BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Daniel Stoppe

1697 - 1747

 

Der Parnaß im Sättler,

oder Scherz- und Ernsthafte Gedichte

 

1735

 

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S. 187

CANTATA

 

Aria.

 

Ihr Hungerleider! ruht einmal

Von eurer selbstgemachten Qvaal,

Eßt satt und zehlt nicht erst die ohne dem ganz schmalen Bissen!

Was helfen euch die vollen Kasten

Bey euren angewöhnten Fasten?

Ihr seyd zwar reich;

Doch euer Geiz macht euch

Den ärmsten Bettlern gleich,

und da ihr alles habt, so wollt ihr nichts genüssen. Da Capo.

 

Wem hebt ihr alles auf? Wem soll das große Gut,

Von dem ihr euch doch nichts zu Gute thut?

Wißt ihr es nicht, so dürft ihr mich nur fragen.

Hört her! ich wills euch sagen.

Ihr sammlet vor lachende Erben,

Die mit der Zeit nach eurem Sterben

Auf euren Federn prächtig ruhn,

Und alles auf einmal verthun.

Ihr lebet arm und sterbet reich.

Ihr friert, damit sich andre einst bey euren Kohlen wärmen können.

Ach! sterbt nur! das erspahrte Holz wird einmal desto hitzger brennen,

Sobald ihr aus der Welt,

So ist auch euer Geld

Den gefrornen Blumen gleich,

Die bey der Winterszeit die Fensterscheiben zieren,

Die, wenn man eingeheizt, sich augenblicks verliehren.

 

Aria.

 

Ihr Thaler! laßt euch nicht verlangen!

Wißt, der Erlösungstag kommt schon zu rechter Zeit.

Der Henker, der euch in der Welt

Gefänglich eingebracht und in Verwahrung hält,

Sperrt, weil er sterben kam, euch nicht auf ewig ein.

Der Tod wird euer Cyrus seyn,

Von diesem werdet ihr die Freyheit einst empfangen,

Der ihr itzund beraubet seyd. Da Capo.

 

Es sagt der weise Lehrer:

Ein Spahrer findet seinen Zehrer.

Ein einzger Tag verliehrt oft mehr als ganze Jahre Zeit gewinnen.

Die Erben sind alsdenn wie die verschwenderischen Rinnen,

Die, was das Dach zusammenspahrt, mit des verlohrnen Sohnes Händen

Auf einmal verschütten, auf einmal verschwenden.

Gesetzt der Geizge stürbe nicht, gesetzt er sammlete stets ein,

So zwäng' ihn doch sein Geiz bey vielem Gelde arm zu seyn.

Der beste Reichthum auf der Welt ist die Zufriedenheit.

Und hab ich diesen Schatz, so bin ich allezeit

Auch bey der größten Dürftigkeit

Dem Scheine nach nur arm und in der That doch reich,

Und am Vermögen Cröso gleich.

 

Aria.

 

Seele! sey mit dem vergnügt,

Was dir Gott und Glücke geben!

Lerne durch Zufriedenheit

Allezeit

Arm zu seyn und reich zu leben!

Seele! sey mit dem vergnügt,

Was dir Gott und Glücke geben!