BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Johann Fischart

1546/47 - 1590

 

Affentheurlich Naupengeheurliche

Geschichtklitterung von Thaten und

Rhaten der vor kurtzen Langen und je

weilen vollenwolbeschreiten Helden und

Herren Grandgoschier Gorgellantua

 

1575/1582/1590

 

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Das Fünffzehend Capitel.

 

Von des Gargantoa geschnetzelten Pferden,

vnd jhren vngeberden.

 

 

ALs nun dem lieben Gargantomänlein das Scheißstülchen anfieng zu klein zuwerden, also daß man jn zu eim weitern vnd höhern Stul mußt erhöhen, da mußt man sehen, wie man jhm das Seil glimpflich vmb die Hörner würff: derhalben damit er zeitlich zur Reuterey angezogen würde, so macht man jhm schöne grosse Pferd von Holtz: darhinder man Repphüner hett fangen können. Dann sie gedachten, können die Westwind im Linsebonerland Gurren Schwengern, daß sie füllen, vnd haben doch kein handhab, warumb sind dann vns die Händ gewachssen, daß wir sie ins Geseß schieben? Neyn, wir wöllen von EichenBäumen wol andere Troianische Pferd zimmern, dann dise Wind füllen, die nur trey Jar leben. Daß sollen rechte Lignipedische «vituli equi» sein, die man nicht striegeln darff: Als sie nun von Meister Gißbrecht Seidenschwantz, der von dem Geschlecht des jenigen war, der daß «Montis instar» Pferd zu Troia gemacht hatte, gentzlich waren gefertiget, da mußt sie der jung Reuttersknab anführen vnd üben mit sprengen, dummelen, vmbwerffen, springen, dentzelen, hupffelen, stutzen, Lufftspringen, alles zugleich: Jtem den Paß gahn, den mittelpaß, den Troß, den tritt, den schritt, den Trab, den trott, hoflin, den zelter, den klop, den treckenart, den Camelin, den Eselstritt, den Treischlag, den Stapff: Endert sie auch fein von haaren, wie die Mönch von Curtibal, nach den Festen von Beilbrunn, als von Apffelgro, Rappen, Hirtzhaar, Rattenfarb, Schimmel, Fuchs, Liechtgro, falb, Falck, kästenbraun, fahl, rauchfarb, Wolffsfarb, Maußfall, blaß, rotgemalte von Mini vnd Eyerklar etc.

Er schnitzelt jhm auch von eim grossen Balcken vnnd Schlaiffen ein Rabicanisch Pferd zum jagen, darnach eins auß dem Trottbaum zum täglichen brauch. Auch von einer Schwartzwäldischen Tannen, vnnd Goliatischen Weberbaum, zwey Maulthier sampt dem Sattel, für die lange weil damit vmbzuspacieren inn der Stuben vnd Kammer: folgends noch zehen oder zwölff zu dem prangen, vnnd siben zur Post: vnnd legt solche Berckgenosse Caballen alle zu sich schlaffen: daß war sein Stall für solche Ogiers Broifort, Rolands Bridelor, Renalds Baiard: Keysers Adrian Borysthenes, Keysers Veri Volucris, Phöbi Phlegon, Neptuni Scyphius (mag wol Noe Schiff sein, vnnd hindersich, gelesen ein Fisch) deß Plutons Alastor (mag wol hindersich ein Roßstall sein) deß Achillis Balias, den Kyllarhengst deß Castor (mag wol hindersich heissen, der daß Roß stach) Dunckt euch aber daß wunderlich, ha, so dencket wie Ehrlich die Pferd etwann mit fürstmäsigen Ehrenseulen seind von den Agrigentinern begraben worden, wie der groß Alexander seinem Kuköpflin ein leichtend Liecht gehalten, auch Keyser Octauius vnnd Hadrian jhren Gäulen gethan, vnnd Keyser Commodus sein Pferd Prasin inn dem Vatican bestattet: wie solt sie einer dann nit inn sein Gemach stellen, wann sie wie dise Pferd kein Sträu bedörffen vnd keinen Mist machen. Ließ doch Keiser Caius Ligula Caligas, sein pferd «Incitatum» neben sich an der Tafel sein Futer auß eim Guldinen Beckin essen, vnnd wie den Apuleischen Venusesel Wein drauß trincken: ja sein höchster schwur war, bei seins Leibhengst gesundheit. Ja er machts doch zu seim Mitpriester: vnnd wolts letzlich gar zum Burgenmeyster machen, wie jener Rollfinck sein Pferd, seins trabs halben zu eim Paduanischen Doctor: Jedoch meinet Mögeintzer im Antimachiauell, es wer besser «Incitatissimi» Gäul weren Burgermeyster, Vögt, Pfleger vnnd Amptleut, dann die «Scheleratissimi». Ich nem des Goßlarischen Jungherrn Gaul Ramel darfür, der kont am Berg angebunden, also rammeln vnd stampfen, daß er mit dn wolgescherfften Hufeisennegeln ein Goldader entblöset. Haha mit disem Pegaso halt ichs, der scharet vns kein Wasser herfür, sonder gelt zum Wein, das möcht den Poeten gut sein. Mir nit Königs Henrichs Ronsardischen Gaul Haber, dan ich könt jm nicht lang habern reychen, wann er mir Gomhoberisch das Aug außthurniert. Nur her Sant Märtens pferd, dz hielt König klug vnd weiß werd.

