BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Mühlenlied

um 1470

 

 

Mühlenlied

Niederdeutsche Fassung

im Wienhäuser Liederbuch

 

Text:

Albrecht Classen, Mein Seel fang an zu singen

Religiöse Frauenlieder des 15.-16. Jahrhunderts

Leuven: Peeters Publishers, 2002

 

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1. Eine mölen ick buwen wil,

ach god, wuste ick wurmede!

hedde ik handgerede

und wüste wurvan

tohand so wol ik houwen an.

 

2. To holte wil ik faren hen,

de wald de en is nicht ferne;

hülpe hedd ik gerne

de de wüsten al,

wu me he hogen böme fellen schal.

 

3. De wold de het sick Libanus,

dar wasset zedewer scheire,

zipressen in dem rivere

unde palme stolt,

oliven ok, dat nütte holt.

 

4. Meister hoch, van künsten wis!

du most mi sinne geven:

houwen, snören even

unde fögen sklicht,

so werd de möle wol bericht.

 

5. Moises, nu wes darbi,

den understen stein berichte,

dat he ligge dichte;

so dregt he swar,

de olden ee de mene ick dar.

 

6. De nigen ee, den oversten stein,

den legge ik up den alden,

dat he lope balde

nach mesters kunst;

de driff dat is des hilgen geistes gunst.

 

7. Gregorius, Ambrosius,

Jeronimus mit Augustine,

waret gi de rine

unde dat kammrad,

so löpt de möle desto bat.

 

8. Gi twölf apostel, hir gat vor,

unde maket de mölen gande,

dat se nicht blive bestande.

gi sind gesant

to malende över alle dat land.

 

9. Geon, Fison, Effrates,

Tigris, gi fleten vere,

gi schönen rivere,

gevet waters genog!

unde pleget der mölen ere gefog.

 

10. Ein jungfrouwe hadde ein seckelin

mit weiten wol gebunden,

na den vorsproken stunden

to der mölen se quam,

ein prophete dat vornam.

 

11. Jsaias hir lange bevoren

he heft dar van geskreven,

wu uns worde gegeven

ein jungfrowe wert,

se heft eines kindes geberet.

 

12. Sin namende het sick „God mit uns“,

den we alle loven.

gnedeliken van boven

he to uns quam,

des fröwet sick frouwe unde man.

 

13. Der propheten is so vele,

de dar af hebben gesungen,

wu uns jo gelungen

van godes kraft,,

dat geschach an middernacht.

 

14. Gi evangelisten alle vere

gi möget dar wol up trachten,

wu gi wisliken wachten

dat seckelin,

wente dat brachte ein jungfro fin.

 

15. Matthaeus, löse up den sack,

get ut en godes namen,

unde lere uns allen samede,

du bist geleret,

wu godes sone minsche ward.

 

16. Lucas, rit den sack entwei,

get up de mölen, lat wriven,

du kanst wol beskriven

dat offer grot,

wu he darna let den dot.

 

17. Marcus, starke löuwelin,

get up de mölen, lat skroden,

wu he upstund van dode,

wu dat geschach,

dat repestu an dem osterdag.

 

18. Johannes, arne van hoger flucht,

du heft geskreven de lere

der himmelfart unses heren

ganz openbar,

des helpe uns got, dat we komen dar.

 

19. De möle se geit, se is beret.

de nu schir wil malen,

de schal here halen

syne körneken reyne,

so werd it ome malen klene.

 

20. Pawes, kaisers, predeker,

waret gi de mölen even,

dat se möge geven

mel unde molt,

darvan so werd jück riken sold.

 

21. We sine sele spisen wel,

de schal sick here snellen,

to düsser mölen sellen,

se is bericht,

se malet unde matet nicht.