BIBLIOTHECA AUGUSTANA

 

Eike von Repgow

um 1180/90 - nach 1233

 

Sachsenspiegel

 

Das Sächsische Landrecht

 

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Drittes Buch

 

Artikel 1.

Wur wif oder maget nodeget wirt.

§ 1

Vom Richten über Nothzucht

Umme nenerhande ungerichte ne sal man up houwen dorp gebu, it ne si dat dar maget oder wif inne genodeget werde oder genodeget ingevort si, dar sal man over richten, oder man untrede't mit rechte. Wirt aver dar over gerichtet, dennoch jene vore kumt unde sik der not untredet, man ne giltes ime doch nicht, wende man't nicht untredede er dar gerichte over ginge. Al levende ding dat in der notnumfte was, dat sal man unthoveden.

§ 2

Wenn der mit Gerücht verfolgte Friedbrecher nicht überführt wird

Alle die deme gerüchte volgen, halden sie up den vredebrekere, dennoch he nicht verwunnen ne wert, sie ne solen dar nene not umme liden, deste sie ine vor gerichte bringen.

 

 

Artikel 2.

Von papen unde joden de wapen voret.

 

Von Pfaffen und Juden, die Waffen führen

Papen unde jüden die wapen vüren unde nicht geschoren ne sin na irme rechte, dut man in gewalt, man sal in beteren als eme leien, wende sie ne solen nene wapen vüren, die mit des koninges dagelikes vrede begrepen sin.

 

 

Artikel 3.

Von wive, de levende kind dreget.

Von rechten doren unde sinnelosen.

 

Personen, welche man nicht peinlich strafen soll

Man ne sal over nen wif richten, die levendich kint draget, hoger danne to hud unde to hare. – Over rechten doren unde over sinnelosen man ne sal man ok nicht richten; sweme sie aver scaden, ire vormünde sal it gelden.

 

 

Artikel 4.

Wo man gift oder kopinge an varende have behalden moge.

Wo man were unsculdich wirt.

We to rechte der kopinge were wesen sal.

§ 1

Verteidigungsmittel dessen, an den eine Sache veräussert ist

Sve so weder eschet, dat he vergeven oder verkoft hevet an varender have, unde besakt he der köpinge oder der gift, jene, die sie under ime hevet, mut sie selve dridde wol behalden der die't sagen. Mit süsgedanen tügen ne mach aver neman den anderen nicht to geweren gewinnen, of en ander man dat gut under ime anevanget, wende he untgat ime mit siner untscult.

§ 2

Pflicht des Verkäufers, Gewähr zu leisten

Sve so kopinge bekant, die sal durch recht gewere wesen des he verkoft hevet; wende he is dief oder dieves genot, die der kopinge bekant unde der gewere besakt, he ne hebbe sie utgesceiden mit getüge, do he sie verkofte.

 

 

Artikel 5.

Anevangt men gut, dat dem manne legen

oder to behalden dan is, oder verlüset he dat.

Stirft perd, ve binnen sattunge.

 

§ 1 und 2: Wenn Dritte Geliehenes oder Deponiertes ansprechen

§ 1

Svat so man enem manne liet oder düt to behaldene openbare, mach he dat getügen selve dridde, man ne mach ine düve noch roves tien dar an. Dries over viertennacht sal man aver jenen vore laden vore to stande sin gut, of he wille; ne dut he's nicht, man geweldeget is jenen, die dar up klaget; den dach sal aver kündegen, die dat gut under ime hevet, jeneme de't ime dede mit orkünde to hve unde to huse, of he's ane scaden bliven wel.

§ 2

Leninge mut he ok to dem ersten wol wederbringen deme, de't gelegen gevet, of he sin hus weit, dar die klegere to jegenwarde si.

§ 3

Haften des Depositars

Svelk man deme anderen sin gut dut to behaldene, wirt it ime verstolen oder afgerovet oder verbrant, oder stirft it of it ve is, he ne darf dar nene not umme liden, darn he dar sin recht to dun, dat it ane sine scult geschin si.

§ 4 und 5: Haften des Commodatars und Pfandinhabers

§ 4

Svat man aver deme manne liet oder sat, dat sal he unverderft weder bringen, oder gelden na sime werde.

§ 5

Stirft aver en perd oder ve binnen sattunge ane jenes scult, de it under ime hevet, bewiset he dat unde darn he dar sin recht to dun, he ne gilt is nicht; he hevet aver verloren sin gelt, dar it ime vore stunt, ire gelovede ne stünde den anderes.

 

 

Artikel 6.

Vordobelet en knecht sines herren oder sines selves gut.

Wert dem knechte sin gut verstolen in des herren dinste.

§ 1

Wenn der Knecht des Herrn Gut verbringt

Verdobelet en knecht sines herren gut, oder versat he't, oder verkoft he't, die herre mach it wol weder vorderen mit rechte, deste he sik dar to tie als recht is.

§ 2

Wenn der Knecht sein eignes Gut verbringt

Verdobelet aver he sines selves gut, oder versat he't, oder verkoft he't, oder to svelker wies he's geloset mit sime willen, die herre ne mach dar nicht up vorderen, wen he n'is it ime nicht plichtich to geldene, al hebbe he ime sin verlies besat, also n'is man ime nicht plichtich dar vore to antwerdene.

§ 3

Wenn der Knecht sein Gut in des Herrn Dienst verliert

Wert aver ime sin perd oder ander sin gut düflike oder röflike genomen in des herren dienste ane des knechtes scult, dat mut ime die herre gelden; dar vore mut man oc deme herren antwerden, of he dar up klaget.

 

 

Artikel 7.

Von des joden rechte.

Judenrecht

§ 1

Die jode ne mut des kersten mannes gewere nicht sin, he ne wille antwerden in kerstene mannes stad.

§ 2

Sleit de jode einen kersten man, oder dut he ungerichte dar he mede begrepen wert, man richtet over ine als over enen kerstenen man.

§ 3

Sleit ok die kerstene man enen joden, man richtet over ine durch des koninges vrede, den he an ime gebroken hevet, oder dut he ungerichte an ime. Dissen vrede erwarf en josephus weder den koning vaspasianum, do he sinen sone titus gesunt makede von der jecht.

§ 4

Koft en jode oder nimt he to wedde kelke oder buke oder gerwe, dar he nenen geweren an ne hevet, vint man't binnen sinen geweren, man richtet over in als over enen dief. Svat die jode koft anderes dinges unverholen unde unverstolen bi dages lichte unde nicht in besloteme hus, mach he dat getügen selve dridde, he behalt sine penninge dar an, die he dar umme gaf oder dar up dede, mit sinem eide, of it wol verstolen is. Gebrict ime aver an'me getüge, he verlüset sine penninge.

 

 

Artikel 8.

Von der vorsten unde burge vrede.

Vom Frieden der Burgen und Fürsten

Man seget dat bürge unde vörsten nenen vrede solen hebben, den man an in gebreken moge, durch die were de die bürge hebben, unde durch die werehaften lüde de die vörsten vüren solen. Des n'is doch nicht; wende svie den vörsten vrede lovet unde in truwen plichtich is, brict he den vrede an in, man sal over ine richten.

 

 

Artikel 9.

Von burgetoge.

Von vredebrake.

We enen beklageden man von gerichte waldichliken untvort.

 

§ 1 und 3: Bürgschaft für das Erscheinen eines Andern vor Gericht

§ 1

Sve so burge wirt enes mannes ine vor to bringene vor gerichte, unde ne mach he sin nicht hebben alse he ine vor bringen sal, he mut beteren na deme dat he beklaget was, wende he an der klage gewunnen is. Gat ime die klage an den lief, he mut sin weregelt geven, dat sal werden deme klegere unde nicht deme richtere, sin wedde hevet he aver dar an.

§ 2

Bruch des gelobten Friedens

Tu dirre selven wis sal man den vrede beteren, den en man vor den anderen lovet. Brict aver en man den vrede, den he vor sik selven lovet, it gat ime an den hals. Vrede sal man untreden oder beteren binnen deme gerichte, dar he gelovet is. Nen man mut ok klagen binnen deme vrede over den, deme de vrede gelovet is. Brict aver en man den geloveden vrede, dat mut man wol over ine klagen, svie der man wel, to kampe oder ane kamp. Veit man ine in der hanthaften dat, man richtet over ine binnen deme vrede. Wint man ok burge binnen geloveden vrede, oder veit man lüde, des ne mach jene die't gedan hevet sinen borgen mit sinem eide nicht afnemen.

§ 3

Sve aver bürge wert enes mannes vor gerichte ine to bringene, kumt die man vore sunder den bürgen, unde büt he sik vor gerichte to rechte, unde mach he dat getügen, he hevet sinen borgen geledeget.

§ 4

Bürgschaft für die Rückkehr eines Gefangnen

Sve aver borget enen gevangenen weder to antwerdene, dat mut die bürge vulbringen, dat he weder geantwerdet si also sin gelovede stunt, unde nicht die gevangene man.

§ 5

Entführung eines peinlich Beklagten

Svelk man enen beklageden man um ungerichte geweldichlike deme gerichte untvort, wert he gevangen mit gerüchte, he sal gelike pine jeneme liden. Kumt aver he enwech, man vervestet ine altohant, of man ine in der hanthaften dat gesen hevet unde bescriet mit deme gerüchte, unde man dat getügen mach.

 

 

Artikel 10.

Of en man oder ve stirft,

de man vor gerichte bringen sal.

 

§ 1 und 2: Wenn Menschen sterben, deren Erscheinung vor Gericht verbürgt wurde

§ 1

Sal en man to bescedenen dagen vore bringen enen man, die um ungerichte beklaget is, unde stirft he dar binnen, he sal ine dot vore bringen unde is ledich.

§ 2

Is aver he umme scult beklaget, die noch nicht up ine gewunnen n'is, stirft he binnen deme dage, man ne sal sin nicht vorebringen, of die bürge sinen dot selve dridde getügen mach, so is die bürge ledich; sin erve sal antwerden vor die scult.

§ 3

Wenn Thiere sterben, deren Erscheinung vor Gericht verbürgt wurde

Stirft en perd oder en ve, dat man vore bringen sal, die bürge bringe die hut vore unde si ledich.

 

 

Artikel 11.

Of de stirft, de vor ede burgen sat.

 

Wenn der stirbt, der für Eide Bürgen gestellt hat

Sve aver vor eide burgen sat, stirft he er denne he die eide dun sole, sin erve oder sin burge mut die eide dun vor ine to geloveder tiet, oder die scult is uppe'n borgen gewunnen, dar die eide vore gelovet waren.

 

 

Artikel 12.

We dem anderen irst antwerden sole.

Of vele lüde up enen man klagen.

Wert de selve klage daget.

§ 1

Von Wiederklage

Svelk man uppe'n anderen klaget, unde jene weder up ine, die erst klaget, die ne hevet dem anderen nicht to antwerdene, he ne si aller erst von ime ledich.

§ 2

Von gleichzeitiger peinlicher Klage vieler gegen einen

Klaget vele lüde up enen man ungerichte, he ne hevet den anderen nicht to antwerdene, er he des irsten ledich is. Wirt ok die klage gedaget, he ne darf nicht burgen setten wan vor sin weregelt, als si der klage vele.

 

 

Artikel 13.

Of de klegere binnen sinen dedegungen (l. degedingen)

um ungerichte den man ankumt.

 

Recht des Klägers gegen den eines Verbrechens Beschuldigten während der Ladungsfrist

Wirt en man vor gerichte um ungerichte beklaget, dar he nicht to antwerde n'is, unde wert ime vore gedegedinget, binnen den degedingen kumt ine die klegere an, he mut ine wol bestedegen to rechte umme sine besculdegunge, als lange wente he bürgen sette vore to komene, wende die richtere wirct vrede jeneme die dar klaget, unde nicht deme, den man an sine jegenwarde vore ladet.

