BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Jacob Burckhardt

1818 - 1897

 

Der Cicerone

 

Architektur

 

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Antike Architektur.

 

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Die Tempel von Pästum – Die antiken Säulenordnungen bei Griechen und Römern – Die neuen Elemente der römischen Architektur – Römische Bauten dorischer, ionischer, korinthischer Ordnung – Das Pantheon – Die übrigen Tempel – Tempelfragmente – Grabmäler – Ehrendenkmäler – Obelisken – Triumphbogen – Thore – Nutzbauten – Foren – Basiliken – Theater, Amphitheater und Cirken – Thermen – Nympheen – Häuser, Villen und Paläste – Pompejanische Wanddecoration – Marmorne Prachtgeräthe – Eherne Geräthe – Irdene Gefässe etc.

 

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Die Baukunst beginnt in Italien viel früher als bei den Tempeln von Pästum mit welchen wir hier den Anfang machen.

Schon die Urvölker, dann das durch Einwanderung entstandene Mischvolk der Etrusker haben Bauten hinterlassen, welche nicht bloss durch Massenhaftigkeit, sondern auch schon durch Anfänge eines höhern Formgefühles ausgezeichnet sind. Allein in ihrem jetzigen Zustande gehören sie doch mehr der Archäologie an; sie liegen meist seitab von den üblichen Strassen und sind auch dem Verfasser dieses Buches grösstentheils unzugänglich geblieben. Ueberdiess ist zwischen ihnen und den Bauten der vollendeten antiken Kunst eine grosse Lücke. Der Zweck unseres Buches verlangt, dass wir sie übergehen um uns auf solche Denkmäler zu beschränken, in welchen die höhere Kunstform das Wesentliche, der Hauptausdruck der monumentalen Absicht ist. Welchem Gebäude des italischen Festlandes hier die erste Stelle gebührt, darüber wird wohl kein Zweifel herrschen.

 

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Von den drei erhaltenen Tempeln der alten Poseidonia sucht das Auge sehnsüchtig den grössten, mittlern. Es ist Poseidon's Heiligthum; durch die offenen Trümmerhallen schimmert von fern das blaue Meer.

Ein Unterbau von drei Stufen hebt das Haus des Gottes über die Fläche empor. Es sind Stufen für mehr als menschliche Schritte. An den Resten des alten dorischen Heraklestempels in Pompeji sieht man, dass für den Gebrauch eine Treppe von gewöhnlichen Stufen vorgesetzt wurde. [2]

Den ältesten griechischen Tempeln wie z. B.: demjenigen von Ocha auf Euböa, genügte ein Bau von vier Steinmauern. Als aber eine griechische Kunst erwachte, schuf sie die ringsum gehende Säulenhalle mit dem Gebälk, zuerst vielleicht von Holz, bald von Stein. Diese Halle ist, abgesehen von ihren besondern Zwecken, nichts als ein idealer, lebendig gewordener Ausdruck der Mauer selbst. In wunderbarer Ausgleichung wirken strebende Kräfte und getragene Lasten zu einem organischen Ganzen zusammen.

Was das Auge hier und an andern griechischen Bauten erblickt, sind eben keine blossen Steine, sondern lebende Wesen. Wir müssen ihrem innern Leben und ihrer Entwicklung aufmerksam nachgehen. Die dorische Ordnung, welche wir hier in ihrer vollen alterthümlichen Strenge an einem Gebäude des VI. Jahrhunderts v. Chr. vor uns haben, lässt diese Entwicklung reiner und vollständiger erkennen als ihre jüngere Schwester, die ionische.

Der Ausdruck der dorischen Säule musste hier, dem gewaltigen Gebälke gemäss, derjenige der grössten Tragekraft sein. Man konnte möglichst dicke Pfeiler oder Cylinder hinstellen, allein der Grieche pflegte nicht durch Massen, sondern durch ideale Behandlung der Formen zu wirken. Seine dorische Ordnung aber ist eine der höchsten Hervorbringungen des menschlichen Formgefühls.

Das erste Mittel, welches hier in Betracht kam, war die Verjüngung der Säule nach oben. Sie giebt dem Auge die Sicherheit, dass die Säule nicht umstürzen könne. Das zweite waren die Cannelirungen. Sie deuten an, dass die Säule sich innerlich verdichte und verhärte, gleichsam ihre Kraft zusammennehme; zugleich verstärken sie den Ausdruck des Strebens nach oben. Die Linien aber sind wie im ganzen Bau nirgends, so auch in der Säule nicht mathematisch hart; vielmehr giebt eine leise Anschwellung das innere schaffende Leben derselben auf das Schönste zu erkennen.

So bewegt und beseelt nähert sich die Säule dem Gebälk. Der mächtige Druck desselben drängt ihr oberes Ende auseinander zu einem Wulst (Echinus), welches hier das Capitäl bildet. Sein Profil ist in jedem dorischen Tempel der wichtigste Kraftmesser, der Grundton des Ganzen. Nach unten zu ist er umgeben von drei Rinnen, gleich als verschöbe sich hier eine zarte, lockere Oberhaut der Säule. Ihnen entsprechen [3] und antworten etwas weiter unten, an der Säule selbst, drei Einschnitte ringsum. – Eine starke viereckige Deckplatte isolirt die Säule vom Gebälk.

(An vielen Stellen dieses Tempels scheinen die Säulen auf viereckigen Untersätzen zu stehen, allein nur weil Steine dazwischen weggenommen worden sind. Die dorische Säule, als erdgeborne Kraft bedarf der Basis nicht; unmittelbar aus der obersten Tempelstufe steigt sie empor).

Es folgt zunächst ein Band von hier sehr mächtigen Quadern, der sogenannte Architrav, ganz glatt und schmucklos. Es sind die Balken, welche über die Säulen hingehen. Was aber von Bewegung übrig ist, setzt sich fort in dem darauf folgenden Gliede, dem Fries. Die von innen kommenden Querbalkenenden sind in der Mitte zweimal und an beiden Seiten senkrecht eingekerbt zu „Triglyphen“, die Zwischenräume (Metopen) aber ausgefüllt mit Steinplatten, die ohne Zweifel mit Gemälden oder Reliefs geschmückt werden sollten. Wir wissen nämlich nicht, ob dieser Tempel je ganz vollendet wurde. – Im Architrav entspricht jeder Triglyphe ein kleines Band mit sechs daran hängenden sogenannten Tropfen.

Ein hier besonders weit vorragendes Kranzgesimse deckt das Ganze. Von unten erkennt man daran eine ideale Darstellung der schrägen Dachsparren, deren jeder drei Reihen von je sechs Nägeln aufweist. An den beiden Hauptseiten des Tempels ragen darüber die Giebel empor, die zwar jetzt (und vielleicht von jeher) leer stehen, ohne jene Gruppen von Statuen, welche einst die attischen Tempel zierten, dabei aber durch das schönste, gerade für diesen Bau passendste Verhältniss der Höhe den Blick erfreuen. Der stumpfe Winkel des Giebels nämlich ist das Schlussergebniss jener ganzen idealen Rechnung zwischen Kräften und Lasten; er deutet genau an, wie viel von strebender Kraft am Ende übrig geblieben ist.

Eine ganze Anzahl feinerer Gliederungen, welche man an den dorischen Bauten Athens vorfindet, fehlen hier entweder ursprünglich oder durch die Verwitterung. Der Eindruck des Strengen und Mächtigen wird dadurch noch gesteigert.

Vom Innern fehlt fast die ganze Mauer, welche das längliche Haus, die Cella des Gottes ausmachte. Wahrscheinlich lockten die glatten [4] Quadern den kirchenbauenden Normannen zum Raub. Doch ist die innere Vorhalle, zwei Säulen zwischen zwei Mauerpfeilern (Anten) erhalten. Diese letztern sind als Theil der Mauer behandelt, also weder cannelirt, noch verjüngt, noch geschwellt, doch deutet ein eigenes Capitäl, welches bedeutsam mit dem Echinus der Säulen contrastirt, auf ihre Theilnahme am Tragen hin.

Von den Steinbalken und deren vertieften viereckigen Zwischenfeldern (Cassetten), welche den Raum zwischen Säulenhalle und Tempelmauer bedeckten, ist nichts mehr erhalten. Das Gebälk der Säulenhalle scheidet sich, auch von innen gesehen, in Architrav und Fries, nur dass lezterer hier glatt ist. Am Gebälk der Cella dagegen, soviel davon vorhanden ist, hat der Fries seine Triglyphen und Metopen, nur niedriger als am Aussenbau.

Das Innere des Heiligthums erhielt einst sein Licht durch eine grosse Dachöffnung, ohne welche die fensterlosen griechischen Tempel durchaus dunkel gewesen wären. An den bedeutendern Tempeln wurde gleichsam als Einfassung und Stütze dieses offenen Daches eine innere Säulenordnung angebracht, und zwar eine doppelte, weil einfache dorische Säulen allzu gross und dick hätten gebildet werden müssen im Verhältniss zu dem so beschränkten Raum. Die Bauten der höchsten Blüthezeit scheinen meist eine untere dorische und eine obere ionische Ordnung gehabt zu haben, zu deutlicher Scheidung der in einander überleitenden Kräfte. Hier dagegen ist auch die obere Ordnung dorisch und dabei noch von etwas ungeschickter Bildung, als wäre die kleine obere Säule unmittelbar die durchs Zwischengesims hindurchgehende Fortsetzung der grössern untern; überdiess wirkt der breit auseinander gehende Echinus der kleinen Säule nicht gut 1).

Nur in dürftigen Andeutungen haben wir das, was die Seele dieses [5] wunderbaren Baues ausmacht, bezeichnen können. Obwohl eines von den besterhaltenen Denkmälern seiner Art, verlangt er doch ein beständiges geistiges Restauriren und Nachfühlen dessen was fehlt und dessen, was nur für die aufmerksamste Pietät noch sichtbar ist. Wie ganz anders würde er auch zum äussern Auge sprechen, wenn er noch mit allen Sculpturen seiner Giebel und Metopen, mit den Dachzierden (Akroterien) von Laubwerk und Statuen, mit den Löwenköpfen des Kranzgesimses, mit dem jetzt so fraglichen Farbenschmuck, innen aber mit dem Bild Poseidon's und den Weihgeschenken geretteter Seefahrer geschmückt wäre! Unsere Vorstellung von Kunstvermögen der Griechen steigert er aber schon in seinem jetzigen Zustande auf das höchste.

Vielleicht blickt ein scharfes Auge die einzelnen Seiten im Profil entlang und findet, dass keine einzige mathematisch gerade Linie an dem ganzen Bau ist. Man wird zunächst an ungeschickte Vermessung, an die Wirkung der Erdbeben und Anderes der Art denken. Allein wer z. B. sich der rechten Ecke der Vorderseite gegenüberstellt, so dass er das obere Kranzgesimse der Langseite verkürzt sieht, wird eine Ausbeugung desselben von mehrern Zollen entdecken, die nur mit Absicht hervorgebracht sein kann. Und Ähnliches findet sich weiter. Es sind Äusserungen desselben Gefühls, welches die Anschwellung der Säule verlangte und auch in scheinbar mathematischen Formen überall einen Pulsschlag innern Lebens zu offenbaren suchte.

 

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Die beiden andern dorischen Tempel von Pästum sind aus einer viel spätern, ausgearteten Epoche der dorischen Baukunst, die man der Zeit nach vielleicht in das III. Jahrhundert v. Chr. verlegen kann. Der Eindruck ist indess immer ein solcher, dass sie ohne die Nachbarschaft des Poseidonstempels zu den herrlichsten Bauten des italischen Festlandes gehören würden. Sie sind weniger gut erhalten, besitzen aber wenigstens den ganzen äussern Säulenkranz und Architrave ohne Unterbrechung.

An dem sogenannten Cerestempel fällt zunächst eine abweichende Bildung der Säule auf, welche wie aus weicherm, minder elastischem Stoffe geschaffen scheint. Dies drückt sich aus in der viel stärkern Ausbauchung des Schaftes und in der breitwulstigen Bildung des Echinus, [6] welche letztere durch eine ganz eigenthümliche Zusammenziehung (Hohlkehle) am Oberende des Schaftes zwar erklärt, aber auch durch das Grelle des Überganges um so viel fühlbarer wird. Diese gewaltige Breite des Echinus zieht dann eine verhältnissmässige Vergrösserung der Deckplatte nach sich. (Die Intervalle der Deckplatten sind etwa gleich der Hälfte ihres Durchmessers.) Zu der geringern innern Kraft der Säule passt dann ganz gut der schmalere Architrav. Statt der Triglyphen und Metopen, welche von besserm Stein eingesetzt waren, sieht man jetzt fast bloss deren leere Lücken. An den einst herabgestürzten und in neuerer Zeit wieder aufgesetzten Giebeln ist das Obergesimse mit vertieften Cassetten verziert, die das Alter zum Theil sogar durchlöchert hat. Von der Cella ist wenig mehr erhalten, als die Grundmauern.

Noch deutlicher erscheint die Ausartung des dorischen Styles in der sogenannten Basilica. Trotz auffallender Abweichungen, wie z. B. die ungerade Neunzahl der Säulen an den beiden Fronten, ist diess Gebäude ebenfalls ein Tempel gewesen; Gestalt, Lage, Stufen, Enge des Raumes im Innern lassen den Gedanken an eine andere Bestimmung, wie z. B. die der Basiliken war, gar nicht aufkommen. Wiederum sind die Säulen stark geschwellt und von dem sehr weichen und runden Echinus durch eine ähnliche Hohlkehle getrennt wie am Cerestempel. Von dem Gebälke ist ein schmaler Architrav ganz erhalten, theilweise auch ein stark zurücktretender Fries, an welchem ohne Zweifel sculpirte Triglyphen und Metopen aus besserm Stein angenietet waren (oder werden sollten, denn mit der Vollendung solchen Tempelschmuckes verhielt es sich nur zu oft wie mit dem Ausbau unserer gothischen Kathedralen.) – Innen beginnt die Cella mit einer Vorhalle von drei Säulen und zwei Mauerpfeilern (Anten), welche letztere, als stärkstes Merkmal der Entartung, die Verjüngung sowohl als die Anschwellung der Säulen mitmachen; auch ihr Capitäl – eine Hohlkehle – ist von gefühlloser Bildung. – Im Innern steht auffallender Weise eine Säulenreihe der mittlern Axe des Gebäudes entlang; drei Säulen sind ganz, von zweien die Capitäle erhalten. Welchen Zweck und welche Bedachung man sich dabei vorzustellen habe, lässt sich um so weniger entscheiden, da dieser Innenbau vielleicht nicht einmal der ursprüngliche ist. [7]

 

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Neben der dorischen Ordnung entwickelte sich als deren schönstes Gegenbild die ionische; anfänglich in andern Gegenden entstanden, auch wohl für gewisse Zwecke vorzugsweise angewandt, wurde sie doch mit der Zeit ein völlig frei verwendbares Element der griechischen Gesammtbaukunst. Leider ist in den griechischen Colonien Italiens kein irgend beträchtlicher Ueberrest echter ionischer Ordnung erhalten und die römischen Nachahmungen geben bei aller Pracht doch nur ein dürftiges, erstarrtes Schattenbild von dem Formgefühl und dem feinen Schwung des griechischen Vorbildes. – Die Grundlage ist im Wesentlichen dieselbe, wie bei der dorischen Ordnung, die Durchbildung aber eine verschiedene. Die ionische Säule ist ein zarteres Wesen, weniger auf den Ausdruck angestrengten Tragens als auf ein reiches Ausblühen angelegt. Sie beginnt mit einer Basis von zwei Doppelwulsten, einem weitern und einem engern, deren inneres Leben sich durch eine schattenreiche Profilirung verräth. (An den römischen Überresten entweder glatt oder mit reichen, aber beziehungslosen Ornamenten bekleidet). Ihr Schaft ist viel schlanker und weniger stark verjüngt, als der dorische; seine Ausbauchung ein eben so feiner Kraftmesser als bei diesem. Die Cannelirungen nehmen nicht die ganze Oberfläche des Schaftes ein, sondern lassen schmale Stege zwischen sich, zum Zeichen, dass sich die ionische Säule nicht so anzustrengen habe, wie die dorische. (An den römischen Ueberresten fehlen hier wie bei allen Ordnungen die Cannelirungen oft, ja in der Regel; mit grossem Unrecht, indem sie kein Zierrath, sondern ein wesentlicher Ausdruck des Strebens sind und auf die bewegte Bildung des Capitäls und Gesimses nothwendig vorbereiten.) Das ionische Capitäl, an den alten athenischen Bauten von unbeschreiblicher Schönheit und Lebendigkeit, setzt über einem verzierten Hals mit einem Echinus an; dann aber folgt, wie aus einer weichen, ideal-elastischen Masse gebildet, ein oberes Glied, gleichsam eine Blüthe des Echinus selbst, die auf beiden Seiten in reich gewellten Voluten (Schnecken) herniederquillt und sich, von vorn gesehen, in zwei prächtigen Spiralen aufrollt. Die Deckplatte, welche bei einer ernsten, dorischen Bildung dieses ganze reiche Leben tödten würde, ist nur als schmales, verziertes, ausgeschwungenes Zwischenglied zwischen das Capitäl und das Gebälk hineingeschoben. (An den römischen Überresten: Hals und Echinus schwer und [8] mässig verziert, die Voluten auf den Seiten mit schuppenartigem Blattwerk bedeckt, ihre Spiralen schwunglos und mathematisch, die Deckplatte überreich)  2). – Das Gebälk ist leicht und der Säule gemäss gestaltet; der Architrav in drei übereinander hervortretende Riemen getheilt; der Fries ohne Unterbrechung durch Triglyphen zu fortlaufenden Reliefs eingerichtet; alle Zwischenglieder und alle Theile des Obergesimses zart und reich gebildet. (An den römischen Überresten wohl ebenso prachtvoll aber lebloser.)  3)

 

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Endlich schuf noch die griechische Kunst das korinthische Capitäl. An den Bauten Griechenlands selbst können wir dasselbe nur in seinen Anfängen nachweisen, Anfänge, die freilich Grösseres verheissen als es später unter römischer Hand wirklich erfüllt hat. (Die sogenannte Laterne des Demosthenes, richtiger: das choragische Denkmal des Lysikrates in Athen.)

Indess haben die Römer diese Ordnung mehr geliebt und richtiger verstanden und behandelt als die beiden andern, ja wenn man die Trefflichkeit der korinthischen Formen am Pantheon und am Tempel des Mars Ultor neben der sonstigen Thätigkeit so zahlreicher griechischer Künstler im damaligen Rom in Erwägung zieht, so wird auch wohl der Gedanke erlaubt sein, dass hier noch eine ziemlich unmittelbare griechische Tradition, wenigstens stellenweise zu uns spricht.

Form, Verhältnisse, Dichtigkeit der Stellung hat die korinthische Säule im Ganzen mit der ionischen gemein; Basis und Cannelirungen, wo diese sich vorfinden, sind dieselben. Das Capitäl aber bildet einen runden Kelch, der mit zwei Reihen von Akanthusblättern ringsum bekleidet ist. Aus diesen Blättern spriessen Stengel hervor, aus welchen [9] sich mächtig gerollte Voluten entwickeln; diese, je zwei sich aneinander drängend, bilden die weit vorspringenden vier Ecken des Capitäls. Ihnen folgt die ausgeschwungene Deckplatte, deren einwärtsgehende Rundungen in der Mitte durch eine Blume unterbrochen sind.

Wer an den bessern römischen Bauten ein wohlerhaltenes Capitäl mit der nöthigen Geduld verfolgt, wird über die Fülle idealen Lebens erstaunen, die sich darin ausdrückt. Der Akanthus ist wohl ursprünglich die bekannte Pflanze Bärenklau; man pflücke sich aber, z. B. auf den Wiesenhöhen der Villa Pamfili, ein Blatt derselben, und überzeuge sich bei der Vergleichung mit dem architektonischen Akanthus, welch ein Genius dazu gehörte, um das Blatt so umzugestalten. In einem neuen, plastischen Stoff gedacht, gewinnt es eine Spannkraft und Biegsamkeit, einen Reichthum der Umrisse und der Modellirung, wovon im grünen Bärenklau nur die halbversteckten Elemente liegen. Die Art, wie die Blätter über- und nebeneinander folgen, ist ebenfalls der Bewunderung werth, und so auch ihre höchste und letzte Steigerung in Gestalt der Eckvoluten; diese, als (scheinbarer) Hauptausdruck der Kraft, sind mit Rccht freier, d. h. weniger vegetabilisch gebildet, haben aber ein Akanthusblatt, das mit ihnen aus dem gleichen Stengel spriesst, zur Unterlage und Erklärung mit sich. Und jeder einzelne Theil dieses so elastisch sprechenden Ganzen hebt sich wieder klar und deutlich von den übrigen ab; reiche Unterhöhlungen, durch welche der Kelch als Kern des Capitäles sichtbar wird, geben zugleich dem Blattwerk jene tiefen Schatten zur Grundlage, durch welche es erst völlig lebendig wirkt.

Eine blosse Spielart des korinthischen ist das sogenannte Composita­capitäl, erweislich zuerst an dem Titusbogen angewandt. (Der Drususbogen bei Porta S. Sebastiano in Rom ist wahrscheinlich falsch benannt; sonst wäre er ein noch älteres Beispiel). Die Mischung aus den zwei untern Blattreihen des korinthischen Capitäls und einem darübergesetzten unecht ionischen mit vier Eckvoluten (demselben etwa, welches oben, in der Anmerkung zu Seite 8 beschrieben wurde) ist eine unschöne, mechanische. Es liesse sich schwer begreifen, wie man gerade den glänzend lebendigen obern Theil des korinthischen Capitäls opfern mochte, wenn die Mode nicht stärker wäre als Alles. [10]

 

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Bei der nun folgenden Übersicht der römischen Bauwerke in Italien möge man ja im Auge behalten, dass wir das rein Archäologische absichtlich beseitigen und auf eine Ergänzung desselben aus den Reisehandbüchern und aus sonstigen Studien rechnen. Auch unsere Vorbemerkungen werden nicht aus Notizen bestehen, sondern einige allgemeine Gesichtspunkte festzustellen suchen.

Römerbauten der bessern und noch der mittlern Zeit haben ein Königsrecht selbst neben dem Massivsten was Italien aus dem Mittelalter und der neuen Bauperiode besitzt. Selbst ein kleiner Rest bemeistert in seiner Wirkung ganze Gassen, deren Häuser doppelt und dreimal so hoch sind. Diess kommt zunächst von dem Stoffe, aus welchem gebaut wurde; in der Regel ist es der beste, der zu haben war. Sodann wurde von allem Anfang an bei öffentlichen Gebäuden nicht gepfuscht und nicht jeder Rücksicht nachgegeben; man baute etwas Rechtes oder gar nichts. Endlich ist die antike Architektur mit ihren plastisch sprechenden, bedeutsam abwechselnden Einzeltheilen, Säulen, Gebälken, Giebeln etc. im Stande, jeder andern baulichen Gliederung die Spitze zu bieten, selbst der gothischen, so wie sie in Italien auftritt.