Der Herr Brotinsack von «Bouincasijs» vnnd «Vilmusis» besucht jn ein mal mit einer stattlichen Reuterei vnnd grossem anhang von Hofgesind: Auff welchen tag eben der Hertzog von Franckrepas der Fürst zu Erquicklingen, sampt dem Graven von der Windmülen starck beleytet ankamen, Da war warlich das Losament zu eng für so viel Volcks, fürnemlich die Roßställ. Allda wolt der Hofmeyster Ongezogen, sampt dem Einfurirer Stampffort, des Herrn Brotinsack, seinem Ampt genug thun, lieffen herumb zusehen ob lehre Ställ vorhanden weren, da war niemand daheim: Letzlich fügten sie sich zu dem jungen Gargantomänlin, fragten jn heimlich, wa die Ställ für die grosse Pferd weren, gedachten an das Sprüchwort, Kinder, Weiber, trunckene vnd Narren, pflegen gern alle ding zuoffenbaren.

Da führt sie vnser Gurgelmänlin gleich hinauf den grossen Schnecken, wie der Thurn zu Bononien vnnd des Diodori Siculi Babilonischer bau, daran sich alle Nationen haben zu Narren verbubelt vnd gebauet, daran sie noch haben zukauen: da giengen sie durch den ersten vnd andern Saal auff einen langen Gang, von dannen in eine grosse Rundel, vnd als er sie noch andere Stegen hinauff führen wolt, sprach der Furirer Fortstampff zu dem Hofmeister Vbelgezogen, Das Kind närret vns, dann allweil die Welt gestanden, hat man die Ställ nie zu oberst ins Hauß gebauet. Wie so? antwort der Hofmeister, Ich weiß doch wol ort, als zu Lyon, zu Bamette vnd Schenon, auch in Vngarn vnd Sibenbürgen, da nicht allein die Ställ am höchsten des Hauses sind, sonder auch die Keller: vnd diß haben sie die fromme Landsknecht gelehret, die nur gleich auff der Gart vnten inn die Keller nach dem Wein stürmen: also haben jhnen die Bauren darnach die müh gemacht, daß sie Leytern suchen mußten, oder auff den Spiessen einander hinauff heben, dieweil die Stegen abgebrochen waren, auff daß sie den Wein auff dem Speicher suchten. Ich hab wol erfahren, daß man bei grossen anlauffenden gewässern, mußt den Wein auff der höchste Bünen haspeln. Was sag ich vom Wein. Ja ich bin im Hunds futtkrieg darbei gewesen, da ein Esel zu dem Fensterladen herauß sprunge, vnd also die Pferd, die jhn geschlagen hetten, verrhiet. Hat er sich aber nit wol gerochen? Was? stehn nit heilige Palmesel gemeynlich auff der Borkirchen, oder auff dem höchsten gewelb. Ich weiß daß ich jn an etlichen orten hab gar ehrenwürdig zu dem obersten Kirchenthurn sehen herauß gucken. Ja stelt man nit die Kürispferd auf die Binen in die Rüstkammer? Deßgleichen wer weiß, was hie für Schlupffwinckel sind: ein jeder Vogel bawet sein Nest, wie es jn dunckt auffs best: Man macht doch heut wol Ställ auß den Kirchen, vnnd Kirchen auß den Ställen vnd Ballenspielen. Gleichwol mehrer sicherheit halben muß ich jhn fragen: Fragt demnach dz Gargantole, Mein jungs Mänlin, mein liebs Hodensecklin, wo führt man vns hin? zum Stall, sprach es, da meine grosse Gäul stehen: Nit zu den blinden Meusen. Wir sind gleich darbei, laßt vns nur die Staffeln hinauff steigen.