 

 

Artikel 14.

Wo de man ane scaden blift an sinen vorspreken.

Von were to biddene.

§ 1

Zustimmung zu des Vorsprechen Worten

Of en man an sines vorspreken wort nicht ne jet, de wile blift he sunder scaden sines vorspreken worde.

§ 2

Wie lange darf die Klage verbessert werden

Sve so um ungerichte beklaget wert, die bidde to irst der gewere; die wile die were ungelovet is, so mach die klegere beteren sine klage, unde dar na nicht.

 

 

Artikel 15.

Of tvene man up en gut spreken na deme drittegesten.

We rade, herwede weigeret ut to geven.

We rade, herwede vorderen moge.

 

§ 1 und 2: Ansprüche auf Erbschaftssachen

§ 1

Of sie tvene up en gut spreken na deme drittegesten, jene de't under ime hevet, die ne sal't ir neneme antwerden, sie ne verenen sik mit minnen, oder ir en ne wise den anderen af vor gerichte mit rechte.

§ 2

Sve so herwede oder rade oder erve na'me drittegesten weigeret mit unrechte ut to gevene, scüldeget man in dar umme vor gerichte, he mut dar umme wedden unde bute geven.

§ 3

Uebergabe streitiger Sachen an den Richter

Is en gut von tven mannen ansprakech, unde eschet it die richtere to rechte, man sal it ime antwerden, unde die richtere sal it under ime hebben, wente sie sik dar umme besceiden na rechte, unde jene si ledich dar af, de't deme richtere antwerdede.

§ 4

Wer kann Heergewäte, wer Gerade fordern

Sve so herwede vorderet, die sal al ut von sverd halven dar to geboren sin. Sve so rade vorderet, die sal ut von wif halven dar to geboren sin.

 

 

Artikel 16.

We den man von siner klage wisen moge.

We vormunden darven sal.

Wem man nicht antwerden ne darf.

§ 1

Wer darf eine Klage abweisen

Die richtere noch nieman ne mach nemanne von siner klage wisen, ane die, uppe den die klage gat.

§ 2

Von Rechtlosen

Rechtlose lüde ne solen nenen vormünden hebben.

§ 3

Geächtete als Kläger und Beklagte

Des rickes achteren unde vervesten lüden ne darf neman antwerden, of sie klagen. Klaget aver man up sie, sie muten antwerden binnen deme gerichte, dar sie vervest sin.

 

 

Artikel 17.

Wur en vervest man sik ut tien moge.

Of he nenen borgen hevet.

 

Befreiung aus der Verfestung

§ 1

En vervest man mut sik wol uttien in allen steden binnen dem gerichte, dar he vervest is. To geliker wis als man die klage erheven mut in allen steden, also mut sik en man wol uttien in allen steden.

§ 2

Bürgen sal aver he setten, dat he vorkome; ne hevet he des bürgen nicht, die richtere sal in selven halden, bit dat he rechtes plege.

 

 

Artikel 18.

We uttiendes ut vestinge nicht vulkumt.

Unde wo he's vulkomen sal.

 

Beweis der Befreiung aus der Verfestung

§ 1

Sve vor gerichte seget, he hebbe sik ut der vestinge getogen, unde ne vulkumt he's nicht mit getüge mit deme richtere, oder mit dem scultheiten oder mit dem vronen boden in's richteres stat, unde mit tven mannen, die klegere ne darf nene vestinge mer up in getügen.

§ 2

Sve aver undir koninges banne vervest wert, die bedarf tvier scepenen unde des richteres to getüge, svenne he sik ut tiüt.

 

 

Artikel 19.

We vor dem rike tüch mute

sin unde ordel vinden.

 

Wer kann vor dem Reiche zeugen und Urtheil finden

Vrie lüde unde des rikes dienstman die moten vor'me rike wol getüch sin unde ordel vinden, durch dat sie deme rike hulde dun, ir ieweder na sime rechte. Doch ne mut des rikes dienstman over den scepenbaren vrien man noch ordel vinden noch getüch wesen, dar't ime an den lief oder an sin ere oder an sin erve gat.

 

 

Artikel 20.

We des anderen land eret.

Wo man mit erne den lif verwerket.

 

Vom Beackern fremden Landes

§ 1

Svie des anderen land unwetene eret, dar ne volget nen wandel na. Sve aver land eret dat he ime to seget, wert it ime afgewunnen mit rechte, he mut it beteren.

§ 2

He mut ok wol panden up sime lande den die't eret, ane des richteres orlof, durch dat he rechtes mede bekame.

§ 3

Mit erene ne mach neiman sin lif verwerken noch sin gesunt, it ne si dat ime dat lant vor gerichte verdelt si, unde vrede dar over gewarcht si.

 

 

Artikel 21.

Of tvene man en gut gelike anspreken.

 

Von gleicher Ansprache zweier an ein Gut

§ 1

Spreket tvene man to weder stride en gut an mit geliker ansprake, unde dat mit gelikeme getüge behaldet, man sal't under sie delen. Dissen getüch solen die rechten ummeseten besceiden, die in deme dorpe oder in den nesten bidorpen geseten sin. Sve de merren menie an'me getüge hevet, die behalt dat gut.

§ 2

N'is it den ummesetenen nicht wetenlik wie't in geweren hebbe, so mut man't wol besceiden mit enem water ordele, oder die klegere unde up den die klage gat solen dar to sveren, dat sie rechte wisen als it ire si; dar sal die richtere sine boden to geven; svar sie beide up sveret, dat sal man in gelike delen.

 

 

Artikel 22.

Of man gelegen ding nicht wederbringt.

 

§ 1 und 2: Wiederfordern geliehener Sachen

§ 1

Sve dem anderen leit en perd oder kledere to bescedenen dagen, halt he it over den dach, unde wert he dar umme beklaget, he sal't altohant weder geven unde beteren, of he it geergeret hevet.

§ 2

Düve noch roves ne mach man ine nicht tien dar an, wende he it ime leich.

§ 3

Vindicationsrecht

Underwinden mut sik ok wol en man sines gudes, svar he't süt, mit rechte, dat man ime mit unrechte vor unthalde over bescedene tiet.

 

 

Artikel 23.

We herberget enen vervesten man.

 

Vom Beherbergen eines Verfesteten

Sve herberget oder spiset wetenlike enen vervesten man, he mut dar umme gewedden. Ne weit he's aver nicht, he untredet dat gewedde mit siner unscult.

 

 

Artikel 24.

Wur man den vervesten man vorwinnen sal.

Wo de neder richtere des oversten vestinge richten mach.

 

Inwiefern wirkt die Verfestung des einen Gerichts für ein andres

§ 1

Man ne mach nemanne mit nener vestinge verwinnen in einem anderen gerichte. - Sve in dem hogesten gerichte vervest wert, die is in al den gerichten vervest, die in dat gerichte horet. Sve aver in me nederen gerichte vervest is, he n'is in dem hogesten nicht vervest, he ne werde dar redelike ingebracht.

§ 2

Die nedere richtere ne mut nicht richten die vestinge, die die overe richtere gedan hevet, sie ne si ime also wetenlik, dat he ir selve getüch wille sin in des högeren richteres stat.

 

 

Artikel 25.

Of en richter stirft.

We in utwendigem richte antwerden müte.

§ 1

Was muss ein Richter bezeugen

Stirft en richtere, svat so binnen sinen tiden geschin is, des sal sin nakomeling an'me gerichte getüch wesen, al ne secge he's nicht, svenne he mit scepenen getüge der warheit geinneret wert.

§ 2

Vor welchem Gericht ist man Antwort nicht schuldig

Binnen markede noch binnen utwendigen gerichte ne darf neman antwerden, he ne hebbe dar wonunge oder gut binnen, oder he ne verwerke sik mit ungerichte dar inne, oder he ne verborge sik dar binnen.

§ 3

Worüber ist man Antwort nicht schuldig

Svat so buten deme gerichte geschiet, des ne darf he dar binnen nicht antwerden.

 

 

Artikel 26.

De koning is gemene richter over al.

Wur de scepenbare man antwerden sole.

Oppe wene scepen stul ervet.

§ 1

Richtergewalt des Königs

Die koning is gemene richtere over al.

§ 2

Gerichtsstand der Schöffenbaren

In enem utwendigen richte ne antwerdet nen scepenbare vri man nemanne to kampe. In deme gerichte mut he antwerden, dar sin hantgemal binnen leget. Hevet he scepen stul dar, he is dar ok dingplichtich. Die's scepenen stules dar aver nicht ne hevet, de sal des hogesten richteres ding süken, svar he wonehaft is.

§ 3

Vererben des Schöffenstuhls

Dissen stul ervet die vader uppe sinen eldesten sone; of he des sones nicht ne hevet, so erft he ine uppe sinen nesten unde eldesten evenbürdigen svertmach.

 

 

Artikel 27.

Welken kinderen eres vader unde muder

scedunge to irme rechte nicht scadet.

 

Von Kindern aus einer ungültigen Ehe

Sve wif to echte nimt unwetene, der he nicht hebben ne mut, unde kindere bi ere gewint, werdet sie seder gesceiden mit rechte, it ne scadet den kinderen to irme rechte nicht, die er der scedunge geboren sin, noch deme dat die muder dreget.

 

 

Artikel 28.

Women den man echtlos, rechtlos bereden sole.

Wo man echt unde recht behalden moge.

 

Beweis der Rechtlosigkeit

§ 1

Svene man unecht seget von bort oder von ammechte, dat mut up ine getügen die't dar seget selve sevede mit vulkomenen lüden an irme rechte. Doch mut en man sin echt unde sin recht bat behalden mit getüge, dan man ine mit getüge dar af wisen moge.

§ 2

Sprict man aver, dat he sin recht verloren hebbe vor gerichte mit düve oder mit rove, dat mut die richtere getugen selve sevede.

 

 

Artikel 29.

Wanne des scepenbare man sin hantgemal bewisen sole

unde sine vier anen benomen.

We dat erve delen unde we kesen sal.

§ 1

Wann und wie thut der Schöffenbare sein Handmal dar

Nen scepenbare man ne darf sin hantgemal bewisen, noch sine vier anen benümen, he ne spreke enen sinen genot kampliken an. Die man mut sik wol to sime hantgemale mit sinem eide tien, al ne hebbe he's under ime nicht.

§ 2

Kürrecht des jüngern Erben

Svar so tvene man en erve nemen solen, die eldere sal delen unde die jüngere sal kiesen.

 

 

Artikel 30.

We vorspreken darven sal.

Wo man sik antwerdes weret.

Wat de richtere in gerichte dun sole.

§ 1

Vom Antworten vor Gericht

Vorspreken sal he darven, die selve geantwerdet hevet. Die wile sik die man weret antwerdes mit ordelen unde mit rechte, die wile ne hevet he nicht geantwerdet.

§ 2

Pflichten des Richters

Die richtere sal gelik richter sin allen lüden; ordele ne sal he nicht vinden noch scelden.

 

 

Artikel 31.

Wur vore man den erven

unde de erve antwerden sole.

 

§ 1 und 3: Wofür hat man dem Erben zu antworten

§ 1

Svat en man deme anderen scüldich is oder nimt, dar mut man deme erven vore antwerden, of jene stirft.

§ 2

Wofür hat der Erbe zu antworten

Stirft aver jene uppe den die klage gat, sine erven ne antwerden dar vore nicht, sie ne hebben dat gut under en, dar umme jene beklaget was.

