BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Magdalena von Dobeneck

1808 - 1891

 

Briefe und Tagebuchblätter

aus Frankreich, Irland und Italien

 

1843

 

______________________________________________________________________________

 

 

 

 

 

 

seinen Schwiegersohn anzugreifen. Lucan läßt die Legionen Cäsars durch Monaco ihren Weg nach dem Rubicon nehmen. Virgil gedenkt dieser Felsen in seiner Aeneide:

«Aggeribus socer alpinis, atque arce Monaeci

Descendens.»

Links von Turbia verläßt man die Straße Genuas, und immer bergab, durch Felsen und zwischen Berge hindurch, geht es dem Abgrund zu, als führe man hinab in ein fernes Jahrhundert, bis endlich auf starrem einsamen Felsen die Kirche und das Kloster Notre dame del Laghetto erreicht ist. – Drei Tage im Jahr gewährt Nizza den Provinzalen freien Einzug, und dann wird die göttliche Mutter nicht vergessen, zu der man in andächtiger Menge zieht. Die Kloster-Hallen sind ganz tapezirt von Krücken und Flinten, wächsernen Beinen und Armen, und Bilder von den grellsten Farben erklären die Wundergeschichten. Schiffbrüche – umgeworfene Wagen und Maria die Rettende, schwebend im goldgestickten Reifrocke, sind in der Ecke eines jeden Bildes, aber köstlicher noch, wenn all' das wunderliche Zeug aus dem Munde eines begeisterten Mönchs quillt. –

Zwei der Franziskaner schienen mir die Edelsteine der Mönchswelt. Den Jüngern, an der Pforte stehend, faßte ich nicht umsonst in's Auge. Nicht vergessen werde ich diese gewitterliche Stirne, gemildert durch ein schelmisches, harmloses Schönheitswärzchen, diese scharf gebogene Nase, diese Adlersaugen, daraus mir ein verächtlicher tödtlicher Blick zuschoß, mir, die lächelnd vor ihm stand mit   der   Bitte:   poss'io   vedero  la  vostra  clausura?  «Le

 

donne sono troppo curiose,» war die strafende Antwort. Der zweite, ein zwei Spannen langes, schmutziges, stinkiges Ding (arme heilige Jungfrau, welche Diener die Deinigen!) auf dem ein runder, platter Kopf wackelnd sitzt, breites Gesicht, hervorgedrungene, graue Aeugelein – ein breiter Mund, der in ein bemoostes Thal blicken läßt – seine Bewegungen heroisch. Als ich Nachmittags von meinem Kobold Heiterkeit getrieben, der Gesellschaft versprochen, in der Kirche die Orgel zu spielen und zu singen, und er auf der obern Stufe der Kirchenthüre stand die Arme bald an seine Brust drückte, bald theatralisch sie ausbreitete als wollte er damit ausdrücken: nur über diesen Leichnam geht der Weg; und sagte: «Se la resina (regina) vieno non può entrare, (bisogna passare per la clausura,) non si può entrare, non, se la resina «viene» – da zuckte es mir in den Fingern und nehmen hätt' ich ihn mögen und in ein Buch klemmen und pressen diesen herrlichen Menschen!

 

―――――

 

Nizza, in den letzten Stunden des Jahres 1834.   

 

Noch wenig Stunden und das Jahr, ein alter Freund, hat Abschied genommen. Wenn ich zurück denke, die vergangenen Tage und Stunden flüchtig durchlebe, so treffe ich überall auf Spuren der Liebe Gottes, ja ich sehe mich wunderbar gerettet, weil ich, durch Ihn, stark genug bin, frühere Verirrungen als treue, warnende Rathgeber zu begrüßen.   Immer   klarer  wird  mir  die  Welt,  die Zu­kunft,  und  mein  Inneres  öffnet  verborgene  Thüren.  Die

 

 


 

Exvotos im Kloster Notre Dame de Laghet