Folgends führet er sie wider durch einen weiten Saal, vnd von dannen erst zu seiner Kammer, da that er das Thor auff vnd rufft, hie secht jhr die Ställ die jr begert: Hie heißt es, schöne Meydlin vnd schöne Gäul find man zu Hauß, euch Esel laßt man wol drauß. Seh da meinen Plassen, meinen Rundtraber, mein Lerchle, mein Gromel, Blum, Essich, hotta Schimmele Schelmele, Breunlin, Scheck, meinen Trotter, mein Kutschenroß, mein Englischen Zelter, mein Irrländischen Hobner vnd Rennbock, so den König Henrich blind rennet, Sehe da meinen Küheschwantz, mein Muckenwadel, meinen Mutzen, Aha der kan stutzen. Nam demnach einen grossen Balcken, Lude denselben den beiden Stallbeschaweren auff, vnnd sprach, Secht da, ich schenck euch diesen Frisischen Hengst, Ich hab jhn erst newlich zu Franckfort lassen kauffen, aber er soll ewer sein, es ist ein guts Rößlin, als klein es ist, so hart vnnd arbeytsam ist es: Nempt dises Fläcklin auch mit vntern Arm, es ist ein Vngarisch Roß, fornen dür vnnd hinden mager, vnnd ein halb Tutzend diser Spanischen vnd Neapolitanischen Pferd, deßgleichen dieser Türckischen Walachen zwen: Secht da jhr Rephüner König, nun seit jr wol begabt, ich setz euch zu König der Rebenhünlein disen gantzen Winter. bei Sant Johans vbel, sagten sie, wir mögen es sein oder nicht, jetz haben wr den Mönch im Sack, ja trei Wachteln im löcherigen Sack. Nicht ein meit, sprach Gargantole, dz gesteh ich nicht, er war drey tag hierinnen: O Bechfisel, Foß im häfelin, freß Treck im Schüsselin. Wie? schmackts euch ohn Schmaltz nicht, so schmatzt auch nicht? Nun rahten jhr zu, welchs disen zwen Hofstubenstänckern vnder den beyden stucken nötiger war, sich zuuerkriechen, oder für die lang weil zulachen, daß sie sich beschissen. Nicht deß minder zogen inn disem Trab, meine schöne Stallstäuber ab, vnd schemeten sich, wie ein Pfeifer der den Dantz verterbt hat: da ruffet Gargantule jhnen nach, Trara, Trara, freßt die Feyg: secht, wie trägt der seinen Schelmen, wie ein Metziger die Kälber: Hei botz Lorentz Rost, nem den Caballen recht, trag jn wie man die Juden henckt, den kopf vndersich wie den Säuen, dann es ist ein geschlecht mit den vnder der Bütten. Nun nun jhr Mistschröter hört eins, daß euch der Plickarß reut, wolt jhr ein Albenschleyer? wz ist das? fragten sie. Das sind, antwort er, fünff Treck, euch zu eim Maulkorb. Das wer ein wüst Caschenes vnnd ein selsamer Mundschleyer, sprach der Hoffmeyster, sechs treck im reiß, freß du die Fisch: Warlich man hat vns bezalt, wann man vns disen tag solt braten, würden wir bei dem Feuer nicht bald brennen, also hat man vns nach allem vortheyl, wie mich bedunckt, gespickt: Wir werden wol heut schön sein, also schön hat vns diß lustig Hertzenzümpelin