§ 3

Sve den anderen veit unde ime nicht ne nimt, oder ine wundet oder sleit ane dotslag unde ane lemesle, sinen erven ne hevet he dar umme nicht to antwerdene, of he stirft na der jartale; jene ne hebbe vor gerichte der klage begunt, er he stürve.

 

 

Artikel 32.

Wo man den egen man vertuget.

Wo de man sin vri behaldet.

 

§ 1-6 und 9: Beweis der Freiheit und der Unfreiheit

§ 1

Svelk inkomen man sik vri seget, den sal men vor vri halden, man ne moge ine mit getüge verlecgen.

§ 2

Sve sik vri seget unde en ander seget dat he sin egen si, so dat he sik ime gegeven hebbe, des mut jene wol unscüldich werden, it ne si vor gerichte geschin.

§ 3

Sprict he aver dat he sin ingeboren egen si, he mut ine behalden uppe'n hilgen mit tven sinen egenen mannen.

§ 4

Sprict ine en ander herre an, jegen den mut he ine behalden selve sevede siner mage oder warhafter lüde.

§ 5

Mach aver jene selve sevede sin vri behalden die sine mage sin, dre von vader unde dre von muder, he behalt sin vri unde verleget ir aller tüch.

§ 6

Sve die gewere hevet an enem manne, die mut ine mit mereme rechte vertügen, denne jene die ir darvet.

§ 7 und 8: Ergebung in dieselbe

§ 7

Sve sik vor gerichte to egene gift, sin erve mach it wol wederspreken mit rechte unde bringen ine weder an sin vri.

§ 8

Behalt ine aver die herre went an sinen dot, he nimt sin erve na sime dode unde sine kindere, of sie na ime horen, die he na der gave gewan.

§ 9

Sve so eme herren sik untseget unde dem anderen sik to seget, vorderet man ine vor gerichte, unde ne kumt sin herre nicht vore, deme he sik to seget, dat he ine vorsta mit rechte, jene die up ine sprict behalt ine selve dridde siner mage, of he si hevet. Ne hevet he ir nicht, he vertücht in mit tven siner ingebornen egenen mannen. Svenne he ine vertücht hevet, so sal he sik sin underwinden mit rechte, mit enem halslage of he wel.

§ 10

Wann gebührt dem Richter ein Gewette

Uppe wene die klegere weregelt oder bute gewint vor gerichte, uppe den hevet ok de richtere sin gewedde, of he it vorderen wel.

 

 

Artikel 33.

Iewelk man hevet sin recht vor dem koninge.

Umme welke klage de man nicht antwerdet vor deme koninge.

Na welkem rechte de koning richten sole over egen.

 

In welchen Sachen, nach welchem Rechte und wo richtet der König

§ 1

Iewelk man hevet sin recht vor'me koninge.

§ 2

Iewelk man mut ok antwerden vor'me koninge in allen steden na sime rechte unde nicht na des klegeres rechte.

§ 3

Ok mut he antwerden um alle klage, dar man ine umme sculdeget, ane of man ine to kampe ansprict; des mach he wol weigeren to antwerdene, ane uppe der art dar he utgeboren is.

§ 4

Sprict man ok sin egen an, dar ne darf he nicht vore antwerden, denne in deme lande dar't binnen gelegen is. –

§ 5

Die koning sal ok richten um egen nicht na des mannes rechte, wan na des landes dar't inne leget.

 

 

Artikel 34.

Von den de sik ut des koninges achte tien.

 

§ 1 und 2: Von Befreiung aus des Königs Acht

§ 1

Svene en richtere vervestet unde mit siner vestinge bringt in des koninges achte, tüt sik jene ut der achte, he sal deme hove volgen ses weken; so sal ime die koning vrede werken, unde he sal sveren vore to komene vor den richtere, die ine verveste unde in die achte gebracht hadde; vor den sal he komen, unde sik to rechte bieden binnen vierteinnachten seder der tiet, dat he komen is to lande. Des koninges brief sal he mede bringen unde sin ingesegele, die dem richtere dat to wetene du, dat he der achte ledich si.

§ 2

Sve so to achte wertgedan ane vestinge, tüt he sik ut, he sal volgen deme hove ses weken unde is dar mede ledich.

§ 3

Von der Oberacht

Sve sik ut der achte tüt unde rechtes nicht ne pleget, wert he's verwunnen, man dut ine in overachte, als of he jar unde dach in achte hebbe gewesen.

 

 

Artikel 35.

We an nenen weren tien ne mach.

 

Wann mag der Besitzer geraubten oder gestohlnen Gutes sich auf den Vormann ziehen

§ 1

Sve mit der hanthaften dat gevangen wert mit düve oder mit rove, des ne mach he an nenen geweren tien.

§ 2

Vint aver en man sin gut under jeneme, dat ime afgerovet oder gestolen is, dem he nener hanthaften dat scüldegen mach, die mut an sinen geweren tien, of man ine san kempliken dar umme grot.

 

 

Artikel 36.

Of en gewercht vrede vor gerichte

umme kamp gebroken wert.

 

Vom Friedebruch

§ 1

Svene en man vor gerichte to kampe vat, unde wert die klage mit ordelen geverst, so werct man in beiden vrede, unde wert he gebroken, man sal ine aller erst beteren sunder kamp na rechte.

§ 2

Wert aver die vredebrekere gevangen in der verschen dat, man richtet over ine na vredes rechte.

 

 

Artikel 37.

An welkem ungerichte man bute verboret,

of man mit geruchte dar an gevangen wirt.

We sik to tuge büdet.

We sines bures ve indrift.

We des anderen korn snit.

§ 1

Thätliche Beleidigungen, denen nur Gewette und Busse folgen

Sve so den anderen sleit ane vleischwunden oder roft, wert he gevangen mit gerüchte unde vor gerichte gebracht, it gat ime an den hals noch an sin gesunt nicht, wende wedde unde bute verboret he dar an.

§ 2

Vom Zeugnisanbieten

Sve sik vor gerichte to getüge bud, er he's von gerichtes halven gevraget werde na rechte, he si von deme getüge verleget.

§ 3

Wenn irrthümlich fremdes Vieh eingetrieben wird

Die man ne misse dut nicht, of he sines gebures ve mit sinem indrift unde des morgens utdrift, deste he's nicht ne versake unde nene nut dar af ne neme.

§ 4

Wenn irrthümlich fremdes Korn geschnitten wird

Sve enes anderen mannes ripe korn snit, so dat he want, dat dat lant sine si oder sines herren deme he dienet, he ne misse dut nicht, deste he's nicht af ne vore; man sal ime san sines arbeides lonen.

 

 

Artikel 38.

Wur vore man to hant antwerden sole.

Von wive de kind dreget, wanne ir man stirft.

Wes dat wif nicht ervet bi ires mannes live.

Wat man dem manne geven sole von sines wives rade.

§ 1

Vortheil der rechten Gewere

Svat die man jar unde dach in rechten geweren nicht ne hevet, dar sal he tohant vore antwerden, of man ine beklaget.

§ 2

Recht der schwangern Wittwe

Dat wif ne sal men nicht verwisen ut ires mannes gude, als he stirft, de dar kint dreget, er sie's geneset.

§ 3 und 4: Was vererbt die Frau nicht

§ 3

Musdele unde morgengave ne erft nen wif bi ires mannes live, sie ne hebbe se untvangen na ires mannes dode.

§ 4

Dat wif ne erft ok nen gebu up iren erven, dat up irer lifgetucht stat, si ne slite't af bi irme live unde sette't up ire egen oder uppe ire len.

§ 5

Recht des Wittwers aus der Niftelgerade

Stirft des mannes wif, svelk ire nichtele ire rade nimt, die sal von der rade dem manne berichten sin bedde, als it stunt do sin wif levede, sinen disch mit enem dischlakene, sinen bank mit enem pole, sinen stul mit enem küssene.

 

 

Artikel 39.

We scult nicht gelden mach.

We vor gerichte nicht antwerden wil.

Of de scult an den lif gat.

 

§ 1 und 2: Vom Haften der Person des Schuldners

§ 1

Sve so scult vor gerichte vorderet up enen man, der he gelden nicht ne mach noch burgen setten, de richtere sal ime den man antwerden vor dat gelt, den sal he halden gelik sinem ingesinde mit spise unde mit arbeide. Wil he ine spannen mit ener helden, dat mach he dun, anderes ne sal he ine nicht pinen.

§ 2

Let he ine oder untlopt he ime, dar mede n'is he des geldes nicht ledich, die wile he ime nicht vergulden ne hevet, unde he dat nicht vulbringen ne kan, so is he immer sin pand vor dat gelt.

§ 3 und 4: Verfahren gegen den, der nicht antwortet

§ 3

Svene man vor gerichte scüldeget, unde ime die richtere to rechter antworde gebüt, ne wel he nicht antwerden noch mit rechte untreden sik, dat he icht antwerden sole, so delt man ine weddehaft; also dut man to dem anderen unde tome dridden male, unde ne antwerdet he den noch nicht, so is he gewunnen in der scult.

§ 4

Gat ime aver die scult an den lif oder an sin gesunt, die mut die klegere selve sevede getügen up ine.

 

 

Artikel 40.

Wo man scülde gelden sole.

 

Wann und wie sind Zahlungen zu leisten

§ 1

Sveme man icht gelden sal, die mut is warden wente die sunne under gat, in sines selven hus oder in'me nesten hus des richters, dar dat gelt gewunnen is.

§ 2

Sve so penninge oder silver gelden sal, but he dar wedde vore, he n'is dar mede nicht ledich, ire gelovede ne stunde also. –

§ 3

Man mut silver wol gelden mit boden. Neneme boden ne sal man id aver antwerden, he ne si dar to besceiden vor gerichte von jeneme, dem dat silver sal.

§ 4

Sogedane penninge unde sogedan silver also de man gelovet, dat sal he gelden. N'is dar aver nicht an besceiden, so sal man silver gelden unde penninge, die genge und geve sin in deme gerichte denne.

 

 

Artikel 41.

Von des vangen dat unde lovede.

Von trüwe lovede den lif to verstene.

Wert de man untrüweliken gevangen, oder to lovede gedungen.

Man sal segen, wur af man scüldich si.

 

§ 1-3: Inwiefern binden eines Gefangnen Handlungen und Gelübde

§ 1

Iewelkes gevangenen dat unde lof ne sal dur recht nicht stede sin, dat he binnen vengnisse gelovet. Let man aver ine ledich uppe sin trüwe riden to dage, he sal durch recht weder komen unde sine trüwe ledegen. Gilt he oder wert he ane gelt ledich, svelke orveide he gelovet oder sveret, die sal he durch recht lesten, unde anderes nen gelovede, dat he binnen vengnisse lovet oder dut.

§ 2

Svat die man sveret unde entruwen lovet, sinen lief mede to verstene oder sin ghesunt, al ne mach he's nicht gelesten, it ne scadet ime to sime rechte nicht.

§ 3

Svar man den man untrüweliken veit, let man ine uppe sine trüwe riden, die ine dar gevangen hevet, oder let he ine sveren oder in truwen ime ander ding geloven, he ne darf is nicht lesten, mach he it vulbringen up in, dat he ine untrüweliken to'me lovede gedungen hebbe.

§ 4

Der Gläubiger muss den Grund seiner Forderung angeben

Svelk man vor gerichte gelt vorderet up enen anderen, vraget jene war af man't ime sculdich si, he sal durch recht secgen, weder he't von gelovede scüldich si, oder von erve dat he untvangen hebbe.

 

 

Artikel 42.

Wo man seget, dat sik egenscap irst irhove.

§ 1

Gleichheit der Menschen vor Gott

Got hevet den man na ime selven gebeldet, unde hevet ine mit siner martere geledeget, den enen also den anderen, ime is die arme also besvas als die rike.

