BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Daniel Stoppe

1697 - 1747

 

Der Parnaß im Sättler,

oder Scherz- und Ernsthafte Gedichte

 

1735

 

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S. 174

CANTATA

 

Aria.

 

Der Thee ist wahrlich nicht gesund.

Coffe soll mein Leibtrunk seyn.

Seiner bräunlichgelben Schwärze

Wiedmet sich mein ganzes Herze

Ungetheilt und ganz allein.

Der Thee ist wahrlich nicht gesund.

Coffe soll mein Leibtrunk seyn.

 

Cleopatrens zerfloßne Perlen,

Der Chymicorum trinkbar Gold

Verschmäht mein ekler Mund.

Ihr fragt: Wie so? Gut! wenn ihrs wissen wollt,

Sie sind vor meinen magren Beutel todtungesund.

Denn wer so kostbar trinkt. der mag sich auch beqvemen

Den Bettelstab zugleich in seine Hand zu nehmen.

Mein Coffe kostet nicht soviel und thut mir eben das,

Er macht mir ebenso die trockne Kähle naß,

Und wärmet und belebt durch seine Flut

Das stockendkalte Blut.

 

 

Aria.

 

Ihr faulen Adern wartet nur!

Mein Coffe wird euch schon belebt und munter machen.

Er wird euch gut und dienlich seyn,

Er wird das matte Herz erfreun,

Schnarcht immer wie ihr wollt! ihr müst gleichwohl erwachen.

Ihr faulen Adern! wartet nur!

Mein Coffe wird euch schon geschwinde Beine machen.

 

Er macht die faule Nacht zum arbeitsamen Tage,

Gesetzt auch, daß die Uhr schon halber Zwölfe schlage.

Gesetzt auch, daß der Schlaf unüberwindlich scheint:

Der Coffe ist sein Feind,

Der wird ihm schon die Wege weisen;

So bald er in den Magen kommt, muß jener aus den Augen reisen.

Da sitzt, da spintisirt, da findet der Poete

In der bräunlichschwarzen See, die ihn stärkt und munter macht,

Auch sogar um Mitternacht

Den Wiederschein der Morgenröthe.

Dieses nachgemachte Blut

Ist so balsamisch abgekocht, von so gesunden Kräften,

So daß es auch so gar in den verdrüßlichsten Geschäften

Die angenehmsten Dienste thut.

 

Aria.

 

Laßt die Grillen immer schwärmen!

Setzt ein Schälgen Coffe drauf,

Und stekt ein Pfeifgen an: so hört die Unruh auf.

Mit den aufgeworfnen Blasen,

Die des Zuckers Schiffbruch macht,

Gibt des Kummers kurzes Rasen

Steigend, fallend gute Nacht,

Und endigt unversehns den bangen Lebenslauf. Da Capo.

 

Vivat mein Coffe! mein Schutzgott! mein Freund!

Wer dich verdammt und flieht, der ist mein Feind.

O wie so blind ist doch die falschbelehrte Welt!

Die dich vor ein Gespenste hält,

Vor dem man stets erzittern müste.

Ja! wenn ich es nicht besser wüste!

So lange bin ich schon mit dir, mein Freund! bekannt,

Und doch umarm ich dich noch allezeit

Ohne Furcht und Bangigkeit

Mit steif- und unbewegter Hand.

 

Aria.

 

Sagt was ihr wollt, ihr Mediciner!

Den Coffe macht mir niemand leid.

Ich kan ihn ja unmöglich hassen,

Drum zwingt mich nicht, ihn zu verlassen!

Eh sterb ich zehnmal vor der Zeit.

Sagt was ihr wollt, ihr Mediciner!

Den Coffe macht mir niemand leid.