Nun sind einige zeitliche und technische Unterschiede zu beobachten. Zur Zeit der römischen Republik und auch der frühern Kaiser wurden die öffentlichen Bauwerke aus Quadern desjenigen Steines erbaut, welcher unter den nächst zu habenden der beste war. Für Rom z. B. musste die Wahl auf den grüngrauen Peperin und den gelblichen Travertin fallen. Allein schon seit Augustus gewann man den fernab liegenden weissen Marmor so lieb, dass mit der Zeit wenigstens Säulen und Gebälk vorzugsweise daraus gebildet wurden, während man die Wände mit Platten dieses und anderer kostbarer Stoffe bekleidete; das Innere der Mauern aber bestand fortan aus Ziegeln.

Marmorbauten jedoch waren das ganze Mittelalter hindurch die beliebtesten und bequemsten Steinbrüche, wo man die schönsten Säulen, in der Regel aus Einem Steine, fertig vorfand um hundert Basiliken damit auszustatten. Von den Mauern löste man mit Leichtigkeit die vorgesetzten Platten ab und verwandte sie auf alle Weise; Gebäude, deren Mauern aus vollen durchgehenden Quadern bestanden hätten, würde man gewiss eher respectirt und so gut es ging, zu neuen Bestimmungen eingerichtet haben. [11]

So kommt es nun, dass der Reisende, auf einen einigermassen vollständigen Anblick wenigstens der Bruchstücke antiker Tempel, Thermen und Paläste gefasst, durch scheinbar ganz formlose Ziegelhaufen enttäuscht wird. So schön die Ziegel namentlich des ersten Iahrhunderts gebrannt, so sorgfältig sie auf einandergeschichtet sein mögen, so glühend ihre Farbe in der Abendsonne wirken mag, bleibt es eben doch ein bloss zufällig zu Tage getretener innerer Kern ehemaliger Gebäude, den einst, als das Gebäude vollständig war, kein Auge erblickte, weil ihn eine leuchtende Hülle und Schale umgab. Wir werden im Folgenden sehen, auf welche Weise sich das einigermassen forschungsfähige Auge entschädigen kann.

 

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Bekanntlich brachten die Römer zu den entlehnten griechischen Formen aus der etruskischen Baukunst den Bogen und das Gewölbe hinzu, letzteres als Tonnengewölbe (wie ein gebogenes Blatt), als Kreuzgewölbe (zwei sich schneidende Tonnengewölbe) und als Kuppel. Schwere und Druck verlangen sogenannte Widerlager, welche entweder durch verhältnissmässige Dicke der Mauer oder durch Strebepfeiler an den dem stärksten Druck ausgesetzten Stellen dargestellt werden müssen; die Römer liessen es im Ganzen bei dicken Mauern bewenden (Vergl. das Pantheon). – Wie man sieht, handelte es sich um ganz neue Aufgaben. Die griechischen Säulen, Gebälke und Giebel, ursprünglich auf einen wesentlich andern Kernbau berechnet und nur ihrer schönen Wirkung wegen beibehalten, mussten nun die römischen Bauten „accompagniren“ helfen, wenn uns dies Wort erlaubt ist. Man zog Säulenreihen vor den Mauern, Halbsäulenreihen an den Mauern – sowohl im Innern als am Äussern – hin; man gab den Mauerpfeilern (Anten) und den Pilastern überhaupt dieselben Capitäle wie den Säulen, nur zur Fläche umgebildet; man stellte Peristyle als Eingangshallen bisweilen sehr unvermittelt vor ein Gebäude von beliebiger Form; man liess das griechische Gesimse ohne Unterschied über Säulenreihen oder Mauermassen – geradlinige oder runde – dahin laufen. Kein Wunder, dass sein fein abgewogener constructiver Sinn, dass die Fülle von Andeutungen auf das Ganze, dem es einst gedient, verloren gingen und dass man sich mit möglichster Pracht der decorativen Ausbildung zufrieden gab. [12]

Hierin aber zeigt sich die römische Kunst wahrhaft gross. Sobald man es vergisst, wie viel missverstandene und umgedeutete griechische Formen unter den römischen versteckt liegen, wird man die letztern um ihrer prachtvollen, höchst energischen Wirkung willen bewundern müssen.

Von dem korinthischen Capitäl ist schon die Rede gewesen als von einer noch wesentlich griechischen Schöpfung. Am Gebälk findet sich zunächst ein bereicherter Architrav, dessen drei Bänder mit Perlstäben u. dgl. eingefasst sind; bisweilen besteht das mittlere aus lauter Ornamenten. (Später: oft nur zwei Bänder.) Eine zierliche, nur zu weit vorwärts profilirte Blattreihe scheidet den Architrav vom Fries, welcher die Inschriften und Reliefs oder Pflanzenzierrathen enthält. (Später: der Fries in der Regel convex und auf irgend einen nicht mehr aufweisbaren, etwa aufgemalten Schmuck berechnet). Ueber dem Fries eine mannigfach variirte Aufeinanderfolge vortretender, reich decorirter Glieder: Reihen von Akanthusblättern mit gefälligem Wellenprofil, Eierstäbe, Zahnschnitte, und als Uebergang zu dem mit Löwenköpfen und Palmetten geschmückten Kranzgesimse: die Consolen. Diese sind eine römische Umdeutung jener schrägen Dachsparren, die wir beim grossen Tempel von Pästum erwähnten und verdienen als Höhepunkt alles römischen Formgefühls eine besondere Aufmerksamkeit. Unter das wellenförmig gebildete, architektonisch verzierte Sparrenende legt sich, ebenfalls in Wellenform, ein reiches Akanthusblatt; sodann wird der Zwischenraum zweier Consolen von einer reich eingefassten Cassette eingenommen, aus deren schattiger Tiefe eine Rosette hell herabragt. (Später: das Akanthusblatt kraftlos an die Console angeschmiegt; die elastische Bildung beider vernachlässigt; die Cassetten flach, die Rose leblos gebildet.) Am Giebel ist ein Theil des Hauptgesimses mit den Consolen wiederholt, welche hier trotz des schrägen Ansteigens an den besten Bauten senkrecht gebildet werden. (Vorhalle des Pantheon). Ein vielleicht nur allzureicher Schmuck von Statuen, Gruppen u. a. Zierrathen war auf der Höhe des Giebels und auf den Ecken angebracht. (Ein paar gute Akroterien oder Eckzierden aus römischer Zeit in der Galeria lapidaria des Vaticans.) Die Anwendung grosser plastischer Freigruppen in den Giebeln selbst ist auch für die Römer wahrscheinlich, doch nicht mit Beispielen zu belegen. [13]

Es versteht sich, dass nur eigentliche Prachtgebäude diesen Schmuck vollständig aufwiesen und auch diese nicht durchgängig; zudem sind sie fast ohne Ausnahme nur in geringen Fragmenten erhalten. Ausser den noch an Ort und Stelle befindlichen Bauresten wird man desshalb zur Ergänzung auch die verschleppten und in die Museen geretteten Fragmente studiren müssen, indem sich stellenweise gerade an ihnen das Schönste und Reichste, auch wohl das Zierlichste, wenn sie von kleineren Bauten herstammen, erhalten hat. Im Vatican enthält namentlich die schon genannte Galeria lapidaria und auch das Museo Chiaramonti einen Schatz von solchen Bruchstücken; ebenso das Museum des Laterans; von den Privatsammlungen ist die Villa Albani besonders reich daran; von den christlichen Basiliken Roms bieten der ältere Theil von S. Lorenzo fuori le mura und das Hauptschiff von S. Maria in Trastevere ganze bunte Mustersammlungen dar. Eine Sammlung von Abgüssen in der Académie de France. In Florenz (äussere Vorhalle der Uffizien) nur ein Stück von einer Thürgewandung und ein anderes von einem Fries; aber beide von hohem Werthe.

Hier wie überall muss der Beschauer jene restaurirende Thätigkeit in sich entwickeln, ohne welche ihm die antiken Reste wie lauter Formlosigkeit und die Freude daran wie lauter Thorheit erscheinen. Er muss aus dem Theil das vermuthliche Ganze ahnen und herstellen lernen und nicht gleich einen „Eindruck“ verlangen bei Überresten, deren Schönheit sich erst durch das Hinzugedachte ergänzen kann. Das ganze Gebäude aus Trümmern zu errathen, wird wohl nur dem Forscher möglich sein, allein aus ein paar Säulen mit Gebälkstücken wenigstens auf die Wirkung einer ganzen Colonnade zu schliessen ist Sache jedes nicht rohen oder abgestumpften Auges.

 

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Wir beginnen mit den Tempeln. Hier ist das Verhältniss der Säulenhalle zur Cella fast durchgängig ein anderes als bei den Griechen. Jene dient nicht mehr zum Ausdruck dieser und entspricht ihr nicht mehr in derselben Weise. Die Halle ist jetzt ein Vorbau der Cella und wird nur aus Prachtliebe etwa noch ringsum geführt; sonst bequemt sich die römische Kunst sehr leicht, nur einen Anklang davon in Gestalt von Halbsäulen ringsum anzugeben oder auch die Wand [14] ganz unverziert zu lassen. Ein weiterer Unterschied ist die jetzt übliche Bedeckung des Innern mit einem cassettirten Tonnengewölbe, während man doch aussen den griechischen Giebel, d. h. den Ausdruck eines Balkendaches, beibehielt. Wahrscheinlich brachte man, wie einst im Dach des griechischen Tempels, so hier im Gewölbe eine grosse Lichtöffnung an, ohne welche die Beleuchtung ganz zweifelhaft bliebe; Seitenfenster finden sich fast nirgends. Echt römisch ist endlich die Zertheilung der Wandflächen durch einwärtstretende Nischen und die Errichtung einer hintern Hauptnische für das Bild der Gottheit; dieses ganze Nischenwerk aber muss man sich bekleidet und umgeben denken von besondern Säulenstellungen mit Gebälken und Giebeln, wodurch die ganze Mauer ein prachtvoll abwechselndes Leben erhielt und die griechische Ruhe total einbüsste. – Das Dach der Vorhalle bestand wie bei den griechischen Tempeln aus Steinbalken verschiedener Lagen und verschiedenen Ranges, deren Zwischenräume mit Steinplatten zugedeckt waren. Allein die Durchführung ist eine andere als in den (sehr wenigen) erhaltenen Beispielen der griechischen Zeit; von der Balkenlage wird nur eine Reminiscenz beibehalten und die ganze Innensicht des Daches als erwünschter Anlass zum Aufwand von Ornamenten benützt. Die Untenseiten der Balken bekommen Reliefarabesken, ihre Zwischenräume werden zu reich profilirten Cassetten, welche grosse, gewaltig wirksame Rosetten enthalten.

 

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Mit der dorischen Ordnung hatten die Römer entschiedenes Unglück. Sie wollten die ernsten Formen derselben mit den leichten Verhältnissen der ionischen verbinden und fielen dabei nothwendig in das Magere und Dürftige. In Rom selbst ist kein dorischer Tempel mehr erhalten; an den zwanzig Säulen in S. Pietro in vincoli nämlich, welche vom Tempel des Quirinus entlehnt sein sollen, ist die ursprüngliche Höhe fraglich und die Capitäle sind modern. – Das einzige Beispiel, welches eine ungestörte Anschauung des Römisch-Dorischen giebt, möchte wohl in der Vorhalle des Herculestempels zu Cora (drei Stunden von Velletri) bestehen; Lage, Material und Ernst der Formen (so übereinfach sie sein mögen) sichern diesem Gebäude noch immer eine grosse Wirkung. Dasselbe wird etwa in die [15] Zeit Sulla's versetzt; eine noch ältere Anwendung des Dorischen findet man an dem Sarcophag des Scipio barbatus (Vatican, Belvedere, Gemach des Torso). Ausserdem bietet Pompeji eine Anzahl zerstörter dorischer Bauten, welche noch zwischen dem Griechischen und dem Römischen die Mitte einzunehmen scheinen, meist Hallen, welche Plätze und Höfe (z. B. den des verschwundenen, einst griechisch-dorischen Heraklestempels und den des Venustempels) umgeben, und welche ihrer Detailbildung wegen am besten hier zu erwähnen sind. Die Säulen sind für diese Ordnung sehr schlank und dünn, ihre Cannelirungen demnach schmal; die letztern beginnen meist erst in einer gewissen Höhe über der Erde, weil sie sich weiter unten rasch abgenützt hätten. Der Echinus ist durchgängig schon ziemlich trocken und klein, die Deckplatte dünn gebildet. Am Gebälk ist der Architrav schon nicht mehr glatt, sondern in zwei Riemen getheilt, der Fries mit den Triglyphen ohne den griechischen Nachdruck. Noch am meisten griechisch ist das einzige Fragment der schon erwähnten Halle um den Hof des Heraklestempels, des sogenannten Foro triangolare; hier hat der Echinus noch die drei Riemen, unter welchen dann die Cannelirungen mit runden Ansätzen beginnen; anderwärts sind diese Ansätze wagrecht und die Riemen durch irgend ein empfindungsloses Zwischenglied ersetzt. So am sogenannten Soldatenquartier und an den ältern Säulen des grossen Forums; die jüngern haben einen ganz sinnlosen, wellenförmigen Echinus. Die Halle um den Hof des Venustempels war ebenfalls von einer geringen dorischen Art wie die Stellen zeigen, wo die spätere Ueberarbeitung mit Stucco abgefallen ist. (Wie weit das Dach noch über sie hervorragte, zeigen die wohl vier Fuss ausserhalb angebrachten Regenrinnen am Boden).

Das spätere Rom, mit seiner Neigung für prächtige Detailverzierung, gab die dorische Ordnung beim Tempelbau bald ganz auf und behielt sie nur bei zur Bekleidung des Erdgeschosses an mehrstöckigen Bauten (z. B. Theatern). Hier tritt sie wiederum viel entstellter auf, nämlich in ihrer ganz zweideutigen Verschmelzung mit der sogenannten toskanischen Ordnung, welche in selbständigen Exemplaren nicht mehr nachzuweisen ist. Sie verliert ihre Cannelirungen und gewinnt unten eine Basis und oben (kurz vor dem roh gebildeten Echinus) einen Hals, [16] über welchem sich bisweilen einige Zierrathen zeigen. Auch ihr Gebälk fällt mehr oder weniger der Willkür anheim.

 

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Von römisch-ionischer Ordnung besitzen wir noch ein gutes und frühes, aber sehr durch Verwitterung und moderne Verkleisterung entstelltes Beispiel, den sogenannten Tempel der Fortuna virilis zu Rom. Die Voluten, seitwärts mit Blattwerk verziert, haben allerdings schon ziemlich todte, unelastische Spiralen; dafür zeigt der Fries noch anmuthige Laubgewinde und das Kranzgesimse seine Löwenköpfe. Der kleine Sibyllentempel in Tivoli hat noch seine viersäulige Vorhalle. – Der schon erwähnte Tempel Vespasians, am Aufgang zum Forum, ist bei einer höchst nachlässigen Restauration des III. oder IV. Jahrhunderts mit jenen oben (S. 8. Anm.) geschilderten ionischen Bastardcapitälen versehen worden. Seine Granitsäulen, schon früher nie cannelirt, wurden in ungehöriger Aufeinanderfolge der Stücke zusammengeflickt. Von den Bauten in Pompeji ist wenigstens die innere Säulenstellung des Jupitertempels leidlich ionisch; sonst herrscht dort die Bastardordnung fast ausschliesslich vor.

Die schönern römisch-ionischen Tempel leben fast nur noch in jenen Sammlungen verschleppter Fragmente fort. Man wird wohl nirgends mehr eine solche Auswahl guter ionischer Capitäle beisammen finden, wie über den Säulen von S. Maria in Trastevere; einzelne haben noch einen fast griechischen Schwung, andere sind durch reiche Zierrathen, ja durch Figuren, welche aus den Voluten und an der Deckplatte herausquellen, interessant. Ob die Menge verschiedener antiker Consolen, welche am Gebälke derselben Kirche angebracht sind, von denselben Gebäuden herrühren, ist begreiflicher Weise nicht zu ermitteln. (Ein schönes römisch-ionisches Capitäl u. a. im grossen Saal des Palazzo Farnese. Zu den besten Bastardcapitälen dieser Ordnung mit vier Eckvoluten gehören diejenigen in S. Maria in Cosmedin, an der Wand links.)

 

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Weit das Vorherrschende im ganzen römischen Tempelbau, ja im Bauwesen überhaupt, ist die korinthische Ordnung. So selten ihre Formen in vollkommener Reinheit auftreten, so oft wird man dafür [17] das decorative Geschick der Römer bewundern müssen, welche ihr, und vorzüglich ihrem Capitäl Eines um das andere aufzuladen wussten, bis es endlich doch zu viel wurde. Sie unterbrachen das Blattwerk des Capitäls mit Thierfiguren, Trophäen, Menschengestalten, endlich mit ganzen Historien, wie zur Zeit des romanischen Styles im Mittelalter. (Ein historienreiches Capitäl der Art im Giardino della Pigna des Vaticans.) Sie lösten auch die letzten glatt gebliebenen Profile des Gebälkes in Reihen von Blätterzierrathen auf. (Diocletiansthermen, jetzt S. Maria degli Angeli zu Rom.) Das Ende war eine definitive Ermüdung und plötzlich hereinbrechende Roheit.

Das schönste Beispiel korinthischer Bauordnung ist anerkannter Massen das Pantheon in Rom; ein Gebäude, welches zugleich so einzig in seiner Art dasteht, dass wir es hier vorweg behandeln müssen. Ursprünglich von Agrippa als Haupthalle seiner Thermen gegründet und erst später von ihm als Tempel ausgebaut und mit der Vorhalle versehen, hat es nach allen Restaurationen und Beraubungen seine ausserordentliche Wirkung im Wesentlichen gerettet, doch nicht ohne schwere Einbusse. Wir wollen nur dasjenige anführen, was die ehemalige, ursprüngliche Wirkung zu veranschaulichen geeignet ist.

Zunächst denke man sich den jetzt stark ansteigenden Platz viel tiefer und eben fortlaufend; denn fünf Stufen führten einst zur Vorhalle hinauf. So erhält der jetzt etwas steil und hoch scheinende Giebel erst sein wahres Verhältniss für das Auge. Man fülle ihn mit einer Giebelgruppe oder wenigstens mit einem grossen Relief an, und kröne ihn mit den Statuen, die einst der Athener Diogenes für diese Stelle fertigte. (Die gewaltigen Granitsäulen sind allerdings ihres Stoffes halber grossentheils unberührt geblieben; leider wagte sich die augusteische Zeit selber nicht gerne an diese Steinart und liess die Säulen dem Stoff zu Ehren uncannelirt, während die marmornen Pilaster ihre sieben Cannelirungen auf jeder Seite erhielten.) Ferner entschliesse man sich, aus den durchgängig mehr oder minder entblätterten Capitälen in Gedanken ein ganzes, unverletztes zusammenzusetzen; gehören sie doch in ihrer Art zum Schönsten, was die Kunst geschaffen hat 4). (Die Schneidung des Kelchrandes mit der Deckplatte, vermittelt [18]durch die darüber emporspriessende, durch zwei kleinere Voluten mit Akanthusblättern vorbereitete Blume, sowie die Bildung der grössern Eckvoluten hat nicht mehr ihres Gleichen.) Man vervollständige die innere und äussere Wandbekleidung am hintern Theil der Vorhalle, mit ihren anmuthigen Querbändern von Fruchtschnüren, Candelabern u. s. w. Man denke sich die drei Schiffe der Vorhalle mit drei parallelen, reichcassettirten Tonnengewölben bedeckt, über welchen sich noch jener Dachstuhl von vergoldetem Erz erhob, den Urban VIII einschmelzen liess. Vor Allem vergesse man Bernini's Glockenthürmchen. – Bei aller Pracht fand sich an dieser Vorhalle auch die Einfachheit an der rechten Stelle ein. Der innere wie der äussere Architrav hat nur die Profile, die ihm gehören; an seiner Untenseite ist nur eine Art von Rahmen als Verzierung angebracht; das äussere Hauptgesimse 5) besteht nur aus den unentbehrlichen Theilen. Die Thüreinfassung, wahrscheinlich die ursprüngliche 6) ist bei einem gewissen Reichthum doch einfach in ihren Profilen; die Bronzethür selbst mag zwar noch antik, doch aus beträchtlich späterer Zeit sein.

Am Hauptgebäude scheint aussen eine ehemalige Bekleidung von Stucco zu fehlen. Diesem Umstande verdanken wir den Anblick des vortrefflichen Ziegelwerkes, dergleichen beim Abfallen des Putzes von neuern Gebäuden wohl selten zum Vorschein kommen wird. Ob die Consolen, welche die Absätze der Stockwerke bezeichnen, die ursprünglichen sind, wissen wir nicht anzugeben.

Im Innern überwältigt vor Allem die Einheit und Schönheit des Oberlichtes, welches den riesigen Rundbau mit seinen Strahlen und Reflexen so wunderbar anfüllt. Die Gleichheit von Höhe und Durchmesser, [19]gewiss an sich kein durchgehendes Gesetz der Kunst 7), wirkt doch hier als geheimnissvoller Reiz mit. – Im Einzelnen aber möchte die Gliederung der Wand durch abwechselnd halbrunde und viereckige Nischen fast das einzige sein, was von Agrippa's Bau noch übrig ist. Die Säulen und Pilaster dieser Nischen tragen zwar Capitäle von grosser Schönheit, doch nicht mehr von so vollendet reiner Bildung wie die der Vorhalle; auch die allzureiche, neunfache Cannelirung der Pilaster deutet wohl auf eine jener Restaurationen, deren von Domitian bis auf Caracalla mehrere erwähnt werden. Die beiden Gesimse, das obere und das untere, haben ihrer Einfachheit wegen noch eher Anspruch auf die Zeit Agrippa's, obwohl der Porphyrfries Einiges zu denken giebt. Entschieden spät, vielleicht aus der Zeit des Septimius Severus, sind die Säulen und Giebel der Altäre, wenn auch schon ursprünglich ähnliche an ihrer Stelle standen, als entsprechender Contrast zu den Nischen, wie es der römische Bausinn verlangte. Aus welcher Zeit die Bekleidung der untern Wandflächen mit Streifen und Rundflächen verschiedenfarbiger Steine herrühren mag, lässt sich schwer entscheiden; man hat sie z. B. in der Madeleine zu Paris etwas zu vertrauensvoll nachgeahmt. Die jetzige Bekleidung der Wandfläche des obern Stockes ist notorisch erst aus dem vorigen Iahrhundert; die ältern Abbildungen zeigen dort eine Pilasterreihe, als natürliche und wohlthuende Fortsetzung des Organismus im untern Stockwerk 8). Endlich sind die Cassetten ihres jedenfalls prächtigen Metallschmuckes beraubt, doch auch noch in ihrer jetzigen Leere und Farblosigkeit von grosser Wirkung. Die Verschiebung ihrer Tiefe nach oben zu erscheint ursprünglich. Wer füllt aber das flache Rund, welches das Fenster umgiebt, mit den wahren alten Formen aus? Hier war für die ernste, monumentale Decoration der Anlass zur meisterlichsten Schöpfung gegeben. – Zum Beschluss machen wir noch auf eine Disharmonie aufmerksam, welche schon dem Baumeister Agrippa's zur Last fällt. Die Thürnische und, ihr gegenüber, die Altarnische mit ihren runden Wölbungen schneiden in das ganze Rund auf eine üble [20] Weise ein; es entsteht eine doppelt bedingte Curve, die das Auge nicht erträgt, sobald es sie bemerkt hat.

