BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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Doch soll die Familie, mit der ich zusammen lebe, eine der wohlthätigsten des Landes seyn, und gewiß! sie ist es. Es mag das Elend des Volkes besonders dadurch vermehrt werden, daß die irländischen Lords in der Regel nur von Zeit zu Zeit pro forma sich in der Heimath aufhalten, ihre Revenuen in London oder Paris verzehren, und daher ihre Besitzungen mit Untergebenen, willkührlichen Pächtern überlassen bleiben.

Nun staune, lieber Vater! seit Kurzem habe ich auch das Lenken des Wagens gelernt. In einem niedlichen Ca­briolet, Emily an meiner Seite, durchjagen wir den Park, bergauf, bergab, das ist eine Freude! Auch heute habe ich wieder das Verbot: nicht außerhalb des Parkes, in den Be­reich der armen Hütten zu gerathen, überschritten. Vor einer dieser elenden Behausungen waren eben einige Frauen gelagert, die schmutzige Kinder auf dem Schooße wiegten. Ich trete ein, und bin in einem Winkel, der zu­gleich Küche, Schlaf- und Wohnstube ist. Ein paar Schafe, Hunde und Katzen vermehrten die Gesellschaft. Freund­lich grüßte ich eine Frau, die so heftig darüber erschrack, daß sie eiligst und bleich die Hütte verließ; ein Mädchen verbarg sich hinter einem Strohbündel in der Ecke, und meine Bemühungen, sie mir zu befreunden, waren verge­bens. Als ich wieder zurückging, suchte ich mein stilles Lieblingsplätzchen auf. Es ist eine schwarze, kupferfarbige Eiche, die Nacht des Pflanzenreiches. Unter ihrem Schatten fühlt man sich so klein und doch erhoben zu dem Schöpfer,  der  im  Grashalme  sowohl, wie in der höchsten

 

Eiche die Offenbarungen seiner Weisheit und Gnade niedergelegt hat.

 

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XI.

Dungannon, am 18. Juny.   

 

Das Schloß füllt sich mit Gästen, und zwanzig Zimmer sind bereits von Fremden aus der Nachbarschaft bewohnt. Man besucht sich in England oder Irland nicht etwa wie bei uns, à deux, nein! ganze Familien rücken zur Ein­quartirung ein. Herr und Madame, Kinder nebst Amme, und Bonne, Dienerschaft und Pferde. Da laß ich es oft um mich her sumsen und mache mir's auch bequem. Ein grundgelehrter Sir würdigte auch heute mich ungelehrtes Ding nicht nur eines Blickes, sondern einer stundenlangen Unterhaltung. Unser origineller Landjunker, spielte oben, Kemble nachahmend, Solo ganze Scenen aus Hamlet. Ein Stuhl stellte eine Person vor, die er anredete; richtig wechselte er seine Stimme, nach den verschiedenen Charakteren, so daß ich ihn bewundern mußte. Doch ward es mir bald langweilig. Ich setzte mich à l'anglaise gemächlich in einen Fauteuil, und so geschah es, daß der erwähnte Gelehrte, ein blaßes, hageres und schwarzes Männchen, von dem Berg seiner Wissenschaften zu mir in's Thal der Unwissenheit hernieder kam. Er selbst sagte mir neulich (selon l'usage du pays!) mit einer Art von Selbstgefühl,  daß  er  alle  Sprachen  kenne.  So?  fragte ich,   mehr   über   dieses   Sicherheitsgefühl,  als  über  sein

 

 


 

Seit kurzem habe ich auch das Lenken des Wagens gelernt