BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Daniel Stoppe

1697 - 1747

 

Briefe an Gottsched

 

Auswahl

 

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Brief an Gottsched vom 27. März 1728

UB Leipzig, 0342 I, Bl. 53-54

 

Monsieur,

 

Sie werden nicht ungütig auffnehmen, daß mich unbekannter Weise um Dero Wohlgewogenheit bewerbe, als welche bey dem eyfrigen Verlangen, die Mängel meiner annoch unreiffen Poesie 1) zu verbessern, unumgänglich von nöthen habe. Ich hoffe so viel Gefälligkeit bey Ihnen zu finden, als man zeithero Verstand und Geschickligkeit in Dero herausgegebenen Schrifften wahrgenommen hat. Und in dieser Hoffnung bitte mit aller Ergebenheit, Monsieur wolle so viel Gütigkeit vor mich haben und bey der alle Lobes-Erhebungen übersteigenden Deutschübenden Poetischen Gesellschafft die so sehnlich verlangte Erlaubniß vor mich zu wege bringen, daß mir vergönnet werde auch abwesende von Dero allerseits berühmten Geschickligkeit etwas zu lernen. Ich habe deswegen zu Ihnen meine Zuflucht genommen, weil durch Dero Vorspruch meinen Zweck zu erhalten hoffe, den mir meine noch zu deutliche Unvermögenheit abzusprechen scheinet. Will ich doch gerne der Letzte seyn und, wie man in Schulen redet, den Schwamm zu Auslöschung der Taffel bey mir tragen, innmassen ich bloß aus Begierde besser und geschickter zu schreiben als ich bisher aus Mangel einiger Anführung geschrieben habe, von Hertzen wünsche ein Mitglied dieser Preiß-würdigen Gesellschafft zu werden. 2) Damit Ihnen aber nicht gäntzlich unbekannt bleibet, von wem Sie um diese Wohlthat ersucht werden, so melde daß ich über 5 Jahr dem Studio Theologico, haubtsächlich aber denen Hu-manioribus in dem geliebten Leipzig obgelegen, in Willens dereinst einen Schulmann abzugeben, nachdem ich aber in meine Vaterstadt zurücke kommen und gesehen, daß in dem gantzen Schlesien kein eintziger Candidatus unmittelbahrer Weise mehr befördert wird und die baaren Mittel bey nahe ohne alle Absicht auff die zu einem Ammte benöthigte Geschickligkeit bey einem Candidato in Betrachtung gezogen werden, so habe denen Studiis in so weit gute Nacht gegeben und mich vor 2. Jahren durch eine Heyrath in Stand gesetzt die Handlung zu treiben, wie ich denn in meiner Vaterstadt ein Specerey-Gewölbe unterhalte und Gott sey Danck! meine Rechnung sattsam dabey finde 3). Mein eintziger Zeitvertreib besteht in einem guten Buche und in dem Vergnügen nach dem Masse meiner wenigen Kräffte bey einer Pfeiffe Toback u: einem Schälgen Coffee der Poesie obzuliegen.

Voritzo bin ich mit einer Übersetzung derer Fabeln des H.n de la Motte beschäfftiget, wovon eine Probe zu beliebiger Censur beygelegt. 4) Schlüßl: bitte nochmahls meinem Ersuchen statt zu geben und mein Glücke befördern zu helffen, vor welche hohe Wohlthat Ihnen mit aller Ergebenheit lebenslang verbunden seyn wird

 

Monsieur/ Vôtre très-hûmble et/ très-obeïssant serviteur/

Daniel Stoppe.

 

Hirschberg den 27. Martij/ Anno 1728.

 

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1) Stoppe bezieht sich hier auf seine erste Veröffentlichung: «Erste Sammlung von Daniel Stoppes Siles. Teutschen Gedichten», Frankfurt/Leipzig 1728 

2) Stoppe wurde noch im gleichen Jahr, 1728, in die «Deutsche Gesellschaft» aufgenommen. 

3) Erst 1742 wird Stoppe als schlecht bezahlter Conrector am Hirschberger Gymnasium angestellt. 

4) Einige Fabeln seiner Übersetzung werden 1730 von «Deutsche Gesellschaft» veröffentlicht (Daniel Stoppe, Einige Fabeln aus dem Französischen des Herrn de la Motte übersetzt. In: Deutsche Gesellschaft, Eigene Schriften I, Leipzig 1730, S. 528-530).