außgezwagen: O Mänlin, Mänlin, du hast vns recht das Häu zwischen das Horn gelegt, du hast vns trocken außgeriben, Hey ich will noch erleben, das du Bapst würst. Ich mein auch also, sprach er, so solt jhr alsdann mein Rorpfäffelin vnd Capellelin werden, vnd diser Edel Papagei, soll also gar mit haut vnd haar werden ein Papelard, das ist auff Frantzösisch ein Heyligtumesel. Ey, ey, Botz leydiger leiden willen, sprach der Furirer, Sech zu, sech zu, der führt vns recht gehn Penckheim auff die Leffelschleiff. Aber, sprach Gargantua, rahtet, wie viel hat mein Muter nadelspitzen an jrem Hemd zerprochen eh sie es hat können außmachen? oder wie viel hat sie Guffen im Schleier stecken? Sechtzehen, sagt der Furirer, Nein, sprach Gargantua, du sagst kein Euangelium Johannis, dan sie empfinds hinden vnd fornen. Wann dann? Fragt der Furirer. Als dann, antwort Gargantua, wann man auß deiner Nasen ein Leiter macht, daß man ein Faß vol Treck darauff inn Keller zihe, vnd dein Hals zum schlauch, zum Ablaß, da würden sich die Hüfen recht regen, als wann die Wirt mit der Ketten im Faß rumpeln, vnnd die Drusen Judaßiagen. Ists nicht also du Kropffiger Bassist? Bei dem fligen Gott, sprach der Hoffmeister, wir haben vnseren Flederwisch gefunden, der kan vns abkehren, seh: seh: Gesell: bist auch noch stäubig? Seh du Stall «inspector», laß dir die hand beschauen, ist dir nicht inn die Hand geschissen? Ey wie zersperret sich das jung Hänlin wie ein Krott auff einer Hechel. Wolan Herr Schnackenscheisserle, er geb euch ein guten morgen, jhr seid warlich frisch munds, laßt jn nur nicht vertrocknen. Ich will euch auff hinnacht eins drauff pringen. Nun wir scheiden mit wissen: Ja jhr habt euch wol beschissen, kompt Morgen, henckt mir die Thür an, vergesset der Nägel nit.

Giengen damit geschwind zu dem bogen des grossen Schnekkens, vnd lisen den grossen Frisischen Hengst sampt den jungen Füllen, die er jnn auffgeseilt, hinab rumpeln. Da ruffet Gargantua: Hei der Arswolfreuter, wie sind das Reutterkerles, wie ein Jgel ein Arswisch? dieser schellig Schellhengst hett euch noch wol in nöten dienen mögen vnd jhr stürtzt jm seinen vnschuldigen Speckhals also ab? Wann jr gen Gemint solten zihen, wolten jr lieber ein Gans reuten, oder ein Sau am Strick zum äcker führen? Ich wolt lieber sauffen, sprach der Furirer. Vnd mit disen worten kamen sie in den vndersten Sal, da die gantze Gesellschafft bei einander war, erzehleten da die Hofmännisch abfertigung, vnd lachten darmit, als ob sie ein Roßeisen gefunden hetten, daß sie einen solchen Hofleutwecker an diesem Höltzinen Reutter hetten angetroffen: so man sonst dem vnstäten Mon, kein Kleid anmachen kan. Aber lieber Hofwetschger, mein, mach mir ein Hirtzengesäß von SchafFellen.