BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Sibylle Schwarz

1621 - 1638

 

Deutsche Poëtische Gedichte

 

Der erste Teil

 

1650

 

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Trawer-Spiel/

Wegen einäscherung

ihres Freudenorts

Fretow.

 

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Scena 4.

 

 

Chor der Musen.

 

Das Feur hat überhand genommen /

Ist auff den Helicon gekommen.

Und hat den schöner Berg verzehrt

Den mancher nur zu sehn begehrt.

 

Wir neune sind davon gegangen /

Weil niemand wolte Wasser langen /

Und helfen / das der grimme Brandt

Bald möchte werden abgewandt.

 

Ist jemahls solche Noht gesehen /

Ist jemahls Göttern Leid geschehen /

Ist jemahls auch gelauffen vor

Der drey mahl dreyen Schwestern Chor?

 

Wir musten mit des Pöbels Haufen

Nur fort so schlecht zum Tohr auslaufen /

Und ob zwar bleiben besser steht /

So rieff man doch: ihr Mägde geht.

 

Was wolten wir da weiter sagen?

Wir wurden in die Flucht geschlagen/

Weil Phöbus selbst nicht war zu Haus /

So trieb man seine Töchter aus.

 

Wir liefen fort / halb angezogen /

Euterpen ist ihr Kleid entflogen /

Thalia ließ die Schürtze gehn /

Melpomene blieb barfuß stehn.

 

Den Harbandt lies Erato hinden

Wir konten all uns selbst kaum finden /

Uns ist benetzet Rock und Saum /

Und kamen durch das Wasser kaum. [Seite]

 

Uns ward nicht so viel Zeit gelassen /

Daß wir die Lauten könten fassen /

Und spielen einen Klag-Gesang /

Wir müsten fort es war ein Zwang.

 

Wir liessen Laut und Geigen liegen /

und konten keinen Krantz mit Kriegen /

Man warff das grüne Lorbeer-Laub

Erbärmlich in der Erde Staub.

 

Man pflegts somit uns nicht zu machen /

Das unsre Feinde unser lachen!

Ach / ach der gute Helicon /

Der Musen Wohn-Haus / ist davon.

 

Wir armen sind nun gantz vertrieben!

Wor ist Apollo doch geblieben?

Er wil nun gentzlich untergehn /

Und kan den Jammer nicht mehr sehn.

 

Die Trew ist selbst mit fortgeflogen /

Ist in Utopiam gezogen /

und wird zu nirgendsheim gesehn /

Den Schwägern ist nicht recht geschehn.

 

Der Neid wird itzund ihrer lachen /

Und aus ihn ein Gespötte machen!

Das aber soll noch nicht geschehn

Weil man wird Stern am Himmel sehn.

 

Ihr Fretow soll dennoch bestehen /

Wiewol es muß durchs Fewr vergehen;

Was uns nur einmahl wird bekant /

Wird / wenns schon brennt / doch nicht verbrandt.

 

Ende.