Nachbildungen des Pantheon können nicht gefehlt haben, und vielleicht wussten die römischen Nachahmer besser als Bianchi, der S. Francesco di Paola zu Neapel stückweise nach diesem Muster baute, auf was es im Wesentlichen ankam, nämlich auf die Einheit des Lichtes. Der runde Vorbau von SS. Cosma e Damiano am Forum ist ein antiker Tempel (wahrscheinlich der Penaten) mit ehemals reinem Oberlicht, aber kaum mehr kenntlich durch hohe Auffüllung im Innern (welche wahrscheinlich das scharfe Echo in der Mitte hervorgebracht hat) und durch eine im Mittelalter aus antiken Fragmenten an willkürlicher Stelle eingesetzte Thür. Von Thermenräumen u. dgl. mit Oberlicht wird weiter die Rede sein.

Der Ansatz der geradlinigen Vorhalle an den Rundbau ist an sich betrachtet immer disharmonisch und das Pantheon dürfte nicht als entschuldigendes Beispiel gelten, weil die Vorhalle erst ein späterer Gedanke, ein Pentimento ist, weil zwischen dem Rundbau und ihr die Bestimmung des Gebäudes verändert wurde. Wir werden sehen, wie bei spätern Gebäuden dieser Gegensatz aufgelöst und versöhnt wurde.

 

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Die überwiegende Mehrzahl der römischen Tempel ist oder war, wie bemerkt, von der länglich viereckigen Art. An den vorhandenen Fragmenten soll hier nur das künstlerisch Bemerkenswerthe hervorgehoben werden.

Weit der edelste Bau dieser Art ist der Tempel des Mars Ultor, welchen Augustus nach dem Siege über Antonius an der Rückwand seines Forums errichtete. Seine Mauern waren nicht aus Ziegeln, sondern aus mächtigen Travertinblöcken construirt mit einer Marmorbekleidung, von welcher noch der Sockel und einige der weitern Schichten erhalten sind. Die drei erhaltenen Säulen bestehen glücklicher Weise nicht aus Granit, sondern aus Marmor und sind von mustergültiger Cannelirung, ihre Capitäle trotz aller Entblätterung noch von überraschender Schönheit. Vom Gebälk ist nur der Architrav erhalten, der schönste aller römischen Bauten, an der Untenseite mit Recht unverziert. [21] Unvergleichlich in ihrer Art ist die Innensicht der Decke des Porticus; die Querbalken mit einfacher Mäanderverzierung, die Cassetten dagegen mit reichprofilirter Vertiefung, aus welcher mächtige Rosetten niederschauen.

Es folgen die drei Säulen am Forum, früher als Tempel des Jupiter Stator, jetzt bis auf Weiteres als Tempel der Minerva benannt 9). Die Capitäle sind noch immer schön, doch nicht mehr von dem Lebensgefühl durchdrungen wie die oben erwähnten; der Architrav hat schon eine stark verzierte Untenseite und im mittlern seiner drei Bänder eine Blätterreihe. Die obern Theile des Gebälkes dagegen verdienen ihren Ruf vollständig.

Zu rein für die Zeit des Restaurators Septimius Severus und zu unrein für das Jahr der ursprünglichen Erbauung (12 v. Ch.) sind die drei Säulen am Abhang des Capitols gebildet, welche die Ecke des Saturnstempels ausmachten. (Früher als Jupiter tonans benannt). Die Capitäle sind noch sehr schön, haben aber bereits eine Blätterverzierung an der Deckplatte, deren Function nur ein einfaches Profil verlangt und erträgt. An der Vorderseite ist, wie bei mehrern Kaiserbauten, der Organismus des Gebälkes einer grossen Inschrift aufgeopfert, mit welcher moderne Baumeister Aehnliches zu rechtfertigen glaubten. – Zwischen den Säulen sind, der steilen Lage wegen, Stufen angebracht, die den Anschein eines Piedestals hervorbringen.

Schon eine beträchtliche Stufe niedriger steht der Tempel der Schwester Trajans, Marciana, die jetzige römische Dogana di terra 10); der Architrav ist bloss zweitheilig, der Fries convex, das Zwischenglied zwischen beiden sehr schwer, die Untenseite des Architravs mit nichtssagenden Ornamenten bedeckt. (Das Obergesimse scheint dermassen modern überarbeitet, dass wir kein Urtheil darüber haben. Die Ansicht von der Seite, den eilf Säulen entlang, ist belehrend für die [22] Anschwellung und Ausbauchung römischer Ordnungen. Der Unterbau muss sehr hoch gewesen sein, da er noch jetzt aus dem Boden ragt.)

Von dem Wunderwerk Hadrian's, dem Tempel der Venus und Roma, sind nur Stücke der beiden mit dem Rücken aneinander gelehnten Cellen erhalten, nebst einem Theil der ungeheuern Unterbauten und Treppenrampen und einer Anzahl von Säulenfragmenten. Man frägt sich nur wo der Rest hingekommen? Was wurde aus der 500 Fuss langen und 300 Fuss breiten Halle von Granitsäulen, welche den Tempelhof umgab? was aus den 56 cannelirten Säulen von griechischem Marmor (jede sechs Fuss dick), welche, zehn vorn und zwanzig auf jeder Seite (die Ecksäulen beidemale gerechnet), das Tempeldach trugen, wozu noch acht innerhalb der vordern und der hintern Vorhalle kamen? wie konnte das Gebälk bis auf ein einziges, jetzt auf der Seite gegen das Colosseum eingemauertes Stück gänzlich verschwinden? – Wenn irgendwo, so äussert sich hier die dämonische Zerstörungskraft des mittelalterlichen Roms, von welcher sich das jetzige Rom so wenig mehr einen Begriff machen kann, dass es beharrlich die nordischen „Barbaren“ ob all der gräulichen Verwüstungen anklagt. Wenn auch die 5½ Fuss dicke Marmormauer (denn hier waren es keine blossen Platten), welche die Ziegelmauer umgab, wenn die porphyrne Säulenstellung im Innern der beiden Cellen mit sammt dem Schmuck aller Nischen und der Bodenbekleidung geraubt wurde, so ist dies noch eher zu begreifen, weil es eine leichtere Aufgabe war. – Hadrian hatte bekanntlich den Tempel selber componirt und dabei auf einen höhern Totaleffekt des so wunderlich in zwei Hälften getheilten Innern aus irgendwelchen Gründen verzichtet. Wenn aber der Tempel selbst 333 Fuss lang und 160 Fuss breit war, so blieb, bei der oben angegebenen Ausdehnung der Halle des Tempelhofes auch für die Wirkung von aussen nur ein verhältnissmässig schmaler Raum übrig; der Beschauer konnte sich vorn oder hinten kaum 80 Fuss von einer Fassade entfernen, die vielleicht doppelt so hoch war (nämlich etwa so hoch als breit). Für den Anblick aus der Ferne war diess wohl gleichgültig, indem der Tempel mit seiner enormen Masse Alles überragte. – Welcher Ordnung seine Capitäle gewesen, ist unbekannt; der Wahrscheinlichkeit nach wird er hier bei den korinthischen aufgezählt. Die Halbkuppeln der beiden Nischen [23]haben nicht mehr quadratische, sondern rautenförmige Cassetten, welche mit denjenigen des Schiffes der Cella in offenbarer Disharmonie stehen, dennoch aber fortan kunstüblich wurden.

Der Tempel des Antoninus und der Faustina, ein Bau Marc Aurels, ist für diese Zeit ein sehr schönes Gebäude. Die Cipollinsäulen sind zwar, um den prachtvollen Stoff ungestört wirken zu lassen, uncannelirt geblieben, tragen aber Capitäle, die bei einer fast totalen Entblätterung noch eine einst ganz edle Form ahnen lassen. Der Architrav ist nur noch zweitheilig, an der Unterseite mässig (mit Mäandern) verziert; der Fries, soweit er erhalten ist, enthält treffliche Greife, Candelaber und Arabesken; das Obergesimse, statt der Consolen mit einer weitvorragenden Hohlrinne versehen, ist noch einfach grossartig gebildet (nur an den Seiten sichtbar). Der Kernbau bestand wie beim Tempel des rächenden Mars aus Quadern (hier von Peperin), welche mit Marmorplatten überzogen waren.

 

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Von den Gebäuden dieser Gattung ausserhalb Roms gehört der schöne Minerventempel von Assisi mit seiner vollständig erhaltenen sechssäuligen Fronte noch in die bessere Zeit der korinthischen Bauordnung; die Formen sind noch einfach und ziemlich rein, der Giebel niedrig. Auch hier sind zwichen den Säulen Stufen angebracht, welche den Säulen das Ansehen geben, als ständen sie auf Piedestalen. Und in der That hat man diesen Zwischenstücken der Basis ein besonderes kleines Gesimse gegeben, welches besagten Anschein noch erhöht. Allein an keinem einzigen Tempel haben die Säulen wirkliche Piedestale; diese entstehen erst, wo weit auseinanderstehende Säulen zur Decoration einer dazwischen liegenden Bauform, z. B. eines Bogens dienen müssen und doch, um anderweitiger Gründe willen, nur mässige Dimensionen haben dürfen, welchen man durch einen Untersatz nachzuhelfen genöthigt ist.

Ausser den genannten Tempeln wird man noch an vielen ältern Kirchen Italiens einzelne Säulen und Gebälkstücke von Tempelruinen in die jetzige Mauer aufgenommen finden, allein sehr selten an ihrer echten alten Stelle und kaum irgendwo so, dass sich auf den ersten Anblick der ehemalige Organismus und seine Verhältnisse errathen [24] liessen. An S. Paolo in Neapel stehen von der Colonnade des Dioskuren­tempels, die noch im XVII. Jahrhundert fast vollständig zu sehen war, nur noch zwei korinthische Säulen. Den Dioskuren­tempel in Cora muss man aus zwei korinthischen Säulen mit einem Gebälkstücke ergänzen. Der grosse Fortunentempel von Palestrina ist mit all seinem Terrassen- und Treppenwerk von einem Theil des jetzigen Städtchens völlig überbaut; ehemals vielleicht eine der prächtigsten Anlagen der alten Welt. Der Dom von Terracina ist in die Trümmer eines korinthischen (?) Tempels, wahrscheinlich des Jupiter Anxur hineingebaut, von welchem noch der Unterbau und zwei Halbsäulen (hinten) eine bedeutende Idee geben.

Vorzüglich durch die Anlage bedeutend ist der ebenfalls korinthische Herculestempel zu Brescia; an einen Abhang gelehnt und desshalb mehr Breitbau als Tiefbau, ragt er mit seinen drei Cellen auf hohen Substructionen; der Porticus tritt in der Mitte um zwei Säulen vor, und an diesen Vorbau setzt dann die breite Treppe an. Von den Säulen und den Mauern der (jetzt innen zum Museum benützten) Cellen ist so viel erhalten, dass das Auge mit dem grössten Vergnügen sich den ehemaligen, hochmalerischen Anblick des Ganzen vergegen­wärtigen kann.

 

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Von den Tempeln in Pompeji erhebt sich, seit dem Verschwinden des altdorischen Heraklestempels, keiner über ein bescheidenes Maass; ihre Säulen, meist aus Ziegeln mit Stuccoüberzug, sind in so beschädigtem Zustand auf unsere Zeit gekommen, dass bei mehreren selbst die Ordnung zweifelhaft bleibt, der sie angehörten. Der Jupitertempel auf dem Forum hat noch Reste seiner korinthischen Vorhalle (ausser der schon erwähnten ionischen Ordnung im Innern); allein das Material gestattete nicht diejenige freie und lebendige Durchbildung, welche das korinthische Capitäl, das Lieblingskind des weissen Marmors, verlangt. Pompeji liefert hier, wie in mancher andern Beziehung, wichtige Aufschlüsse darüber, wie die Alten auch mit geringen Mitteln einen erfreulichen Anblick hervorzubringen wussten. Allerdings muss das Auge hier (wider Erwarten) gar Vieles restauriren, indem die vielleicht meistentheils hölzernen Gebälke verschwunden und die [25] Säulen halb oder ganz zertrümmert sind; allein schon der Gedanke an das ehemalige Zusammenwirken der Tempel und ihrer Höfe mit Hallen und Wandnischen ergiebt einen grossen künstlerischen Genuss. (Tempel der Venus, des Mercur oder Romulus, der Isis.) Man kann sich genau überzeugen, aus welcher Entfernung der Baumeister seinen Tempel betrachtet wissen wollte, und wie wenig ihm der perspectivische Reiz, der sich ja hier in so vielen Privathäusern auf einer andern Stufe wiederholt, etwas Gleichgültiges war. (Von dem hübschen Fortunentempel, welcher ohne Hof an einer Strassenecke frei herausragt, ist leider die Vorhalle ganz verschwunden.) Allerdings zeigt sich nur weniges von Stein und fast nichts von Marmor, aber das Ziegelwerk  11) ist fast durchgängig trefflich und der dick darauf getragene Mörtel und Stucco von einer Art, welche den Neid aller jetzigen Techniker erregen mag. Die Formen zeigen wohl oft, wie z. B. am Isistempel, eine barocke Ausartung, doch mehr die untergeordneten als die wesentlichen. Was die Hallen der Tempelhöfe (und der zum Verkehr bestimmten Räume überhaupt) betrifft, so vergesse man nicht, dass hier das Bedürfniss weitere Zwischenräume zwischen den Säulen verlangte als man an der Säulenhalle des Tempels selbst gut heissen würde, und dass hier wahrsheinlich schon die Griechen selbst mit dem vernünftigen Beispiel vorangegangen waren. Sich zum Sklaven einmal geheiligter Bauverhältnisse zu machen, sieht ihnen am allerwenigsten ähnlich.

 

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Von Rundtempeln mit umgebender korinthischer Säulenhalle sind uns durch eine Gunst des Geschickes zwei verhältnissmässig gut erhaltene übrig geblieben, in welchen diese überaus reizende Bauform noch ihren ganzen Zauber ausspricht. Aus guter, vielleicht hadrianischer Zeit stammt der Vestatempel zu Tivoli, welcher nicht nur die meisten seiner cannelirten Säulen, sondern auch die schöne Decke des Umganges mit ihren Cassetten und das Meiste des Gebälkes sammt [26] dem verzierten Fries noch aufweist. Am sogenannten Tempel der Vesta (nach jetziger Ansicht der Cybele) zu Rom fehlt sogar von den schlanken, dicht gestellten zwanzig Säulen nur eine, aber dafür das ganze Gebälk; von der vierstufigen Basis sind wenigstens noch Stücke sichtbar. Nach den Capitälen zu urtheilen gehört das Gebäude etwa in das III. Jahrhundert; der Kelch greift mit seinem Rande nicht mehr über den Rand der ziemlich dick gebildeten Deckplatte und die Ausführung der Blätter hat schon etwas leblos Decoratives. Die Seitenfenster erklären sich vielleicht durch die Kleinheit beider Gebäude, in welchen unter einer Kuppelöffnung kein Gegenstand vor dem Wetter sicher gewesen wäre; doch bleiben sie immer auffallend. Von dem runden Serapistempel zu Pozzuoli mit seiner vierseitigen Hofhalle stehen nur noch die berüchtigten drei Säulen, über deren von Seeschnecken ausgefressenen obern Theil sich die neapolitanische Gelehrsamkeit noch immer den Kopf zerbricht. (Das Seewasser zwischen dem Tempel und der Halle, welches den malerischen Effekt so sehr erhöht, ist erst in neuerer Zeit eingedrungen.)

Ganz kleine Rundtempel fielen wohl eher der zierlichen ionischen als der korinthischen Ordnung zu, deren Capitäl eine gewisse Grösse verlangt, wenn sein inneres Gesetz sich klar aussprechen soll  12). So scheint das Tempelchen im Klosterhof von S. Niccolò a' Cesarini zu Rom (vier Säulenstücke) und das sogenannte Puteal beim Heraklestempel zu Pompeji (acht untere Enden) ionischer Ordnung gewesen zu sein. Moderne Nachahmungen wie die beiden Rundtempelchen ohne Cella in der Villa Borghese geben nur einen sehr bedingten Begriff von der Anmuth antiker Ziergebäude dieser Art, auch wenn sie (wie die genannten) aus antiken Bruchstücken zusammengesetzt sind.

Tempel von Composita-Ordnung wüssten wir keine zu nennen, wie denn diese Ordnung überhaupt mehr die der Triumphbogen und [27] Paläste scheint gewesen zu sein. (Eine Anzahl Composita-Capitäle in der Kirche Ara Celi zu Rom.)

 

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Weit die grösste Anzahl erhaltener antiker Säulen, wohl in der Regel von Tempeln, findet man in den christlichen Basiliken Italiens, wo sie Mittelschiff und Vorhalle tragen, auch wohl auf alle Weise eingemauert stehen. Beim Sieg des Christenthums waren gewiss die heidnischen Tempel überall die ersten Gebäude, welche ihren Schmuck für die Kirchen hergeben mussten. Die ältern Basiliken, aus dem ersten christlichen Jahrtausend, da die Auswahl noch grösser war, ruhen in der Regel auf den ehemaligen Aussensäulen von einem antiken Gebäude, welche sich desshalb gleich sind und identische Capitäle haben. (Glänzendes Beispiel: S. Sabina auf dem Aventin). Später war man schon genöthigt, Säulen von verschiedener Ordnung und Grösse von verschiedenen Gebäuden zusammen zu lesen, die einen zu kürzen, die andern durch Untersätze zu verlängern und mit barbarisch nachgeahmten Capitälen nachzuhelfen. – So wurden wohl die Tempel zu Kirchen umgewandelt, aber in einem ganz andern Sinne als man sich es wohl vorstellt. – Wir zählen diese Bauten nicht hier auf, weil ihr wesentliches Interesse eine andere Stelle in Anspruch nimmt und weil die Detailbildung, namentlich an den korinthischen Säulen der Basiliken ausserhalb Roms, selten oder nirgends so vollkommen rein und schön ist, dass sie schon hier als klassisch erwähnt zu werden verdiente.

So gross nun der Verbrauch von Tempelsäulen für die Kirchen sein mochte, so weit man herkam, um in Rom Säulen zu holen 13), so ist doch das gänzliche Verschwinden vieler Tausende derselben immer noch eine unerklärte Thatsache. Rechne man hinzu die verlornen Gebälke, deren einzelne Theile doch, vom Architrav bis zum Kranzgesimse, also oft in einem Durchmesser bis zu sechs Fuss, aus Einem Stück gearbeitet wurden und sich, wenn sie noch da wären, bemerklich machen müssten. Neben den zwei Riesenfragmenten vom Sonnentempel Aurelians [28] (im Garten des Palazzo Colonna zu Rom) frägt man sich unwillkührlich, wo der Rest hingekommen. Vieles mag allerdings noch unter der jetzigen Bodenfläche übereinandergestürzt liegen, sonst aber darf man etwa vermuthen, dass das mittelalterliche Rom seine Kalköfen mit dem antiken Marmor gespeist habe.

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An die Tempel schliessen sich von selbst die Grabmäler an, welche ja in gewissem Sinne wahre Heiligthümer der Manen waren. Wir übergehen die altitalischen mit ihrer jetzt meist sehr formlosen Kegelgestalt 14) oder ihren Felsgrotten und Gewölben, um uns den Werken einer durchgebildeten, frei schaltenden Kunst zuzuwenden.

Diese behielt zunächst, für die Gräber der Grossen dieser Erde, die runde Gestalt bei und gab ihr den Charakter eines mächtigen Baues mit griechischen Formen. So ist das Grab der Cäcilia Metella an der Via Appia vor Rom ein derber Rundbau auf viereckigem Untersatz, mit dem bekannten schönen Fries von Fruchtschnüren und Stierschädeln, innen mit einem konischen Gewölbe. Aehnlich (?) das des Munatius Plancus zu Gaeta. – Noch viel herrlicher aber waren die Grabmäler ausgestattet, welche Augustus und Hadrian für sich und ihre Familien bauten. Freilich verräth deren jetzige Gestalt – der sogenannte Correo und die Engelsburg – nicht mehr viel von der ehemaligen terrassenweisen Abstufung mit rund herum gehenden Säulenhallen und Baumreihen bis zur Kuppel empor. (Das runde Mausoleum der Kaiserinn Helena, jetzt Tor Pignattara vor Porta maggiore, lohnt in seinem jetzigen Zustande den Besuch nur noch für den Forscher. Ein grosses rundes Denkmal nebst einem andern, thurmartigen, steht zu Conochia, zwischen Alt-Capua und Caserta.)

Eine jetzt vereinzelt stehende Grabform (die aber früher noch in Rom ihres Gleichen hatte) ist die Pyramide des Cajus Cestius, bei Porta S. Paolo; die Grille eines reichen Mannes, vielleicht angeregt durch Eindrücke des damals neu eroberten Aegyptens. Wie die colossale Bildsäule des Verstorbenen und die noch jetzt in Resten vorhandene [29] Säulenstellung mit der so unzugänglichen Pyramidalform iu einige Harmonie gebracht war, lässt sich schwer errathen.

Sonst war für reichere Privatgräber die viereckige Capelle mit einer Halle von vier Säulen, oder zwei Pfeilern und zwei Säulen, auch bloss mit Pilastern, oft auf hohem Untersatz, der beliebteste Typus. Das Innere bestand entweder bloss aus einer kleinen untern Grabkammer mit Nischen, oder auch noch aus einem obern gewölbten Raum. Dieser Art sind sehr viele von den Gräbern an der Via Appia wenigstens gewesen, denn die Zerstörung hat an keinem einzigen die Steinbekleidung verschont, so wenig als an den sogenannten Gräbern des Ascanius und des Pompejus bei Albano, an dem des Cicero bei Mola di Gaeta und an so vielen andern. Am besten ist es einzelnen grossentheils von Backsteinen errichteten Grabmälern ergangen, wie z. B. demjenigen beim Tavolato vor Porta S. Giovanni, und dem fälschlich so benannten Tempel des Deus rediculus (am Wege zur Grotte der Egeria). Hier sind nicht bloss die Mauern, sondern auch die (allerdings unreinen) baulichen Details von einen Stoff gebildet, der nicht wie die verschwundenen Marmorvorhallen die Raubsucht reizte und vermöge höchst sorgfältiger Bereitung den Jahrtausenden trotzen kann. (Bezeichnend: die möglichste Dünnheit und daher gleichmässige Brennung des Backsteins; Zusammensetzung sogar der Zierrathen aus mehrern Platten.) – Ganz wohl erhalten ist nur der sogenannte Bacchustempel, aus später Kaiserzeit (als Kirche: S. Urbano, über dem Thal der Egeria), welcher noch seine vollständige Fassade mit Säulen und Pilastern, sein Untergeschoss mit den Grabresten und sein Obergeschoss mit cassettirtem Tonnengewölbe besitzt, zugleich aber durch den schweren Aufsatz zwichen dem Gebälk und dem backsteinernen Giebel Anstoss giebt. – (Eine Spielerei wie das Grab des Eurysaces an der Porta Maggiore zeigt nicht weniger als die Pyramide des Cestius, dass der Aberwitz im Gräberbau nicht ausschliesslich eine Sache neuerer Jahrhunderte ist.)

