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Situationsanalyse im E-Commerce

Optimierung der Customer-Experience im digitalen Marketing

 
E-Commerce Informatik
SitAdapt 2.0: Systemstruktur und Komponenten der situationsbasierten Analyse- und Adaptionsumgebung.
01.01.2015 - 31.12.2015

Projektbeschreibung

Die Customer Journey im digitalen Marketing definiert Berührungspunkte (Touch Points), an denen Benutzer direkt mit e-Business-Plattformen interagieren können. Damit aber aus Benutzern Käufer werden, verbindet man auf den Nutzerkreis bezogene Vorab-Anpassungen der Website mit dynamischen Anpassungen zur Laufzeit. Dadurch beeinflusst man direkt das individuelle Interaktionserlebnis während des Einkaufsprozesses. Am Beispiel eines e-Business-Portals eines Augsburger Kosmetikherstellers wird gezeigt, wie das situationsbasierte Analyse- und Adaptionssystem SitAdapt 2.0 die Customer Experience optimiert.

Im digitalen Marketing haben sich in den vergangenen Jahren IT-basierte Verfahren zur Datenanalyse durchgesetzt, durch die man aus dem Verhalten typischer Nutzer auf das Kaufverhalten und die Wunschvorstellungen von Nutzergruppen schließen kann. Doch nicht immer spiegeln die von automatisierten Systemen vorgeschlagenen Produktvorschläge und Hilfeinformationen die tatsächlichen Wünsche von Nutzerinnen und Nutzern wider. Häufi g werden sie sogar als lästig empfunden und einfach weg geklickt.

SitAdapt 2.0
Wir beschreiten mit dem von unserer Forschungsgruppe HSA_aue (Automation in Usability Engineering) entwickelten System SitAdapt 2.0 zur situationsbasierten Analyse und dynamischen Softwareanpassung zur Laufzeit einen deutlich individuelleren Weg. SitAdapt 2.0 integriert die Beobachtungsdaten intelligenter Monitoring-Technologien wie Eye-Tracking, visuelle Emotionserkennung, Körpersignalanalyse mit Metadaten, die bei der Interaktion der Benutzerin mit dem Online-Shop anfallen, um automatisch eine Folge feinkörniger Situationsprofile zu erstellen. Die Profile dienen als Basis für individuelle Softwareanpassungen durch Situationsregeln, die z. B. das Layout oder die Farbgestaltung verändern, Vorschläge für ähnliche Produkte unterbreiten oder bei Unklarheiten Nutzer-Chats vorschlagen.

SitAdapt analysiert auch die wechselnden Emotionen und den Stress-Level von Nutzern. Regeln können darauf basierend Benutzern etwa Gutscheine anbieten, wenn sie sich für ein hochwertiges Produkt interessieren, sich aber nicht zum Kauf entschließen können. Um Softwareanpassungen in Echtzeit durchzuführen, setzen wir auf das von uns entwickelte PaMGISFramework, das einen Katalog von Softwaremustern und Modellen für die automatische Benutzerschnittstellen-Generierung bereitstellt.

Nicht jeder Benutzer fühlt sich wohl, wenn er bei seinen Aktivitäten am Computer so intensiv beobachtet und analysiert wird. Deshalb verwenden wir SitAdapt 2.0 bisher nur im Usability Labor oder direkt bei Kooperationspartnern, um typische Szenarien aus der Customer Journey mit ausgewählten Probandinnen und Probanden durchzuspielen. Solche Nutzertests liefern uns dann wertvolle Hinweise über die Akzeptanz der untersuchten e-Shops, typische Nutzergruppen-Merkmale (Personas) und Optimierungsvorschläge. Nachträgliche Big-Data-Analysen der umfangreichen Testdaten können auch neue Situationsregeln zu Tage fördern.

Anwendungsbeispiele
Mit unserem Kooperationspartner Dr. Grandel GmbH haben wir untersucht, wie sich das Nutzungsverhalten des e-Business-Portals unterscheidet, wenn einerseits Kundinnen und andererseits Erstnutzerinnen nach bestimmten Gesichtspflege-Produkten suchen. Bild 2 zeigt eine sogenannte Heatmap mehrerer Kundinnen. Zahlreiche Blicke gehen direkt ins Gesicht des Models. Hingegen zeigt Bild 3, das die Blickbewegungen der Erstnutzerinnen überlagert, eine viel stärkere Fokussierung auf die Beschreibungsinformationen. SitAdapt 2.0 könnte nun eine anonyme Nutzerin, an ihrem Blickverhalten einer bestimmten Nutzer-Persona zuordnen und ihr entweder zusätzliche Detailbilder des Gesichts oder weitere Produktinformationen einblenden.

In Bild 4 ist zu sehen, wie eine Kundin das für sie ideale Produkt zur Winterpflege gefunden hat und positiv emotional reagiert. Man sieht hier sehr genau den Blickverlauf im Informationstext und die gleichzeitige Manifestation der Grundemotion happy. Der Nutzerin könnte man später ein Pop-up-Fenster einblenden, auf dem weitere Winterprodukte dargestellt sind.

Fazit und Ausblick
Situationsbasierte Analyse erlaubt es schon heute, die Customer Experience zu verbessern und den Geschäftserfolg der Anbieter zu optimieren. In Kürze werden wir auch EEG-Messungen durchführen, um noch präzisere Analysen des kognitiven Nutzerzustands zu erhalten. Parallel dazu arbeiten wir an Methoden zur Emotionserkennung, die ohne visuelle und biophysiologische Messungen auskommen. Dazu vergleichen wir die bei Nutzertests gewonnenen Emotions- und Stress-Level-Daten mit dem Maus- und Tastatur-Eingabeverhalten. So lassen sich einige typische Situationsmuster auch bei anonymen Endnutzern zur Optimierung der Kundenzufriedenheit nutzen.

Beteiligte Personen

Projektleitung
Prof. Dr.-Ing. Christian Märtin

Fakultät für Informatik
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Weitere Beteiligte
Christian Herdin, M.SC.
Fakultät für Informatik
HSA_aue

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Felix Kampfer, B.SC.
Fakultät für Informatik
Masterand
HSA_aue
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Partner
Dr. Grandel GmbH, Augsburg
Universität Rostock, Lehrstuhl für Softwaretechnik