§ 2

Mannigfaltigkeit des Dienstmannenrechts

Nu ne latet jük nicht wunderen, dat dit buk so lüttel seget von dienstlüde rechte, went it is so manichvalt, dat is nieman to ende komen kan; under iewelkem bischope unde abbede unde ebbedischen hebben die dienstlüde sunderlik recht, dar umme ne kan ik is nicht besceiden.

§ 3-6: Ursprung der Unfreiheit

§ 3

Do man ok recht irst satte, do ne was nen dienstman unde waren al die lude vri, do unse vorderen her to lande quamen. An minen sinnen ne kan ik is nicht upgenemen na der warheit, dat ieman des anderen sole sin; ok ne hebbe wie's nen orkünde. Doch secgen summe lüde, die der warheit irre varen, dat sik egenscap irhüve an kaine, die sinen bruder irsluch; kaines geslechte wart verdelget, do de werlt mit watere toging dat is nicht ne blef. Ok secgen summe lüde, it queme egenscap von kam noes sone. Noe segende tvene sine sone unde an'me dridden ne wuch he nene egenscap; kam besatte affricam mit sime geslechte, sem bleif in asia, japhet unse vordere besatte europam; süs ne bleif ir nen des anderen. So secgen summe lude, egenscap queme von ismahele; die hilge scrift het ismahele der dernen sone, anderes ne ludet se nener egenscap umme ine. - So scegen summe lude, it queme von esau; jacob wart gesegenet von sinem vadere unde hiet ine herre wesen boven sine brudere; esau ne vlukede he nicht, noch egenscap ne wuch he nicht. Wie hebben ok noch in unsem rechte, dat nieman sik selven to egen gegeven ne mach, it ne weder lecge sin erve wol. Wo mochte doch noe oder ysaac enen anderen to egene geven, sint sik selven nieman to egene gegeven mach.

§ 4

Ok hebbe wie orkünde des mer. Got ruwede den sevenden dach. Die seveden weken gebot he ok to haldene, als he den joden die e gaf unde uns den hilgen geist. Den sevenden manet gebot he okt to haldene, unde dat sevede jar, dat het dat jar der losunge; so solde man ledich laten unde vri alle, die gevangen waren unde in egenscap getogen, mit alsogedaneme gerede als man sie vieng, of sie ledich unde vri wolde wesen. Over sevenwerf seven jar quam dat veftegiste jar, dat het dat jar der vrouden, so muste aller manlik ledich unde vri wesen, he wolde oder newolde.

§ 5

Ok gaf uns got orkündes mer an enem penninge, dar man ine mede besochte, do he sprak: latet den keiser sines beldes geweldich unde godes belde gevet gode. Dar bi is uns kundich von godes worden, dat die mensche, godes belde godes wesen sal, unde sve ine anders iemanne to seget danne gode, dat he weder got dut. –

§ 6

Na rechter warheit so hevet egenscap begin von gedvange unde von vengnisse unde von unrechter walt, die man von aldere in unrechte wonheit getogen hevet, unde nu vore recht hebben wel.

 

 

Artikel 43.

Wes sik de man underwint mit unrechte oder mit willen.

Wo he't laten sal.

§ 1

Welche Anmassung fremder Sachen wird gebüsst

Sves sik die man underwint mit unrechte, dat ime mit rechte afgewunnen wert, he mut it mit bute laten.

§ 2

Welche Anmassung fremder Sachen wird nicht gebüsst

Sves he sik aver underwint mit jenes willen des it dar is, oder dat he ime liet oder to borge dut, ne gilt he's nicht, oder ne dut he's nicht weder to bescedenen dagen, he blift is ane wandel, he ne hebbe't vor gerichte gelovet.

 

 

Artikel 44.

Wur sik dat rike irhuf. Wo de sassen her to lande quamen.

Wur von de laten unde dagewerchten wurden sin.

§ 1

Von den vier Weltreichen

To Babilonie irhuf sik dat rike, die was geweldich over alle land, die tovurde Cyrus unde wandelde dat rike in Persiam; dar stunt it bit an Darium den lesten, den versegede Alexander unde karde't an krieken; dar stunt it also lange, went is sik Rome underwant unde Julius keiser wart. Noch hevet Rome behalden dar von dat werltlike sverd, unde von sente peteres halven dat geistlike, dar umme het sie hovet aller werlde.

§ 2

Ansiedlung der Sachsen

Unse vorderen die her to lande quamen unde die doringe verdreven, die hadden in allexandres here gewesen, mit erer helpe hadde he bedvungen al asiam. Do alexander starf, do ne dorsten sie sik nicht to dun in'me lande durch des landes hat, unde scepeden mit dren hundert kelen; die verdorven alle up vier unde veftich. Der selven quamen achteine to prutzen unde besaten dat; tvelve besaten rujan; vier unde tvintich quamen her to lande.

§ 3

Ursprung der Lassen und Tagewerken

Do irer so vele nicht newas, dat sie den acker buwen mochten, do sie die dorinschen herren slugen unde verdreven, do lieten sie die bure sitten ungeslagen, unde bestadeden in den acker to alsogedaneme rechte, als in noch die late hebbet; dar af quamen die late. Von den laten die sik verwarchten an irme rechte sint komen dagewerchten.

 

 

Artikel 45.

Von aller lude weregelde unde bute.

We ane weregeld si.

§ 1

Wergeld und Busse der Fürsten, freien Herren und Schöffenbaren

Nu vernemet aller lüde weregelt unde bute. Vorsten, vrie herren, scepenbare lüde, die sin gelik in bute unde in weregelde. Doch eret man die vorsten unde die vrien herren mit golde to gevene, unde gift in tvelf güldene penninge to bute, der sal iegelik en dre penningwichte silveres wegen. Dat penning wichte goldes nam man do vor teine silveres, süs waren die tvelf penninge drittich schillinge wert. Den scepenbaren vrien lüden gift man drittich schillinge to bute pündeger penninge, der solen tvintich schillinge ene mark wegen. Ire weregelt sin achtein punt pündeger penninge.

§ 2

Wergeld und Busse der Frauenzimmer

Iewelk wif hevet ires mannes halve bute unde weregelt. Iewelk maget unde ungemannet wif het halve bute, na deme dat sie geboren is.

§ 3

Verhältnis zwischen Mann und Frau

Die man is ok vormünde sines wives to hant als sie ime getrüwet wert. Dat wif is ok des mannes genotinne tohant alse sie in sin bedde trit; na des mannes dode is sie ledich von des mannes rechte.

§ 4

Wergeld und Busse der Biergelden

Die biergelden unde plechhaften heten unde des scultheiten ding süken, den gift man veften schillinge to bute unde tein punt to weregelde.

§ 5

Wahl des Frohnboten

Under den mut man wol kiesen enen vronen boden, of man's bedarf, die min den dri huve egenes hebbe. Den sal kiesen die richtere unde die scepenen.

§ 6

Wergeld und Busse der Landsassen

Andre vri lüde sint lantseten geheten, unde komet unde varet gastes wise, unde ne hebbet nen egen in'me lande; den gift man ok veften schillinge to bute unde tein punt is ire weregelt.

§ 7

Wergeld und Busse der Lassen

Tvintich schillinge unde ses penninge unde en helling is der latelude bute, unde negen punt is ire weregelt.

§ 8

Wergeld und Busse der Tagewerken

Tvene wüllene hantschu unde en mesgrepe is der dagewerchten bute; ire weregelt is en barch vul weites von tvelf ruden, also iewelk rude von der anderen sta enes vedemes lang; iewelk rude sal hebben tvelf negele upwart; iewelk nagel sal von dem anderen stan als en man lang is bit an die sculderen, durch dat man den barch geboren moge von nagele to nagele; iewelk nagel sal hebben tvelf büdele; iewelk budel tvelf schillinge.

§ 9-11: Wergeld und Busse der Rechtlosen

§ 9

Papen kindere unde die unecht geboren sin, den gift man to bute en vüder houwes, also tvene jarge ossen getien mogen. - Spelluden unde alle den, die sik to egene geven, den gift man to bute den scaden enes mannes. - Kempen unde iren kinderen, den gift man to bute den blik von eme kampscilde jegen die sunne. - Tvene besmen unde en schere is der bute, die ire recht mit düve oder mit rove oder mit anderen dingen verwerken.

§ 10

Unechter lude bute gevet al lüttik vromen unde sint doch dar umme gesat, dat der bute des richteres gewedde volge.

§ 11

Ane weregelt sin unechte lude. Doch sve so ir enen dodet oder wundet oder rovet, oder unechte wif nodeget, unde den vrede an en brict, man sal over in richten na vredes rechte.

 

 

Artikel 46.

Von nottogunge.

Wo manegen man mit ener wunden beklagen moge.

 

§ 1

Von Nothzucht an fahrenden Weibern und Beischläferinnen

An varendeme wive unde an siner amien mach die man not dun unde sin lif verwerken, of he sie ane iren dank beleget.

§ 2

Beschuldigung Vieler um eine Wunde

Um ene wunden ne mach man nicht, den enen man beklagen; doch mach man rades unde helpe mer lüde scüldegen.

 

 

Artikel 47.

Wo man name weder dun sole.

§ 1

Ersatz für genommenes Gut

Svie dem anderen des sines icht Gewalt wegnehmen, stehlen, vereinzelt auch von einem ... "nimt mit gewalt, oder ane sine witscap, is si lüttel oder vele, dat sal he weder geven mit bute, oder sveren dat he's nicht weder geven ne moge; so sal he't gelden na der werdunge, dat it jene werderet, die it verloren hevet; jene ne minnere die werderunge mit sinem eide, die it dar gelden sal.

§ 2

Ersatz für gewisse Vögel und Hunde

Singende vogele aver unde klemmende, unde winde unde hessehunde unde bracken mach man wol gelden mit eneme irme geliken, die also gut si, of man't geweret uppe'n hilgen.

 

 

Artikel 48.

We des anderen ve oder hunt dodet oder lemet.

 

Tödtung und Lähmung von Thieren

§ 1

Svie des anderen ve dodet, dat man't eten mut, dankes oder ane dank, die mut it gelden mit sime gesatten weregelde. Belemet he't, he gilt it mit deme halven dele unde ane bute, dar to behalt jene sin ve, des it er was.

§ 2

Sve aver dodet oder belemet en ve in enem vute, dankes unde ane not, dat man't nicht eten ne mut, he sal it gelden mit vulleme weregelde unde mit bute. Lemet he't aver in enem ogen, he gilt it mit deme halven dele.

§ 3

Blift aver en ve dot oder lam von enes mannes sculden, unde doch ane sinen willen, unde dut he dar sinen eid to, he gilt it ane bute, alse hir vore geredet is.

§ 4

Belemt aver en man enen hunt oder sleit he ine dot, dar he ine biten wel, oder dat he sin ve bit up der starte oder uppe'n velde, he blift is ane wandel, geweret he't uppe'n hilgen, dat he ime anderes nicht gesturen ne kunde.

 

 

Artikel 49.

Of en hunt de to velde gat scaden dut.

 

Vom Schaden durch Hunde die zu Felde gehn

Svelk hunt to velde gat, den sal man in benden halden, durch dat he nemanne ne scade. Dut he aver scaden, den sal die gelden, deme die hunt volget to velde, oder sin herre, dar he't nicht gelden ne mach.

 

 

Artikel 50.

Bute noch wedde gift man nicht, dar man lif oder hant verwercht.

 

Verwirkung von Leben und Hand schliesst Gewette und Busse aus

Svar die düdesche man sinen lif oder sine hant verwercht mit ungerichte, he lose se oder ne du, dar ne dar he geven noch gewedde noch bute to.

 

 

Artikel 51.