Alles erwogen, möchten diese Gräber in Capellenform das Beste gewesen sein, was sich in dieser Gattung schaffen liess. Sie sind Collectivgräber und enthalten, nach der schönen Sitte des Alterthums, die Nischen für die Aschenkrüge ganzer Familien, auch wohl ihrer Freigelassenen auf einem verhältnissmässig sehr kleinen Raum beisammen. [30] Auf dem neuen Campo santo bei Neapel und anderswo hat man dieses Motiv wieder aufgegriffen und sowohl Familiengrüfte als auch Grabcapellen für die Mitglieder der sogenannten Confraternitäten in Form von kleinen Tempeln errichtet. Trotz der meist sehr oberflächlich gehandhabten antiken Nachahmung ist jenes Camposanto jetzt der schönste Kirchhof der Welt, auch ganz abgesehen von seiner Lage. Andere Kirchhöfe, deren Werth in den prächtigsten Separatgräbern besteht, werden ihn in der Wirkung nie erreichen. Und wie viel grösser würde diese noch sein, wenn man die echten griechischen Bauformen angewandt und nicht ein abscheulich missverstandenes Gothisch neben die lahme Classicität hingesetzt hätte.

Ohne allen baulichen Schmuck erscheinen (wenigstens jetzt) einige sogenannte Columbarien, unterirdische Kammern mit bisweilen äusserst zahlreichen Nischen (bis auf 150) für die Aschenkrüge. So dasjenige für die Dienerschaft des augusteischen Hauses an der Via Appia (innerhalb Porta S. Sebastiano) und dasjenige in der Villa Pamfili. Ihre innere Verzierung besteht, z. B. beim letztern, in einem gemalten Fries, anderswo in Arabesken an der gewölbten Decke u. s. w.

Endlich bietet uns die Gräberstrasse Pompeji's eine ganze Anzahl der verschiedensten Grabformen dar, Capellen, Altäre, halbrunde Steinsitze u. s. w. Die neuere Decoration, in ihrer Verlegenheit um würdige Gestaltung der letzten Ruhestätte, hat sich oft hieher an die Heiden gewandt, um sich Rathes zu erholen, und unsere nordischen Kirchhöfe sind damit nur noch bunter geworden. Die Alten werden uns aus der Grabmäleranarchie, in die wir aus innern Gründen unserer Bildung verfallen sind, nie heraushelfen, so lange wir ihnen nur den Zierrath und nicht das Wesentliche absehen, nämlich das Collectivgrab. Dieses ist freilich am ehesten bei der Leichenverbrennung mit mässigen Mitteln schön auszuführen, und unsere Sitte verlangt beharrlich die Beerdigung, ohne darauf zu achten, welches Schicksal später die Gebeine zu treffen pflegt, sobald ein Kirchhof einer andern Bestimmung anheimfällt, und wie viel sicherer die Aschenkrüge in einem verschlossenen kleinen Gewölbe geborgen sind. – Seit dem II. Jahrhunderte kamen mit der Beerdigung die Sarcophage wieder in Gebrauch, welche theils im Freien, theils in unterirdischen Grüften, theils in Grabgebäuden wie die bisher üblichen gestanden haben mögen. [31] (Der Verfasser gesteht, keinen heidnischen Sarcophag an der ursprünglichen Stelle gesehen zu haben.) Römisch-christliche Mausoleen werden an einer andern Stelle besprochen werden.

 

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Auf die Grabdenkmäler mögen die Ehrendenkmäler am schicklichsten folgen. Wir sehen einstweilen ab von den Ehrenstatuen, welche von hoher Basis herab die Plätze der Städte beherrschten (man vergleiche die Basen auf dem Forum von Pompeji, etc.) und beseitigen auch einige sehr entstellte Baulichkeiten: Das Denkmal des augusteischen Krieges gegen die Alpenvölker zu Turbia bei Monaco (jetzt bloss ein vierseitiger thurmartiger Mauerkern); die Trofei di Mario, d. h. die einst plastisch geschmückte dreitheilige Fronte eines Wassercastells der Aqua Julia in Rom (unweit hinter S. Maria maggiore), u. dgl. m. Von den Säulen des Trajan und des Marc Aurel wird bei Anlass der Sculptur weiter die Rede sein; hier sind sie zu erwähnen als sehr unglückliche Versuche, einer ungeheuern Masse bildlicher Darstellungen einen möglichst compendiösen Träger oder Raum zu verschaffen. Die Säule musste hiezu ihrer Bestimmung, welche das Tragen eines Gebälkes ist, entfremdet und mit spiralförmigen, also fast wagrechten Linien umgeben werden, die ihrem innern Sinn geradezu widersprechen; die so angebrachten Sculpturen aber geniesst auch das schärfste Auge nicht mehr. Doch muss man anerkennen, dass wenigstens das Capitäl sehr angemessen als blosser verzierter Säulenabschluss, als Echinus mit Eierstab, nicht als Ueberleitung der Tragekraft gebildet ist. (Die zwischen beiden Denkmälern zeitlich in der Mitte liegende Säule des Antoninus Pius bestand aus einem glatten Granitschaft, auf einem Marmorpiedestal mit Sculpturen, welches letztere allein noch erhalten ist. Die Säule des Phocas auf dem Forum wurde von einem Gebäude des II. Jahrhunderts geraubt, um im VII. Jahrhundert als Ehrendenkmal zu dienen; die Columna rostrata des Duilius aber, in der untern Halle des Conservatorenpalastes auf dem Capitol, wurde im XVI. Jahrhundert der alten Inschrift zu Liebe aus der Phantasie hinzugeschaffen.) [32]

 

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Auch von den Obelisken muss hier die Rede sein, obschon sie im alten Rom nicht zu abgesonderten Denkmälern dienten, wofür sie sich auch sehr wenig eignen, sondern vielmehr zum bedeutungsvollen Schmuck von Gebäuden. Sie hielten Wache am Eingange des Mausoleums des Augustus; sie standen auf der Mitte der Mauer (Spina), welche die Cirken der Länge nach theilte; einer warf auch, gewiss von angemessenem baulichem Schmuck umgeben, als Sonnenzeiger seinen Schatten auf das Marsfeld. Wahrscheinlich gaben ihnen schon die Römer senkrechte Piedestale zur Unterlage, während ihre höchste formale Wirkung im alten Ägypten gewiss darauf beruhte, dass sie erstens ganz aus Einem Steine bestanden und zweitens mit ihren schiefen Seitenflächen bis auf die Erde reichten. Das Wesentliche aber war, in Rom wie im alten Ägypten, die Aufstellung im Zusammenhang mit einem monumentalen Bau. Neuere wundern sich bisweilen mit Unrecht, wenn ein aus hunderten von Steinen zusammengesetzter Obelisk, einsam in die Mitte eines grossen viereckigen Platzes einer modernen Hauptstadt hingestellt, trotz aller Höhe und trotz allen Ornamenten nur als reinster Ausdruck der langen Weile wirkt 15).

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Weit die wichtigsten Kaiserdenkmäler, mit Ausnahme jener beiden Spiralsäulen, sind die Triumphbogen, eine echt italische, und zwar etruskische Form des Prachtbaues, welche uns zugleich den Sinn römischer Decoration deutlicher offenbart als die meisten sonstigen Üeberreste. – Das einfache oder dreifache Thor erhielt eine Bekleidung architektonischer und plastischer Art, die allerdings nicht aus [33] dem Innern kommt, sondern wie eine glänzende Hülle herumliegt, in dieser Gestalt aber die Kunst doch immer beherrschen wird.

Die Provinzen enthalten fast lauter einfachere Bauten dieser Art, welche zugleich der Zeit nach zu den frühesten gehören. So die Bogen des Augustus in Aosta, Susa, Fano und Rimini, mit zwei korinthischen Säulen oder Halbsäulen und einem Gesimse nebst Giebel oder flachem Aufsatz (Attica). Sehr edel, schlank und einfach der marmorne Bogen Trajans am Hafen von Ancona, einzelner (bronzener?) Zierrathen beraubt, ohne Zweifel auch der Bildwerke, mit welchen man sich das Dach jedes Triumphbogens bekrönt denken muss.

In Rom beginnt die Reihe (abgesehen von dem sehr entstellten und wahrscheinlich späten Drususbogen) mit dem berühmten Denkmal des Titus, welches unter Pius VII bescheiden und zweckmässig restaurirt wurde. An dem echten mittlern Stück sind, in richtiger Würdigung der Kleinheit des Ganzen, blosse Halbsäulen (von Composita Ordnung) angebracht, welche unten keines besondern Piedestals, sondern nur des durchgehenden Sockels bedurften. Die Einfassung des Bogens selbst, wie gewöhnlich mit der Gliederung eines Architraves, ist hier einfach und edel, der Schlussstein als eine prächtige Console gestaltet. Im Innern des Bogens sind die Cassetten von der schönsten Art, ebenso aussen das Hauptgesimse mit dem figurenreichen Fries. (Über die Sculpturen dieses und der folgenden Monumente siehe unten.) Die Flächen neben und seitwärts über dem Bogen selbst waren nicht mit Reliefs geschmückt, wie an dem sonst ähnlich angelegten Trajans-Bogen von Benevent, sondern glatt und mit zwei Fensternischen versehen, wie alte Fragmente beweisen; die Mitte der Attica nimmt die Inschrift ein, die noch jetzt an der Seite gegen das Colosseum echt erhalten ist. (An der andern Seite war sie einst identisch wiederholt.) Zur Vollendung des Eindruckes gehört unbedingt noch der eherne Wagen des Imperators mit der Victoria und dem Viergespann oben auf dem Dache.

Den reichern, dreithorigen Typus vertritt zunächst der Bogen des Septimius Severus. Hier haben wir zwar nicht das älteste Beispiel, aber zufällig den ersten Anlass zur nähern Erwähnung für eine den Römern eigene Bauform, die vortretenden Säulen auf Piedestalen, welchen oben ein ebenfalls vortretendes (vorgekröpftes) Gebälkstück entspricht; [34] auf diesem letztern fand sich die wirkungsreichste Stelle für ein decoratives Standbild. Der überaus reiche und prächtige Effect solcher Säulen, wenn man sich eine ganze Reihe derselben an einer Mauer fortlaufend denkt, lässt es wohl vergessen, dass der Zierrath ein rein willkürlicher ist und mit dem innern Organismus des Gebäudes nichts zu schaffen hat; es ist die dem Auge angenehmste Belebung der Wand mit schönen, reichschattigen Einzelformen, die sich ersinnen lässt. Sie entstand, wie oben (Seite 23) bemerkt, sobald weite Intervalle mit Säulen decorirt werden mussten. Die vortretende Säule selbst erhielt hinter sich, bisweilen auch zu beiden Seiten, einen oder drei analog gebildete Pilaster zur Begleitung, welche die Wand angenehm unterbrechen. – Am Severusbogen sind allerdings die Details mit ermüdendem Reichthum und schon etwas lahm gebildet; auch stört die Inschrift, welche prahlerisch die ganze Breite der Attica einnimmt. Ehemals mochten die Statuen gefangener Partherkönige auf den Gesimsen der vier vortretenden Säulen die Eintönigkeit einigermassen aufheben.

Das Ehrenthor, welches die Goldschmiede in Rom demselben Kaiser und seinem Hause errichteten, ist ein Beleg dafür, wie unbedenklich und beliebig die Baukunst zu Anfang des III. Jahrhunderts mit ihren Formen wenigstens im Kleinen umging, indem sie dieselben mit Zierrathen aller Art anfüllte. Die Renaissance berief sich in der Folge auf dergleichen. – Der Bogen des Gallienus ist im Gegensatze hiezu fast nüchtern einfach, kommt aber als Bau eines Privatmannes hier kaum in Betracht.

Es folgt der Bogen Constantins des Grossen, bekanntlich plastisch ausgestattet mit dem Raub von einem bei diesem Anlass zerstörten Bogen Trajans, der vielleicht, doch gewiss nicht durchgängig, auch als bauliches Vorbild diente und wohl auch manche einzelne Baustücke hergab. Wenigstens contrastirt z. B. die Roheit des Obergesimses der Piedestale, das derbe Sichvorschieben des Architravs u. dgl. stark mit andern, viel bessern Details, z. B. mit den hier noch korinthischen Capitälen. Über den vortretenden Gesimsen derselben finden sich noch die Statuen an ihrem ursprünglichen Platze, unseres Wissens das einzige erhaltene Beispiel. Es wäre interessant zu ermitteln, ob die runden Reliefs am untergegangenen Trajansbogen dieselbe Stelle einnahmen wie [35] hier. – Im Mittelthor an den Pfosten bemerkt man Nietlöcher für bronzene Trophäen.

Der räthselhafte Janusbogen, als ein Obdach für die Kaufleute des damaligen Forum boarium betrachtet, giebt sich seiner mächtigen Construction zufolge eher als das Erdgeschoss eines Thurmes kund, welcher aus irgend einem wichtigen Grunde gerade hier stehen und doch den Verkehr nicht stören sollte. Seine äussere Bekleidung mit Reihen theils tiefer theils flacher Nischen mit halbrundem Abschluss ist eine kindisch müssige, die Formation aller Gesimse eine ganz lahme und leblose, für welche auch die späteste Kaiserzeit kaum schlecht genug ist. Um die fehlende Bekleidung mit vortretenden Säulchen und Giebelchen möchte es kaum Schade sein.

 

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Die Thore der Römer, sämmtlich rundbogig, sind hier nur in so weit zu erwähnen, als sich in ihnen eine entschiedene künstlerische Absicht ausdrückt; das gewöhnliche Thor, als Glied der Stadtmauer gehört in das Gebiet der Alterthumskunde. Doch muss schon hier bemerkt werden, dass wo es irgend anging, ein Doppelthor, für die Kommenden und für die Gehenden errichtet wurde.

Sehr alterthümlich, obschon erst aus der Zeit des Augustus, ist die Decoration der Porta Augusta in Perugia, ionische Pilaster an der Attica und Schilde dazwischen. Die Porta Marzia, deren Bogen man in die Mauer des Castells derselben Stadt eingelassen sieht, könnte trotz ihres kindlichen und desshalb für altetruskisch geltenden Aussehens gar wohl ein Bau der spätesten Kaiserzeit sein.

Von den Thoren Roms haben nur sehr wenige, und diese nur den über sie gehenden Wasserleitungen zu Liebe den Umbauten des fünften und der folgenden Jahrhunderte entgehen können. Von höherm monumentalem Werthe ist bloss die Porta maggiore, ein (noch jetzt hohes) Doppelthor mit drei Fensternischen nebst Giebeln und Halbsäulen innen und aussen 16); der Oberbau besteht aus den Wänden der Aquäducte mit den Inschriften. [36]

Die antiken Thore von Spoleto sind einfache Bogen, diejenigen von Spello nicht viel mehr. Ein Doppelthor, mit einer von reichverzierten Fenstern und Nischen durchbrochenen Obermauer, die Porta de' Borsari in Verona, aus der Zeit des Gallienus, ist sowohl in der Anlage als in der Decoration ein Hauptzeugniss für die spielende Ausartung, welche sich im III. Jahrhundert der Baukunst bemächtigt hatte. Der Arco de' Leoni, die erhaltene Hälfte eines Doppelthores, ebenfalls aus gesunkener Zeit, ist doch nicht ganz in dem kleinlichen Geist der Porta de' Borsari erfunden; die obere Nische, für deren Einfassung hier die reichste Form, die spiralförmig cannelirte Säule, aufgespart ist, konnte mit einer plastischen Gruppe versehen eine ganz gute abschliessende Wirkung machen. – Ein drittes veronesisches Denkmal, der Arco de' Gavi, in der Nähe des Castel vecchio, wurde 1805 zerstört. Nachbildungen desselben erkennt man in verschiedenen Altären der Renaissance-Zeit, welche dieses Gebäude sehr schätzte; dahin gehört z. B. der Altar der Alighieri im rechten Querschiff von S. Fermo, von einem Abkömmling Dante's, welcher selbst Baumeister war; und der vierte Altar rechts in S. Anastasia. [37]

Das Bild des römischen Thorbaues in seiner imposantesten Gestalt vervollständigt sich erst aus einer sehr späten Nachahmung, etwa des VI. Jahrhunderts, nämlich der Porta Nigra zu Trier. Nur hier sieht man, welcher Ausbildung der Doppeldurchgang, zum breiten Bau mit zwei durchsichtigen Obergeschossen vertieft und mit zwei halbrunden Vorbauten nach aussen bereichert, fähig war. Auch sonst enthält das alte Gallien stattlichere Thore als das römische Italien.

 

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Die einfachsten Nutzbauten nehmen unter römischen Händen wenn nicht einen künstlerischen, doch immer einen monumentalen Charakter an. Das Princip, von allem Anfang an so tüchtig und solid als möglich zu bauen, deutet auf einen Gedanken ewiger Dauer hin, dessen sich unsere Zeit bei ihren kolossalsten Nutzbauten nicht rühmen kann, weil sie in der That nur „bis auf Weiteres“, mit Vorbehalt möglicher neuer Erfindungen und der betreffenden Veränderungen baut. Ihre Gebäude geben auch nur selten das echte Gefühl des Ueberflusses der Mittel, schon weil sie Werke der Speculation und der Soumission sind. Nach diesem Maasstab hört man bisweilen von Fremden in Rom z. B. die ungeheuern Aquäducte beurtheilen, welche die Campagna durchziehen. Wozu von vornherein so viel Wasser nach Rom? und wenn es sein musste, warum nicht denselben Zweck mit einem Dritttheil dieses Aufwandes erreichen? Es wäre noch immer ein gutes Geschäft gewesen. – Hierauf lässt sich schlechterdings nichts Anderes erwiedern, als dass die Weltgeschichte einmal ein solches Volk hat haben wollen, das Allem was es that, den Stempel des Ewigen aufzudrücken versuchte, so wie sie jetzt den Völkern wieder andere Aufgaben vorlegt. – Übrigens war im alten Rom mit seinen 19 Wasserleitungen in der That viel Wasser „verschwendet“, d. h. zur herrlichsten Zier der ganzen Stadt in unzählige Fontainen vertheilt 17); ein anderes Riesenquantum speiste die Thermen – ebenfalls ein Luxus, da die modernen Völker das Baden im Ganzen für überflüssig erklärt haben. Nur in Betreff des Trinkwassers fängt man doch an, die Römer von Herzen zu beneiden. Wie soll man es nennen, wenn eine Hauptstadt von [38] zwei Millionen Seelen wie London, die über die Schätze einer Welt verfügt, meist aus demselben Fluss ihr Getränk beziehen muss, unter welchem sie Strassen und Eisenbahnen hindurchzuführen die Mittel hat? Zur römischen Zeit war jede Provinzialstadt besser daran, und noch das jetzige Rom mit seinen bloss drei Aquäducten ist an Zierwasser ohne Vergleich die erste Stadt der Welt und steht in Beziehung auf das Trinkwasser wenigstens keiner andern nach.

Stadtmauern, Strassen und Brücken der Römer sind, wenn auch schlicht in der Form, doch durch denselben Typus der Unvergänglichkeit ausgezeichnet. Es muss eines furchtbaren, tausendjährigen Zerstörungssinnes bedurft haben, um auch diese Bauten auf die Reste herunterzubringen, welche wir jetzt vor uns sehen. (Unter den Brücken am merkwürdigsten die gewaltigen Reste zu Narni; an denjenigen in Rom trägt auch das erhaltenene Antike eine moderne Bekleidung.) Von den öffentlichen Bauten der Römer überhaupt stände gewiss noch weit das Meiste aufrecht, wenn bloss die Elemente und nicht die Menschenhand darüber ergangen wäre. Gebäude, welche das Glück hatten, bei Zeiten vergessen zu werden, wie z. B. manche in Arabien und Syrien, sind desshalb ohne Vergleich besser erhalten.

 

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Die Bauten des öffentlichen Verkehrs sind leider in Betreff ihrer Kunstform mehr ein Gegenstand der Alterthumsforschung als des künstlerischen Genusses; so gering stellen sich die Reste dar, mit welchen wir es hier ausschliesslich zu thun habe.

Im höchsten Grade ist diess zu beklagen bei dem Porticus der Octavia, Schwester des Augustus, am Ghetto zu Rom. Hier, wenn irgendwo, muss der bewusste Unterschied der Behandlung zwischen Tempelhallen und Hallen für den täglichen Verkehr schön und ernst durchgeführt gewesen sein. Beim gegenwärtigen Zustand des einzig übrigen Bruchstückes, wo man schon durch einen antiken Umbau irre gemacht wird, gewährt wenigstens der Contrast des Alten mit seiner Umgebung noch einen malerischen Genuss.

Von dem Forum romanum, wie es zur Zeit der Republik war, als Platz mit Hallen und Buden, giebt das Forum von Pompeji einen wenn auch entfernten Begriff. Was in Herculanum das Forum heisst, möchte doch wohl für die bedeutende Stadt als Hauptplatz [39] nicht genügt haben und ist wohl eher als Halle zu einem besondern Zweck zu betrachten.

Von den Kaiser-Fora, d. h. den Gerichts- und Geschäftshallen, welche die Kaiser in der nächsten Umgebung des Forum romanum anlegten, ist in Resten und Nachrichten gerade so viel erhalten, dass die Phantasie sich ein ungefähres Bild davon entwerfen kann. Es waren grosse mit Hallen umzogene Plätze, welche Tempel, Basiliken und wahrscheinlich auch eine Anzahl anderer Locale enthielten, nebst einem gewiss reichen Schmuck von Statuen, Springbrunnen u. dgl., ohne welche keine Anlage aus dieser Zeit denkbar ist. Von freiem Oberbau sind mit Ausnahme der riesigen Umfangsmauer am Forum Augusti nur die sogenannte Colonnacce zu erwähnen, zwei vortretende Säulen nebst vortretendem Gebälk und Attica, wahrscheinlich von der Eingangshalle des Forum Nervæ; alles von prächtig überreicher Formation, namentlich das untere Kranzgesimse, dessen Motiv schon undeutlich wirkt, wie alle vegetabilischen Zierrathen, die sich von der einfachen Palmette und dem Akanthus zu weit entfernen. An den vortretenden Stücken der Attica sind Nietlöcher, wahrscheinlich für cherne Ornamente zu bemerken. Wären die untern Enden der Säulen nicht sammt den Piedestalen in der Erde versteckt, so würde dieses Beispiel vortretender Säulen das bedeutendste unter den in Italien vorhandenen sein.

Von den einzelnen Gebäuden innerhalb der Fora wurde der Tempel des rächenden Mars schon beschrieben. Von den Basiliken ist nur eine, allerdings die wichtigste, zum Theil aufgedeckt: die Basilica Ulpia, welche das Hauptgebäude des einst überaus prachtvollen Forum Trajani ausmachte. Sie war ein fünfschiffiger Bau, mit unbedecktem Mittelschiff; die jetzt, zum Theil auf den urprünglichen Basen, aufgestellten Granitsäulen gehörten wahrscheinlich nur einem geringern Gebäude dieses Forums an, während die Basilica auf kostbaren Marmorsäulen ruhte. Die beiden Enden des Baues, jetzt unter den Strassen vergraben, hatten ebenfalls jedes seine Säulenreihe; am hintern Ende folgte auf dieselbe das Tribunal, hier eine grosse, halbrunde, prachtvoll geschmückte Nische. Die Trajanssäule, welche so wenig als die Obelisken allein stehen sollte, war mit in diese Riesencomposition aufgenommen und von drei Seiten, nämlich von der Nordwand der Basilica [40] und von zwei Anbauten derselben (die man für Bibliotheken erklärt) wie in einem Hofe eingeschlossen. Ob der Bau ein Obergeschoss hatte und welcher Art, bleibt wie so manches andere ein Problem.

