BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Sibylle Schwarz

1621 - 1638

 

Deutsche Poëtische Gedichte

 

Der erste Teil

 

1650

 

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Trawer-Spiel/

Wegen einäscherung

ihres Freudenorts

Fretow.

 

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Scena 3.

 

Neid.

Nun ist der Freundschaft Schar, nach meinem Wolbehagen /

Dermahlen eins getrent / und in die Flucht geschlagen /

Des bin ich billig fro / und kriege noch zu Lohn /

Waß meine List verdient / die werte sieges Krohn.

 

Phöbus.

Und ich wil nun nicht mehr des Himmels Strassen ziehen /

Ihr mögt ein ander Licht zu suchen euch bemühen /

Des Himmels grosse Bahn ist mir noch viel zu klein /

Wann ich zu Fretow nicht kan bey den meinen seyn.

 

Venus.

Und ich kan auch den Ort ohn Schmertzen nicht verlieren /

Da gehn die Schwane los / ich wil sie nicht regieren.

 

Pan.

Ihr mögt euch / wenn ihr uns wolt so tyrannisch straffen /

Auch einen andren Pan und Geisen-Hüter schaffen. [Seite]

 

Chor der Schäfer und Hirten.

Unsren alten Schäfer Stab

Legen wir mit Schmertzen ab;

Ach der gar zu grossen Noht!

Unser Vieh ist meist schon todt.

Ach der schönen Schaffe Schar!

Ach ihr warm und weiches Haar,

Aber doch das höchte Weh

Macht uns unser Galateh.

Ach das schönste Schäffer Kinde!

Ach das schönste / das man findt /

Das / und unser altes Landt

Ist nunmehr in fremder Handt

Was wir haben ausgestreut /

Wird von andern abgem[e]yt.

Unsre Kelber sprungen woll;

Unsre Scheunen wahren voll;

Unsre Fercklein nahmen zu;

Mager war nicht eine Kuh;

Unsre hüner legten sehr;

Ach der nun zu Fretow wehr?

Elend gehts hier in der Stadt /

Wird man doch fast kein mal satt /

Was bey uns war guht und recht /

Das ist hier zu plump und schlecht /

Hier ist Treu und Redligkeit

Hier ist Lieb und Glauben weit /

Hier ist Trug und arge List

Die bey uns gar frembd noch ist!

Nein uns ist viel baß zu Muht /

Wenn wir sind auf unsrem Guht.

Hier is alles stoltz und groß /

Hasen / Wildbrät gilt hier blos.

Daher gegen loben wir

Einen Kohl / ein gut warm Bier /

Einen Knapkäs und ein Ey

Ist bey uns der beste Brey

Käs und Butter / Milch und Fisch /

Fetter Speck auff unserm Tisch

Deucht uns besser als Confect /

Der in Städten lieblich schmeckt.

Für den Wein und Malvasier

Loben wir Covent und Bier.

Wir verachten die Pocal /

und die Gläser allzumahl;

Eine feine Hültzern Kan

Steht und [d]och viel besser an;

Ach wie weit ist doch der Tag /

Daß man dich umbfangen mag!

Fretow allerliebster Ort

Fretow /brent nun fort und fort!

Fretow / da der Schäfer Schar

Altzeit wol gelitten war!

Ach das wol bebaute Landt

Ist nunmehr in frembder Handt.

Nirgends war so schön Getreid /

Nirgends war so schöne Weyd /

Nirgens war das liebe Vieh

So vergnügt als eben hie /

Da der schöne Quel entspringt /

Da so mancher Vogel singt /

Da die schöne Nachtigahl

Lieblich ruft durch Berg und Thal /

Da wir auch auff unsrer Fleüt

Spielen pflegen vor der Zeit /

Da die Echo ruffen pflegt /

Da man reiffes Obst abschlegt /

Da man alles finden pflag /

Was ein Schäfer wündschen mag!

Nun ist alle Lust gerthan /

Nichts ist das erfrewen kan /

Darumb müssen wir in Leidt

Schliessen unsre junge Zeit. [Seite]