Von vogele unde dire weregelde.

§ 1

Wergeld verschiedener Thiere

Nu vernemet umme vogele unde diere weregelt. Dat hun gilt man mit enem halven penninge, die anet also. Die gans mit enem penninge, die brut gans unde die brut henne mit dren penningen binnen irer brut tiet, unde die stelle anet also; dat selve dut man dat verken unde dat tzickelin binnen irme soge unde die katten. Dat lam vor viere; dat kalf vor sesse. Dat volen vor enen schilling binnen sime soge, unde den hofwart also. Den hunt, den man scuprode het, mit dren schillingen unde dat suert unde dat jarge svin. Dat rint mit vier schillingen. Die soge, die verkene dreget oder tüt, mit vif schillingen. Den vulwassen ber also unde den esel. Den mul mit achte schillingen unde den tochossen unde den veltstriken. Andere veltperde, die to vulleme arbeide dogen, mit tvelf schillingen. Die aver beneden iren jaren sin, die gilt man als in na irme aldere geboret. Dat rideperd, dar die rideman sime herren uppe dienen sal, dat gilt man mit eme punde.

§ 2

Ersatz für diejenigen, die kein Wergeld haben

Riddereperde aver, ors unde teldere unde runtziden, den n'is nen weregelt gesat, noch meste svinen; dar umme sal man sie unde alle varende have wedergeven oder gelden na des werderunge, die sie verlos, jene ne minnere sie mit sinem eide, die sie gelden sal.

 

 

Artikel 52.

We den koning kisen solen.

Wur over de koning richter wesen sole.

Wur len an gerichte over hals, hand lendet.

We des keiseres, des greven richter si.

§ 1

Wahl und Weihe

Die düdeschen solen durch recht den koning kiesen. Svenne die gewiet wert von den bischopen die dar to gesat sin, unde uppe den stul to aken kumt, so hevet he koninglike walt unde koningliken namen. Svenne in die paves wiet, so hevet he des rikes gewalt unde keiserliken namen.

§ 2

Richtergewalt des Königs

Den koning küset man to richtere over egen unde len unde over iewelkes mannes lif. Die keiser ne mach aver in allen landen nicht sin, unde al ungerichte nicht richten to aller tiet, dar umme liet he den vorsten grafscap unde den greven scultheitdum.

§ 3

Wie oft kann das Gericht verliehen werden, und wer ist Richter des Grafen, Markgrafen, Kaisers

An die vierden hant ne mach nen len komen, dat gerichte si over hals unde over hant, wen scultheitdum allene in der grafscap, durch dat nen richtere ne mach echt ding hebben ane scultheiten; wenne klaget man over den richtere, he sal antwerden vor deme scultheiten, wen die scultheite is richter siner scult; als is die palenzgreve over den keiser, unde die burchgreve over den marcgreven.

 

 

Artikel 53.

Iewelk düdisch land hevet sinen hertogen.

De richter mach nicht richter unde kleger sin.

Weme bute geven sal.

Wo man gerichte nicht delen noch gantz ligen moge.

Welk gerichte man delen unde ligen moge.

Wo lange de koning vanlen ledich hebben moge.

§ 1

Von den vier deutschen Herzogthümern

Iewelk düdesch lant hevet sinen palenzgreven: sassen, beieren, vranken unde svaven. Dit waren alle koningrike; seder wandelde man in den namen unde hiet sie herthogen, seder sie die romere bedungen; doch behilden sie die vorsten to manne unde de van lene under deme namen. Seder hebben in die keisere beide vorsten unde van len afgebroken.

§ 2

Haben Richter und Fürsten Busse?

Iewelk richtere hevet gewedde binnen sime gerichte unde nene bute, wen die richtere ne mach beide klegere unde richtere nicht sin. Man ne gift ok nemanne bute, wen deme klegere. Hir umme seget man dat die vorsten ane bute sin, des n'is doch nicht.

§ 3

Verleihung von Gerichten und Fahnlehen

Man ne mut ok nen gerichte delen, noch ganz lien noch del, de dem it dar gelegen is, so dat dar volge an si unde it die lantlüde liden solen; it ne si en sunderlik grafscap, die in en vanlen hore; die ne mut man san nicht ledich hebben. Also ne mut die koning nen vanlen, he ne verlie't binnen jar unde dage

 

 

Artikel 54.

We len an gerichte hebben moge.

Wo de koning deme rike hulden sal.

Wene man to koninge nicht kesen sal.

Wate recht de koning hebben sal.

§ 1

Wer kann ein Gerichtslehen haben

Len an gerichte ne mut neman hebben, he ne si scepenbare vri, unde dat he deme koninge hulde du na vries mannes rechte, unde bi den hulden sik verplege, svenne man getüges an in tüt.

§ 2

Von den Eiden des Königs

Als man den koning küset, so sal he deme rike hulde dun, unde sveren dat he recht sterke unde unrecht krenke unde it rike voresta an sime rechte, als he künne unde moge; seder ne sal he nümmer nenen eid dun, it ne si dat in die paves scüldege, dat he an'me rechten geloven tvivele. Dar na sal he getüch sin aller dinge, die man an in tüt, bi des rikes hulden; unde sin gelovede sal he dun vor den eid, dar man vrede sveret.

§ 3

Von den Eigenschaften des Königs

Lamen man noch meselseken man, noch den die in des paves ban mit rechte komen is, den ne mut man nicht to koninge kiesen. Die koning sal wesen vri unde echt geboren, so dat he sin recht ok behalden hebbe.

§ 4

Von dem persönlichen Rechte des Königs

Die koning sal hebben vrenkesch recht svenne he gekoren is, von svelker bord he ok si, wanne alse die vranke sinen lif nicht verwerken ne mach, he ne werde in der hanthaften dat gevangen, oder ime ne si sin vrenkesch recht verdelet, also ne mach deme koninge neman an sin lif spreken, ime ne si dat rike vore mit ordelen verdelt.

 

 

Artikel 55.

We over der vorsten unde der scepenbare lif, sunt richten sole.

§ 1

Vom Richter der Fürsten

Over der vorsten lif unde ire gesunt ne mut neman richtere sin, wan die koning.

§ 2

Vom Hinrichten der Schöffenbaren

Over scepenbare vrie lüde, svenne se iren lif verwerken unde verdelet sin, ne mut neman richten wenne die echte vrone bode.

 

 

Artikel 56.

Von des vronen boden stedinge, gewalt unde rechte.

§ 1

Des Frohnboten Bestellung

Svenne die vrone bode von deme richtere unde von den scepenen gekoren wert, so sal he deme koninge hulde dun na vries mannes rechte; so sal ine die richtere nemen bi der hant, unde setten in up en küssen unde up enen stul jegen sik, unde sal ime die hilgen in den schot dun, unde vrede werken to rechte.

§ 2

Des Frohnboten Amtsgewalt

So hevet die vrone bode gewalt, dat he panden unde bestedegen mut, unde vronen iewelken man unde sin gut mit rechte, dar he mit ordelen to gegeven wert. Dut aver he unrechte, he mach sin lif unde sin gut verwerken als en ander man. Svert ne sal he nicht vüren noch nene were. Wederstat man ime rechtes, mit deme gerüchte sal he dat lant dar to laden, unde bekome rechtes of he moge. Ne mach he's nicht bekomen, he klage't deme richtere.

§ 3

Des Frohnboten besondre Gerechtsame

Sin recht is ok die tegede man den man verdelen sal, dat he ine to losene du. Unde svar en gut ervelos irstirft von manne oder von wive, dat ertstadelege korn is sin, unde des mannes dagelike kleidere. Svar man ok egen gift unde dar vrede over werct, dar sal he dre schillinge af hebben. Enem manne von iewelkeme dorpe mut he wol dinges erlaten, of he nicht beklaget n'is, sunder den burmester.

 

 

Artikel 57.

Umme welke sake man den keiser bannen mute.

Wi den keiser kesen solen.

§ 1

Womit verwirkt der Kaiser den Bann

Den keiser ne mut de paves noch neman bannen seder der tiet dat he gewiet is, ane umme dre sake: of he an'me geloven tviflet, oder sin echte wif let, oder godes hus tostoret.

§ 2

Von den Kurfürsten und der Kaiserwahl

In des keiseres kore sal die erste sin die bischop von megenze; die andere die von trere; die dridde die von kolne. Under den leien is die erste an'me kore die palenzgreve von'me rine des rikes druzte; die andere die herthoge van sassen die marschalk; die dridde die marcgreve von brandeburch die kemerere. Die schenke des rikes die koning von behemen, die ne hevet nenen kore, umme dat he nicht düdesch n'is. Sint kisen des rikes vorsten alle, papen unde leien. Die to'me ersten an'me kore genant sin, die ne solen nicht kiesen na iren mutwillen, wenne sven die vorsten alle to koninge irwelt, den solen sie aller erst bi namen kiesen.

 

 

Artikel 58.

Des rikes vorten ne solen nenen leien to herren hebben, wen den koning.

Wur af man des rikes vorste si.

 

§ 1

Der König allein ist der Fürsten weltlicher Lehnsherr

Des rikes vorsten ne solen nenen leien to herren hebben, wen den koning.

§ 2

Der König allein leiht Fürstenfahnlehen

It n'is nen vanlen, dar die man af moge des rikes vorste wesen, he ne untva't von deme koninge. Svat so en ander man vor ime untveit, dar n'is jene die vorderste an'me lene nicht, went it en ander vor ime untfeng, unde ne mach des rikes vorste dar af nicht sin.

 

 

Artikel 59.

Wo biscope, abbete len unde bisorge untfan solen.

Wanne se len dun mogen.

Wanne ire kore an den keiser valle.

§ 1

Vom Lehn der Geistlichen

Svenne man küset bischope oder ebbede oder ebbedischen, die den herschilt hebben, dat len solen sie vore untvan unde die bisorge na. Svenne si dat len untvangen hebben, so mogen sie lenrecht dun unde nicht er.

§ 2

Wann gebührt ihre Wahl dem Kaiser

Svar man bischope oder abbede oder ebbedischen nicht ne küset binnen ses weken, dar die lenunge an den keiser gat, he liet it sveme he wel, die sik redelike gehandelet hevet.

 

 

Artikel 60.

Wo de keiser pleget to liene.

Wanne dem koninge münte, tolne, richte unde alle vangene los sin solen.

Of man de vangenen nicht los gift.

§ 1

Verleihen der Fürstenlehn

Die keiser liet alle geistlik vorsten len mit deme sceptre, alle werltlike vanlen liet he mit vanen. Nen vanlen ne mut he ok ledich hebben jar unde dach.

§ 2

Wohin der König kommt, sind Münze, Zoll, Gerichte ihm ledig

In svelke stat des rikes de koning kumt binnen deme rike, dar is ime ledich monte unde toln, unde in svelke lant he kumt, dar is ime ledich dat gerichte, dat he wol richten mut alle die klage, die vor gerichte nicht begunt, noch nicht gelent ne sin.

§ 3

Wohin der König kommt, werden alle Gefangne vor ihn gebracht

Svenne die koning oc alrest in dat lant kumt, so solen ime ledich sin alle vangene uppe recht, unde man sal sie vor ine bringen unde mit rechte verwinnen oder mit rechte laten, so man sie irst besenden mach, seder der tiet dat sie de koning eschet to rechte oder sine boden, to dem manne selven oder to'me hove oder to'me huse, dar sie gevangen sin oder hebbet gewesen. Weigeret man sie vore to bringene, sint man sie to rechte geeschet hevet, unde man des getüch an des koninges boden hevet, man dut to hant in de achte alle die sie vengen, unde hus unde lüde, die sie weder recht halden.

 

 

Artikel 61.

Over wo lange tiet de greve sin ding ut lecgen sole.