Diese Basilikenform war es nun bekanntlich, welche die Christen für ihre Gotteshäuser adoptirten, da die heidnischen Tempel mit ihrem verhältnissmässig so kleinen Innern für die Aufnahme von ganzen Gemeinden nicht genügt haben würden. Das Mittelschiff, welches hier noch den Charakter eines mit Hallen umgebenen Hofes hat, scheint an andern Basiliken öfter bedeckt gewesen zu sein; die Christen gaben ihm ebenfalls sein Dach und erhoben die Perspective gegen den Altar hin zur wichtigsten Rücksicht.

Von den Basiliken der guten römischen Zeit ausserhalb der Hauptstadt ist die zu Herculanum nach der Ausgrabung wieder zugeschüttet worden, dagegen die zu Pompeji noch so weit erhalten, dass sie einen lebendigen künstlerischen Eindruck giebt. Sie war dreischiffig, unten von ionischer Bastardordnung, die obere Halle korinthisch, wie man aus den vorhandenen Fragmenten sieht. Das Mittelschiff war unbedeckt (die Regenrinnen am Boden sind noch sichtbar) und von der Halle auch vorn und hinten umgeben; das Tribunal ganz hinten bildete einen erhöhten Bau mit besonderer kleiner korinthischer Säulenhalle. Die perspectivische innere Ansicht muss eigenthümlich reizend gewesen sein. Sehr interessant ist die Zusammensetzung der untern ionischen Säulen aus concentrischen Backsteinblättern, welche nach aussen schon eine fertige Cannelirung darstellten, die nur noch des Stucco-Überzuges harrte. Die Halbsäulen an der Wand und das Zusammentreffen von Halbsäulen in den Ecken 18) sind gleichsam Vorahnungen von Motiven, welche in der christlichen Architectur auf das Bedeutungsvollste ausgebildet werden sollten. (Das gegenüberliegende sogenannte Chalcidicum und das Pantheon sind ihrer Bestimmung nach so zweifelhaft, dass wir sie hier bloss nennen, um sie bei den öffentlichen Gebäuden nicht gänzlich zu übergehen; von dem Chalcidicum stammt die prachtvolle Thüreinfassung mit dem von Thieren belebten Rankenwerk her, welche jetzt im Museum von Neapel den Eingang zur Halle des Jupiter bildet.) [41]

Die Bestimmung der Basiliken, als Börse, Stelldichein und Gerichtshalle, war jedoch durchaus nicht an diejenige Form gebunden, welche in Rom und anderwärts die besonders übliche sein mochte. Wir erfahren in der That, dass auch ganz abweichende Formen versucht wurden, je nach den Mitteln und dem Sinn des Baumeisters. Einen solchen Versuch erkennt man in dem sogenannten Friedenstempel zu Rom, welcher eine von Maxentius (306–312) errichtete Basilica ist. Sie hat nur die dreischiffige Eintheilung und die (jetzt nicht mehr sichtbare) hintere Nische 19) mit der sonst üblichen Anordnung gemein, sonst aber ist es ein Gewölbebau, dessen weite Spannungen den lebhaftesten Verkehr einer grossen Menschenmenge gestatteten, und zwar, des gewölbten Mittelschiffes wegen, bei jeder Witterung. Das hochbedeutende Wölbungssystem – drei Kreuzgewölbe der Länge nach in der Mitte und drei niedrigere Tonnengewölbe auf jeder Seite – war schon früher im Thermenbau ausgebildet worden; gegenwärtig fehlt, auch an dem geretteten Theil, die Bekleidung, nämlich vortretende korinthische Säulen an jedem Hauptpfeiler. (Die eine noch vorhandene stellte Paul V. bei S. Maria maggiore auf.) Sie trugen das Gewölbe nur scheinbar, nicht wirklich, und desshalb vermisst sie auch das Auge nicht, so wenig als die (vermuthliche) Säulenstellung längs der untern Wände der drei Seitengewölbe, allein sie gewährten einst im Ganzen einen gewiss prachtvollen Anblick. An und für sich war die ehemalige Marmorbekleidung, nach den Fragmenten zu urtheilen, allerdings von geringer und lahmer Bildung; die Decoration der Nische mit kleinen Wandnischen, die mit Säulchen eingefasst waren, muss etwas fast Kindisches gehabt haben. Die Consolen, welche diese Säulchen trugen, sind noch erhalten. – Die Cassetten der drei Seitengewölbe sind achteckig mit kleinen schrägen Zwischenquadraten, die der neuern Nische sechseckig mit kleinen Zwischenrauten, die des Hauptschiffes hatten, nach einem Fragment zu schliessen, verschieden geformte Felder – alle aber zeigen, dass die Cassette ihre Eigenschaft, als Abschnitt eines Deckenraumes, mit der einfachen quadratischen [42] Form zugleich abgelegt hatte und nur noch als Zierrath wirken wollte. Das Licht kam durch die Fensterreihen der Seitenschiffe, hauptsächlich aber, wie in den Diocletiansthermen, durch die grossen halbrunden Fenster oben im Mittelschiffe. Von der Vorhalle (gegen das Colosseum zu) sind nur die Ziegelpfeiler erhalten.

Vielleicht gehören noch manche jetzt anders benannte Mauerreste im alten Italien zu Basiliken. Eine leicht kenntliche Durchschnittsform ist bei dieser Gattung von Gebäuden so wenig zu verlangen, als bei unsern jetzigen Börsen und Gerichtslocalen.

 

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Von den Gebäuden des öffentlichen Vergnügens müssen zuerst die für Schauspiele bestimmten erwähnt werden, als eigenthümlichste Productionen des römischen Aussenbaues, welcher ja bei den Tempeln von griechischen Mustern abhing. – Der Zweck und die Einrichtung der Theater, Amphitheater und Cirken (sowie der gänzlich untergegangenen Naumachien und Stadien) wird hier als bekannt oder der Alterthumskunde angehörig übergangen; wir haben es bloss mit der künstlerischen Form zu thun.

Diese bestand an der Aussenseite der Theater und Amphitheater, vielleicht auch der Cirken, aus einer Bekleidung der runden oder elliptischen Wandfläche zwischen den Bogen der verschiedenen Stockwerke mit Halbsäulen und Gebälken der verschiede­nen griechischen Ordnungen: der dorisch-toscanischen, der ionischen und der korinthischen, auf welche im einzelnen Fall (am Colosseum) noch eine obere Wand ohne Maueröffnungen mit Pilastern von CompositaOrdnung folgt. Die Griechen hatten ihre Theater in Thalenden hineingelehnt oder aus dem Fels gehauen; die Römer erst bauten die ihrigen frei vom Boden auf und mussten sie von aussen decoriren.

Das Motiv, welches sie zu Grunde legten, war ein sehr verständiges. Es fiel ihnen nicht ein, einer grossen Menschenmasse zuzumuthen, dass sie sich durch zwei, drei Thüren mit einer Breite von zwanzig Fuss im Ganzen geduldig entferne, wenn das Schauspiel zu Ende war, oder dass sie gar, wenn Tumult entstand, nicht zu drängen anfange. Sie kannten das Volk und verwandelten desshalb das ganze Innere ihrer Schaugebäude in lauter steinerne Treppen und Gänge und [43] die ganze untere Mauer in lauter gewölbte Pforten. Letzteres zog dann eine ähnliche Formation der obern Stockwerke nach sich, wo streng genommen blosse Fensteröffnungen genügt hätten. Mit der Thürform aber stieg auch die Halbsäulenbekleidung nebst Gebälken und Attiken von Stockwerk zu Stockwerk und fasste die Bogen mit ihren hier nur einfachen, aber durch die hundertmalige Wiederholung höchst imposanten Formen ein. – Die moderne Baukunst ist hier hauptsächlich in die Schule gegangen und hat für die monumentale Bekleidung wie für die Verhältnisse ihrer Stockwerke sich immer von Neuem an diese Vorbilder gewandt. Der Hof des Palazzo Farnese ist fast genau den Formen des Marcellus-Theaters nachgebildet; aus unzähligen Kirchenfassaden und Palästen tönt ein versteckter Nachklang vom Colosseum.

Das durchgängig stark und meist völlig zerstörte Innere lässt u. a. hauptsächlich in Beziehung auf die Säulenhalle, welche oben ringsherum ging, der Phantasie freien Spielraum. An den Cirken möchte dieselbe besonders umständlich und prachtvoll gewesen sein.

Die Theater sind den griechischen im Wesentlichen nachgebildet, nur dass die Orchestra, d. h. der jetzt halbrunde mittlere Platz, nicht mehr den Bewegungen des Chores diente, sondern zu einer Art von Parterre eingerichtet wurde. In Rom ist von dem Theater des Pompejus nur noch die Richtung des Halbrunds in den Gassen rechts neben S. Andrea della Valle kenntlich; dabei ersieht man aus dem marmornen Stadtplan des III. Jahrhunderts, dessen Reste an der Treppe des Museo capitolino eingemauert sind, dass die Scena auf das Reichste mit Säulenstellungen geschmückt war, und aus anderweitigen Nachrichten, dass oben auf dem Umgang des Theaters ein Venustempel stand. – Von dem Marcellus-Theater ist dagegen noch ein herrlicher Rest des Aussenbaues vorhanden, nämlich ein Theil der dorisch-toscanischen Ordnung, welche hier in Säule und Gebälk dem echten Dorischen noch nahe steht, und ein Theil der ionischen, ebenfalls noch von verhältnissmässig reiner Bildung. – Im übrigen Italien hat fast jede alte Stadt irgend einen Theaterrest aufzuweisen, allein meist in formloser Gestalt. Das kleine artige Theater von Tusculum (über Frascati) hat noch sein ziemlich wohlerhaltenes Inneres, während in Pompeji vom Theater und von dem daneben liegenden [44] Odeon (d. h. einem bedeckten Wintertheater?) fast alles Steinwerk, sowohl die Sitzplätze als die Säulen etc. der Scena geraubt worden sind. Das Theater von Herculanum wird man in der Korknachbildung (im Museum von Neapel) besser würdigen als an Ort und Stelle, wo es gar keine Uebersicht gewährt. Dasjenige von Fiesole (Fäsulä) ist mehr durch seine Lage als durch die (nach kurzer Aufdeckung wieder fast gänzlich zugeschütteten) Überreste des Besuches würdig. Bedeutende Reste in Parma, Verona etc.

Von den Amphitheatern, einer rein römischen Schöpfung, für die Kämpfe von Gladiatoren und Thieren, besitzt Rom in seinem Colosseum weit das mächtigste Beispiel. Die Reisehandbücher geben jede wünschenswerthe Notiz, und der Eindruck der einen Aussenseite ist, wenn man sich in die Bogen der obern Stockwerke Statuen hineindenkt und zwischen den Pilastern der obersten Wand eherne Reliefschilde befestigt, ein so vollständiger, dass wir kurz sein können. Die ganze Detailbildung ist, der riesenhaften Masse wegen, mit Recht höchst einfach; die unterste Ordnung hat z. B. keine Triglyphen mehr, die hier doch nur kleinlich wirken würden. Die Consolen der obersten Wand, den Öffnungen im Kranzgesimse entsprechend, dienten wahrscheinlich den Mastbäumen zur Stütze, an welchen das riesige Velarium oder Schattentuch befestigt war. Die Löcher am ganzen Aussenbau entstanden wohl, als man im Mittelalter die ehernen Klammern raubte, welche die Steine verbanden. An den Bogen im Innern der Gänge fällt oft eine ganz krumme und schiefe Linie auf; wahrscheinlich wurden die betreffenden Theile aus rohen Blöcken erbaut und dann, weil sie unsichtbar bleiben sollten, nur nachlässig glatt gesägt. – Von den Stufen, Mauern und fraglichen Oberhallen des Innern ist bekanntlich nichts mehr vorhanden, und die Einrichtung der Arena zu plötzlicher Überschwemmung, auch wohl zum plötzlichen Erscheinen von Thieren und Menschen nicht mehr sichtbar, da man das Ausgegrabene der schlechten Luft halber wieder zuschütten musste.

Von den übrigen Amphitheatern Roms ist nur noch das sogenannte Amphitheatrum castrense kenntlich, und zwar in einem Theil der untern und auch der obern Ordnung, von trefflichem Ziegelbau. (Für Architekten von bedeutendem Werth; vor Porta S. Giovanni links hinauf, bei Santa Croce.) [45]

Ausserhalb Roms wird dem Amphitheater von Alt-Capua wegen eines nur kleinen, aber schönen Restes der zwei untern Ordnungen und wegen einzelner noch besonders deutlich sichtbarer Einrichtungen um die Arena die erste Stelle zuerkannt. Das Amphitheater von Verona hat den Effekt der vollkommen erhaltenen oder hergestellten Sitzreihen vor allen Gebäuden dieser Art voraus; allein von seiner äussern Schale ist nur ein sehr kleiner Theil vorhanden (und vielleicht nie mehr vorhanden gewesen) der gerade hinreicht, um die Lust nach dem zerstörten oder nie vollendeten Ganzen zu wecken. (Vgl. S. 36 Anm.) – Das Amphitheater von Pompeji kann seiner Kleinheit und architektonischen Bescheidenheit wegen neben diesen ungeheuern Massen nicht aufkommen. – In Lucca noch bedeutende Reste eines Amphitheaters und eines Theaters. – In Padua bloss der Umriss eines Amphitheaters, bei S. Maria dell' Arena. – In Pozzuoli: sehr umfangreiche, aber formlose Trümmer. – In S. Germano (unterhalb Monte Cassino) ein kreisrundes Amphitheater, das einzige dieser Art, indem sonst die elliptische Form für das Aufstellen zweier Parteien in der Arena den Vorzug haben musste. – Vereinzelte Überbleibsel finden sich überall, wo es Römer gab.

Die Cirken endlich sind mit einziger Ausnahme desjenigen des Caracalla (richtiger: Maxentius) von der Erde verschwunden, so dass man ihre Form höchstens aus dem Zug der Strassen und Gartenmauern um sie herum (wie beim Circus maximus in Rom) oder aus der Gestalt eines Platzes, der ihrem Umfang entspricht (wie beim Stadium Domitians, der jetzigen Piazza Navona) oder auch nur aus Erdwellen erkennt. Selbst an dem oben als erhalten genannten Circus (vor Porta S. Sebastiano) ist alles bauliche Detail mit der Steinbekleidung des Hallenbaues ringsum und der Langmauer (spina) in der Mitte dahin gegangen, so dass wir uns dabei nicht aufhalten dürfen. – Das gänzliche Verschwinden des Circus maximus gehört übrigens auch zu den Räthseln des römischen Mittelalters. Denn das Gebäude fasste auf seinen Sitzreihen fast das Doppelte von der Menschenzahl, die man für das Colosseum berechnet, nämlich nach der geringern Angabe 150,000 Menschen; es muss also nicht bloss die halbe Viertelstunde Länge, von der man sich noch jetzt überzeugen kann, sondern auch eine bedeutende Tiefe und Höhe gehabt haben, [46] wenn für alle Zuschauer gesorgt sein sollte. Man frägt wiederum vergebens: wo gerieth diese Masse von Baumaterial hin?

 

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Wie die Gebäude für Schauspiele den römischen Aussenbau charakterisiren, so sind die Thermen die grösste Leistung des römischen Innenbaues.

Die öffentlichen Bäder von Pompeji, mag darin auf Stadtkosten oder gegen Eintrittsgeld gebadet worden sein, zeugen merkwürdig für den Luxus künstlerischer Ausstattung, welchen man selbst in der kleinen Provincialstadt verlangte; vielleicht sind sie überdiess weder die einzigen noch die schönsten, und andere warten noch unter dem Schutt. Die architektonische Behandlung ist hier, wo der Stucco so sehr das Übergewicht über den Stein hat, nothwendig eine ziemlich freie; die Gesimse bestehen z. B. aus Hohlkehlen mit Relieffiguren, – allein es geht doch ein inneres Gesetz des Schönen durch. Im Tepidarium, wo viele kleine Behälter, etwa für die Geräthschaften regelmässiger Besucher, angebracht werden mussten, lieferte die Kunst jenes bewundernswerthe Motiv von Nischen mit Atlanten, während wir uns im entsprechenden Fall gewiss mit einer Reihe numerirter Kästchen, höchstens von Mahagony begnügen würden. Wie glücklich sind an dem Gewölbe die drei einfachen Farben weiss, roth und blau gehandhabt! Im Calidarium ist das Gewölbe nebst der Wand cannelirt, damit die zu Wasser gewordenen Dämpfe nicht niedertropfen, sondern der Mauer entlang abfliessen sollten.

Doch dieses sind nur eigentliche Bäder, bestimmt für die tägliche Gesundheitspflege. Eine ungleich ausgedehntere Bestimmung hatten die Kaiserthermen, welche in Rom und in wichtigen Provincialstädten zum Vergnügen des Volkes gebaut wurden. Diese enthielten nicht nur die kolossalsten und prachtvollsten Baderäume, sondern auch Locale für Alles, was nur Geist und Körper vergnügen kann: Portiken zum Wandeln, Hallen für Spiele und Leibesübungen, Bibliotheken, Gemäldegalerien, Sculpturen zum Theil von höchstem Werthe, auch wohl Wirthschaften verschiedener Art.

Von all dieser Herrlichkeit wird man jetzt, mit wenigen Ausnahmen, nur noch die Backsteinmauern finden, welche den innern Kern [47] des Baues ausmachten, diese freilich von so gigantischem Maassstab und in solcher Ausdehnung, auch wohl in so malerisch verwilderter Umgebung, dass in Ermanglung eines künstlerischen Eindruckes ein phantastischer zurückbleibt, den man mit nichts vertauschen noch vergleichen möchte.

Sobald das Auge mit dem römischen Bausinn einigermassen vertraut ist, wird es auch in dieser scheinbaren Formlosigkeit die Spuren ehemaligen Lebens verfolgen können. Diese zeigen sich hauptsächlich in der reichen Verschiedenartigkeit der Wandflächen, also in der Ausweitung derselben zu gewaltigen Nischen mit Halbkuppeln (welche noch hie und da Reste ihrer Cassetten aufweisen), und in der Anordnung grosser Kuppelräume. Diese sind hier entweder so von dem übrigen Bau eingefasst, dass sie für das Auge nirgends mit geradlinigen Massen unharmonisch zusammenstossen oder sie sind nicht rund, sondern polygon, etwa achteckig gebildet und gewähren dann nicht nur jeden wünschbaren Übergang zu den geradlinigen Formen, sondern auch einen völlig harmonischen Anschluss für die Nischen im Innern. So sind die beiden beim Pantheon hervorgehobenen Unvollkommenheiten (S. 19 u. 20) beseitigt. Dass übrigens diese Abwechselung der Wandflächen ein ganz bewusstes, emsig verfolgtes Princip war, beweisen auch die Aussenwerke, welche den Thermenhof zu umgeben pflegten; ihr Umfang ergiebt Halbkreise, halbe Ellipsen und auch ihre Binnenräume sind von der verschiedensten Gestalt. – Vollkommen ungewiss bleibt die Gestalt der Thermenfassaden; wir wissen nur so viel, dass das architektonische Gefühl der Römer auf den Fassadenbau überhaupt bei weitem nicht das unverhältnissmässige Gewicht legte, welches ihm die neuere Zeit beimisst. (Eine Ausnahme machen natürlich die Tempel.) An den Caracallathermen soll „eine Säulenhalle“ den Haupteingang gebildet haben, und an S. Lorenzo in Mailand steht noch eine solche.

Von den zahlreichen Thermenbauten Roms erwähnen wir nur diejenigen, deren Reste einigermassen kenntlich sind.

Die Thermen Agrippa's, hinter dem Pantheon, gehören bei ihrer gänzlichen Zerstückelung und Verdeckung durch die Häuser der nächsten Gassen nicht unter diese Zahl. Von den Thermen seiner Söhne Cajus und Lucius, der Enkel August's durch die Julia, ist [48] noch das grosse zehneckige Kuppelgebäude mit dem irrigen Namen eines „Tempels der Minerva medica“ erhalten, unweit von Porta maggiore. Welche Function dieser Raum in den Thermen hatte, wollen wir nicht errathen; genug dass schon hier, so bald nach Erbauung des Pantheons, die entscheidenden Veränderungen im Kuppelbau als vollendete Thatsache vor uns stehen: die polygone Form zu Gunsten des Anschlusses der untern Nischen, sodass jedoch in der Kuppel selbst durch den Stuccoüberzug der Anschein der Halbkugelform beibehalten wird; merkwürdig ist auch die Ersetzung des Kuppellichtes durch Fenster über den Nischen. (Die Mitte der Kuppel, welche seit nicht sehr langer Zeit eingestürzt ist, erscheint in allen frühern Abbildungen als geschlossen.) So war schon um die Zeit von Christi Geburt das fertige Vorbild für die spätern Kuppelkirchen gegeben. – Von der vermuthlichen Bekleidung des Innern mit Säulen und durchgehenden Gebälken ist nicht einmal eine Andeutung auf unsere Zeit gekommen. Der jetzt noch hie und da erhaltene Stucco möchte kaum der ursprüngliche sein.

Die Thermen des Titus und des Trajan, wunderlich durch einander gebaut, geben in ihren jetzt noch zugänglichen Theilen einen Begriff zwar nicht mehr von der längst ausgeraubten Prachtausstattung, wohl aber von der gewaltigen Höhe der einst wie jetzt dunkeln und auf künstliche Beleuchtung berechneten Gemächer. Der Grundriss ist, soweit man ihn verfolgen kann, der besondern Umstände wegen nicht massgebend.

Architektonisch die bedeutendsten Thermen sind oder waren diejenigen des Caracalla. Vier Hauptmotive waren hier, wie es scheint, unvergleichlich grandios durchgeführt: 1. Die grossen, etwas oblongen gewölbten Schwimmsäle, auf Pfeilern und Säulen ruhend (?) an beiden Enden, 2. die vordere Halle, der Breite nach von vier Säulenstellungen durchzogen, 3. der mittlere Langraum (Pinakothek) und 4. der hohe runde Ausbau nach hinten, von welchen nur die Ansätze vorhanden sind; – zahlreicher Übergangsräume, Anbauten und Aussenwerke nicht zu gedenken. Das Ganze lag so hoch, dass es noch jetzt wie auf einer Terrasse zu stehen scheint. Wie sich das obere Stockwerk zwischen und über den Haupträumen hinzog, ist bei seiner fast gänzlichen Zerstörung schwer zu sagen. Um das Bild des wichtigsten [49] Raumes, der Pinakothek, einigermassen zum Leben zu erwecken, nehme man den Friedenstempel zu Hülfe, obschon er fast 100 Jahre neuer, demgemäss geringer und nichts weniger als identisch mit dem fraglichen Thermensaal gebildet ist; immerhin hatte er das grosse Mittelschiff mit Kreuzgewölben und Oberfenstern und die drei mit Tonnengewölben sich anschliessenden Nebenräume auf jeder Seite mit demselben gemein. Auch die Säulenbekleidung war wohl eine ähnliche; für die Basilica wie für den Thermensaal nimmt man an, dass noch eine kleinere Säulenordnung mit Gebälke vor den Nebenräumen vorbeiging und sie vom Mittelschiff sonderte. – Die Säulen und die ganze kostbare Bekleidung dieser Thermen überhaupt wurden, zum Theil erst seit dem XVI. Jahrhundert, zur Decoration unzähliger moderner Gebäude verbraucht. – Räthselhaft und doch wahrscheinlich bleibt auch hier die Dunkelheit der beiden grossen Schwimmsäle, während die vordere Halle von vorn, die Pinakothek und ohne Zweifel auch der runde Ausbau von oben ihr Tageslicht empfingen.

