BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

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bunt durcheinander Feigen und Orangenbäume. Da, wo man der Erde einige Sorge gab, duften Jasminhecken, aber am Abhang eines Hügels prangt wieder wild die blühende Myrthe in Büschen. Mein Lieblingsplätzchen ist hinter dem Jesuitenkollegium, – wirklich ein stattliches Gebäude! Der Berg ist hier am steilsten, das dunkelblaue Meer glänzt durch die Bäume und es umringen mich hier Olivenbäume von den wunderlichsten Gestalten. Wenn der Tag mit sei­nem Beruf mir im Rücken ist, erstarkt mein Geist hier in stillen Betrachtungen. Oft schlägt auch über meine Seele herein die feuchte Welle der Wehmuth. Diese Oliven­zweige deuten mir hin auf die erhabenste Stelle, den Oelberg, wo der Mittler aller Menschen für sie mit dem Tode rang. – Das geheimnißvolle Dunkel dieses Trauer­baumes flößt mir Ehrfurcht ein. Die Zweige erscheinen mir wie nervige Riesenarme, die Stämme wie Skelette eines Riesenkörpers – ich fühle es, überall umklammert der Tod die Seele, die Natur – alles seufzt einer Auferstehung entgegen.

 

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Seit einiger Zeit wird mir die Last des eigenen Ichs drückender als je. Ich sollte den lieben Kindern sanft begegnen, willig auch bei den Beschwerden des Unterrichts seyn, und bin gerade das Gegentheil von dem, was ich andern zu seyn wünschte. Aengstliche Sorgen, vergebliche Hoffnungen, wesenlose Träume nehmen eigentlich die Kräfte meines Geistes in Anspruch. Wie armselig!

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Es ist wahr das Wort, „daß es leichter ist, andächtig schwärmen als gut handeln.“ – Der Sturmwind wühlt den Sand auf, unsern Blick zu verfinstern – o daß frei von Leidenschaften mein Leben wäre! Heucheley, Lügen sind Teufelslarven. Fast täglich in Berührung mit so mancherlei Menschen, wie kann sich da meine Wahrheitsliebe erproben! Kann man je allzu wahr seyn? – Ich bemühe mich wohl, im Umgang mit Andern das Edle, was fast in jedem Menschen liegt, zu entdecken; aber noch besser, ich prüfe mich, ob diese oder jene erkannte Tugend auch mein Eigenthum geworden. Die Fehler meines Nächsten müssen mir zum Spiegel der meinigen dienen. O wie gut weiß man, wie man zu leben hat! Ruht doch in eines Jeden Brust das ewige Gesetz des Rechts, und ein strenger Richter, das Gewissen, bewacht es. Es ist das Gewissen die Stimme Gottes im Menschen. Wahrlich! nicht wir, von der Selbstliebe Verblendete, würden fähig seyn, vor der Sünde zu erschrecken, wäre Gottes Stimme nicht der treue Führer durch die Irrwege unsres Lebens. Was soll ich flehen? Gott! ein wachsames Auge gieb mir für das ewige Gesetz des Rechts, und ein Ohr, das stets offen sey, den Ruf deiner Stimme zu empfangen!

 

 

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Am 28. Oktober.   

 

Hinter dem Berge Mont Alban liegt der Hafen Nizza's; so versteckt, ist sein Erscheinen nur um so überraschender. Ich  bemerkte  heute  mehr  Thätigkeit  als sonst, und große

 

 


 

Der Hafen von Nizza, dahinter der Mont Alban