We scultheite wesen moge.

Wo vele egens de bodel hebben sole.

Wo lange man gerichtes werden sole.

§ 1

Von Gerichtstagen

Over achtein weken sal die greve sin ding utlecgen buten den gebundenen dagen to rechter dingstat, dar de scultheite unde die scepenen unde die vrone bode si.

§ 2

Vom Schultheissen

It ne mach neman scultheite sin, he ne si vri, unde geboren von deme lande, dar't gerichte binnen leget.

§ 3

Vom Büttel

Die bodel sal to minsten hebben ene halve hove egenes.

§ 4

Von der Gerichtspflicht

Gerichtes solen warden alle die dingpflichtich sint van des dat die sunne upgat wente to middage, of die richtere dar is.

 

 

Artikel 62.

Wo vele palenzen, vanlen, biscopdüme in dem lande to sassen sin.

Unde welk se sin.

§ 1

Von den Pfalzen

Vif stede die palenze heten licgen in'me lande to sassen, dar die koning echte hove hebben sal. Die irste is gruna; die andere werle, die is to goslere geleget; walehusen is die dridde; alstede die vierde; merseburch die vefte.

§ 2

Von den Fahnlehen

Seven vanlen sint ok in'me lande to sassen: dat hertochdum to sassen unde die palenze, die marke to brandeburch, die lantgrafscap to doringen, die marke to misene, die marke to lusitz, die grafscap to aschersleve.

§ 3

Von den Erzbisthümern und Bisthümern in Sachsen

Ok sin tvei ertzebischopdume in'me lande to sassen unde veftein andere. Dem von megedeburch is underdan die bischop von der nüenburch unde die von merseburch unde die von misene unde die von barndeburch unde die von havelberge. Die beschop von megenze hevet vier underdanen in'me lande to sassen: den biscop von halverstat, den biscop von hildensen unde den von verden unde den von padelborne. Die biscop von osenbrücge unde die von minden unde die von münstere die sint underdan deme von kolne. Die ertzebischop von bremen hevet under ime den von lübeke unde den von zverin unde den von raceburch.

 

 

Artikel 63.

Wat constantin deme pavese gaf.

Wur an ban, vestinge, scadet.

§ 1

Constantins Gabe an den Pabst; Eintracht des weltlichen und des geistlichen Gerichts

Constantin de koning gaf deme pavese silvestre werltlik gewedde to'me geistliken, die sestich schillinge mede to dvingene alle jene, die gode nicht beteren ne willen mit deme live, dat man sie dar to dvinge mit deme gude. Alsüs sal werltlik gerichte unde geistlik over en dragen, svat so deme enen wederstat, dat man't mit deme anderen dvinge gehorsam to wesene unde rechtes to plegene.

§ 2

Wirkung des Bannes

Ban scadet der sele unde ne nimt doch niemanne den lif, noch ne krenket niemanne an lantrechte noch an lenrechte, dar ne volge des koninges achte na.

§ 3

Wirkung der Verfestung

Vestinge nimt dem manne sin lif, of he begrepen wert dar binnen, unde nicht sin recht, svo lange he dar an is.

 

 

Artikel 64.

Wo man den vorsten des rikes denest oder sinen hof beden sal.

Of se des nicht süken.

Wur se den hof süken solen.

Wat en man iewelkem richtere weddet.

We koninges ban lien sole.

We under koninges ban dinget.

Wo man koninges ban lien sal.

§ 1

Entbietung der Fürsten zum Reichs- und Hofdienst

Büt die koning des rikes dienst oder sinen hof mit ordelen, unde let he ine kündegen den vorsten mit sinem brieve unde ingesegele ses weken er he werden sole, den solen se süken binnen düdischer art svar he is; laten sie't, sie wedden dar umme.

§ 2

Gewette des Königs

Die vorsten die vanlen hebbet, die wedden dem koninge hundert punt. Alle andere lüde wedden tein punt, dar man um ungerichte nicht ne weddet.

§ 3

Gewette des Herzogs

Deme hertogen weddet ok tein punt iewelk edele man. Der jegenode ist doch genuch binnen deme hertochdume, die sunderlik recht willen hebben, alse holtseten unde stürmere unde hedelere; von irme rechte noch von irme gewedde ne secge ik nicht.

§ 4

Gewette des Grafen

Sestich schillinge weddet man deme greven unde ok deme vogede, die under koninges banne dinget, of he den ban von'me koninge selve hevet.

§ 5

Verleihung des Königsbannes

Koninges ban ne mut nieman lien wen die koning selve. Die koning ne mach mit rechte nicht weigeren den ban to liene, deme it gerichte gelegen is. Verliet en greve siner grafscap en deil, oder en voget siner vogedie, dat is weder recht. Die belende man ne mut dar over nenen koninges ban hebben, als man ine von ime dulden dorve. Ban liet man ane manscap.

§ 6-11: Gewette der übrigen Richter

§ 6

Palenzgreven unde landgreven dingen under koninges banne, als die greve; den weddet man ok sestich schillinge.

§ 7

Iewelkeme marcgreven drittich schillinge, die dinget bi sines selvis hulden.

§ 8

Deme scultheiten weddet man achte schillinge sine biergelden.

§ 9

Deme belenden vogede, die des koninges ban nicht ne hevet, deme weddet man dre schillinge to'me hogesten.

§ 10

Deme gogreven ses penninge oder enen schilling, al weder die der lantlüde kore stat.

§ 11

Deme burmeistere weddet man ses penninge unde underwilen dre schillinge vor hut unde vor har, dat is der bure gemene to verdrinkene.

 

 

Artikel 65.

Wo de marcgreve dinget.

We dar ordel over den anderen vinden mach.

Of en man sines genoten man wirt.

§ 1

Von des Markgrafen Gericht

Die marcgreve dinget bi sines selves hulden over ses weken, dar vint iewelk man ordel over den anderen, den man an sime rechte nicht beschelden ne mach. Doch ne antwerdet dar neman to kampe sime ungenoten.

§ 2

Erniedrigung des Heerschildes

Wirt en man sines genoten man, sine bord noch sin lantrecht ne hevet he nicht gekrenket dar mede, sinen herschilt hevet he aver genederet.

 

 

Artikel 66.

Wo na en market dem anderen wesen sole.

Wo man buwen müte ane des richteres orlof.

§ 1

Von Anlegung eines Marktes

Man ne mut nenen market buwen deme anderen ene mile na.

§ 2-4: Zu welchen Bauten bedarf man des Richters Erlaubniss

§ 2

Man ne mut ok nene burch buwen, noch stat vestenen mit planken noch mit müren, noch berch noch werder noch türne binnen dorpe, ane des landes richteres orlof.

§ 3

Ane sin orlof mut man wol graven also diep, also en man mit eneme spaden upgeschieten mach die erde, so dat he nene schemele ne make. Man mut ok wol buwen ane sin orlof mit holte oder mit stenen, drier dele ho boven en ander, ene binnen der erde, die anderen tvo boven, deste man ene dore hebbe in deme nederen gademe boven der erde enes knies ho. Man mut ok wol vestenen enen hof mit tünen oder mit staken oder müren, also ho als man gereken mach up enem orse sittene. Tinnen unde borstwere ne sal dar nicht an sin.

§ 4

Man ne mut nene burch weder buwen ane des richteres orlof, die um ungerichte mit ordelen to broken wert. Bricket man aver en hus gewaldichliken, oder let it die herre to gan von mutwillen oder durch armüde, dat mut man wol weder buwen ane des richteres orlof.

 

 

Artikel 67.

Welk hus men mit nener klage breken mach.

 

Welch Haus kann man mit Klage nicht brechen

Svie deme anderen sin hus afgewint mit unrechte, klaget jene dar up denne alse recht is, unde halt man't ime denne gewaldichliken vore, alle de wile he's ungeweldich is die dar recht to hevet, so ne mach man uppe dat hus nene klage dun, dar man't mede breken sole.

 

 

Artikel 68.

Wo man over ene verdelde burch richten sal. We dar to helpen sole.

 

Wie wird ein verurtheiltes Gebäude gebrochen

§ 1

Die richtere sal to deme ersten mit enem bile dre slege slan an ene burch oder an en gebu, dat mit ordelen verdelt is; dar solen die lantlüde to helpen mit houwene unde mit rammene; nicht ne sal man't bernen, noch stein noch holt dannen vüren, noch nicht des dar uppe is, it ne si roflike dar up gevüret. Tüt sik ieman dar to mit rechte, die vöre't dannen. Den graven unde den berch sal man evenen mit spaden.

§ 2

Alle die binnen deme gerichte geseten sin, die solen dar to helpen dre dage bi irs selves spise, of sie dar to geladen werden mit gerüchte.

 

 

Artikel 69.

Wo man bi koninges banne dingen sole.

Wo man dar ordel vinden sal.

We dar ordel vinden mut.

Of man dar ordel scilt.

 

Förmlichkeiten beim Richten unter Königsbann

§ 1

Svar man dinget bi koninges banne, dar ne sal noch scepenen noch richtere kappen hebben an, noch hut noch hüdeken noch huven noch hantschun; mentele solen sie uppe'n schulderen hebben; sunder wapene solen sie sin.

§ 2

Ordel solen sie vinden vastene over iewelken man, he si düdisch oder wendisch, oder egen oder vri. Dar ne sal anderes neman ordel vinden wan sie. Sittene solen sie ordel vinden.

§ 3

Schilt ir ordel en ir genot, he sal des bankes bidden, en ander to vindene. So sal jene upstan de't ordel vant, unde dese sal sik setten in sine stat, unde vinde dat ime recht dünke, unde tie dar mede dar he durch recht tien sole, unde behalde't oder late't mit rechte, als hir vore geredet is.

 

 

Artikel 70.

Wur iewelk man over den anderen ordel vinden mach,

de an sime rechte umbesculden is.

 

Wer kann ausserhalb Königsbanns Urtheil finden und zeugen

§ 1

Svar man nicht ne dinget under koninges banne, dar mut iewelk man ordel vinden unde tüch sin over den anderen, den man nicht rechtlos bescelden ne mach, ane die wenet uppe'n sassen unde die sasse uppe'n wenet.

§ 2

Wert aver die wenet oder die sasse mit ungerichte gevangen in der hanthaften dat, unde mit deme gerüchte vor gerichte gebracht, die sasse tüget uppe'n wenet, unde die wenet upp'n sassen, unde mut ir ieweder des anderen ordel lieden, die also gevangen werden.

 

 

Artikel 71.

An welker sprake men den man to rechte scüldegen sole.

 

In welcher Sprache soll man klagen und antworten

§ 1

Iewelk man den man sculdeget mach wol wegeren to antwerdene, man ne scüldege ine an der sprake, die ime angeboren is, of he düdisch nicht ne kan unde sin recht dar to dut. Scüldeget man ine denne an siner sprake, so mut he antwerden, oder sin vorspreke von sinent halven, als it die klegere unde die richtere verneme.

§ 2

Hevet aver he in düdeschem geklaget oder geantwerdet oder ordel gevunden vor gerichte, unde mach man's ine vertügen, he mut antwerden in düdischem, ane vor deme rike, wende dar hevet manlik recht na siner bort.

 

 

Artikel 72.

Von erve to nemene.

 

Erbrecht des ehelichen freien Kindes

Dat echte kint unde vri behalt sines vader schilt, unde nimt sin erve unde der muder also, of it ir evenburdich is oder bat geboren.

 

 

Artikel 73.

Von gebord.

Na weme der denestlüde kindere horet.