Die Thermen Diocletians auf dem Viminal waren der Masse nach denjenigen des Caracalla überlegen, lösten aber, wie es scheint, keines jener grossen baulichen Probleme mehr, sondern bestanden eher aus Wiederholungen schon früher bekannter Baugedanken, welche hier etwas müde nebeneinander auftreten. So finden sich unter den Aussenwerken zwei Rundgebäude mit Kuppel, deren eines als Kirche S. Bernardo ziemlich wohl erhalten ist; die Nische der Thür und die des jetzigen Chores schneiden sich wieder mit der runden Hauptform so unangenehm als am Pantheon, mit welchem dieses Gebäude übrigens auch das Oberlicht gemein hat. (Die Cassetten achteckig, mit schrägen Quadraten dazwischen.)

Besonders charakteristisch für die Zeit des Verfalls ist der Kuppelraum hinter 20) der Pinakothek, welcher von der Höhe und Grösse des entsprechenden Stückes im Bau Caracallas weit entfernt, ja zu einem ganz kümmerlichen Anbau eingeschrumpft erscheint. Die Pinakothek selber ist in Gestalt des noch jetzt überaus majestätischen [50] Querschiffes von S. Maria degli Angeli erhalten. Hier sind bekanntlich von den gewaltigen vortretenden Säulen noch acht ursprünglich und aus je einem Stück Granit; von den sie begleitenden je zwei Pilastern und dem Gebälk scheinen wenigstens viele Theile alt, und das Kreuzgewölbe, eines der grössten in der Welt, ist sogar völlig erhalten, wenn auch mit Einbusse seiner Cassetten. Auch die Oberfenster zeigen noch ihr echtes Halbrund, nur vergypst. Die Nebenräume, welche dieselbe Stelle einnahmen wie diejenigen in der Pinakothek der Caracallathermen und einst ohne Zweifel ebenfalls durch vorgesetzte Colonnaden vom Hauptraum getrennt waren, sind durch den Umbau Vanvitelli's gänzlich abgeschnitten worden, nachdem noch der Umbau Michelangelo's sie geschont und zu Capellen bestimmt hatte. Für die Bildung des Details ist, der allgemeinen Gypsüberarbeitung wegen, nicht leicht einzustehen, selbst an den sieben echten marmornen Capitälen nicht, welche theils korinthisch, theils von Composita-Ordnung sind. Das Bezeichnende bleibt immerhin, dass möglichst viele Glieder des Gebälkes und Gesimses in wuchernde Verzierung umgewandelt sind, und dass die Consolen und ihre Cassetten bei ihrer kleinen und matten Bildung völlig von dem drüber vorgeschobenen Kranzgesimse verdunkelt werden. Ob an den Flachbogen, welche die beiden Eingänge des Schiffes bedecken, die Decoration alt ist, können wir nicht entscheiden; in dem jetzigen Chor ist fast Alles modern. Die übrigen Räume sind alles Steinschmuckes entblösst und meist sehr ruinirt.

(Was als „Thermen Constantins“ im Garten des Palazzo Colonna gezeigt wird, sind Reste eines gewaltig hohen Gebäudes von ungewisser Bestimmung. Die echten Thermen Constantins sind im XVII. Jahrhundert beim Bau des Palazzo Rospigliosi untergegangen.)

Diesen Kaiserthermen mochten die Bäder von Bajä wenigstens nachgebildet sein, wenn sie auch nicht von Imperatoren erbaut sein sollten. Wir meinen jene colossalen Reste, welche man jetzt als Tempel des Merkur, der Diana und der Venus benennt und welche offenbar Thermenräume waren. Das gewaltige Achteck des Venustempels mit den noch erhaltenen Theilen der Kuppel erinnert unmittelbar an die sogenannte Minerva Medica.

Dagegen besass Mailand, in seiner Eigenschaft als spätere Residenz, wirkliche Kaiserthermen aus der Zeit des Maximian, Mitregenten [51] Diocletians. Die Vorhalle derselben erkennt man leicht in den sechszehn korinthischen Säulen vor S. Lorenzo; allein man ahnt nicht sogleich, dass noch der Hauptraum der Thermen selbst, umgebaut und doch im Wesentlichen identisch mit dem Urbau, in Gestalt der Kirche S. Lorenzo selbst vorhanden ist. Mindestens zweimal, im Mittelalter und wiederum gegen das Ende des XVI. Jahrhunderts, hat man die alten Bestandtheile auseinander genommen, wieder zusammengesetzt und mit neuer Kuppel versehen, und noch immer ist dieses Innere eines der wichtigsten und schönsten Bauwerke Italiens. Vor Allem hat die Nische hier eine ganz neue Bedeutung; sie ist nicht mehr ein blosser isolirter Halbcylinder mit Halbkuppel, sondern ein durchsichtiger einwärtstretender Bau von einer untern und einer obern Säulenreihe, welche in den untern und den obern Umgang des Kuppelraumes führen. Wären der Nischen acht, so würde dieses reiche Motiv kleinlich und verwirrend wirken (wie in S. Vitale zu Ravenna); allein es sind nur vier, so dass sich der volle Rhythmus dieser Bauweise entwickeln kann; über ihren Kuppelsegmenten und Hauptbogen wölbt sich dann die mittlere Kuppel. An glänzendem perspectivischem Reichthum können sich wenige Gebäude der Welt mit diesem messen, so unscheinbar seine Einzelformen jetzt sein mögen 21). Nach Aussen stellte es ein ruhiges Quadrat dar, indem die vier Ecken mit thurmartigen Massen ausgefüllt sind. Der Anbau rechts (jetzt Capelle S. Aquilino), ein Achteck mit Nischen und Kuppel, ist ebenfalls wohl antik und dient in seiner Einfachheit zum belehrenden Vergleich mit jener letzten und reichsten Form des antiken Innenbaues, die wir nachweisen können.

Zahlreiche andere Thermenreste in den übrigen Städten Italiens bieten keine hinlänglich erhaltenen Formen mehr dar. Auch die Nympheen oder Brunnengebäude mit Nischen und Grotten leben mehr in der restaurirenden Phantasic als in kenntlichen Überbleibseln fort. Man hält z. B. die grosse Backsteinnische im Garten von S. Croce in Gerusalemme zu Rom für ein solches Nympheum. Sicherer ist [52] diess bei der Grotte der Egeria, welche weniger um ihres geringfügigen Nischenwerkes als um ihrer ganz wunderbaren vegetabilischen und landschaftlichen Umgebung willen den Besucher auf immer fesselt. Und diese Grotte ist nur eine von vielen, die das liebliche Thal zierten und nun spurlos verschwunden sind. – Ebenso ist das niedliche Tempelchen über der Quelledes Clitumnus (an der Strasse zwischen Spoleto und Foligno, „alle Vene“) nur eines von den vielen, die einst von dem schönen, bewaldeten Abhang niederschauten. Trotz später und unreiner Formen (z. B. gewundene und geschuppte Säulen u. dgl.) ist es doch wohl noch aus heidnischer Zeit und mit den christlichen Emblemen erst in der Folge versehen worden 22). Der Architekt kann sich kaum eine lehrreichere Frage vorlegen als die: woher dem kleinen, nichts weniger als mustergültigen Gebäude seine unverhältnissmässige Wirkung komme?

 

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Die römischen Häuser, Villen und Paläste bilden schon in ihrer Anlage einen durchgehenden Contrast gegen die modernen Wohnbauten. Letztere, sobald sie einen monumentalen Charakter annehmen, nähern sich dem Schlosse, welches im Mittelalter die Wohnung der höhern Stände war, und sich nur allmählig (wie z. B. Florenz beweist) zum Palast im modernen Sinne, d. h. doch immer zu einem geschmückten Hochbau von mehrern Stockwerken ausbildete; eine Form, welche dann ohne alle Noth auch für die modernen Landhäuser beibehalten wurde. Der Hauptausdruck des ganzen Gebäudes ist die Fassade.

Bei den Alten war diese eine Nebensache; in Pompeji haben selbst Gebäude wie z. B. die Casa del Fauno nach aussen nur glatte Mauern oder auch Buden, und von den Wohnungen der Grossen in Rom selbst darf man wenigstens vermuthen, dass der Schmuck der Vorderwand mit dem Vestibulum nur eine ganz bescheidene Stelle einnahm neben der Pracht des Innern. – Sodann war bei den Alten der Bau zu mehreren Stockwerken in der Regel nur eine Sache der Noth, die man [53] sich in grossen Städten gefallen liess, wo irgend möglich aber vermied. Wer Platz hatte oder gar wer auf dem Lande baute, legte die einzelnen Räume zu ebener Erde rings um Höfe und Hallen herum an, höchstens mit einem einzigen Obergeschoss, welches überdiess fast bloss geringere Gemächer enthielt und nur einzelne Theile des Baues bedeckte. Plinius d. J. in der Beschreibung seiner laurentinischen Villa giebt hierüber ein vollständiges Zeugniss. Unebenes Terrain benützte man allerdings zu mehrstöckigen Anlagen, wie die Kaiserpaläste auf dem Palatin und die Villa des Diomedes bei Pompeji beweisen; allein Reiz und Schönheit solcher Bauten lagen ohne Zweifel nicht in einer grossen Gesammtfassade, sondern in dem terrassenartigen Vortreten der untern Stockwerke vor die obern. Luft und Sonne lagen dem antiken Menschen mehr am Herzen als uns; er liebte weder das Treppensteigen noch die Aussicht auf die Strasse, welche uns so viel zu gelten pflegt.

Die Ermittelung der einzelnen Räume des Hauses und ihrer Bestimmung gehört der Archäologie an; wir haben es nur mit dem künstlerischen Eindruck der erhaltenen Gebäude zu thun. Die Fassade war bei den pompejanischen Bauten, wie gesagt, den Buden aufgeopfert. Innen aber herrscht ein Reichthum perspectivischer Durchblicke, welcher bei jedem Besuch der Stadt einen neuen, unerschöpflichen Genuss gewährt. Allerdings sind an den beiden mit Säulenoder Pfeiler-Hallen umgebenen Höfen, dem Atrium und dem Peristylium, die einst hölzernen Gebälke sämmtlich verschwunden; dafür hemmt auch keine Zwischenthür, kein Vorhang mehr den Durchblick. Die Farbigkeit der Stuccosäulen, weit entfernt sich bunt auszunehmen, steht in völliger Harmonie mit der baulichen und figürlichen Bemalung der Wände, von welcher in besondern Abschnitten (siehe Seite 58 bis 64, und: antike Malerei) die Rede sein wird. Denkt man sich ausserdem die vielen plastischen Bildwerke, die kleinen Hauscapellchen, die Brunnen im Gartenhof des Peristyliums, die grünen Lauben und die ausgespannten Schattentücher über einzelnen Räumen hinzu, so ergiebt sich ein Ganzes, welches zwar keine nordische, aber eine beneidenswerthe südliche Wohnlichkeit und Schönheit hat. – Sehr fraglich bleibt immer die Beleuchtung der meisten Gemächer um die Höfe herum, da der Oberbau fast durchgängig nicht mehr vorhanden [54] ist und Fenster sich fast nirgends finden. Durch die Thür nach dem Hofe konnte nur ein sehr ungenügendes Licht hereindringen, da die bedeckte Halle vor der Thür den besten Theil vorwegnahm. Und doch können die zum Theil so vortrefflichen Malereien des Innern weder bei Lampenschein ausgeführt noch dafür berechnet sein. Ein Oberlicht, etwa als Dachöffnung mit einer kleinen Lanterna oder Loggia bedeckt zu denken, würde wohl am ehesten die Schwierigkeit lösen. Jedenfalls ist es bezeichnend, dass alle Nebengemächer, die einzelnen Hausgenossen oder besondern Bestimmungen zugewiesen waren, neben den Familienräumen: dem Tablinum und dem Triclinium zurückstehen, und dass die Hallen der eigentliche Stolz des Hauses waren. Es wäre unbillig, an ihren Säulen eine strenge griechische Bildung zu erwarten, da die Örtlichkeit sowohl als die bescheidenen Umstände der Besitzer die Anwendung des Stucco verlangten, dieser aber die Formen auf die Länge immer demoralisirt; man darf im Gegentheil den Schönheitssinn bewundern, welcher noch immer mit verhältnissmässig so grosser Strenge an dem einst für schön Erkannten festhielt. An convexen Cannelirungen, an vortretenden Dreiviertelsäulen, an dem öfter genannten ionischen Bastardcapitäl, an achteckigen Pfeilern, sowie an vielen andern bedenklichen Formen soll zwar das Auge sich nicht bilden, aber auch nicht zu grossen Anstoss nehmen, sondern erwägen, von welchem grossen, reichfarbigen Ganzen dieses einst blosse Theile waren, und wie sich die Einzelheiten gegenseitig theils trugen theils aufwogen. Wie sehr bereitet schon die einfache Mosaikzeichnung des Bodens auf den architektonischen Reichthum vor.

Einen Prachtbau mit strengern Formen findet man wohl nur in der „Casa del Fauno“; den eigenthümlichen pompejanischen Zauber aber gewähren in hohem Grade z. B. auch die „Casa del poeta tragico“, die schöne Gartenhalle der „Casa de' capitelli figurati“, die „Casa del labirinto“ und die „Casa di Nerone“ mit ihren Triclinien hinten, die „Casa di Pansa“ mit ihrem prächtigen Peristilium, die „Casa della Ballerina“ mit dem so niedlichen hintern Raum für Brünnchen, Statuetten und etwa eine Rebenlaube, und so viele andere Häuser. Denn Pompeji ist aus Einem Guss und bisweilen gewährt auch ein geringes Haus irgend eine architektonische Wirkung, die zufällig dem kostbarsten fehlt. – Von den Landhäusern ist die [55] Villa des Diomedes reich an Räumen aller Art und Anordnung, unter welchen sich auch ein halbrund abgeschlossenes Triclinium mit Fenstern findet; für den Effect des Ganzen ist das Studium der öfter versuchten Restaurationen unentbehrlich. – In Herculanum ist wenigstens eine schöne Villa vollständig aufgedeckt. – Als Ergänzung zu diesen Bauten betrachte man die vielen kleinen Veduten in den Wanddecorationen zu Pompeji und im Museum von Neapel; sie stellen zum nicht geringen Theil Landhäuser und Paläste meist am Meeresstrand dar, allerdings nicht bloss wie sie waren, sondern wie die vergrössernde Phantasie sie gerne gehabt hätte; ausserdem besonders reiche Hafenansichten.

Am Strand von Pozzuoli, Bajä und weiter hinaus liegen die meist völlig entstellten Trümmer zahlloser Landhäuser, als deren Eigenthümer man einige der berühmtesten Namen des römischen Alterthums aufzuzählen pflegt. Die merkwürdigsten sind die ins Meer hinausgebauten, von welchen man noch im Wasser die Fundamente und in jenen Abbildungen wenigstens die ungefähre Gestalt sieht. Diese Bauweise erscheint durchaus nicht als blosser Luxus; sie schützte vor der Fieberluft, welche schon damals jene Küste heimzusuchen pflegte.

Von den Trümmern der Bauten Tiber's auf Capri offenbart die Villa Jovis durch ihre für das erste Jahrhundert ziemlich nachlässige Construction, dass der alte Herr rasch fertig werden und bald geniessen wollte.

In und um Rom 23) nehmen Paläste und Villen einen grössern Charakter an und gehen in einzelnen Prachtbestandtheilen weit über das bloss Wohnliche hinaus. Wir können das Einzelne an den Ruinen dieser Art in Tusculum, bei Tibur u. s. w. nicht verfolgen, da der jetzige Trümmeranblick bei weitem mehr wegen des malerischen als wegen des kunsthistorischen Werthes geschätzt wird. Über der Villa des Mäcenas, wie das Wasser des Anio ihre Bogen durchströmt, vergisst man den ehemaligen Grundplan und selbst den Eigenthümer. Von den hieher gehörenden Kaiserbauten ist der Palatin mit seinen Trümmern nur Ein grosses Räthsel. Zeitweise (z. B. in den 80ger Jahren [56] des vorigen Jahrhunderts) haben wichtige Stücke blossgelegen, die jetzt wieder zugeschüttet und nur aus den damals gemachten Plänen bekannt sind; eine vollständige Ausgrabung ist noch nie versucht worden. Weit entfernt, einen Überblick über das Ganze geben zu können, mache ich nur auf das noch deutlich Erhaltene aufmerksam: In den Orti Farnesiani: die sogenannten Bäder der Livia, kleine, vielleicht von jeher unterirdische Gemächer mit Resten sehr schöner Arabesken (das Übrige sehr unkenntlich); – in der Villa Spada: u. a. zwei ebenfalls von jeher unterirdische Räume, sehenswürdig nicht sowohl um ihres architektonischen Werthes willen, als wegen ihrer prächtigen malerischen Wirkung in den Mittagsstunden, wenn die Sonne durch die dicht begrünten Gewölbeöffnungen herabscheint; – in den jetzt vorzugsweise so benannten Palazzi de' Cesari: eine ungeheure Masse von Ruinen, zum Theil riesiger Dimensionen, darunter eine Nische mit Umgang, welche noch ihre Cassetten hat, Vorbauten gegen den Circus Maximus, dessen Spiele von hier wie von Logen aus beschaut werden konnten (das Meiste wohl aus der Zeit Domitians); die grosse Doppelreihe von Gewölben gegen den Cölius zu ein blosser Unterbau, über welchem erst der Palast (vielleicht des Septimius Severus) sich erhob. Die Wasserleitung, welche in diesem System von Palästen die Brunnen und Bäder versah, ist noch in einigen mächtigen Bogen erhalten 24).

Von dem Palast und den Gärten des Sallust (hinter Piazza Barberina beginnend) hat sich etwa so viel gerettet, dass man mit Hülfe der Nachrichten sich ein glänzendes Gedankenbild des Ganzen entwerfen kann.

Von dem Palast des Scaurus auf dem cölischen Berge hat bekanntlich Mazois in einem angenehmen Buche (das in allen Sprachen [57] vorhanden ist) wirklich ein solches Gedankenbild aufgestellt; an Ort und Stelle ist indess kein Stein davon nachzuweisen.

Die Villa Hadrians unterhalb Tivoli verlangt in ihrem jetzigen Zustande, nach dem totalen Verlust ihrer Steinbekleidung und ihrer Säulenbauten, eine starke Phantasie, wenn man die einzelnen, meist nicht sehr bedeutenden Räume noch für das erkennen soll, was sie einst waren; dennoch ist der Besuch (welchen ich bisher versäumt zu haben bedaure) sehr lohnend, sobald man sich mit dem Plan der Villa (von Fea) versehen hat; in diesem wird nämlich die ehemalige Bedeutung der einzelnen Bauten angegeben. Hadrian hatte hier die berühmtesten Localitäten der alten Welt im Kleinen nachahmen lassen und auch von den Gattungen des römischen Prachtbaues immer je ein kleines Specimen errichtet, das Ganze in einem Umfang von mehr als einer Stunde. Wenn andere Bauherren ähnliche Phantasien ausführten, so lässt sich denken, wie schwer gewisse Ruinen römischer Villen und Paläste einleuchtend zu erklären sein müssen.

Von den zum Theil riesenhaften und äusserst ausgedehnten Villentrümmern der römischen Campagna scheint das Rundgebäude „Tor de' Schiavi“ der Überrest einer sehr namhaften Anlage der Gordiane (III. Jahrhundert) zu sein. – Ungeheure Räume auf einem noch kenntlichen Grundplan findet man namentlich in der sogenannten Roma vecchia. – Die Villa Domitians umfasst gegenwärtig den Raum des Städtchens Albano und der Landgüter an dessen Westseite, gewährt aber nirgends mehr ein Bild des ehemaligen Bestandes, so zahlreich und gross angelegt auch die einzelnen Trümmerstücke sind. – Wie die Kaiserthermen mehr als blosse Thermen, so waren die Kaiservillen auch etwas Anderes als blosse Villen, vielmehr ein Inbegriff vieler einzelnen Prachtbauten der verschiedensten Art und Gestalt.

 

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Das Bild der antiken Bauwerke vervollständigt sich erst, wenn man sich einen reichen farbigen Schmuck hinzudenkt. Fürs Erste wurden bis in die römische Zeit einzelne Theile des Baugerüstes selbst, also der Säulen, Gebälke, Giebel etc. mit kräftigen Farben bemalt, und [58] wenn auch an den Tempelresten Roms keine Spuren von Farben mehr gefunden werden, so sprechen doch die blauen und rothen Zierrathen auf dem weissen Stucco der pompejanischen Säulen und Gesimse, ja oft die totale Bemalung derselben unwiderleglich für eine durchaus übliche Polychromie (Mehrfarbigkeit). Gewiss nahm dieselbe in der Kaiserzeit bedeutend ab, indem ein immer wachsender, bis zur Verwirrung und Verwilderung führender Reichthum gemeisselter Zierrathen ihre Stelle vertrat; auch die zunehmende Vorliebe für farbige Steinarten musste ihr Concurrenz machen.

Zweitens war schon in der spätern griechischen Kunstepoche die sogenannte Scenographie aufgekommen, eine Bemalung der glatten Wände, auch wohl der Decken und Gewölbe, mit architectonischem und figürlichem Zierrath. Was von dieser Art in römischen Tempeln vorkam, wollen wir nicht ergründen; erhalten sind in Rom nur wenige Fragmente in profanen Gebäuden, z. B. in den Titusthermen, in einigen Grabstätten etc., und auch diess Wenige lernt man jetzt, da Luft und Fackelrauch es entstellt, besser aus den (übrigens selten stylgetreuen) Abbildungen kennen als aus den Originalen. Dagegen sind theils in Pompeji an Ort und Stelle, theils im Museum von Neapel eine grosse Anzahl von Wanddecorationen mehr oder minder vollständig gerettet, die uns der Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 zum Geschenk gemacht hat. (Im Museum die drei Säle unten links; manches Decorative auch in den zwei Sälen unten rechts.)

Das Figürliche wird bei Anlass der Malerei besprochen werden; hier handelt es sich zunächst um die architectonisch-decorative Bedeutung dieses wunderbaren Schmuckes.

