BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Irmgard Bock

* 1937

 

„So kommen auch Frauen

schon auf die verrückte Idee,

Hochschullehrer zu werden.“

 

Frauen in den Fächern

Psychologie und Pädagogik,

am Beispiel der LMU München

 

2003

 

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3.

Examina

 

Im Bereich der Pädagogik gab es schon aus dem 19. Jahrhundert datierend eine berufsbezogene Ausbildung, die der Gymnasiallehrer. Sie gehörte traditionell in die Universität. (MinBl 1907 und 1911, 1912) 2). Für sie wurden traditionell – primär von Philosophen und Altphilologen – Veranstaltungen angeboten, deren Besuch bei der Mel­dung zur Prüfung durch ein Universitätsabgangszeugnis nachgewiesen werden mußte (vgl. MinBl 5 – 22.2.02 mit Verweis auf die Prüfungsordnung von 1895; vgl. auch MinBl 28, 10.9.1912) Die übrigen Lehrer studierten an Sondereinrichtungen. Frauen, die ein Lehrerinnenseminar absolviert hatten, hatten kein Promotionsrecht, konnten seit 1906 (MinBl. 13 – 27.4.1907. Min. Entschl. vom 13. 4. 1907) aber das höhere Lehramt an Mäd­chengymnasien anstreben. Sie machen einen größeren Teil der weiblichen Studierenden aus. Die Prüfung in Erziehungswissenschaft oder Philosophie für Kandidaten des Höheren Lehramts wurde im Februar 1959 eingeführt.

Als Abschluß gab es für die Nicht-Lehrer und Psychologen nur die Promotion, die allerdings nach Umfang und Gewicht nicht unbedingt mit heutigen Promotionen zu vergleichen ist. Erst 1937 wurde im Rahmen der Laufbahnverordnung für Heeres­psychologen das Assessorexamen eingeführt, dem 1941 die erste Diplom-Ordnung folgte (vgl. Geiger [1989], 52). Die erste Magisterprüfung wurde im WS 62/3 abgelegt (Vgl. Jb. der LMU); ab 1983 wurde dieser Abschluß dann zum ersten berufsqualifizierenden erklärt und wie das Diplom nach dreijähriger Übergangszeit zur Voraussetzung für die Promotion.

Mit der Integration der Pädagogischen Hochschule wurden dann vermehrt Staats­examina abgenommen und zwar in Pädagogischer Psychologie und Pädago­gik/Schulpädagogik für Lehrer aller Schularten, außerdem in den verschiedenen sonder­pädagogischen Fachrichtungen und als Fachstudium Grundschulpädagogik bzw. -didaktik.

Wenn wir uns also den (weiblichen) Studierenden der Psychologie und Pädagogik zuwenden wollen, deren reine Anzahl aber noch nichts oder wenig darüber aussagt, wie erfolgreich sie waren, müssen wir uns anschauen, wie viele von ihnen promoviert haben, dem einzigen (akademischen) Abschluß, der zu Beginn des vorigen Jahrhunderts erworben werden konnte. Als Quelle kann man die Auflistungen der Promotionen, nach Jahren geordnet mit dem Titel der Dissertation, heranziehen. Man kann sie nicht mit Sicherheit einem Fach zuordnen (es gab und gibt auch heute noch den Dr. phil., der nicht nach Fächern differenziert), dennoch ist es so möglich, die Arbeiten herauszufiltern, die eine Nähe zu unseren Fächern haben. Auch die Verifikation über den Doktorvater ist nur bedingt möglich, weil die Fächer sich noch nicht ausdrücklich voneinander getrennt hatten und Stichproben ergaben, daß z. B. Arbeiten, die heute vielleicht der Geschichte der Pädagogik zuzuordnen wären, in der Germanistik oder Geschichtswissenschaft angesie­delt waren. 1907 habe ich die erste Promotion einer Frau in München eindeutig der Psychologie zuordnen können. Der Titel der Arbeit von Maximiliane Renauld Edle von Kellenbach lautet “S.W. Hamilton und die neueste Psychologie“. 1909, 1910 und 1914 ist ebenfalls eine psychologische Arbeit einer Frau zu verzeichnen. 1917 wurde Charlotte Bühler mit einer Untersuchung „Über Gedankenentstehung. Experimentelle Unter­suchungen zur Denkpsychologie“ promoviert. Im gleichen Jahr konnte ich dann auch die erste Promotion eindeutig der Pädagogik zuordnen: Martha Zellner: „Staatsbürgerliche Erziehung mit bes. Berücksichtigung der Volks- und Fortbildungsschule im zwei­sprachigen Osten.“ (134 S. Maschschr.). Generell ist festzuhalten, daß die Promotionen in Psychologie auf sehr geringem zahlenmäßigen Niveau doch zahlreicher sind als die in Pädagogik, was auch damit zusammenhängen wird, daß es für dieses Fach bis in den zweiten Weltkrieg hinein keine anderen Abschlußmöglichkeiten gab.

Die Promotionen von Frauen, die an der Philosophischen Fakultät der Universität München schon ausgesprochen wurden, bevor sie allgemein zum Studium zugelassen waren, sind darauf zurückzuführen, daß es ja die Möglichkeit der Sonderzulassung gab. Vielleicht ist es für Sie überraschend, daß diese Arbeiten m.E. dem Titel nach mehrheitlich der Sektion II zugeordnet werden müssen.

 

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2) Ab 1907 waren auch Frauen zu den Abschlußprüfungen zugelassen; ab 1914 (Bekanntmachung von 13.4.1914) können auch weibliche Kandidaten in ein Seminar aufgenommen werden, auch weibliche höhere Lehranstalten werden Gegenstand der Hospitation. (Schmaderer 1997,469 ff.)