BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Daniel Stoppe

1697 - 1747

 

Der Parnaß im Sättler,

oder Scherz- und Ernsthafte Gedichte

 

1735

 

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S. 210

ARIA.

 

1.

 

Wo bleibt ihr denn? ihr guten Tage!

Ich warte schon so lange Zeit,

Und wo ich euch nicht bald erfrage:

So bleibt nur immer, wo ihr seyd!

Bleibt, wo ihr wollt! wir sind geschieden.

Wenn Stern und Glück und Hoffnung bricht:

So leb ich mit mir selbst zufrieden,

Denn euerntwegen sterb ich nicht.

 

2.

 

Ihr mögt es halten wie ihr wollet,

Kommt oder bleibt! ich stell's euch frey

Und wenn ihr ewig mit mir schmollet,

Ich bin gleichwohl vergnügt dabey.

Fahrt immer fort mich stets zu hassen!

Denn sprecht ihr niemals bey mir ein:

So könnt ihr mich auch nicht verlassen,

Und meiner Lust verdrüßlich seyn.

 

3.

 

Lernt gleich mein Glücke niemals fliegen:

Der Rücken thut mir noch nicht weh,

Ich bleibe desto sichrer liegen,

Und sehne mich nicht nach der Höh.

Wer fallen will, der darf nur steigen.

Das Glücke spielt manchmal den Ball.

Kan ich mich nicht erhaben zeigen:

So schreckt mich auch kein tiefer Fall.

 

4.

 

Wer nichts besitzt, kan nichts verliehren.

Beständigkeit beist trocknes Brodt,

Denn die zu fett, zu dicke schmieren,

Die brennet insgemein der Sod.

Die guten Tage, die mich hassen,

Sind Kinder der Vergänglichkeit.

Ich kan mir leicht begnügen lassen,

Mein Schatz ist die Zufriedenheit.

 

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