Man wird sich bei einiger Aufmerksamkeit sofort überzeugen, dass kein einziger Zierrath sich zweimal ganz identisch wiederholt, dass also die Schablone hier so wenig als an den griechischen Vasen (s. unten) zur Anwendung gekommen sein kann. Ich glaube behaupten zu dürfen, dass die Maler mit Ausnahme des Lineals und eines Messzeuges kein erleichterndes Instrument brauchten, dass sie also mit Ausnahme der geraden Striche und der wichtigern Proportionen Alles mit freier Hand hervorbrachten. Ihre Fertigkeit in der Production war zu gross; sie arbeiteten ohne Zweifel schneller so als mit jenen Hülfsmitteln jetziger Decoratoren. Mit den Stuccoornamenten verhielt [59] es sich nicht anders; im Tepidarium der Thermen von Pompeji verfolge man z. B. den grossen weissen Rankenfries, und man wird die sich entsprechenden Pflanzenspiralen (je die vierte) jedesmal abweichend und frei gebildet finden. (Das kleine Gesimse unten daran scheint allerdings einen sich wiederholenden Model zu verrathen, da hier die Anfertigung von freier Hand eine gar zu nutzlose Quälerei gewesen wäre.) Die Künstler aber, um die es sich hier handelt, waren blosse Handwerker einer nicht bedeutenden Provincialstadt. Sie haben ganz gewiss diese Fülle der herrlichsten Zier-Motive so wenig erfunden als die bessern Figuren und Bilder, die sie dazwischen vertheilten. Ihre Fähigkeit bestand in einem unsäglich leichten, kühnen und schönen Recitiren des Auswendiggelernten; dieses aber war ein Theil des allverbreiteten Grundcapitals der antiken Kunst.

Eine solche Decoration konnte allerdings nur aufkommen bei der Bauweise ohne Fenster, die uns in Pompeji so befremdlich auffällt. Diese Malerei verlangte die ganze Wand, um zu gedeihen. Weniges und einfaches Hausgeräth war eine weitere Bedingung dazu. Wer im Norden etwas Ähnliches haben will, muss schon einen Raum besonders dazu einrichten und all den lieben Comfort daraus weglassen.

Der Inhalt der Zierrathen ist im Ganzen der einer idealen perspectivischen Erweiterung des Raumes selbst durch Architekturen, und einer damit abwechselnden Beschränkung durch dazwischen gesetzte Wandflächen, die wir der Deutlichkeit halber mit unsern spanischen Wänden vergleichen wollen. An irgend eine scharf consequente Durchführung der baulichen Fiction ist nicht zu denken; das Allgemeine eines wohlgefälligen Eindruckes herrschte unbedingt vor.

Die Farben sind bekanntlich (zumal gleich nach der Auffindung) sehr derb: das kräftigste Roth, Blau, Gelb etc.; auch ein ganz unbedingtes Schwarz. Auf eine dominirende Farbe war es nicht abgesehen; rothe, violette, grüne Flächen bedecken neben einander dieselbe Wand. Ungleich auffallender ist, dass man durchaus nicht immer die dunklern Flächen unten, die hellern oben anbrachte. Eine Reihe von Stücken einer sehr schönen Wand (Museum dritter Saal links) beginnt unten mit einem gelben Sockel, fährt fort mit einer hochrothen Hauptfläche und endigt oben mit einem schwarzen Fries; freilich findet sich anderwärts auch das Umgekehrte. [60]

Die ornamentale Durchführung und figürliche Belebung des Ganzen ist nun eine sehr verschiedene, je nach dem Sinn des Bestellers und des Malers. In der Mitte jener einfarbigen Flächen war die natürliche Stelle für eingerahmte Gemälde sowohl 25) als für einzelne Figuren und Gruppen auf dem farbigen Grunde selbst; anderwärts treten die Figuren als Bewohner der (gemalten) Baulichkeiten zwischen Säulchen und Balustraden auf. Die Landschaftbilder finden sich theils ebenfalls in der Mitte der farbigen Flächen, theils vor die Baulichkeiten, oft sehr wunderlich, hingespannt.

Die gemalte Architektur ist eine von den Bedingungen des Stoffes befreite; wir wollen nicht sagen „vergeistigte“, weil der Zweck doch nur ein leichtes, angenehmes Spiel ist, und weil die wahren griechischen Bauformen einen ernsten und hohen Sinn haben, von welchem hier gleichsam nur der flüchtige Schaum abgeschöpft wird. Immerhin aber werden wir diese Decoratoren für die Art ihren Zweck zu erreichen schätzen und bewundern. Sie hatten ganz recht, keine wirklichen Architekturen mit wirklicher, auf Täuschung abgesehener Linien- und Luftperspective abzubilden. Dergleichen wirkt, wie so viele Beispiele im heutigen Italien zeigen, neben ächten Säulen und Gebälken doch nur kümmerlich und verliert bei der geringsten Verwitterung allen Werth, während die idealen Architekturen dieser alten Pompejaner, selbst mit ihrer abgeblassten Farbe, auf alle Jahrhunderte Auge und Sinn erfreuen werden.

Säulchen, Gebälke und Giebel nämlich sind wie aus einem idealen Stoffe gebildet, bei welchem Kraft und Schwere, Tragen und Getragenwerden nur noch als Reminiscenz in Betracht kömmt 26). Die [61] Säulchen werden theils zu schlanken goldfarbigen Stäben mit Cannelirungen, theils zu Schilfrohren, von deren Knoten sich jedesmal ein Blatt ablöst, ähnlich wie an vielen Candelabern; ja bisweilen wird eine ganze reiche Schale rings umgelegt; auch blüht wohl eine menschliche Figur als Träger daraus empor. Die Gebälke, oft mit reichen Verkröpfungen, werden ganz dünn, unten geschwungen gebildet und meist bloss mit einer Reihe von Consolen, kaum je mit vollständigem Architrav, Fries und Deckgesimse versehen. Dieselbe Leichtfertigkeit spricht sich in den Giebeln aus, welche nach Belieben gebrochen, halbirt, geschwungen werden. Wo es sich um Untensicht und Schiefsicht, z. B. beim Innern von Dächern etc. handelt, scheint die Perspective oft sehr willkürlich und falsch, man wird sie aber in der Regel decorativ-richtig empfunden nennen müssen.

Der besondere Schmuck dieser idealen, ins Enge und Schlanke zusammengerückten Architektur sind vor Allem schöne Giebelzierrathen. Man kann nichts Anmuthigeres sehen als die blasenden Tritone, die Victorien, die mit dem Ruder ausgreifende Scylla, die Schwäne, Sphinxe, Seegreife und andere Figuren, welche die zarten Gesimse und Giebel krönen. Dann finden sich Gänge, Balustraden, auf welchen Gefässe, Masken u. dgl. stehen, und ein (mit Maassen angewandter) Schmuck von Bogenlauben und Guirlanden. Letztere hängen oft von einem kleinen goldenen Schilde zu beiden Seiten herunter 27). – Es giebt auch einzelne Beispiele einer mehr der Wirklichkeit sich nähernden Perspective, mit Aussichten auf Tempel, Stadtmauern u. dgl. (so im dritten Saal des Museums links, und in den hintern Räumen der Casa del labirinto zu Pompeji); allein im Ganzen hat die oben dargestellte Behandlung das grosse Übergewicht. In einzelnen Beispielen (Museum, erster Saal unten, rechts) ist die ganze Architektur und einige Theile der sonstigen Decoration von hellem Stucco erhaben aufgesetzt, wirkt aber so nicht gut. [62]

Der Hintergrund dieser phantastischen Baulichkeiten ist theils weiss, theils himmelblau, auch wohl schwarz, und contrastirt sehr kräftig mit den dazwischen ausgespannten farbigen Wänden. Oft sind auf besondern schmalen Zwischenfeldern noch leichtere Arabesken, Hermen, Candelaber, Thyrsusstäbe u. dgl. angebracht. Die Künstler wussten sehr wohl, dass eine reiche Decoration, um nicht bunt und schwer zu werden, in mehrere Gattungen geschieden sein muss. Der Sockel ist meist als Fläche behandelt und enthält: entweder natürliche Pflanzen, wie sie an der Mauer wachsen; oder, auf besonders eingerahmtem dunklem Grunde, Masken mit Weinlaub (auch wohl auf Treppchen liegend mit Fruchtschnüren ringsum), fabelhafte Thiere, einzelne Figuren, kleine Gruppen u. dgl. – Über der Hauptfläche ist der oberste Theil der Wand meist mit geringerer Liebe (auch wohl von geringerer Hand) verziert. Allerdings entwickelt sich bisweilen erst hier das weiter unten begonnene Giebel- und Guirlandenwesen auf hellem Grunde zum grössten Reichthum; oft aber nehmen kindliche Darstellungen von Gärten und Laubgängen oder sogenannte Stillleben (todte Küchenthiere, Fische, Früchte, Geschirr, Hausrath etc.) diese Stelle in Beschlag. (Wenn man eine Lichtöffnung in der Mitte der Decke annimmt, so erklärt sich die geringere malerische Behandlung dieser obern Wandtheile, welche das schlechteste Licht genossen, ganz einfach.)

Den Zusammenklang dieses köstlichen Ganzen empfindet man am besten im sogenannten Pantheon zu Pompeji, wo von zwei Wänden beträchtliche Stücke der Malereien ganz erhalten sind. Am Sockel: gelbe vortretende Piedestale mit schwarzen Füllungen, zum Theil mit gelben Karyatiden; an der Hauptfläche: ein hinten durchgehender rother Raum mit prächtigen Architekturen und Durchblicken ins (helle) Freie, davorgestellt grosse schwarze Wände mit Guirlanden und Mittelbildern, die zu den werthvollsten gehören (Theseus und Aethra, Odysseus und Penelope etc.); vor die Säulen sind unten, wie in der Regel, kleine Landschaften eingesetzt; die Architekturen selbst sind mit Gestalten von Dienern, Priesterinnen u. s. w. trefflich belebt; am obern Theil der Wand: theils Durchblicke ins (blaue) Freie mit Gestalten von Göttern, theils Stillleben auf hellem Grunde. – Raphaels Logen [63] daneben gehalten, kann man im Zweifel bleiben, welcher Eindruck im Ganzen erfreulicher sei.

Von dieser Prachtarbeit führt eine grosse Stufenreihe abwärts bis zu den einfachen Arabesken, Säulchen und Giebelchen, welche roth oder rothgelb auf weissem Grunde die Kaufladen, Nebengemächer und Gänge der geringern Häuser verzieren. Wir wollen nur einige Gebäude namhaft machen, in welchen die Scenographie ihre Gesetze besonders deutlich offenbart.

Im „Haus des tragischen Dichters“, sind mehrere Gemächer besonders schön und belehrend. Eines: Architekturen auf weissem Grund, dazwischen rothe und gelbe Flächen mit eingerahmten Bildern, drüber ein Fries mit Wettkämpfen und dann noch leichtere Ornamente, beides auf hellem Grund. – Anderswo: die schlanke Architektur besonders reizend zu halbrunden Hallen geordnet. – Im sogenannten Esszimmer: über schwarzem Sockel und violettbraunem Obersockel gelbe Hauptflächen mit trefflichen Bildern, dazwischen Architekturen auf himmelblauem Grund, die Rohrsäulen ausgehend in Figuren (als bewegte Karyatiden); oben freiere Figuren und Ornamente auf gelbem Grund.

In der „Casa della Ballerina“ an den Wänden des Atriums zierliche kleine Tempelfronten mit Durchblicken auf himmelblauem Grund.

In der „Casa di Castore e Polluce“ mehrere Gemächer mit reichem Zierwerk auf lauter weissem Grund; die Figuren theils schwebend in der Mitte der Flächen, theils als Bewohner der Architekturen angebracht. In andern Räumen zwischen braunrothen Architekturstücken blaue Zwischenflächen, mit sehr zerstörten aber ausgezeichneten Bildern.

In der „Casa di Meleagro“ ein Gemach mit guten Ornamenten (am Sockel Pflanzen) auf schwarzem Grund; ein anderes mit gelben Architekturen auf himmelblauem Grund und rothen Zwischenflächen, die gute Bilder enthalten.

In der „Casa di Nerone“ mehrere Zimmer mit einer dominirenden Farbe, was sonst wenig vorkömmt; ein gelbes, ein rothes, ein blaues Zimmer; oben durchgängig Architekturen mit Füllfiguren auf weissem Grund. Das Triclinium ganz gelb, die Ornamente bloss [64] mit braunen Schatten und weissen Lichtern angegeben. Die Halle um den Garten dagegen: braunrother Sockel mit natürlichen Pflanzen u. dgl., unterbrochen von gelben vortretenden Piedestalen; darüber reiche und treffliche Architekturen auf blauem Grund mit schwarzen Zwischenflächen, welche gute Bilder enthalten; oben: Zierrathen und Figuren auf weissem Grund. Im sogenannten Schlafzimmer die Architekturen mit Bewohnern besonders anmuthig belebt.

In der „Casa d'Apollo“ das Tablinum vom Allerzierlichsten; das sogenannte Schlafzimmer mit lauter goldgelben Architekturen auf himmelblauem Grund, so dass gar keine Zwischenflächen vorhanden sind; die Figuren theils ganze, Götter darstellend, theils Halbfiguren hinter den Balustraden; die Ausführung gut, doch geringer als im Tablinum.

In der „Casa di Salustio“ enthält die Wand des hintern Gärtchens eine harmlose Decoration, wie sie auch sonst noch in pompejanischen Gartenräumen und bis auf den heutigen Tag vorkömmt: hohe natürliche Pflanzen mit Vögeln und Guirlanden auf himmelblauem Grunde. Um den kleinen Hof in der Nähe des Bildes „Diana und Aetäon“ herum gute Verzierungen auf lauter schwarzem Grunde mit Ausnahme des violetten Sockels. Andere Räume mit farbigen Quadern (von Stucco) sehr unschön decorirt.

In der „Casa delle Vestali“ die Gartenhalle ganz gelb, auch der untere Theil und die korinthischen Stuccocapitäle der Säulen. Die Architekturen der Wand bloss mit braunen Schatten und weissen Lichtern angegeben; oben offene Schränke mit Küchenthieren und Guirlanden in Naturfarbe; der Sockel braunroth mit mythologischen Figuren.

In der „Villa di Diomede“ die Malereien theils unbedeutend, theils weggenommen und nach Neapel geschafft. Die Gewölbe der untern Räume sind mit Fortsetzungen der Architekturen auf hellem Grunde verziert.

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Nur ungern trennen wir bei der Besprechung dieser Schätze die eigentliche Malerei von der Decoration, indem sich die beiden Künste nie so eng die Hand geboten haben wie gerade hier. Wo sollen wir z. B. die unzähligen kleinen Vignetten unterbringen, welche diese heitern Räume beleben? Wer ihnen je einen Blick gegönnt hat, wird sie [65] noch oft und mit immer neuem Genuss betrachten, diese Gruppen von Gefässen, Vögeln, Schilden, Meerwundern, Tempelchen, Masken, Schalen, Fächern und Ombrellen mit Schnurwerk, Dreifüssen, Treppchen mit Opfergeräthen, Hermen u. s. w., um zu schweigen von den zahllosen menschlichen Figürchen.

Unläugbar ist in diesem ganzen pompejanischen Schmuckwesen wie in der Architektur schon Vieles, was der Ausartung, dem Barocken angehört. Nur muss man sich hüten, gleich Alles dahin zu rechnen, was nicht dem Kanon der griechischen Säulenordnungen entspricht, denn auch das scheinbar Willkürliche hat hier sein eigenes Gesetz, welches man zu errathen suchen muss.

Die spätern Schicksale dieses Styles werden allerdings bald traurig. Er scheint schon im II. Jahrhundert, jedenfalls im III. erstarrt zu sein. Die Mosaiken des runden Umganges von S. Costanza bei Rom zeigen, dass man zu Anfang des IV. Jahrhunderts gar nicht mehr wusste, um was es sich handelte; in dem Rankenwerk herrscht öder Wirrwarr, in den regelmässigen Feldern eine öde und steife Einförmigkeit. Einige gute Ornamente retten sich wohl bis tief ins Mittelalter hinein und gewinnen stellenweise (s. unten) ein neues Leben; die Hauptbedingung dieser ganzen Productionsweise aber war unwiderbringlich dahin: nämlich die Lust des Improvisirens.

Wo diese nicht vorhanden gewesen war, da hatte auch der Pompejaner einst nur Kümmerliches geleistet. Man sehe nur seine meisten Mosaikornamente, bei deren Anfertigung natürlich diese Lust wegfiel. (Säulen und Brunnen im Museum, erster Saal unten links; anderes in verschiedenen Häusern zu Pompeji selbst, u. a. in der „Casa della Medusa“.) Ganz auffallend sticht die kindische Leblosigkeit dieser Prunksachen neben den freien Arabesken der Wände ab. Auf ähnliche Weise hat später das Mosaik, als es vorherrschende Geltung erlangte, das Leben der Historienmalerei getödtet. Diess hindert nicht, dass aus früherer Zeit einzelne ganz ausgezeichnete Mosaiksachen vorhanden sind und dass ausser einer Alexanderschlacht auch ein Fries von Laubwerk, Draperie und Masken (in dem letztgenannten Raume des Museums) existirt, der zum Allertrefflichsten dieser ganzen Gattung gehört. [66]

 

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Auf die Architektur und bauliche Decoration der Alten folgt zunächst eine Classe von Denkmälern, in welchen das architektonische Gefühl, seiner ernsten Aufgaben entledigt, in freiern Formen ausblühen darf. Wir meinen die marmornen Prachtgeräthe der Tempel und Paläste: Candelaber, Throne, Tische, Kelchvasen, Becken, Dreifüsse und Untersätze derselben. Der Stoff und meist auch die Bestimmung geboten eine feierliche Würde, einen Reichthum ohne eigentliche Spielerei. Es sind die Zierformen der Architektur, nur so weiter entwickelt, wie sie sich, abgelöst von ihren sonstigen mechanischen Functionen, entwickeln konnten. Man sehe z. B. den prachtvollen vaticanischen Candelaber (Galeria delle Statue, nahe bei der Kleopatra); in solchen reichgeschwungenen Blättern muss der Akanthus sich auswachsen, wenn er nicht als korinthisches Capitäl ein Gebälk zu tragen hat! Man vergleiche die Stützen mancher Becken und Kandelaber mit den Tempelsäulen, und man wird dort der stark ausgebauchten, unten wieder eingezogenen Form und den schräg ringsum laufenden Cannelirungen ihr Recht zugestehen müssen, indem die Stütze der freien Zierlichkeit des Gestützten entsprechen musste.

Andere Bestandtheile dieser Werke sind natürlich rein decorativer Art, doch herrscht immer ein architektonisches Grundgefühl vor und hütet den Reichthum vor dem Schwulst und der Zerstreuung. Schon die Reliefdarstellungen an vielen dieser Geräthe verlangten, wenn sie wirken sollten, eine weise Beschränkung des bloss Decorativen.

Die Füsse, wo sie erhalten sind, stellen bekanntlich Löwenfüsse vor, stark und elastisch, nicht als lahme Tatzen gebildet. An Thronen und Tischen setzt sich der Löwenfuss als Profilverzierung in schönem Schwung bis über das Kniegelenk fort; dort löst sich die Löwenhaut etwa in Gestalt von Akanthusblättern ab und der Oberleib einer Sphinx oder ein Löwenhaupt oder das eines bärtigen Greifes tritt als Stütze oder Bekrönung darüber hervor; die Flügel an der Sphinx oder am Löwenleib dienen dann als Verzierung der betreffenden Seitenwand. Die horizontalen Gesimse sind durchgängig sehr zart, als blosser architektonischer Anklang gebildet; ihre Bekrönungen dagegen mit Recht reicher, etwa als Palmettenkranz. Eine gottesdienstliche Beziehung, direct auf Opfer gehend, liegt in den oft sehr schön stylisirten Widderköpfen auf den Ecken. – In den Formen der Vasen herrschen unten [67] an der Schale meist die concentrischen Streifen der Muschel, doch auch wohl reiches Blattwerk; der obere Theil, welcher die eigentliche Urne ausmacht, bleibt frei für die Reliefs; der Rand aber zeigt einen schönen Umschlag in der Form des sogenannten Eierstabes. Die Henkel sind bisweilen nach oben mehrfach in elastischen Spiralen geringelt (so an der sonst einfachen Colossalvase des Vorhofes von S. Cecilia in Rom und an der kleinern an der Treppe des Palazzo Mattei); ihre untern Ansätze erscheinen mit Masken und andern Köpfen verziert. Bisweilen sind lebende Wesen als Träger der Gefässe, Tische u. s. w. rund gearbeitet; so ruht ein vaticanisches Gefäss (Belvedere, Raum zunächst dem Meleager) auf den verschlungenen Schweifen von drei Seepferden, ein Becken ebendort (oberer Gang) auf den Schultern dreier Satyrn mit Schläuchen u. s. w. – Die Dreiseitigkeit der meisten Untersätze hatte wohl ihren Ursprung in der Form der Dreifüsse, für welche dergleichen Prachtpiedestale früher hauptsächlich gearbeitet wurden; allein die Kunst behielt sie später gerne auch für Candelaber, Vasen u. dgl. bei, des leichten und anmuthigen Aussehens wegen und zum Unterschiede von der Architektur.

Diese Arbeiten sind oft sehr stark nach verhältnissmässig geringen Bruchstücken und nach Analogien ergänzt. Wo zwei identische Candelaber stehen, wird der eine in der Regel die Copie, ja der blosse Abguss des andern und nur der Symmetrie halber mit aufgestellt sein. Wir zählen in Kürze eine Auswahl des Besten auf.

Im Vatican, mit Ausnahme des schon Genannten: im Braccio nuovo: die schwarze Vase mit Masken; – in den verschiedenen Räumen des Belvedere und in der Sala degli Animali: Tischstützen (Trapezophoren) mit Thieren und Thierköpfen jeder Art und Güte; – im obern Gang: zwei kleinere und vier grössere Candelaber, letztere besonders schön mit Genien, die in Arabesken auslaufen (ein ganz ähnlicher im Chor von S. Agnese vor Porta Pia); ein grosses Candelaberfragment mit flachem Akanthus; grosser, stark zusammengesetzter Candelaber mit dem Dreifussraub an der Basis; mehrere schöne Vasen, Brunnen u. s. w.; zwei vierseitige schmale Altäre, nach Art der marmornen Dreifüsse sehr reich behandelt. – Im Museo capitolino: obere Galerie: sehr ausgezeichnete grosse Vase, deren Pflanzenverzierung in fünfblättrigen Schoten ausgeht; – Zimmer der Vase: nächst dem einfach [68] schönen bronzenen Mischkrug des Mithridat (leider mit barock-modernen Henkeln) die dreiseitige Marmorbasis unter dem Opferknaben. – In der Villa Albani, Mehreres in der Nebengalerielinks; – im sogenannten Kaffehaus: ein guter, aber später Candelaber; von den bei Anlass der Reliefs genannten Vasen sind mehrere auch als Vasen ausgezeichnet. In der Villa Borghese: Mehreres, besonders in der Vorhalle. – Im Museum von Neapel, erster Gang: zwei runde Becken mit ins Viereck gezogenem Rande, auf gewundenen Säulen ruhend; ein schönes Brunnenbecken auf drei Löwenfüssen mit Sphinxoberleibern. – Im dritten Gang: aufrecht sitzende Sphinx als Trägerin einer Stütze mit Palmettenhals; Anbau dieses Ganges: mehrere Thron- und Tischstützen; ein herrliches Marmorbecken, welches die Gesetze dieser Ornamentik vielleicht so klar wie wenige andere Überreste offenbart; endlich die kolossale Porphyrschale, grossentheils ergänzt und mit Ölfarbe bestrichen. – In der Halle der Musen: die Vase von Gaeta, das Decorative sehr zerstört. – In der Halle der farbigen Marmore: eine Sirene von rothem Marmor, die mit ihrem Schweif die Tragsäule eines Brunnenbeckens umschlingt. – In der Halle des Tiberius: ausser einer Amphore und einer Urne die beiden bekannten Candelaber mit den Fischreigern oder wie man die je drei Vögel nennen will.