§ 1

Von Kindern aus einer ungleichen Ehe

Nimt aver en vri scepenbare wif enen biergelden oder enen lantseten, unde wint sie kindere bi ime, die ne sint ire nicht evenburdich an bute unde an weregelde, wende sie hebben irs vader recht unde nicht der muder; dar umme ne nemen sie der muder erve nicht, noch nemannes die ire mach von muder halven is.

§ 2

Welcher Seite folgen der Unfreien Kinder

Dit selve recht hadden ok die denstman went an den biscop wichmanne von megedeburch, dat die sone behilt des vader recht unde die dochter der muder, unde horden na in, of sie dienstlüde waren. Do ne bedorfte man nener wesle under den dinstmannen. - Von anegenge aver des rechtes was recht, dat vri bort nimmer egen kint ne winne. Sint des biscop wichmannes tieden hevet aver dat recht gestan, dat beide sone unde dochtere horet na der düdischen muder deme, den sie bestat, die vader sie düdisch oder wendisch; unde der wendinne kindere horet na deme vadere, of he en went is; is he aver düdisch, so horet sie na der muder.

§ 3

Unfreiheit der Wendinnen

Man seget dat alle wendinne fri sin, durch dat ire kindere na deme wendischen vadere horet; des is doch nicht; wenne sie gevet ire burmede irme herren, also dicke als sie man nemet. Latet sie ok ire man, also wendisch recht is, sie muten irme herren die versne penninge geven, dat sint dri schillinge, unde in summen steden mer, als na des landes wonheit.

 

 

Artikel 74.

Wat en wif behalde, de von irme manne gesceden wert.

 

Was nimmt die geschiedene Frau

Wirt en wif mit rechte von irme manne gesceiden, sie behalt doch ire lifgetucht, die he ir gaf an sinem egene, unde ire gebu dat dar uppe stat. Dat ne mut aver sie nicht upbreken noch dannen vören; anderes ne blift ire nen gebu, noch nicht der morgengave. Ire rade unde ire musdele behalt sie. Man sal ir ok weder laten unde geven, svat sie to irme manne brachte, oder also vele des mannes gudes als ir gelovet wart, do sie to samene quamen.

 

 

Artikel 75.

Wur an recht liftucht si der vrouwen.

Wat der vrowen gedinge si unde ire lein.

§ 1

An welchem Gute hat die Frau rechte Leibzucht

An egene is recht lifgetucht der vrowen, wende it in nieman gebreken mach to irme lieve, unde an lene nicht, wende it in to maneger wis gebroken mach werden.

§ 2

Recht der Frau am Lehn

Len bi ires mannes lieve is ire gedinge; na ires mannes dode is it ire rechte len.

§ 3

Dauer des Lehnrechts

Neweder man noch wif ne mogen len lengere hebben, wan to irme lieve; al erft it die man unde die vrouwe nicht.

 

 

Artikel 76.

Wanne sik en wedewe von iren kinderen sceden wil,

wat denne ir recht si an me gude.

Wat irs mannes recht si an irme gude, of se stirft.

§ 1

Recht der Wittwe nach aufgehobenem Beisitz

Stirft eneme wive ir man, unde blift sie in des mannes gude ungetveiet mit den kinderen, lange wile oder korte, svenne sie sik tveiet dar na, so nemet die vrowe ire morgengave unde ire musdele unde ire rade an alle deme gude dat dar denne is, als sie nemen solde to der tiet do ire man starf.

§ 2

Recht des Wittwers an der fahrenden Habe

Hadde aver die vrowe man genomen, unde was he to ire unde to den kinderen in dat ungetveide gut gevaren, unde stirft denne dat wif, die man behalt al des wives recht in der varender have, sunder dat gebu unde sunder die rade.

§ 3-5: Recht des Wittwers rücksichtlich des von ihm bewirthschafteten Gutes der Frau

§ 3

Nimt en man ene wedewen, die egen oder len oder liftucht oder san tinsgut hevet, svat so he in deme gude mit sinem pluge arbeidet, stirft sin wif er der sat, he sal't vul arbeiden unde seien unde afsniden, unde tins oder plege sal he dar af geven jenen, uppe den it gut irstirft.

§ 4

Stirft aver die vrowe na der sat, als die egede dat lant began hevet, die sat is ires mannes, unde he n'is dar nemanne nicht plichtich af to geldene plege noch tins, dar sie nen tinsgelde af ne was.

§ 5

Svat ok tinses oder plege in der vrowen gude was, dar man ire af gelden solde, stirft sie na den rechten tinsdagen, dat gut is des mannes vordende gut, als it der erven wesen solde, of sie ane man were.

 

 

Artikel 77.

Of en man sin land besait utdeit unde s[t]irft.

 

Rechte und Pflichten der Erben des Verpächters, der vor Ablauf der Pachtzeit stirbt

§ 1

Dut en man sin lant beseiet ut to tinse oder to plege to besceidenen jaren, dat man't ime weder beseiet late; to svelker tiet he binnen den jaren stirft, man sal't den erven beseiet weder laten, wende he is in nicht lenger geweren ne mochte, wen die wile dat he levede.

§ 2

Die erven solen ok von der sat sogedanen tins oder plege geven jeneme, an den it gut geboret, als man jeneme solde, die it ut dede; wende it sines selves pluch nicht ne beging do he starf.

 

 

Artikel 78.

An welken dingen iewelk man weder sine

trüwe nicht ne dut an dem anderen.

 

§ 1-8: Handlungen gegen Lehnsherren, Lehnsmannen, Verwandte, in denen kein Treubruch liegt

§ 1

Die koning unde iewelk richtere mut wol richten over hals unde over hant unde over erve iewelkes sines mannes unde mages, unde ne dut dar an weder sine trüwe nicht.

§ 2

Die man mut ok wol sime koninge unde sime richtere unrechtes wederstan, unde san helpen weren to aller wis, al sie he sin mach oder sin herre, unde ne dut dar an weder sine trüwe nicht.

§ 3

Die man mut ok wol volgen sime herren, unde die herre deme manne, unde die mach deme mage, unde san helpen bestedegen von gerichtes halven um ungerichte, dar he mit deme gerüchte geladet wert an ener hanthaften dat, unde ne dut weder sine trüwe nicht.

§ 4

Die man mut ok wol volgen vor sines herren hus, unde die herre vor des mannes, unde die mach vor des mages, dar he um ungerichte mit deme gerüchte vore geladet wert, unde mut it san wol helpen breken, of man't mit rechte nicht ne untredet, unde ne dut weder sine trüwe nicht.

§ 5

Iewelk man mut wol helpen weren stede, bürge unde land unde lif sines herren unde mages unde mannes unde san sines vründes, weder herren unde mage unde manne, die sie geweldichliken süken, unde mut wol uppe sie striden, unde nedut weder sine trüwe nicht; deste he selve irs selves have nicht ne neme.

§ 6

Wundet ok en man sinen herren, oder sleit he ine dot an notwere, oder die herre den man, he ne dut weder sine trüwe nicht, of die not up ine mit rechte vulbracht wert.

§ 7

Sineme wechverdigen gesellen unde sime werde, dar he geherberget is, unde sime gaste unde svie to sinen gnaden vlüt, deme sal die man helpen weder allir manlikeme, dat he sik irwere unrechter gewalt, unde ne dut weder sine trüwe nicht.

§ 8

Socht en man den herren oder die herre den man unvorklaget vor sinen mannen na rechte, he dut weder sine truwe. Ne kumt he aver uppe sinen schaden nicht ut, unde schit ime scaden von ime selven, oder von den die dorch sinen willen dar sin, oder dar he helpere to is unwetene, den scaden sal he gelden uppe recht, unde it n'is weder sine trüwe nicht.

§ 9

Handlungen, die auch nicht zum Schadensersatz verpflichten

Svar aver en man in ener reise is unde n'is nicht hovet man, ridet lüde an in unde an die sine, dut sie scaden sime herren oder sinen mannen oder sinen magen oder sveme it si, ane sinen rat unde ane sine dat, geweret he dat uppe'n hilgen, he blift is ane gelt unde ane laster.

 

 

Artikel 79.

Wate recht en herre buren geven mach, die en nie dorp besettet.

Nach (sic) welkem rechte dar en utwendich man antwerden sole.

§ 1

Recht bei Anlegung eines neuen Dorfes

Svar gebure en nie dorp besettet von wilder wortelen, den mach des dorpes herre wol geven ervetinsrecht an deme gude, al ne sin sie to deme gude nicht geboren. Nen recht ne mach he aver in geven noch sie selven kiesen, dar sie des landes richtere sin recht mede krenken, oder sin gewedde minneren oder meren mogen.

§ 2

Gültigkeit des Dorfrechts für Fremde

Nen utwendich man n'is ok plichtich in deme dorpe to antwerdene na irme sunderliken dorprechte, mer na gemeneme lantrechte; he ne klage dar up erve oder uppe gut oder umme scult. –

§ 3

Wo man klagt, muss man auch antworten

Svar die man klaget, dar mut he antwerden, of man up ine klaget, ane tu kampe wart.

 

 

Artikel 80.

Wes en egen si, dat ervelos irstirft.

Wate recht en egen man behalt, den man vri let.

§ 1

Wem fällt erbloses Eigen zu

Erstirft en egen von enem biergelden ervelos dre huve oder dar beneden, dat hort in dat scultheitendom. Van sveme it erstirft, van drittich huven oder dar beneden, dat hort in die grafscap. Is is mer dan drittich huve, so is it dem koninge allet ledich.

§ 2

Standesrecht der Freigelassenen

Let die koning oder en ander herre sinen dinstman oder sinen egenen man vri, die behalt vrier lantseten recht.

 

 

Artikel 81.

Wo de koning scepen maket, of se verstervet.

Wo vele gudes he en geven sal.

Wur het gut nemen mute.

Wo de dinstman erven.

§ 1

Wann und wie macht der König neue Schöffen

Togat aver die scepenen binnen ener grafscap, die koning mut wol des rikes dienstman mit ordelen vri laten, unde to scepenen dar maken, dur dat man rechtes bekome unde koninges ban dar halden moge. He sal aver des rikes gudes also vele to egen in geven, dat sie scepenen dar af wesen mogen; ir iewelkeme dri hoven oder mer. Dat gut mut he wol nemen ut deme gude der grafscap, svar it die greve ledich hevet, dur dat der scepenen egen in die grafscap irstorven is. –

§ 2

Wie vererben und erben Dienstmannen

Dinstman ervet unde nemet erve alse vri lüde na lantrechte, wen allene, dat sie buten irs herren gewalt nicht ne ervet, noch erve ne nemet.

 

 

Artikel 82.

Wo man enen man rechtlos tügen sal.

We gut gift, dar he nene were an hevet.

 

§ 1

Wirkung und Beweis des Verlustes des Rechts vor Gericht

Svie sin recht vor gerichte verlüset in ener stat, die het it over al verlorn, of man's an'me gerichte getüch hevet. Des gerichtes tüch n'is aver neman plichtich to bringene in en ander gerichte; mer jene richtere, vor deme he rechtlos geseget wert, de sal tvene sine boden senden vor den richtere, dar he sin recht verloren hevet, dat sie horen, of man's ine vertügen moge; unde des solen sie denne getüch sin.

 

Wi sint des lantrechtes to ende komen,

Dat hebbe gi alle wal vernomen,

Daran so denket helede got

Nemet et vast in iuwen moet

Unde danket alle gemene

Dem van valkenstene

Ok heren Eyken dar mede.

Want het dorch sine bede dede

Dat he an dudesch kerde

Unde alle lude lerde,

Wu se rechte mochten leven.

Got mote en beiden sin rike geven

Unde al den genen mit sament in,

De dar to keren eren sin,

Dat se recht hebben lef,

De sal men scriven an den bref,

Dar al seligen sin ingescreven,

To senden in dat ewige leven

Vil vroliken sunder sunde

Mit rechter orkunde.

