BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Sigmund von Birken

1626 - 1681

 

Lobspruch deß edlen, hochberühmten

Krauts Petum oder Taback

 

1652

 

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Lobspruch deß edlen, hochberühmten Krauts Petum oder

 

Taback / von dessen Ankunfft / vnd gar löblichen Gebrauch bey manchen teutschen Helden /

 

sampt desselben waaren Krafft vnd Wirckung.


A.

EJn Sprichwort heist: Was gut ist / ist weit her.

das edle Kraut Taback kan diß erweisen /

weil es zu uns von fernen über Meer

auß Mexiko und Peru pflegt zu reisen,

die Neue Welt die Alte jhr verpfändet /

weil daß sie jhr diß wehrte Kräutlein sendet.

 

Diß Kraut / weil es von wilden Leuten köm[m]t/

pflegt toll und voll und wilde Leut zu mache[n],

es wundert mich / wan[n] dich es wunder nim[m]t.

Gleich-närrisch sind auch andre Wollust-sachen /

die sich in uns und uns durch sich entzünden /

bald / wie der Rauch vergehen u[nd] verschwinde[n].

 

 

B.

ES ist doch nur ein ungestraffter Mord

die Kunst / die sich vermisst de[n] Tod zu tödte[n];

sie schickt die Leut allein zum Grabe fort.

ein Kranker solt wol vor dem Arzt erblöde[n].

Drüm bässer ists / den Tabackkram auslege[n] /

als Leiber und zugleich die Beutel fegen.

 

Diß Kraut ist nütz / hat keinen noch getödt.

die ganze Welt / es einzukramen lauffet.

Taback verkaufft und kaufft man in die welt.

Wer kaum hört auf zu saugen / jhn schon sauffet.

Rauch ist jtzt Waar. Die Welt un[d] diese Zeiten

verkauften auch nur Rauch und Eitelkeiten.

C.

DEr Teutsche lobt die neue Trunkenheit /

die sich gar wol zu der Bierkafle schikket.

er tuht jtzt auch ein Maul voll Rauchs bescheid

dem es allzeit im Sauffen sonst geglücket.

Schad ists / daß / die so viel erfunden haben /

die Teutschen nicht erdacht auch diese Gaben.

 

Der Veix / der kaum geschmecket vor die Thür /

kömmt wieder / raucht und schmaucht im Haus herümme /

un[d] denkt / er sey dadurch ein brav Monsieur;

zum Sauffen hat er gar ein gute Stimme,

die Mutter murrt / die Schwester / ob den Buben /

sein Rauch beist sie fast alle aus der Stuben

 

 

D.

MAnch armer Tropf offt kaum in Kleidern stak:

noch steckt diß Kraut in seiner leeren Tasche[n].

hat er sonst nichts / so hat er doch Taback;

das truckne Maul pflegt er damit zu wasche[n].

Diß Kräutlein ist nit stolz / ist voll Erbarmen:

mä find es / wie bey Reichen / auch bey Arme[n]

 

Viel denken dan: der Kerle dörft je nicht

deß Prachts; ließ er dafür die Hosen flicke[n].

Ja / Momus / hör zuvor / was jhn anficht:

er muß sich so in sein Verhängniß schikken.

Tabak fürn Hunger hilft: es ist gar Zucker

bey ihm das Brod / drum schmaucht der arme Schlucker.

E.

SO ist ein Kraut gewachsen für den Tod:

diß Kräutlein hier lässt niemand hungers sterben.

Doch leiden so die Weiber Hungersnoht /

Taback lässt sie die Nachtspeiß nit erwerbe[n],

er rückt das Fleisch offt ihnen aus den Zähne[n] /

macht Faste-nächt. Sie pflegens zuerwähne[n].

 

Die eine klagt der andern: Ach mein Man[n]

der pflegt soviel des Plunders einzusauffen /

daß er hernach / du weist wol was / nit kan.

er schläft bey Nacht / und kan sonst nichts als Schnauffen.

Küsst er mich dan / so pflegt sein Mund zu stinken

wie ein Schorstein. Der Teufel hol diß Trinke[n]

 

 

F.

SJe wünschen offt / daß der ersoffen wär

und straks erstickt / der erstlich Rauch gesoffen /

und der diß Kraut geholet über Meer.

Der Landsknecht wolt nicht / daß es eingetroffen:

Tabak kürzt jhm im Feld die langen Stunde[n] /

die Asche dient zu seines Pferdes Wunden.

 

Was führt der Krieg nit in die Länder ein?

der Bauer / daß jhn zwar sein Aecker kostet /

hat so gelernt Französisch / Welsch / Latein;

das Teutsche ist in seinem Maul verrostet.

Hat jkm sonst nichts genutzt das Einquartire[n] /

so lehrt es ihn doch Rauch im Munde führen.

G.

DAs Weib acht sich nit schlim[m]er / als den Mann;

die stolze Sie stäts Er und Herr will heissen: drüm möcht sie auch gern könne[n] / was er kan /

den Zepter jhm noch aus der Hand zu reissen.

Jch gläub fürwar / es soll nit lang anstehen /

so werden sie auch gar in Hosen gehen.

 

Demnach setzt sich des Mannes Äff / das Weib

Zum Manne hin / schmäucht mit jhm in die wette.

der edle Rauch umschleicht den zarten Leib /

und kömmt also offt an geheime stätte.

Er steigt in sie / daß nicht aus ihnen steige-

auf od' aus / du weist wol was; ich schweige.

 

 

H.

DU edles Kraut / man bringet manche Schmach

ohn Schuld auf dich; du werdest zu gemeine,

diß ist dein Lob / gib du es gerne nach:

das Gute schenkt sich einem nicht alleine.

Misbraucht mä dich; es geht so alle Sache[n],

der Misbrauch kan nichts gutes böse machen.

 

Brauch ihn mit Maß; er wird dir mache[n] rein

das Vaterland des Witzes / dein Gehirne,

der Schleim geht aus / wo diesser Rauch geht ein.

kreucht er in Leib / so schwitzt die hintre Stirne /

so wird von unt- und obe[n] Rauch erwecket,

riech jenen / Mom' / im fall dir d' nit schmecket.


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Zufinden in Nürnberg / bey Paulus Fürsten / Kunsthändlern alda. 1652.