In Pompeji enthält gegenwärtig der Hof des Mercurstempels eine Sammlung von steinernen Tischstützen u. dgl., welche den Zierrath wieder auf seine einfachste Form: die senkrecht cannelirte Säule zurückführen. Aehnlich die meisten Zugbrunnen (Pozzi) in den Häusern. Ein Marmortisch auf Greifen ruhend in der Casa di Nerone.

In den Uffizien zu Florenz: innere Vorhalle: Zwei schlanke Pfeiler, zu Trägern von Büsten oder Statuen bestimmt, auf allen vier Seiten überfüllt mit kleinlichen Trophäen in Relief; eine späte und in ihrer Art lehrreiche Verirrung; gleichsam ein ins Enge gezogener Ausdruck dessen, was die Spiralsäulen im Grossen gaben. – Verbindungsgang: dreiseitige Candelaberbasis mit Amorinen, welche die Waffen des Mars tragen. – Zweiter Gang und Halle der Inschriften: mehrere Altäre und altarförmige Grabmäler, dergleichen Rom in viel grösserer Auswahl bietet. – Erster Saal der Malerbildnisse: die mediceische Vase mit Iphigeniens Opfer, klassisch auch in ihren Ornamenten: der [69] Fuss meist echt und alt, von den Henkeln und vom obern Rand wenigstens so viel als für die Restauration nöthig war.

Im Dogenpalast zu Venedig (Museo d'Archeologia, Corridojo) ein schöner grosser Candelaber, sehr restaurirt, doch der Hauptsache nach alt, ausgenommen die obere Schale; oben drei Satyrsköpfe und Laubwerk mit Vögeln.

 

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Hier noch eine Bemerkung, die wir nirgends anders unterbringen können. In das Gebiet der Ornamentik fallen auch die Buchstaben der Inschriften. Die Griechen haben darin immer nur das Nöthige gegeben und irgend ein architektonisches Glied zum Träger dessen gemacht, was sie in verhältnissmässig kleinen Charakteren nur eben leserlich angeben wollten. Bei den Römern will die Inschrift schon in die Ferne wirken und erhält bisweilen, nicht bloss an Triumphbogen, wo sie in ihrem Rechte ist, sondern auch an Tempelfronten eine eigene grosse Fläche auf Kosten der Architrav- und Friesglieder. Allein wenigstens die Buchstaben sind noch bis in die späteste Zeit verhältnissmässig schön gebildet und passen zum Übrigen. Der Baumeister verliess sich nicht auf den Steinmetzen und Bronzisten, sondern behandelte, was so wesentlich zur Wirkung gehörte, als etwas Wesentliches.

 

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Von jenen grossen, monumental behandelten Prachtstücken gehen wir über zu den beweglichen Geräthen des wirklichen Gebrauches, welchen ihr Stoff – das Erz 28) – einen besondern Styl und eine bessere Erhaltung gesichert hat. Vor allen Sammlungen bahen hier die sechs Zimmer der „kleinen Bronzen“ im Museum von Neapel den Vorzug, weil in ihnen die Schätze aus den verschütteten Städten am Vesuv und die Ausgrabungen von Unteritalien zusammenmünden. (Einiges recht Schöne auch in den Uffizien zu Florenz, II. Zimmer der Bronzen, 8.–14. Schrank.) [70]

Auf den ersten Blick haben diese Überreste gar nichts Bestechendes oder Überraschendes. Ersteres nicht, weil der Grünspan sie unscheinbar macht; letzteres nicht, weil unsere jetzige Decoration sie seit achtzig Jahren nachbildet, so dass bald kein Tischservice, keine Salonlampe völlig unabhängig ist von diesen Vorbildern. Wer nun aber nicht schon aus historischem Interesse dieser Quelle der neuern Decoration nachgehen will, der mag es doch um des innern Werthes willen getrost thun. Er wird dann vielleicht inne werden, dass wir unvollkommen und mit barbarischer Styl-Mischung nachahmen, dass wir dabei bald zu architektonisch trocken, bald zu sinnlos spielend verfahren, und dass uns nicht die Überzeugung, sondern die Willkür leitet, sonst würde unsere Mode nicht im Chinesischen, in der Renaissance, im Rococo u. s. w. zugleich herumfahren, ohne doch Eines recht zu ergründen. Die Alten stehen hier unsern barocken Niedlichkeiten und Nippsachen recht grandios gegenüber mit ihrem Schönheitssinn und ihrem Menschenverstande.

Vase, Leuchter, Eimer, Wage, Kästchen, und was all die Alterthümer noch für Namen und Bestimmungen haben mochten, – Alles besitzt hier sein inneres organisches Leben, seine Entwicklung vom Gebundenen ins Freie, seine Spannung und Ausladung; die Zierrathen sind kein äusserliches Spiel, sondern ein wahrer Ausdruck des Lebens.

Schon die gemeinen Küchen- und Tischgefässe haben eine gute, schwungvolle Bildung des Profils, des Halses, namentlich der Handhaben und Henkel. Eine Sammlung von abgetrennten Henkeln, in einem Schrank des fünften Zimmers (Einiges auch in den Uffizien, 12. Schrank des genannten Raumes) zeigt auf das Schönste, wie die Bildner jedesmal mit neuer Lust die einfache Aufgabe lösten, in diesem Theil des Gefässes eine erhöhte Kraft und Dehnbarkeit auszusprechen, und wie der Auslauf des Henkels in eine Maske oder Palmette gleichsam ein letzter, glänzender Ausdruck dieser besondern Belebung sein sollte. (Eine sehr edel stylisirte Handhabe mit Blattwerk im genannten Raum der Uffizien, 13. Schrank.) An Urnen, Opferschalen und andern festlichen Geräthen ist natürlich auf dergleichen noch eine besondere Sorgfalt verwendet. Wo von der Aussenseite des Gefässes ein grösserer Theil verziert ist, findet man in der Regel, dass Form und Profil des Zierrathes der Bewegung des Gefässes, seinem [71] Anschwellen und Abnehmen folgt und sie verdeutlichen hilft 29). Namentlich beachte man den umgeschlagenen Rand mit der einfach schönen Reihe von Perlen oder kleinen Blättern; er ist gleichsam eine letzte Blüthe des Ganzen.

Sehr zahlreich sind, zumal im zweiten und sechsten Zimmer, die Lampen, welche sowohl in der Hand getragen als auf besondere Ständer gestellt oder an Kettchen aufgehängt werden konnten. Schon die ganz einfachen unverzierten haben die denkbar schönste Form für ihren Zweck: einen Behälter für das Oel und eine Öffnung für den Docht nebst einer Handhabe darzubieten. (Wer sich hievon überzeugen will, mache einmal selbst den Versuch, ein Geräth, welches diese drei Dinge vereinigt, aus eigener Erfindung zu componiren.) Am häufigsten wurde wenigstens der Griff verziert, als Schlange, Thierkopf, geflügelte Palmette u. s. w. Dann folgten Zierrathen, Reliefs und ganze freistehende Figürchen auf dem Deckel des Oelbehälters. Bisweilen sind mehrere Lampen an den Zweigen einer Pflanze, eines Baumes, auch wohl an reichen, von einem kleinen Pfeiler ausgehenden Zierrathen aufgehängt, wozu eine schön architektonisch gebildete Basis gehört. (Eine grosse bronzene Lampe christlicher, doch noch römischer Zeit in den Uffizien, 14. Schrank, zeigt die spätere Erstarrung dieser Form; sie ist als Schiff gestaltet.)

Von den Lampenständern wird man die kleinern als artige kleine Dreifüsse, als Bäumchen, als elastische Doppelkelche (aufwärts und abwärts schauend) gebildet finden. Der höhere Lampenträger dagegen ist der bronzene Candelaber, der hier in einer grossen Menge von Exemplaren, vom Einfachsten bis zum Reichsten, repräsentirt ist. Der Stab desselben, fast immer auf drei Thierfüssen mit Pflanzenzierrathen stehend, ist bald mehr architektonisch als schlanke cannelirte Säule, bald mehr vegetabilisch als Schilfrohr gebildet. Oben geht er entweder in drei Zweige oder in einen mehr oder weniger reichen Kelch über, dessen breite obere Platte die Lampe trug. Im Ganzen wird man kaum ein einfach anmuthigeres Hausgeräth erdenken können. Auch Figuren als Lampenträger fehlen nicht, z. B. ein Harpocrates, der in der Rechten einen Lotos mit der Lampe hielt; ein köstlicher [72] Silen mit dem Schlauch, hinter welchem ein Bäumchen zwei Lampen trug; ein Amor auf einem Delphin, über dessen Schweif die Lampe schwebte, u. s. w. (Ein Candelaberfuss in den Uffizien, 10. Schrank, besteht aus drei zusammenspringenden Luchsen mit Masken dazwischen.)

Die Füsse der Geräthe sind ideale und dabei höchst kräftige, doch – dem Stoffe gemäss – leichte Thierfüsse, welche die Zehen des Löwen mit dem schlanken Fussbau des Rehes vereinigen. Wie frei die Alten mit solchen Bildungen umgingen, zeigt der herrliche Altar des dritten Zimmers, dessen drei Thierfüsse über einem Absatz ebensoviele Sphinxe und hinter diesen Blumenstengel tragen, auf welchen dann die runde Platte mit ihrem Fries von Stierköpfen und Guirlanden ruht; unter sich sind die Füsse durch schöne, schwungreiche Pflanzenbildungen verbunden.

An den meist aus Pompeji stammenden Helmen und Harnischen (viertes Zimmer) findet sich theilweise ein reicher, prachtvoller Reliefschmuck. Die ganzen Figuren und Geschichten, z. B. verschiedene Scenen der Einnahme von Ilion, sind mit Recht dem Helm vorbehalten, während Arm- und Beinschienen mit Ausnahme einer vorn angebrachten ganzen Götterfigur nur Masken, Adler, Arabesken, Füllhörner etc. darbieten. Andere Helme, von roherer römischer Ausführung, enthalten bloss Trophäen, Köpfe von Göttern u. dgl. An einem schön griechischen Brustharnisch (aus Pästum?) wird man das Haupt der Pallas Athene finden. – Die archäologische Bedeutung dieser beträchtlichen Sammlung von Waffen, Pferdezeug u. dgl. darf hier nicht weiter erörtert werden; genug, dass auch in diesen Werkzeugen des Krieges die schöne antike Formenbildung sich nicht vorläugnet. (Im Museo patrio zu Brescia der figurirte Brustschild eines Pferdes.)

Im Ganzen darf man immer von Neuem sich wundern, dass ein Volk, welches seine Zierformen so leicht und meisterhaft bildete, doch fast durchgängig Maass hielt und des Guten nicht zu viel that. Es genügt ein vergleichender Blick auf die Renaissance, die sich dessen nicht rühmen kann, die ihre tragenden Theile im Styl der Flächen verzierte und an ihren Gefässen vollends nur eine angenehme Pracht erstrebte, ohne auf eine lebendige Entwicklung bedacht zu sein. Wie gerne verzeiht man daneben den Pompejanern, wenn sie das Gewicht an ihrer (römischen) Wage als Satyrskopf, als Haupt des Handelsgottes [73] Hermes bildeten. Es kommen noch andere einzelne Spielereien vor, aber sie machen keinen weitern Anspruch und verdunkeln nicht das Wesentliche.

 

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Einen interessanten Contrast mit den ehernen Gefässen bieten die gläsernen dar, deren im dritten Zimmer der „Abtheilung der Terracotten“ desselben Museums von Neapel eine grosse Sammlung vorhanden ist. (Meist aus Pompeji.) Diese Gläser sind nicht besser geformt als unsere gemeinen Glaswaaren, weil sie geblasen wurden, wobei in der Regel nur unbedeutende und leblose Profile zum Vorschein kommen können. Das Auge mag sich indess schadlos halten an einigen Schälchen u. s. w. von schöner lasurblauer Farbe und an einigen Überresten bunter Millefiori, wenn auch letztere nicht mit den jetzigen venezianischen Prachtarbeiten wetteifern dürfen.

Von den pompejanischen Gefässen aus gebrannter Erde (im vierten und fünften Zimmer derselben Sammlung) weisen dagegen schon die allergemeinsten eine bessere und edlere Form auf; nur darf man sie nicht mit den griechischen Vasen vergleichen, von welchen bei Anlass der Malerei die Rede sein wird. Die vielen Hunderte von gewöhnlichen Thonlampen haben in ihrem befangenen Stoff noch immer jene schöne Grundform mit den ehernen gemein. Einzelne Stirnziegel in Palmettenform zeigen, wie zierlich selbst an geringen Gebäuden das untere Ende jeder Ziegelreihe des Daches auslief. (Auch ein Giessmodel für dergleichen ist hier aufgestellt.) – Von thönernen figurirten Friesstücken findet sich wenigstens eine kleine Auswahl 30).

Einen eigenen klassischen Werth hat sodann die florentinische Sammlung schwarzer figurenloser Thongefässe (bei den gemalten Vasen in dem verschlossnen Gang, der von den Uffizien nach Ponte vecchio führt). Neben mehr willkürlichen etruskischen Formen finden sich hier die schönsten griechischen Profilirungen, den edelsten Vasen von Bronze und Marmor im Kleinen und in einem andern Stoffe nachgeahmt. (Besonders eine Urna unvergleichlich). Sie dienten nicht zum täglichen Gebrauch, sondern standen wohl in Tempeln und Gräbern.

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1) Ausserdem ist zu bemerken: An der Aussenseite kommt jede zweite Triglyphe mitten über eine Säule zu stehen, gegen die Ecken hin aber werden die Metopen breiter, so dass die Triglyphe auf die Ecke rücken kann. Im Innern besteht das Gesimse zwischen den beiden Ordnungen aus einem blossen Architrav mit Hohlkehle, da ein Fries, als Sinnbild des Decken-Randes, hier nicht am Platze wäre. Das Gesimse über der obern Ordnung besteht ebenfalls aus einem ähnlichen Gliede, allein wir wissen nicht, was einst noch darüber lag und wie der Dachrand ansetzte. 

2) In Rom, z. B. an der späten und sehr schlechten Restauration des Vespasianstempels und in Pompeji an vielen Bauten begegnet man einem ionischen Capitäl, welches statt der beiden Seitenvoluten vier Eckvoluten hat; gewiss eine secundäre und nicht eben glückliche Schöpfung. 

3) Da zu wenige römisch-ionische Bauten erhalten sind, so urtheilen wir hier nach Fragmenten, welche allerdings auch von korinthischen Bauten herstammen mögen; allein beide Ordnungen stimmen mit Ausnahme des Capitäls bei den Römern überein. 

4) Der Hochmuth Bernini's spricht sich gar zu deutlich aus in den Capitälen der drei Säulen der Ostseite, welche er in seinem und seiner Zeit bombastischem Geschmack restaurirte, statt sich nach den so nahe liegenden Mustern zu richten. 

5) Ob Kranzgesimse und Giebel noch von Agrippa's Bau herstammen, bleibt dahingestellt; sicher ursprünglich ist nur der Architrav. 

6) Die prachtvollsten Thüreinfassungen des Alterthums haben wir nicht mehr oder nur in Bruchstücken. Ein solches, mit den schönsten Akanthusranken, welche in Schoten auslaufen, mit pickenden Vögeln u. s. w. findet sich in den Uffizien (äussere Vorhalle). Viel bescheidener, obwohl noch immer von grossem Reichthum, ist die vollständig erhaltene Thüreinfassung vom Porticus der Eumachia zu Pompeji (jetzt im Museum von Neapel als Eingang der Halle des Jupiter verwendet). 

7) Und an gothischen Kathedralen, wo sie vorkömmt, ohne Zweifel nur Sache des Zufalls. 

8) Wo und wie die Karyatiden angebracht waren, von welchen die vaticanische (im Braccio nuovo) eine sein soll, ist gänzlich unbekannt. 

9) Die allerneuste Benennung: T. des Castor und Pollux. 

10) Früher hiess das Gebäude: Tempel des Antoninus Pius, und wäre demnach etwa unter Marc Aurel erbaut gewesen. Ich kenne die archäologischen Gründe für die jetzige Benennung nicht, glaube aber, dass die frühere besser zum Styl des Gebäudes passte. Für Trajan's Zeit sind die Formen wohl schon zu flau und ausgeartet. Vielleicht wurde der Tempel wohl zur Ehre Marciana's, aber erst lange nach ihrem Tode gebaut. 

11) Das so hübsch aussehende „Opus reticulatum“, welches hier und an andern Römerbauten überall vorkömmt – schräg über einander liegende quadratische Backsteinenden – war nicht bestimmt gesehen zu werden, sondern den Mörtel zu tragen. 

12) Indess hatte sich aus guter griechischer Zeit ein einfacheres korinthisches Capitäl erhalten, welches für solche kleinere Aufgaben sehr wohl passte. Es hat bloss vier Blätter, welche gleich die Eckvoluten tragen; zwischen ihnen unten Eier, oben am Kelche Palmetten. In S. Niccolò in Carcere zu Rom haben sich von einem der Tempel, welche in diese Kirche verbaut sind, noch fünf Säulen mit solchen Capitälen gerettet. Der noch sehr guten Detailbildung gemäss möchten sie dem II. Jahrhundert angehören. 

13) Bekanntlich geschah dies z. B. durch Carl den Grossen. – Noch im XII. Jahrhundert hing es an einem Haar, dass nicht für den Neubau von S. Denys bei Paris die Säulen fertig von Rom bezogen wurden. 

14) An dem sogenannten Grabmal der Horatier und Curiatier vor Albano ist die Bekleidung des Untersatzes und der fünf Kegel fast ganz modern. 

15) Bei diesem Anlass darf man fragen: wer hat die Obelisken umgestürzt und bloss den von S. Peter auf seiner Spina (in der Nähe der jetzigen Stelle) stehen lassen? Erdbeben oder Fanatiker waren es nicht, denn diese hätten auch gar vieles andere umstürzen müssen, das noch aufrecht steht. Ich rathe unmassgeblich auf mächtige Schatzgräber in den dunkelsten Zeiten des Mittelalters (etwa im X. Jahrhundert) und erinnere an die fast durchweg arg zerstörten und desshalb abgesägten untersten Theile, wo man den Obelisken mit Feuer und allen möglichen Instrumenten zugesetzt haben mag. Den von S. Peter schützte dann wahrscheinlich die Nachbarschaft des Heiligthumes, oder die mehrmalige Enttäuschung. 

16) Diese Säulenstellungen neben und zwischen den Thoren sind wohl nicht aus der Zeit des Claudius, sondern aus dem III. Jahrhundert, wie die Capitäle und Profile beweisen; – sie sind ferner nicht geflissentlich theilweise roh gelassen, sondern unvollendet; wären sie aus dem ersten Jahrhundert, so hätte man auch Zeit und Kraft gefunden, sie auszumeisseln; wären sie absichtlich so gelassen, so wäre dies consequenter und nicht so ungleich und principlos geschehen. Die Architekten des XVI. und XVII. Jahrhunderts, welche mit Berufung auf dieses Denkmal ihre sogenannten Rustica-Säulen schufen, haben sich doch wohl gehütet, die Säulen der Porta maggiore so nachzuahmen wie sie wirklich sind. *Ebenso wird man sich beim Amphitheater von Verona leicht überzeugen können, dass die rohen Theile an dem vorhandenen Bruchstück der äussern Schale eben nur einstweilen roh gelassen worden waren. Die Steinschichten sind schon zu ungleich, um mit ihren rohen Flächen absichtlich als echte Rustica zu wirken; denn diese verlangt die Gleichmässigkeit schon als Vorbedingung der Festigkeit, welche symbolisch ausgedrückt werden soll. Gleichwohl mussten hier die unfertigen Pilaster mit fertigen Capitälen als Vorbild der Rusticapilaster dienen, wie die Säulen an Porta maggiore als Vorbild der Rusticasäulen. Es soll damit nicht geläugnet werden, dass für ungegliederte Flächen auch die Römer bisweilen absichtlich die Quader in rohgemeisseltem Zustande lassen mochten, und dass ihnen die specielle Wirkung, die dabei zum Vorschein kam, nicht ganz entging. 

17) Von welchen nur noch die sogenannte Meta sudans beim Golosseum kenntlich ist.  

18) Diess u. a. auch am Herculestempel zu Brescia. 

19) Ihre Grundmauern sind in den Gebäuden auf der Seite gegen das Capitol hin noch vorhanden. Die jetzige Nische, am rechten Nebenschiff, ist ein etwas späterer Zusatz. 

20) D. h. für den jetzigen Zugang vorn, so dass dieser runde Raum die Vorhalle von S. Maria degli Angeli bildet. Die jetzt ganz verschwundene Vorderseite lag in der Richtung gegen das prätorianische Lager hin. 

21) Die gegenwärtige Gestalt rührt von Martino Bassi her. Leider bleibt auch die Lichtvertheilung des antiken Baues zweifelhaft. Ich glaube an ein ehemaliges Kuppellicht. 

22) Oder in christlicher Zeit aus den Fragmenten der umliegenden Heiligthümer zusammengebaut? 

23) Die Anordnung der Privathäuser in Rom erscheint dem capitolinischen Stadtplan zufolge der pompejanischen sehr ähnlich. 

24) Bei diesem Anlass bemerke man den römischen Gebrauch grosser Nischen mit Halbkuppeln in den Fassaden, deren eine z. B. hier als Kaiserloge gegen den Circus dient. Man findet sie wieder an der (jetzigen) Vorderseite der Diocletiansthermen etc.; dann in christlicher Zeit am Palast des Theodorich zu Ravenna; als Nachklang an den Portalen von S. Marco zu Venedig; in häufiger und sehr colossaler Anwendung an den Bauten des Islams, zumal in Ostindien; endlich mit herrlicher Wirkung von Bramante zum Hauptmotiv des Giardino della Pigna (im Vatican) erhoben. 

25) Ob das Colorit dieser Gemälde wirklich in einem durchgehenden Verhältniss stehe zu der rothen, grünen etc. Farbe des entsprechenden Wandstückes, wage ich nicht zu entscheiden. Gerade die besten Gemälde haben durch die Übertragung in das Museum von Neapel ihren Zusammenhang mit der Wandfarbe eingebüsst. 

26) Die reine gothische Decoration folgt hierin ganz andern Gesetzen; sie ist fast durchgängig (an Wandzierrathen, Stühlen, selbst feinen Schmucksachen) streng architektonisch gedacht und wiederholt überall ihre Nischen, Sockel, Fenster, Streben, Pyramiden und Blumen im kleinsten Maassstab ähnlich wie im grössten. Sie bedurfte jener besondern Erleichterung vom Stoffe nicht wie die antike, weil durch ihr inneres Gesetz der Entwicklung nach oben der Stoff bereits überwunden ist. 

27) Vielleicht nur eine veredelte Reminiscenz der Eimerkette, welche von ihrer Rolle herunterhängt. Man wird erst spät inne, aus wie kleinen Motiven die Kunst Zierliches und selbst Schönes zu schaffen weiss. 

28) Von den silbernen Gefässen, dergleichen Verres in Sicilien massenweise stahl, ist natürlich nur äusserst Weniges erhalten. 

29) Vgl. unten den Abschnitt über die gemalten Vasen. 

30) Eine der bedeutendsten Terracotta-Sammlungen, die des Cavaliere Campana in Rom, ist nur schwer zugänglich.