BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Konrad von Megenberg

1309 - 1374

 

 

Buch der Natur

 

I. Von dem Menschen

in seiner gemainen Natur.

 

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43.

Von den adern.

 

Nun schüll wir sagen von den âdern, als daz puoch sagt, wie daz sei, daz der ärzt püecher anders dâ von reden; wan hie ist ain krieg zwischen den ärzten und den maistern von der nâtûr, und daz man daz dester paz verstê daz unser puoch sagt, sô schol man wizzen, daz dreierlai âdern sint in dem menschen. die êrsten sint runstâdern, dâ daz pluot inne rint und fleuzt von dem herzen oder von der lebern in alliu andriu glider, und daz sint rœrn neur von ainem rock und haizent ze latein vene. die andern âdern sint gaistâdern und haizent ze latein arterie, daz ist als vil gesprochen sam eng weg, und in den vliezent die nâtürleichen gaist und die lebleichen gaist, und sint von zwain röcken und sint auch klainer dann die runstâdern. wie auch daz sei, daz in den zwairlai âdern pluot vlieze etswie vil und auch gaist, doch nenne ich si ze deutsch nâch der mêrung. ez sprichet auch Rasis, daz die runstâdern irn ursprinch haben von dem auzwendigen tail der lebern, und daz die gaistâdern alle entspringen von dem lenken tail des herzen. die dritten âdern sint pantâdern und haizent ze latein nervi. mit den pint diu nâtûr diu herten pain in den glidern zesamen. nun spricht unser puoch alsô. die runstâdern sint die, dâ durch daz pluot vleuzt von dem herzen in alliu glider, wan Aristotiles wil, daz si ursprinch haben von dem herzen, wann sô der mensche sich fürht, sô lauft daz pluot zuo dem herzen sam zuo seinr enthaltung, und sô des menschen vel beraubet wirt des pluotes, sô rimpft ez sich und gêt im daz hâr ze perg und wirt der mensch plaich. die runstâdern gleichent den gaistâdern an etleichen dingen, sam Galiênus spricht. iedoch slahent die runstâdern niht sam die gaistâdern, dar umb haizent si auch die gerüewigen âdern. der runstâdern sint zwuo fürstinne, daz sint die zwuo, die in dem herzen entspringent, sam Aristotiles spricht, oder in der lebern, als Galiênus spricht und die andern ärzt, und ist der zwair âdern ainiu grœzer, diu ander klainer. ietwedriu der runstâdern ist ain wurzel vil anderr runstâdern, wan, sam Plinius spricht, die zwuo âdern estent sich über all den leib und fäuhtent in mit lebleichem pluot über al. si sendent ir este zuo dem hirn und von dem hirn estent si sich zuo den ôrn und auch zuo den augen, zuo der nasen und zuo dem munde. alsô estent si sich auch under sich. Galiênus spricht, daz zuo aim iegleichen geampten glid, daz ain ampt hât, sich estent zwuo slahend âder, der slahen man enpfint auzwendig auf etleichen glidern sam auf den armen, pei den henden und auf dem slâf pei den ôrn. daz slahen der âdern bezaichent uns des herzen krankhait und sein sterken, auch des leibes hitz und sein kelten. aber ander âder, die niht slahend sint, tragent daz pluot in diu glider, daz diu glider dâ von fäuht werdent. daz geschiht der nâtûr zuo ainer hilf und dem leib zuo ainer narung, und sint die este der âdern klain dar umb, daz daz pluot von seiner klainhait dester sneller werde verkêrt in der glider nâtûr, und auch dar umb, daz sich daz pluot dester paz dar inn enthalt und niht leiht auzfliez. Ez gênt auch âdern durch die rœrloten mitten der prust unz in des hauptes spitzen, und von der spitzen gênt wider ab durch die arm drei fäuht âdern mit pluot, diu ain von dem haupt und diu haizet diu hauptâder und ze latein cephalica; diu ander von der leber, deu haizt ze latein epatica. aber als daz puoch spricht haizet si basilica, daz ist gesprochen diu gruntâder, dar umb, daz diu leber ain grunt ist und ain ursprinch des pluotes; diu dritt âder gêt von dem herzen und ist ze mitelst zwischen den zwain in dem arm. dar umb haizt si ze latein mediana, daz spricht diu mitlerinne. von den vodersten âdern des herzen estent sich ander âdern ze tal zuo den niern, von den niern zuo dem manstab, dar umb, daz des herzen lust gesant werd zuo den zwain steten und dâ gemêrt werd und mit werken volprâht. dû scholt auch wizzen, daz all âdern gemainschaft habent mit den âdern, die sich sament in dem manstab, und der âdern sint vil und gar manig, die sich dâ sament. von den steten des obersten tails des herzen gênt auch âdern ze tal in diu pain und in die füez, dar umb, daz die füeze gemaistert werden von dem herzen, wâ hin si gên schüllen.