BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

______________________________________________________________________________

 

 

 

 

 

 

von Zeit zu Zeit neugierige, finstre Blicke zuwerfend. – Sonderbar! was wird es auch seyn? Der Zudringliche will dich necken, ängstigen, meinte ich. Jetzt fährt mein Wagen eine sehr enge Straße aufwärts, wo am Ende derselben die Wohnung F...s war. Ich steige aus, einen Blick zurück, und ich erkenne meinen Unheimlichen, der auch der Höhe zulenkt. Ist dies Zufall? frage ich, führen gerade in diese Straße ihn seine Geschäfte? Eine halbe Stunde war schnell mit dem Bruder verplaudert, und da man mich zu Hause bei Tische erwartete, wollte ich nicht länger zögern. In dem Augenblick aber, als ich aus der Thüre trete, bemerke ich auch, wie jener Fremde mit dem Kutscher leise Worte gewechselt, und schnell, als er mich erblickt, seitwärts seinem Cabriolet zugeht. – Schon war ich wieder eine gute Strecke gefahren, und immer, o Qual!, das Cabriolet mir zur Seite! Eingeschlossen wie ich war, in meinem gläsernen Kasten, diese Banditenfigur immer vor Augen, verließ mich aller Muth. Ich zitterte vor Furcht. Aufmerksam fing ich an, den  Weg  zu  beobachten,  den  mein  Fiaker eingeschlagen,  und  finde,  daß  er  zwar  über  den  Pont-neuf  gefahren  war,  längs  den  Quais  hin,  aber  mich über  die  nächste  Brücke  wieder  zurück  an  das jen­seitige  Ufer  gebracht  hatte.  So  geht  es  fort,  eine Stunde lang, über Plätze  hin,  durch Straßen auf- und ab­wärts, die ich nie gesehen. War es Folge meiner Furcht, oder befand ich mich wirklich in einer der Vorstädte von Paris, kurz mir schien, als würden die Straßen immer öder, und ein Schauer  durchrieselte  mich. Nun  halte ich mich nicht län-

 

ger, und heftig poche ich an die Gläser des Wagens. Endlich werd' ich gehört. Man öffnet, und auch das Cabriolet hält – der Schwarze horcht. „Ce n'est pas là le chemin pour me conduire à la rue de Monceau, prenez garde ou j'arrêterai les passants.“ Ich wunderte mich selbst über meine kühne Rede und Heldenstimme; es war ein Recitativo eroico. Der Kutscher sagte lächelnd: „Ah! n'ayez pas peur, ma petite Dame!“ Den Wagen schließt er zu, lenkt aber nun andere Wege ein, so wie auch mein Cabriolet mir folgt, über die Brücken wieder hinüber, bis zur Rue de M. Der Wagen hält, der seine auch, noch einen finsteren Blick wirft er mir zu, mich grüßend, peitscht wie toll das Pferd, und Gottlob! der Unheimliche ist verschwunden.

_________________

 

Zweites Abentheuer à la Höllen-Breugel. Im ver­gangenen Carneval hatte die Familie G... die Güte mich zu sich einzuladen. Die Witterung schien besonders günstig, und verwahrt in Mantel und Pelz, glaubte ich es wohl wagen zu dürfen. An der Ecke unserer Straße fährt jede fünf Minuten ein Omnibus vorbei, der eine Stunde Wegs, nächst der rue du temple, also ganz nahe der Wohnung meiner lieben Freunde mich bringen konnte. Einigemal hatte  ich  bereits  diese  Reise   gemacht,   und   nie  war mir das geringste begegnet. Natürlich, daß ich auch diesmal   sorglos   mich   diesem  Wagen  anvertraute,  um so mehr, da  ich, eingedenk  des Cabriolet-Spucks mich vor