Des helpe uns got alsamen,

We rechte mynne de segge amen.

 

Hir endet sik de tal, de der glosen bruket al.

Nu beghint de articule de nicht gloseret sind des derden bokes.

 

§ 2

Wie wird der Besitz rechtmäßig verloren

Svie en gut enem anderen gift unde let it in sine gewere, dar he selve nene gewere an ne hadde, unde wert jene von gerichtes halven dar in gewiset; jene die de gewere hevet mut die inwisunge wol wederspreken unde jenen utwisen, deste he't voresta to'me nesten utgelegedeme dinge; wende en man n'is nicht plichtich sine were to rumene, he ne werde dar umme beklaget unde vorgealdet; wert jeneme de were denne erdelt, unde wiset man ine denne dar in von gerichtes halven, so ne mut man ine nicht utwisen, man ne du't mit ordelen.

 

 

Artikel 83.

Welk gut men besitten sole unde wo.

Wo lange men gudes weren sole.

§ 1

Vom dreitägigen Sitzenbleiben

Svat man enem manne oder wive gift, dat solen sie besitten dre dage. Svat sie mit klage irvorderet, oder uppe sie geervet wert, des ne dorven sie nicht besitten.

§ 2 und 3: Gewährspflicht des Veräußerers

§ 2

Svie en gut liet oder let enem anderen, die sal is im geweren jar unde dach.

§ 3

Svie egen oder varende have verkoft, des sal he gewere sin die wile he levet; man sal aver ime dat gut laten in sine gewere to behaldene unde to verliesene, die wile he't vorstan sal; wende jene ne mach dar nicht anspreken, deme it gegeven is, den ene gave.

 

 

Artikel 84.

We dem anderen gut nimt bit an sinen dot.

We sinen herren oder man oder ienegen man dodet,

des gudes he wardende is na sime dode.

§ 1 und 3: Folgen der Vergehungen gegen den Erblasser

§ 1

Svie deme anderen gut geweldichliken nimt bit an jenes dot, alle recht hevet he an deme gude verlorn, dat ime an deme gude irsterven mochte na jenes dode.

§ 2

Folgen der Vergehungen gegen den Lehnsherren oder Lehnsmann

Dodet en man sinen herren, he hevet verworcht sinen lif unde sin ere unde dat gut dat he von ime hadde. Dit selve verwerct die herre, of he sinen man dodet, unde die overherre ne mach sine kindere mit deme gude an den herren nicht weder wisen.

§ 3

Dodet ok en man sinen vader oder sinen bruder oder sinen mach oder iemanne, des egenes oder lenes her wardende is, al sine wardunge hevet he verloren; he ne du't in notwerunge sins lives, unde die not uppe den doden beredet werde, oder he ne du't unwetene, so dat it geschi ane sinen dank.

 

 

Artikel 85.

Von gelovede.

Von borgetoge.

 

§ 1 und 2: Von gemeinsamen Schuldnern und Gläubigern

§ 1

Svar mer lüde den ein geloven to samene en weregelt oder en ander gelt, al sin sie it plichtich to lestene, die wile it unvergulden is, unde nicht ir iewelk al, mer manlik also vele alse ime geboret, unde alse vern als man in dar to gedvingen mach von gerichtes halven die, deme it dar gelovet is, oder die it mit ime gelovede, of he it vor ine vergulden hevet.

§ 2

Geloven ok vele lüde enem manne ene scult to geldene, unde untvan dat gelovede mer lüde, svar man jeneme lestet, deme man gelden sal, oder mit sinen minnen maket, dar hevet man in allen gelest, den man't gelovet hadde.

§ 3 und 4: Von Schuldbürgen

§ 3

Svie bürgen sat also, dat he selve gelde oder sin bürge vor ine, mach he't vulbringen dat he't vergulden hebbe, he hevet sine bürgen geledeget.

§ 4

Svie aver bürge wert vor den anderen unde lovet en besceiden gelt to geldene, dat mut he selve vulbringen mit getüge, dat he vergulden hebbe, oder ieman von sinent halven.

 

 

Artikel 86.

We siner bure mene oder andere bure

mene af eret, grevet, tünet.

 

§ 1

Wenn ein Gemeindeland durch ein Gemeindemitglied beeinträchtigt wird

Svie siner gebure gemene aferet oder grevet oder tünet, wert he vor dem burmestere gevrüget oder beklaget dar umme, he mut dar umme wedden dre schillinge. Weigeret aver he rechtes vor den burmestere unde wert he beklaget vor dem overen richtere, he mut deme richtere wedden unde den buren büten mit drittich schillingen, unde ire gemene weder laten.

§ 2

Wenn ein Gemeindeland durch eine andre Bauerschaft beeinträchtigt wird

To der selven wis betert en burscap der anderen mit dren schillingen, unde gilt in iren scaden, of man sie den ummesetenen beklaget, als man durch recht sal. Weigeret sie aver dar rechtes unde werdet sie dem overen richtere beklaget, ire burmeister mut vor sie alle wedden en gewedde, unde den geburen mit drittich schillingen büten, unde iren scaden gelden.

 

 

Artikel 87.

Welk leie enen leien vor geistlikem oder in utwendigen richte beklaget.

Wo man rechtes weigeret.

 

§ 1 und 2: Strafe des Verklagens vor einem ungehörigen Gericht

§ 1

Svelk leie enen anderen leien vor geistlikeme gerichte beklaget umme sogedane scult, de die werltlike richtere durch recht richten sal, unde bringt he ine in scaden, unde wert he dar umme beklaget to lantrechte, he mut deme richtere wedden, unde jeneme sine bute geven, unde ine ut dem scaden nemen.

§ 2

Dit selve mut dun en lantman dem anderen, of he ine beklaget binnen wichbelde oder in enem utwendigen gerichte, unde of sie beide in eneme dorpe oder in ener goscap sitten; ime ne si rechtes geweigeret vor deme richtere.

§ 3

Von Rechtsverweigerung durch den Richter

Rechtes weigeret die richtere, svenne he nicht richten ne wil, oder sinen rechten dingtale nicht ne halt.

§ 4

Von Rechtsverweigerung durch den Beklagten

Rechtes weigeret ok de man uppe den man klaget, svenne he vorvest wert, oder nicht ne gilt oder nicht weder ne gift scult, die he gelden oder weder geven sal, unde man ine von gerichtes halven des mit pande nicht gedvingen ne mach, so mut man wol over in klagen ieiewar, svar man rechtes bekomen mach over ine.

 

 

Artikel 88.

Wo sik de richtere, scepen unde andere dingplichtigen to tüge verplegen solen.

Wo man enen vervesten man vertügen sole.

Wo man den, de in der hanthaften dat vangen wirt, vertügen sal.

§ 1

Verfahren beim Gerichtszeugniss

Svat en man mit deme gerichte tügen sal, des sal die richtere bi des koninges hulden sik verplegen, dar na die scepenen also al andere dingplichten bi irme eide.

§ 2 und 3: Verfahren beim Ueberzeugen eines verfesteten Verbrechers

§ 2

Svenne man aver enen vervesten man ane hanthafte dat gevangen vor gerichte bringet, unde der sattunge over ine bedet, unde he der vestinge besact; die vestunge sal man tügen er der sattunge mit deme richtere unde mit den dingplichten. Selve ne darf die klegere nicht getüch sin, svar he mit deme gerichte tüges vulkumt.

§ 3

Sven aver die man gesat wert, so mut die klegere aller erst up ine sveren, dat he der dat scüldich si dar he umme vervestet si, dat ime got so helpe unde die hilgen. Dar na sal sveren sin getüch, dat sin eid si reine unde unmeine.

§ 4

Verfahren beim Ueberzeugen eines nicht verfesteten Verbrechers

Süs sal ok die klgere unde sin getüch sveren up enen unvervesten amn, die um ungerichte in der hanthaften dat gevangen wert, unde vor gerichte gebracht unde mit ordelen gesat.

§ 5

Verfahren beim Zeugniss über Gut und Gewere

Svelkes getüges aver en man vor gerichte oder jegen dat gerichte vulkomen sal, it si umme gut oder umme gewere, dat sal sin getüch vore secgen bi deme eide, unde he sal it selve na sveren.

 

 

Artikel 89.

We des anderen ding nimt sime gelik vor dat sin.

 

Vom Nehmen fremder Sachen aus Irrthum

Svie des anderen svert oder kleid oder becken oder scheremezse sime gelik na mer lüde wane von'me stoven dreget, oder sac idel oder vul von der molen vürt, oder sadel oder vilt oder thom oder sporen oder ander gut enes anderen mannes nimt vor dat sin sime gelik, oder bedde oder küssen oder slaplakene, dar is mer to samene leget, oder ander gut svat it si vor dat sine nimt unde dat sine dar let; halt he it denne in deme wane dat it sine si unverholen, unde darn he dar sinen eid to dun, anevangen mach man't wol unde under ime beklagen; düve aver unde roves, of man ine des scüldeget dar an, des untscüldeget he sik uppe'n hilgen, of he des getüch hevet dat he it unhelinge gehalden hebbe; so ne mach man ine ok nener hanthaften dat dar an scüldegen.

 

 

Artikel 90.

Wanne man enen morden man begraven unde nicht

begraven mut ane des richteres orlof.

We enen wunden man to dorpe vort, of de stirft.

§ 1

Vom Begraben eines Ermordeten

Wirt en man gemordet up dem velde, unde ne weit man nicht wie't gedan hevet; svie den begrevet uppe'n velde oder in'me dorpe mit witscap siner bure, he ne missedut nicht. –

§ 2

Vom Begraben eines erschlagenen Verwandten

Wert ok enem manne sin mach oder sin vründ afgeslagen, he mut ine wol begraven, dennoch he wol weit, wie ine geslagen hevet; he ne hebbe der klage mit deme doden vor gerichte begunt; so mut he mit ime vul klagen, unde ne mut sin nicht begraven ane des richteres orlof, die wile die klage ungelent is.

§ 3

Wenn ein Verwundeter bei dem, der ihn aufgenommen, stirbt

Valt sik en man, oder wert he gewundet oder geslagen also sere, dat he to dorpe nicht komen ne mach, sve den indreget, unde stirft he denne binnen sinen geweren, he sal's bliven ane scaden. Sine erven solen ime san sine kost gelden, of sin gut, dat he bi ime hevet svenne he stirft, min wert is denne die kost, die he mit ime hevet gehat.

 

 

Artikel 91.

Herberget en man lüde, der ein den anderen dot sleit.

Die richtere ne mach niemanne anspreken to kampe ane den klegere.

Wat de richtere up dat land nicht setten mach ane des landes willen.

§ 1

Vom Friedebruch in einer Herberge

Herberget ok en man lude, unde sleit der ein den anderen dot ane sine scult binnen sinen geweren oder dar buten, oder svelk ungerichte ir en an dem anderen dut, de werd sal is bliven ane scaden, unde ok die bure alle, of sie den vredebrekere nicht upgehalden ne mogen, unde dat geweren uppe'n hilgen, als man sie dar umme scüldeget. Süsgedane ding sal man aver to den godingen wrügen.

§ 2

Inwiefern darf der Richter jemanden ohne den Kläger ansprechen

Die richtere ne mach nemanne anspreken, mit vormünden noch ane vormünden, sunder den klegere to kampe wart, noch hogere den to siner unscult, of he si dun darn, manlik na sime rechte.

§ 3

Inwiefern darf der Richter dem Lande Lasten auflegen

He ne mut ok nen gebot, noch herberge, noch bede, noch denest, noch nen recht uppe't land

setten, it ne willekore dat land.

 

Hir na hevet an dat registrum des bukes lenrecht.