BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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sie auf dem See im Kahne ihr Spiel. In der Mitte, wo er am tiefsten, stürzten sie ihn in die Tiefe. So oft Sir sich anklammern wollte, stießen sie ihn jubelnd mit dem Ruder zurück. Erst nachdem es mit dem Ertrinken Ernst gewor­den, boten sie Hülfe. Es war ein Schauspiel in türkischem Geschmack. Wir fuhren eben vorüber, und da sah ich das Ding mit an – mir schauderte. Auf dem Weg beobachtete ich eine Frau, die eben in einen Park eintrat; sie war sehr reinlich gekleidet. Ein schwarzes Kleid, grauer Shawl, graues Hütchen – dies ihr Schmuck. Miß C... erzählte mir, daß diese schlichte Frau eine der reichsten Damen in der Gegend sey, aber als Quäkerin lege sie nie diese Kleidung ab. Auch im Innern ihres Hauses sey die höchste Reinlichkeit und Einfachheit. Man bezeichnete mir noch mehrere andere Wohnungen, als den Quäkern gehörig, und ich bewunderte wie Alles so blank und niedlich aussah. Bekanntlich spricht in ihren gottesdienstlichen Versammlungen nur derjenige, der sich für den Augenblick dazu vom Geiste berufen glaubt. Gewissenhaft üben sie die Pflicht der Mildthätigkeit aus. Daß diese zum Theil gottesfürchtigen Leute in Mitte eines an Geist und Körper verkümmerten Geschlechts, gleichsam als Lichtpunkte in der irischen Finsterniß, angesiedelt leben, erscheint mir als eine besondere Führung Gottes. – Indem der Wagen um einen Hügel lenkte, sah ich eine Anzahl Männer in brauner Kleidung, einige Frauen und Kinder, die eiligst die Landstraße dahinzogen. Die Männer trugen einen unbedeckten, frisch gezimmerten Sarg – keine Blume,  kein  Kreuz!  Die  Häupter  waren  düster zur Erde

 

gesenkt, und stumm und in größter Eile bewegte sich der Trauerzug. Da drückte ich mich in die Ecke des Wagens und konnte der Thränen mich nicht enthalten. Irland erschien mir in der Gestalt einer armen Waise, die unerzogen sich selbst und ihrem Elende überlassen bleibt.

 

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Das irländische Volk ist abergläubisch – aber wie. Es ist bekannt, daß einer Clavierspielerin von Amts wegen daran liegen muß, die Hände so dürr und weiß als möglich zu erhalten. Die Kammerfrau rieth mir, dänische Handschuhe Nachts anzuziehen. Der letzte Ball hatte bis zwei Uhr gedauert, schläfrig wie ich war, fand ich eben keine dänischen und zog schnell ein paar schwarze, die dalagen, an. Um fünf Uhr kommt gewöhnlich ein Dienstmädchen an mein Himmelbette, (das so groß ist, daß man darin könnte auf Entdeckungsreisen ausgehn,) mit einem Glas frisch gemolkener Milch, und der Morgengruß ist: „Good Morning Madam, how are you?“ Mit halbgeschlossenen Augen zieh' ich etwas an dem chinesisch geblümten Vorhang und ergreife das Glas. Warum ist aber Betsy heute so flink? dachte ich, denn ich höre sie eiligst die Thüre erreichen. Am andern Morgen kommt Mary mit der Milch, und bald darauf nimmt auch sie seufzend die Flucht. Eben so geht es am dritten Morgen, und eine dritte überbringt mir zitternd das Glas. Am Abend seh' ich Lady N[orthland]   laut   lachend   auf   mich   zukommen.   „Ei! Ei!  schöne  Dinge  erzählt  man  sich  von  Ihnen, Madame,

 

 


 

Eine irische Beerdigung.