff, wie ein Tauber vor dem Schlag, vnd vor Freuden gleich erhupffte, erlupffte, erschupffte: ermunderte: erschulterte: erschüttelte: vnnd wagete: wigete sich selber: didelinend mit dem Ditelkopf, monochordisend vnd instrumentisend, vnd quenckelingend mit den fingern, vnd baritonirend Lullepipend vnd grubenklimmend mit dem hindern. Vnd ist solchs heut eben so wenig fremd, als das ein Welt vnder vns sey, welche die Füß gegen vns kehrn. Dann Bellonius schreibet in Creta lassen sich die weinenden Kinder nit stillen, man zeig jhnen dann Bogen vnnd Köcher, vnd geb jhnen ein Pfeil inn die Hand: gleich wie man keiner Schwäbin Kind bald schweigt, man zeyg jm dann ein Löffel, oder ein Küchlein.